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Die gantze Heilige Schrifft: Deud\ch (Luther 1545)

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Der Prediger Salomonis

Capitel 9

DEnn ich habe \olchs alles zu hertzen genomen / zu for\chen das alles / Das Gerechte vnd Wei\en \ind / vnd jr Vnterthan in Gottes hand / Doch kennet kein Men\ch weder die liebe noch den ha\\ jrgend eines / den er fur \ich hat.
2 ES begegenet einem wie dem andern / Dem Gerechten wie dem Gottlo\en / Dem guten vnd reinen wie dem Vnreinen / Dem der opffert / wie dem der nicht opffert. Wie es dem Guten gehet / \o gehets auch dem Sünder. Wie es dem Meineidigen gehet / \o gehets auch dem der den Eid fürchtet.
3 Das i\t ein bö\e ding vnter allem das vnter der Sonnen ge\chicht / das einem gehet wie dem andern / Da her auch das hertz der Men\chen vol arges wird / vnd Torheit i\t in jrem hertzen die weil \ie leben / Darnach mü\\en \ie \terben.
4 DEnn bey allen Lebendigen i\t das man wünd\cht / nemlich hoffnung / denn ein lebendiger Hund i\t be\\er / weder ein todter Lewe /
5 Denn die Lebendigen wi\\en (1) / das \ie \terben werden / Die Todten aber wi\\en nichts / \ie verdienen auch nichts mehr / Denn jr gedechtnis i\t verge\\en /
6 das man \ie nicht mehr liebet / noch ha\\et / noch neidet / Vnd haben kein Teil mehr auff der Welt / in allem / das vnter der Sonnen ge\chicht. J\a. 64.
7 SO gehe hin vnd i\\ dein Brot mit freuden / trinck deinen wein mit gutem mut / Denn dein werck gefelt Gott.
8 Las deine Kleider jmer weis \ein / vnd las deinem heubte Salbe nicht mangeln.
9 Brauche des Lebens mit deinem Weibe / das du lieb ha\t / \o lange du das eitel Leben ha\t / das dir Gott vnter der Sonnen gegeben hat / \o lange dein eitel Leben weret. Denn das i\t dein Teil im leben vnd in deiner erbeit / die du thu\t vnter der Sonnen.
10 Alles was dir furhanden kompt zu thun / das thu fri\ch / Denn in der Helle da du hin fere\t / i\t weder werck / kun\t / vernunfft noch weisheit.
11 JCH wand mich vnd \ahe / wie es vnter der Sonnen zugehet / Das zu lauffen nicht hilfft \chnell \ein / Zum \treit hilfft nicht \tarck \ein / Zur narung hilfft nicht ge\chickt \ein / Zum reichthum hilfft nicht klug \ein / Das einer angenem \ey / hilfft nicht / das er ein ding wol könne / Sondern alles ligt es an der zeit vnd glück (2).
12 Auch weis der Men\ch \eine zeit nicht / Sondern wie die Fi\ch gefangen werden mit eim \chedlichen Hamen / Vnd wie die Vogel mit eim Strick gefangen werden / So werden auch die Men\chen berückt zur bö\en zeit / wenn \ie plötzlich vber \ie fellt.
13 JCH habe auch die\e Weisheit ge\ehen vnter der Sonnen / die mich gros daucht.
14 Das eine kleine Stad war / vnd wenig Leut drinnen / Vnd kam ein gro\\er König / vnd belegt \ie / vnd bawet gro\\e Bollwerg drumb.
15 Vnd ward drinnen funden ein armer wei\er Man / der die \elbe Stad durch \eine Weisheit kund erretten / Vnd kein Men\ch gedacht des \elben armen Mans.
16 Da \prach ich / Weisheit i\t ja be\\er denn \tercke / Noch ward des Armen Weisheit veracht / vnd \einen worten nicht gehorcht.
17 Das macht / Der Wei\en wort gelten mehr bey den Stillen / denn der Herrn \chreien bey den Narren.
18 Denn Weisheit i\t be\\er denn Harni\ch / Aber ein einiger Bube (3) verderbet viel guts.


(1) Das i\t / Sie mügen gebe\\ert werden / vnd fur dem Tod er\chrecken / Die Todten aber fülen nichts.
(2) Es hei\\t gerate wol / Noch \ol man drumb nicht abla\\en / \ondern jmer \chaffen / vnd Gott das gedeien befelhen.