Das fünffte, sechste und siebend Capitel

S. Matthei gepredigt und ausgelegt. 1532

 

 

 

 

 

Während Bugenhagens Abwesenheit von Wittenberg predigte Luther für ihn über Matthäus 5-7. Er fing November 9, 1530 an. Diese Predigten wurden dann, zuerst 1532, in Wittenberg veröffentlicht.

 

WA 32, 299-544

 

 

 

 

 

Vorrhede D. Mart. Luth.

Jch habe fast gern gesehen, das diese meine predigt uber die drey Capitel S. Matthei, welche S. Augustin nennet ‘des HERRN predigt auff dem berge’ ausgehen, Ob Gott wolt seine gnade dazu verleyhen, das solche lere Christi moecht jm rechtem gewissen Christlichen verstand bleiben und erhalten werden, weil es so gar gemeine sprueche und text sind, durch die gantzen Christenheit gewaltiglich getrieben und geuebt. Denn ich nicht zweivele, ich hab den meinen, und wer es begerd, den rechten lautern Christlichen verstand hierinn furgelegt. Und kan nicht wissen, wie der leide Teuffel sonderlich das funfft Capitel durch seine Apostel so meisterlich verdrehet und verkeret hat, das er eben das widerspiel draus gemacht, Und gleich wie Christus fursetziglich darinnen hat wollen aller falschen lere begegenen und den rechten synn der gebot Gottes eroeffenen, wie er bedinget und spricht ‘Jch bin nicht komen das Gesetz auff zu loesen’ und nimpts dazu von stuck zu stuck und wills ja klar und gewis gnug machen. Noch hat der hellisch Satan keinen text jnn der schrifft funden, den er schendlicher verkeret und mehr jrthumb und falscher lere draus gemacht hat, denn eben diesen, der dazu geordent und gestellet ist von Christo selbs, das er solt falsche lere verkomen: Das heist ein meister stuck des Teuffels.

 

Als erstlich sind jnn dis funfft Capitel gefallen die groben sewe und esel, Juristen und Sophisten, des Bapst Esels rechte hand und seine Mammo Luchen, die haben aus dieser schonen rosen solche gifft gesogen und jnn alle wellt gestrewet, da mit Christum verschorren und den Endechrift erhebt und erhalten, nemlich das Christus hie nicht von seinen Christen alles geboten [s. 300] noch gehalten wolle haben, was er jm funfften Capitel leret, sondern habe viel stuck allein geraten denen so volkomen sein wollen, und moege sie halten wer do wolle, unangesehen das Christus daselbs zorniglich drewet, sie sollen jm hymel nichts sein wer der geringsten solcher geboten eines aufloeset, und nennets mit duerren worten Gebote. Daher haben sie die zwelff Consilia Euangelij ertichtet, zwelff guter rat jm Euangelio, die man halten muege wer da wolle, so er etwas fur und uber andern Christen hoehers und volkomers sein wil, haben also nicht allein ausser dem glauben jnn das werck Christliche seligkeit ja auch die volkomenheit gesetzt, sondern auch die selben werck frey gemacht. Das heist mein ich recht und fein Gute werck verbieten, welchs sie uns schuld geben, die groben Esel unnd lesterer.

 

Denn sie koennen solchs nicht leugnen und hilfft sie kein decken noch putzen, so lange dis funfft Capitel Matthei bleibt. Denn jre buecher und glosen sind furhanden, dazu jr altes und noch teglichs unbusfertiges leben, das sie furen nach solcher jrer lere. Und ist gar gemein bey jn die lere von den zwelff Consilijs Euangelicis, Als da sind Nicht boeses vergelten, nicht rechen, den andern backen darbieten, dem ubel nicht widderstehen, den mantell zum rock lassen, zwo meil fur eine gehen, Geben allem der bittet, Leyhen dem der abborget, Bitten fur die verfolger, Lieben die feinde, Wolthun den Hessern &c.. wie Christus hie leret. Solchs alles (speyen sie) sey nicht geboten. Und die Esele zu Paris geben redliche ursach, sagen, Es were der Christlichen lere viel zu schwere, wo sie solt damit beladen sein &c.. Also haben die Juristen und Sophisten die Kirche regirt und gelert bis her, das Christus hat mit seiner lere und auslegung jr narr und geuckler mussen sein, Und thun dazu noch keine busse da fur, sondern woltens noch gerne verteydigen und jre verfluchte schebichte Canones gern widder auff werffen und jren BapstEsel widder kroenen. Gott gebe aber, das ich leben und spangen und eddelstein zu solcher kron geben muesse, so sol der Esel ob Gott will recht gekroenet heissen.

 

Darumb las dir Lieber bruder, so du wilt unnd nicht bessers hast, diese meine predigt dienen zum ersten widder unser junckern die Juristen und Sophisten, Jch meine sonderlich die Canonisten, welche sie selbs zwar Esel heissen als sie denn auch sind, auff das du fur jrer Esels kunst und Teuffels mist die lere Christi rein bey dir behaltest an diesem ort Matthei, Zum andern auch widder die newen Juristen und Sophisten, nemlich die Rottengeister und widderteuffer, Welche auch auffs newe aus jrem tollen kopff das hertzeleid anrichten jnn diesem funfften Capitel; und gleich wie jene zu seer auff die lincken seiten gefallen nichts uber all von dieser lere Christi gehalten, sondern verdampt und vertilget haben, Also fallen diese zu seer auff die rechten seiten [s. 301] und leren, man solle nichts eigens haben, nicht schweren, nicht Oberkeit noch gericht halten, Nicht schuetzen noch verteidigen, Von weib und kind lauffen und des jamers viel. Also blawet und brawets der Teuffel auff beiden teilen unternander, das sie kein unterschied wissen zwischen weltlichem und Goettlichem reich, viel weniger was unterschiedlich jnn ein jglich Reich gebuert zu leren und zu thun, Welche wir Gott lob rhumen konnen, das wirs jnn diesen predigten klerlich und vleissiglich haben angezeigt und ausgestrichen, das wer forthin jrret odder jrren wil, wir seinethalben entschuldigt sind, als die wir das unser treulich haben zu eines jglichen besten dargethan; jr blut sey auff jrem kopffe, Den lohn dafur wollen wir gewarten, nemlich undanck hass und allerley feindschafft, und sagen Deo gratias.

 

Weil wir denn erfaren und wissen durch solch grewliche exempel beide Bepstlicher und Rottischer Juristen, was der Teuffel jm sinn hat und sonderlich dis funfft Capitel S. Matthei zu verkeren und die reine Christliche lere damit zu vertilgen gedenckt, So sey gebeten und vermanet ein jglicher prediger odder pfarherr, das er trewlich und vleissig da widder jnn seinem befolhen heuflin wache und den rechten verstand helffe erhalten. Denn so lange der Teuffel lebt und die welt stehet, wird er nicht auff hoeren dis Capitel anzufechten, denn jm ist dran gelegen, das er die gute werck da durch gantz unterdrucke, wie unter dem Bapstumb geschehen, odder falsche gute werck und ertichte heiligkeit anrichte, wie er jtzt durch die newen Monche odder Rottengeister angefangen hat. Und wenn schon beide Bepstische und Rottische Juristen und Monche untergiengen, so wurde er doch aber andere finden und auffwecken, Denn er mus solch gesinde haben, Und ist sein Reich von anfang der welt her durch Moenche regirt; ob sie wol nicht Moenche geheissen haben, so ist doch jr lere und leben Moenchisch, das ist ein anders und sonderlichs oder bessers denn Gott geboten hat gewest, wie bey dem volck Jsrael die Baaliten, Camarim und der gleichen, Bey den Heiden die Galli und Vestales &c.. waren. Darumb konnen wir nicht sicher fur jm sein, denn aus diesem funfften Capitel sind auch des Bapsts Moenche komen als die einen volkomen stand fur andern Christen fur sich namen, welchen sie auff dis Capitel grundeten, und haben doch dran gehalten, das sie vol geitzs, hoffart und zuletzt vol aller Teuffel worden sind. Christus unser lieber Herr und Meister, der uns den rechten sinn auffgethan hat, wolt uns den selbigen mehren unnd stercken, dazu helffen, das wir auch darnach leben und thun. Dem sey lob und danck sampt dem Vater und Heiligen geist jnn ewigkeit Amen.

 

[s. 302]

Das fünfft Capitel S. Matthei.

 Da er aber das volk sahe, gieng er auff einen berg und satzte sich und seine juenger tratten zu jm. Und er that seinen mund auff, leret sie und sprach: Selig sind die da geistlich arm sind, denn das himelreich ist jre, Selig sind die da leide tragen, denn sie sollen getroest werden, Selig sind die senfftmuetigen, denn sie werden das erdreich besitzen, Selig sind die da hungert und duerstet nach der gerechtigkeit, denn sie sollen sat werden, Selig sind die barmhertzigen, denn sie werden barmhertzigkeit erlangen, Selig sind die reines hertzen sind, denn sie werden Gott schawen, Selig sind die friedfertigen, denn sie werden Gottes kinder heissen, Selig sind die umb gerechtigkeit willen verfolget werden, denn das himelreich ist jre, Selig seid jr, wenn euch die menschen umb meinen willen schmehen und verfolgen und reden allerley ubels widder euch, so sie daran liegen. Seid froelich und getrost, Es wird euch jm himel wol belonet werden, Denn also haben sie verfolget die Propheten die vor euch gewesen sind &c..

 

[Matth. 5, 1-2] Da er das volck sahe, gieng er auff einen berg und satzte sich und seine junger tratten zu jm. Und er that seinen mund auff, leret sie und sprach.

Da machet der Euangelist eine vorrede und gepreng, wie sich Christus gestellet habe zu der predigt die er thun wolt, das er auff einen berg gehet und sich setzet und seinen mund auffthut, das man sihet es sey sein ernst. Denn das sind die drey stuck, wie man sagt, so zu einem guten prediger gehoren: zum ersten das er aufftrette, zum andern das er das maul auffthu und etwas sage, zum dritten das er auch konne auffhoren. Aufftretten ist, das er sich stelle als ein meister odder prediger der es kan und thun sol, als dazu beruffen und nicht von jhm selbs komet, sondern dem es geburet aus pflicht und gehorsam, das er sagen muege: jch kome nicht getrolt aus eigenem furnemen und gutduncken, sondern mus es thun von ampts wegen. Das ist widder die gesagt die uns bisher und noch so viel plag und marter anlegen, die rottenbuben und schwermer, so hin und widder jnn landen jrr lauffen und streichen, vergifften die leut, ehe es pfarrer und die jm ampt odder oberkeit sitzen erfaren, und so ein haus nach dem andern beschmeissen, bis sie ein gantze stad darnach aus der stat ein gantz land vergifften.

 

[s. 303] Solchen schleichern und streichern zu weren, solt man schlecht nicht zulassen jemand zu predigen dem es nicht befolen und das ampt auffgelegt ist, Auch niemand sich unterstehen, ob er schon ein prediger ist, wo er einen lugenprediger horet jnn einer papistischen odder andern kirchen, der die leute verfuret, widder jn zupredigen, Auch nicht hin und widder jnn die heusser schleichen und sonderliche winckel predigt anrichten, sondern daheim bleiben und seines ampts odder predigstuls warten odder still schweigen, wo er nicht wil odder kan offentlich auff die Canzel treten. Denn Gott wil nicht das man mit seinem wort jrre lauffe, als treibe jemand der heilige geist und musse predigen, und also stete und winckel heusser odder predigstuele sueche, da er kein ampt hat; Denn auch S. Paulus selbs nich wolte, ob er wol zu einem Apostel von Gott beruffen war, an den orten predigen, da die andern Apostel vorhin gepredigt hatten. Darumb stehet hie, das Christus frey offentlich auff den berg gehet, als er sein predigampt anfehet. Und bald hernach [Matth. 5, 14] spricht er zu den jungern: Jr seid das liecht der welt, und man zundet kein licht an und steckets unter einen scheffel, sondern setzets auff einen leuchter, das es leuchte allen die jm hause sind. Denn das predigampt und Gottes wort sol daher leuchten wie die sonne, nicht jm tunckeln schleichen und meuchling, wie man der blinden kuee spielet, sondern frey am tage handeln und jm wol lassen unter die augen sehen, das beide prediger und zuhorer des gewis seyen, das es recht geleret und das ampt befolen sey, das sie es kein heel haben durffe. So thu du auch; wenn du jm ampt bist und befehl hast zu predigen, so tritt frey offentlich erfur und schewe niemand, auff das du konnest rhumen mit Christo: Jch habe frey offentlich gelert fur der wellt und habe [Joh. 18, 20] nichts jm winckel gered &c.. Joh. 18.

 

Sprichstu aber Wie? sol denn niemand nichts leren, es geschehe denn offentlich, odder solt ein hausvater jm seim haus sein gesind nicht leren odder einen schuler odder andern bey sich halten der jn furlese? Antwort: Trawn ia, das ist auch wolgethan, dazu ein rechter rawm und stedt dazu, Denn ein iglicher hausvater ist schuldig, das er sein kind und gesind ziehe und lere odder leren lasse, Denn er ist in seinem hause als ein pfarrer odder bisschoff uber sein gesind, und ist jhm befolen das er drauff sehe was sie lernen, und fur sie antworte. Aber das gilt nicht, das du solchs ausser deinem haus thun wollest und dich von dir selb jnn ander heusser odder zu nachbarn eindringen, solt auch nicht leiden, das jrgent ein schleicher zu dir kome und jm deinem haus ein sonderlichs mache mit predigen das jm nicht befolen ist. Kompt aber einer jnn ein haus odder stad, so heis man jn zeugnis bringen, das er bekand sey odder sigel und briff zeigen, das ers befelh habe. Denn man mus nicht allen streichern glewben, die sich des heiligen geists rhumen [s. 304] und sich damit hin und her jnn die heusser drehen. Kurtz Es heisset, das Euangelium odder predigampt sol nicht jm winckel, sondern hoch empor auffm berg und frey offentlich am liecht sich lassen horen. Das jst eines das hie Mattheus wil anzeigen.

 

Das ander ist, das er seinen mund auffthut. Das gehoret (wie gesagt) auch zu einem prediger, das er nicht das maul zuhalte und nicht allein offentlich das ampt fure, das jderman schweigen musse und jhn aufftreten lasse als den der Gottlich recht und befelh hat, sondern auch das maul frisch und getrost auffthue, das ist die warheit und was jm befolen jst zupredigen, nicht schweige noch mummele, sondern on schew und unerschrocken bekenne und durre eraus sage, niemand angesehen noch geschonet, es treffe wen odder was es wolle. Denn das hindert einen prediger gar seer, wenn er sich wil umbsehen und sich damit bekomern, was man gerne hoeret odder nicht odder was jm ungunst, schaden odder fahr bringen mochte, sondern wie er hoch auff dem berg an einem offentlichen ort stehet und frey umb sich sihet, so sol er auch frey reden und niemand schewen, ob er gleich mancherley leute und koepffe sihet, und kein blat furs maul nemen, wedder gnedige noch zornige herrn und jungherrn, wedder gelt, reichtum, ehr, gewalt noch schand, armut, schaden ansehen und nicht weiter dencken, denn das er rede was sein ampt foddert, darumb er da stehet.

 

Denn Christus hat das predig ampt nicht dazu gestifftet und eingesetzt, das es diene gelt gut gonst ehre freundschafft zu erwerben odder sein vorteil damit zusuchen, sondern das man die warheit frey offentlich an tag stelle, das boese straffe und sage was zur selen nutz heil und selickeit gehoret &c.. Denn Gottes wort ist nicht darumb hie, das es lere wie ein magd odder knecht jm haus erbeiten sol und sein brod verdienen odder ein burgermeister regieren, ein ackerman pfluegen odder hew machen. Summa es gibt noch zeiget nicht zeitliche guter, dadurch man dieses leben erhalte, denn solchs hat die vernunfft vorhin alles einen iglichen geleret, Sondern das wil es leren, wie wir sollen komen zu jenem leben, und heist dich dieses lebens brauchen und den bauch hie neeren, so lang es weret, doch das du wissest wo du bleiben und leben sollest, wenn solchs auffhoren mus. Wenn nu solchs an gehet, das man predigen sol von einem andern leben, darnach wir sollen trachten und umb des willen wir des nicht sollen achten, als wolten wir ewig hie bleiben, so gehet denn hader und streit an, das die welt nicht leiden wil. Wo denn da einem prediger der bauch und zeitlich leben lieber ist, der thuts nicht, Stehet wol und wesschet auff der Cantzel, aber er predigt nicht die warheit, thut das maul nymer nicht auff; wo es wil ubelgehen, da hellt er jnne und beisset des fuchs nicht.

 

[s. 305] Sihe darumb hat Matth. das geprenge furher geschrieben, das Christus als ein rechter prediger auff den berg gehet und den mund frissch auffthut, die warheit leret und straffet beide falsche lere und leben, wie wir horen werden.

 

[Matth. 5, 3] Selig sind die da geistlich arm sind, Denn das himelreich ist jr.

Das ist ihe ein feiner susser freuendlicher anfang seiner lere und predigt, Denn er feret nicht da her wie Moses odder ein gesetzlerer mit gebieten, drewen und schrecken, sondern auffs allerfreundlichst mit eitel reitzen und locken und lieblichen verheissungen, Und zwar, wo es nicht also gefasset und uns allen furgetragen weren die lieben wort und predigt, die der herr Christus zum ersten gethan hat, so wuerde einen iglichen der furwitz reiten und treiben darnach zu lauffen bis gen Jerusalem, ja bis ans end der wellt, da man nur ein wort davon horen mochte, da solt man gelt gnug finden, das die strasse wol gebawet wuerde: Und wuerde jderman gar herrlich rumen, wie er die wort und predigt gehoret odder gelesen hette, die der Herr Christus selbs gered hette. O welch ein trefflich selig man solt der geacht werden, dem solchs mocht widderfaren. So wurde es gewislich gehen, wenn wir nichts davon geschrieben hetten, ob gleich sonst viel von andern geschrieben were, Und wurde ein iglicher sagen: ja ich hore wol was S. Paulus und andere seine Aposteln geleret haben, Aber viel lieber wolt ich horen was er doch sellbs geredet und gepredigt hette.

 

Jtzt aber, nu es so gemein ist, das es jderman jm buch geschrieben hat und teglich lesen kan, achtets niemand fur was sonderlichs und kostlichs, Ja wir werdens dazu uberdruss und schlahens inn wind, als hette es nicht die hohe maiestet von himel, sondern jrgent ein schuster gered. Darumb widderferet uns auch zur straffe unsers undancks und verachtung, das wir wenig gnug davon haben und nimer fulen noch schmecken, was fur ein schatz, krafft und gewalt jnn Christus worten ist. Wer aber die gnade hat, das ers recht ansehe als Gottes und nicht menschen wort, der wirds auch wol hoher und teurer achten und nymer mehr muede noch uberdrus werden.

 

Wie fruendlich aber und suesse diese predigt ist fur die Christen, die seine schuler sind, so verdrieslich und unleidlich ist sie fur die Juden und ire grosse heiligen. Denn er gibt jn bald jm anfang einen harten stos mit diesen worten, verwirfft und verdammet jre lere und predigt gleich das widderspil, ja er schreyet Weh uber jr leben und leren, wie Lucas .6. anzeigt. Denn das ist die summa jrer lere gewesen, wenn es einem menschen wol gienge hie auff erden, der were selig und wol dran, und dahin hatten sie alles gerichtet, [s. 306] wenn sie frum weren und Gott dieneten, das jn Gott gnug solt geben auff [Ps. 144, 8. 13. 14] erden und nichts gebrechen lassen. Wie David psal. 144. von jn sagt ‘Das jst jre lere, das alle winckel und kamer vol vorat seien und die anger voll schaffe, die allzumal vol und viel tragen, und das vieh viel ererbeite, Dazu kein schade noch verlust noch unfal odder plage sie treffe. Das heissen sie seilige leute’. &c..

 

Dawidder thut hie Christus seinen mund auff und spricht, Es gehore ein anders dazu denn das man hie gnug habe auff erden, als wolt er sagen: Jr lieben junger, wenn jr unter den leuten predigen solt, so werdet jr finden das sie alle so leren und gleuben, wer da reich, gewaltig &c.. sey, der sey aller ding selig, und widderumb wer da arm elend ist, der sey fur Gott verworffen und verdampt. Denn jnn dem glauben stunden die Jueden starck, wenn es einem menschen wolgienge, das were ein zeichen, das er einen gnedigen Gott hette, und widderumb. Das machte, das sie viel und grosse verheissung von Gott hatten von zeitlichen leiblichen gutern, die er den fromen wolt geben; darauff verliessen sie sich, meineten, wenn sie solchs hetten, so weren sie wol mit jm dran. Darauff ist auch das buch Hiob gemacht, denn daruber zancken und sperren sich seine freunde widder jn und treiben hart darauff, er muesse etwas grosses widder Gott verschuldet haben, und auff jn wissen, das er so gestrafft werde, darumb sol ers bekennen, sich bekeren und from werden, so werde Gott die straffe widder von jm nemen &c..

 

Darumb ists eine notige predigt gewesen zum anfang, das er solchen wahn umbstiesse und aus dem hertzen riesse als der grossesten hindernis eines widder den glauben, der den rechten abgott Mammon jm hertzen stercket. Denn aus solcher lere hat nichts anders koennen folgen denn das die leut geitzig wurden und ein iglicher nur darnach trachtet, wie er gnug und gute tage hette on mangel und ungemach. Und jderman hat muessen dencken: Jst der selig, dem es wolgehet und guts gnug hat, so mus ich zusehen, das ich auch nicht am wenigsten habe.

 

Das ist auch noch heuttigs tages aller wellt glaube, sondernlich der Tuercken, die sich am hochsten darauff verlassen und stercken und daher schliessen, es were nicht muglich, das sie soviel gluck und sieg hetten, wo sie nicht Gottes volck weren und er jn fur allen andern gnedig were. So gleubt auch bey uns das gantze Bapstum und stehet der grund jrer lere und lebens darauff, das sie nur gnug haben, und haben damit aller wellt guter zu sich bracht, wie man fur augen sihet. Summa, dis ist der grosst und weiteste glaube odder religio auff erden, darauff alle menschen nach fleisch und blut bleiben, konnen auch kein anders fur seligkeit achten. Darumb bringet er hie gar ein andere newe predigt fur die Christen, das wenn es jn ubelgehet, armut [s. 307] leiden und sich hie reichtums gewalt ehre und guter tage verzeihen mussen, sollen sie dennoch selig sein und nicht ein zeitlichen sondern einen andern ewigen lohn haben, das sie jm himelreich gnug haben.

 

Sprichstu aber: Wie? mussen denn die Christen alle arm sein und darff niemand gelt, gut, ehre, gewalt &c.. haben, Odder wie sollen die reichen, als fursten, Herrn, Koenige thun? mussen sie alle jr gut, ehre &c.. faren lassen odder den armen das himelreich abkeuffen, wie ettliche geleret haben? Antwort: Nein, Es heisst nicht den armen abkeuffen, sondern selbs arm sein und unter solchen armen erfunden werden wer da wil das himelreich haben. Denn es ist deudlich und durr gesetzt ‘Selig sind die armen’, Und stehet doch dabey das wortlin ‘Geistlich arm’, also das auch nicht damit ausgerichtet ist, das jemand leiblich arm sey und kein gelt und gut habe, Denn eusserlich gelt, guter, land un leut haben ist an jm selbs nicht unrecht sondern Gottes gabe und ordnung; so ist niemand darumb selig, der ein bettler ist und nichts uberal eigens hat, sondern es heist Geistlich arm sein. Denn ich hab droben jm anfang gesagt, das Christus hie gar nichts handlet von weltlichem regiment und ordnung, sondern wil allein von dem geistlichen reden, wie man ausser und uber das eusserliche fur Gott leben sol.

 

Zum weltlichen regiment gehoret, das man gelt, gut, ehre, gewalt, land und leute habe und kan on dis nicht bestehen. Darumb soll und kan ein herr odder fuerst nicht arm sein, Denn er mus allerley solche guter zu seinem ampt und stand haben. Darumb ists nicht die meinung, das man so muesse arm sein, das man gar nicht eigens habe, Denn es kan die wellt nicht so bestehen, das wir alle solten bettler sein und nichts haben. Denn auch kein hausvater sein haus und gesind neeren kuende, wenn er selbs gar nichts hette. Summa: leiblich arm sein thuts nicht, Denn man findet manchen bettler, der das brod fur der thur nimpt, so stoltz und boese als kein reicher, und manchen schebichten bawrn, mit dem weniger umb zu komen ist denn mit keinem herrn und fursten.

 

Darumb sey leiblich und eusserlich arm odder reich, wie dirs bescheret ist, da fragt Gott nicht nach, Und wisse, das ein jglicher muesse fur Gott, das ist geistlich und von hertzen, arm sein. Das ist, das er seine zuversicht, trost und trotz nicht setze auff zeitliche guter noch das hertze drein stecke und lasse den Mammon seinen abgott sein. David war ein trefflicher koenig und muste warlich sein beutel und kasten vol gelds, die boeden vol korns, das land vol allerley guter und vorrat haben, noch must er daneben geistlich ein armer [Ps. 39, 13; 119, 19] bettler sein, wie er von sich singet ‘Jch bin arm und ein gast jm land gleich wie alle meine veter’. Sihe der koenig, der jn solchen gutern sitzet, ein herr uber land und leute, darff sich nicht anders denn ein gast odder pylgern nennen, als der auff der strassen gehet, da er nichts hat, da er bleiben kan.

 

[s. 308] Das heisset ein hertz, das sich nicht bindet an gut und reichtumb, sondern ob es gleich hat, noch ist jm gleich als hette es nichts, wie Paulus von den [2. Kor. 6, 10] Christen rhumet .2. Cor 6. ‘Als die armen, aber die doch viel reich machen, als die nichts jnne haben, und doch alles haben’ &c..

 

Alles da hin gered, das man aller zeitlicher guter und leiblicher notdurfft, weil wir hie leben, nicht anders brauche denn als ein gast an einem frembden ort, da er uber nacht ligt und des morgens davon zeucht, brauchet nicht mehr denn futer und lager zur notdurfft, darff nicht sagen: das ist mein, hie wil ich bleiben, noch sich jns gut setzen, als gebure es jm von recht, Sonst mueste er bald horen, das der wirt zu jm sagt: Lieber, Weistu auch das du ein gast hie bist? gehe deines weges wo du hin gehorest. Also auch hie, das du zeitlich gut hast, hat dir Gott geben zu diesem leben und gonnet dir wol, das du sein brauchest und den madensack damit fullest, den du am hals tregst, Aber nicht das hertz daran hengest und hefftest, als woltestu ewig leben, sondern jmer weiter farest und denckest nach einem andern hohern und bessern schatz, der dein eigen ist und ewig bleiben sol.

 

Das sey grob fur den gemeinen man gered, das man lerne verstehen nach der schrifft zureden, was geistlich arm odder fur Gott arm heisse, nicht eusserlich nach gelt und gut odder nach mangel odder uberflus zurechen, da man sihet (wie gesagt), das die ermesten elendesten bettel buben die ergesten verzweivelsten schelck sind und alle buberey und untugent begehen durffen, welchs feine erliche leute, reiche burger odder herrn und fursten nicht thun. Widderumb auch viel heiliger leut, die gelt und gut, ehre, land und leut gnug gehabt haben und dennoch mit soviel gutern arm gewesen sind, Sondern nach dem hertzen mus mans rechen, das jm nicht lasse hart angelegen sein, ob es etwas odder nichts, viel odder wenig habe, und was es fur guter hat jmer so hin setze, als hette mans nicht und alle stunde drumb komen und verlieren muste, und das hertz jmer am himelreich behallte.

 

Widderumb heisset der reich nach der schrifft, welcher ob er gleich kein gelt noch gut hat, dennoch darnach reisset und kratzet, das er nimer kan gnug haben. Das sind die rechten, die das Euangelium reiche wenste heisset, die jnn grossem gut am aller wenigsten haben und sich nimer lassen gnuegen an dem das jn Gott bescheret. Denn es sihet jnns hertz, das da vol gelds und guts steckt, und richtet darnach, ob gleich nichts jnn beutel und kasten ligt. Widderumb richtet es den armen auch nach dem hertzen, ob er gleich kasten, haus und hoff vol hat. So gehet der Christlich glaube hindurch, sihet weder armut noch reichtumb an, sondern wie das hertz stehet: wo darinn ein geitzwanst steckt, so heisset er geistlich reich, und widderumb geistlich arm, wer nicht daran hanget und kans aus dem hertzen lassen, wie Christus anderswo [s. 309] sagt ‘Wer da verlesst heuser, ecker, kind, weib &c.. der sols hunndertfeltig widder haben und dazu das ewige leben ererben’. Damit er die hertzen vom gut wil reissen, das sie es nicht fur jren schatz halten, und die seinen trosten, die es lassen muessen, das sie viel mehr und bessers auch inn diesem leben empfahen sollen, den sie verlassen koennen.

 

Nicht das man von gut haus, hoff, weib und kind solle lauffen und jm land jrr gehen, ander leut beschweren, wie die widderteuffer rotte thut, die uns schuld geben das wir das Euangelium nicht recht predigen, weil wir haus und hoff behalten, bey weib und kind bleiben. Nein, solcher toller heiligen wil er nicht haben, Sondern es heist also: wer mit dem hertzen haus, hoff, weib und kind lassen kan, ob er gleich darinne sitzet und dabey bleibt, sich mit jn neeret und aus der liebe dienet, wie Gott gebotten hat, Und doch dahin setzet, wo es die not foddert, das ers konne umb Gottes willen alle stunde faren lassen. Bistu so geschickt, so hastu alles verlassen, Also das das hertz nur nicht gefangen sey, sondern rein bleibe vom geitz und ankleben trost und zuversicht aller ding, und mag wol ein reicher geistlich arm heissen und darff darumb sein gut nicht weg werffen, on wenn er aus not dauon lassen sol, so lesset ers jn Gottes namen, nicht darumb das er gerne von weib, kind, haus und hoff sey, sondern viel lieber behelt so lang es Gott gibt, und jm damit dienet und doch auch bereit, wenn ers jm widder nemen wil.

 

So sihestu was geistlich und fur Gott arm sein odder geistlich nichts haben und alles verlassen heisse. Nu siche auch an die verheissung, die Christus dazu setzet und spricht ‘Denn solcher ist das himelreich’. Das ist ia ein grosse, trefliche, herrliche verheissung, das wir sollen dafur das wir hie gerne arm sein und zeitlich gut nicht achten, ein schon, herrlich, gros, ewig gut jm himel haben, und da du hie ein kleine parteken faren lessest, der du doch brauchen magst, so lange und so viel du des haben kanst, soltu dagegen eine kron erlangen, das du ein burger und herr jm himel seiest. Solchs solt uns ja bewegen, wenn wir wollten Christen sein und dafur hielten, das seine wort war weren, aber es achtet niemand, wer der sey, der es sagt, und viel weniger was er sagt; lassens fur den oren uber gehen, das sich niemand weiter drumb bekomert noch zu hertzen fasset.

 

Er zeiget aber eben mit diesen worten, das niemand solchs fasset, er sey denn vorhin ein rechter Christ. Denn beide dis stuck und alle ander, die hernach folgen, sind eitel fruechte des glaubens, die der heilige geist selbs jm hertzen schaffen mus. Wo nu der glaube nicht ist, da wird das himelreich auch wol aussen bleiben, noch geistlich armut, sanfftmut &c.. folgen, sondern eitel scharren und geitzen, zancken und rumorn umb zeitlich gut bleiben. Darumb ists verloren bey solchen welthertzen, das sie nymer mehr lernen noch erfaren was geistlich armut sey, auch nicht gleuben noch achten was er vom himelreich sagt und verheisset.

 

[s. 310] Wie wol ers doch den selbigen zu dienst so schicket und ordnet, das wer nicht wil geistlich arm sein jn Gottes namen umb des himelreichs willen, der mus doch arm sein jns teuffels namen und keinen danck da zu haben. Denn Gott hat die geitzigen so gehengt an jren wanst, das sie jres ergeitzten guts nimer satt noch fro werden konnen. Denn juncker Geitz ist ein solcher frolicher gast, der keinen lesset rugen, suchet, treibt und jagt on unterlas, das er des lieben guts keine stund geniessen mus, wie auch der prediger Solomonis wundert und spricht: Jsts nicht ein schendliche plage, das Gott einem menschen gelt und gut, land und leut gnug gibt und er doch nicht soviel vermag das ers gebrauche? mus jmerdar furchten, sorgen und beben, wie ers behalte und mehre, das es nicht umbkome noch weniger werde, und ist so gar gefangen, das er nicht einen heller frolich thar angreiffen. Wo aber ein hertz were, das jm kund gnugen lassen und zu friden sein, so hette es ruge und das himelreich dazu, da es sonst bey grossem gut odder ja mit seinem geitz hie das fegfeur und dort das hellisch fewer dazu mus haben und wie man sagt, hie mit eim karn, dort mit einem rad mus faren, das ist hie jamer und angst, dort das hertzleid haben.

 

Sihe, so schaffets Gott allzeit, das sein wort doch mus war bleiben und niemand selig sein noch gnug haben denn die Christen, Und die andern, ob sie gleich alles haben, doch nichts deste besser haben, ja nimer mehr so gut haben und mussen doch arme bettler bleiben dem hertzen nach zu rechen, on das diese gerne arm sind und an einem unvergenglichen ewigen gut, das ist am himelreich hangen und selige Gottes kinder sind, jene aber nach zeitlichem gut geitzen und doch nicht erlangen was sie wollen, mussen dazu ewig des Teuffels marterer sein. Und ist kurtz kein unterscheid unter einem bettler fur der thur und einem solchen leidigen wanst, on das jener nichts hat und lesst sich mit einem stuck brods ab weisen, dieser aber jhe mehr er hat, jhe weniger er zu erfuellen ist, wenn er auch gleich aller welt gelt und gut auff einem hauffen kriegte.

 

Darumb dienet diese predigt, wie ich gesagt hab, fur die welt nicht, schaffet auch nichts, Denn sie bleibet dabey, das sie jres dinges wil gewis sein und nicht gleuben, sondern fur augen sehen und jnn der hand haben, Und spricht, es sey besser ein sperling jnn der faust denn nach einem kronch jnn der lufft gaffen. Darumb lesst sie Christus auch faren, wil niemand zwingen noch mit den haren erzu ziehen, Sondern gibt seinen trewen rat, wer jm wil raten lassen, und helt uns die aller tewersten verheissung fur. Wiltu, so hastu hie fride und ruge jm hertzen und dort ewig was dein hertz begeren sol; Wiltu nicht, so fare jmer hin unnd habe lieber hie und dort all hertzleid und unglueck, Denn wir sehen und erfaren, das alles daran ligt, [s. 311] wer jm lesst gnugen und nicht an zeitlichem gut klebt als mancher ist, wenn er gleich nur einen bissen brod hat, kan jm Gott das hertz fullen, das er froelich und besser zufriden ist denn kein fuerst noch konig. Summa er ist ein reicher herr und keiser, darff kein sorg, muhe und hertzleid haben. Das ist das erste stueck dieser predigt: Wer hie und dort gnug wil haben, der dencke das er nicht so geitze und kratze, sondern neme an und brauche was Gott gibt, und neere sich seiner erbeit jm glauben, so hat er hie das paradis und das [1. Tim. 4, 8] himelreich gar, wie S Paulus auch saget 1. Timoth. 4. ‘Die gottseligkeit ist zu allen dingen nutz und hat die verheissung nicht allein dieses, sondern auch des zukunfftigen lebens’.

 

[Matth. 5, 4] Selig sind die da leide tragen, denn sie sollen getroestet werden.

Wie er diese predigt hat angefangen widder der Juden lere und glauben (und zmar nicht allein jr, sondern der gantzen welt, wo sie am besten ist), welche allzeit auff dem wahn bleibt, wenn sie nur hie gut, ehre und jren Mammon habe, so stehe sie wol, und allein umb desselben willen Gott dienet, Also feret er nu fort und stosset auch umb das sie hielten fur das beste, seligste leben auff erden, wer es da zu kund bringen, das er gute, sanffte tage [Ps. 73, 5] hette und kein ungemach durffte leiden, von welchen der 73. Psalm sagt ‘Sie sind nicht jnn ungluck wie ander leute und werden nicht wie ander leut geplagt’.

 

Denn das ist das hoehest, das die menschen begeren, das sie mogen freud und lust haben und on ubel sein. Nu keret Christus das blat umb, setzet stracks das widder spiel und heisset die selig, die da trawren und leid tragen, Und so fort durch aus sind alle diese stuck gestellet und gerichtet widder der welt sinn und gedancken, wie sie es gerne hette, denn sie wil nicht hunger, kumer, unehre, schmach, unrecht und gewalt leiden und die solchs konnen uberhaben sein, hellt sie fur selige leut.

 

So wil er nu hie sagen, das ein ander leben sein musse, denn sie suchen und meinen, und sich ein Christ darnach mus richten, das er trawre und leide trage jnn der wellt Wer das nicht thun wil, mag hie wol gute tage haben und nach allem seinem willen leben, aber hernach soll er ewig [Luk. 6, 25] trawren, wie er Luce. 6. spricht ‘Wehe euch, die jr hie lachet und guts muts seid, denn jr werdet heulen und weinen mussen’, Wie es dem reichen man [Luk. 16, 19] gieng Luce 16. der alle tage herlich und jnn freuden lebt und sich schmuckt jnn kostliche seiden und purpur, lies sich duncken, er were ein grosser heilige und fur Gott wol dran, er jm so viel guts geben hatte, und lies gleichwol dieweil den armen Lazarum teglich fur der thur ligen voll schweren jnn [s. 312] hunger und kumer und grossem elend. Aber was horet er zuletzt fur ein [Luk. 16, 25] urteil, da er jnn der helle glut lage? ‘Gedenck das du jm leben hast guts empfangen, Lazarus aber boses, darumb wirstu nu gequelet, er aber getrostet’ &c..

 

Sihe das ist eben dieser text ‘Selig sind die da leid tragen, denn sie sollen getrostet werden’, und widderumb soviel gesagt: wer hie nichts denn freud und lust suchen und haben, die sollen ewig weinen und heulen.

 

Fragstu abermal Wie sol man denn thun? Sollen sie denn alle verdampt sein, die da lachen, singen, springen und sich wol kleiden, essen und trincken? Lesen wir doch von konigen und heiligen leuten, die auch frolich gewesen sind und wol gelebt haben. Und sonderlich ist Paulus ein wuenderlicher heilige, der wil haben, das wir allezeit sollen frolich sein [Phil. 4, 4, Röm. 12, 15] Philipp. 4. und spricht Ro. 12. ‘Seid frolich mit den frolichen’ und widderumb ‘weinet mit den weinenden’: Sihe das lautet ja widdereinander, alzeit frolich sein und doch mit andern weinen und trawren.

 

Antwort: Gleich wie ich gesagt habe, das reichtumb haben ist nicht sund noch verboten, also ist auch frolich sein, wol essen und trincken nicht sund noch verdamlich, des gleichen auch nicht ehre und guten namen haben, Und soll doch selig sein, wenn ich solchs nicht habe odder lassen kan und dafur armut, elend, schmach und verfolgung leide. Also ist es beides da und mus auch beides sein, trawren und frolich sein, essen und hunger leiden, [Phil. 4, 11] Wie Paulus Philipp. 4. von sich rhumet ‘jch habe die kunst gelernet, das wo ich bin mir gnuegen lasse, jch kan nidrig sein, jch kan hoch faren, jch bin jn allen dingen und bey allen geschickt, beide sat sein und hungern, beide uberig [2. Kor. 6, 8] haben und mangel leiden’, Jtem 2. Cor. 6. ‘Durch ehre und schande, durch bose geruechte und gut geruechte als die sterbenden, und sihe wir leben als die trawrigen, aber allzeit frolich’ &c..

 

Darumb ist das die meinung: Gleich wie der geistlich arm heisset, nicht der kein gelt noch etwas eigens hat, sonderm der nicht darnach geitzet noch seinen trost und trotz darauss setzet, als sey es sein himelreich, Also auch heisset das leide tragen und trawren, nicht der eusserlich jmer den kopff henget, sawr sihet und nimer mehr lachet, sondern der sein trost nicht darauff setzet, das er nur hie gute tage habe und jm sause lebe, wie die wellt thut, die nicht weiter trachtet denn wie sie eitel freude und lust hie habe, und sich darinne weidet und nichts achtet noch sorget, wie es Gott odder den leuten gehe.

 

Also haben viel treffliche, grosse leut, konige und andere, so Christen sind gewesen, trawren und leid mussen tragen, ob sie gleich fur der welt herrlich gelebt haben, wie David allenthalben jm psalter von seinem weinen [s. 313] und leiden klagt, Und auch jtzt kuend jch wol exempel anzeigen von grossen leuten, herrn und fuersten, so uber dem lieben Euangelio dis stuck wol erfaren und gelernet haben, als jtzt auff dem vergangen reichstag zu Augsburg und sonst, ob sie gleich auch auswendig wol gelebt und fuerstlich jnn seiden und gold sich gekleidet und anzusehen gewest als die auff eitel rosen giengen, aber teglich unter eitel gifftigen schlangen mussen sein und jm hertzen gefuelet solchen unerhorten homut, trotz und schmach, so viel bose tueck und wort von den schendlichen papisten, die jr lust und freude davon gehabt, das sie jr hertz durchbittert und, so viel an jn gewesen, keine froeliche stunde gegonnet haben, das sie alles haben muessen jnn sich fressen und nicht mehr thun denn Gott klagen mit seufftzen und weinen. Solche leute wissen etwas davon, was da heisset ‘Selig sind die da trawren und leid tragen’, ob mans jn gleich nicht ansihet, und mit andern essen und trincken und zu weilen mit lachen und schertzen jres leids zu vergessen. Denn du must nicht dencken, das trawren allein heisse weinen und klagen odder heulen wie die kinder und weiber, welchs ist noch nicht das rechte tieffe leiden, wenn es ubers hertz komen ist und zun augen eraus quillet, sondern das ists, wenn die rechten grossen stoesse kumen, die das hertz treffen und sturmen, das man nicht kan weinen und niemand thar klagen.

 

Darumb ist trawren und leid tragen nicht ein seltzam kraut bey den Christen, ob es gleich auswendig nicht scheinet, auch wenn sie gerne wolten frolich sein jn Christo und auch eusserlich soviel sie koennen, Denn sie mussen teglich sehen und fuelen jm hertzen, wenn sie die wellt ansehen, soviel bosheit, mutwillen, verachtung und lesterung Gottes und seines worts, dazu soviel jamer und ungluck, so der Teuffel anrichtet beide jn geistlichem und welltlichem regiment, das sie nicht viel froliche gedancken konnen haben und jre geistliche freude seer schwach ist, Und wo sie es stets solten ansehen und nicht zuweilen die augen wegwerffen, kunden sie keinen augenblick frolich sein, ist gnug, das es sonst mehr fur fellet und trifft denn sie es gerne hetten, das sie es nicht durffen weit suchen.

 

Darumb hebe nur an und werde ein Christen, so wirstu wol lernen was trawren und leid tragen heisse. Kanstu nicht mehr, so nym ein weib und setze dich und neere dich jm glauben, das du Gottes wort lieb habest und thust was dir jnn deinem stand befolen ist, so soltu bald erfaren beide von nachbarn und jnn deinem eigen haus, das es nicht gehen wird, wie du gerne hettest, und sich uberal hindern und hemmen, das du gnug zu leiden kriegst und sehen must, das dir jm hertzen wird wehe thun. Sonderlich aber die lieben prediger mussen solchs wol lernen und teglich damit geubt werden, das sie allerley neid, has, hon und spott, undanck, verachtung und lesterung [s. 314] dazu mussen jnn sich fressen, damit jr hertz und seele durchstochen und on unterlas gequelet wird.

 

Die welt aber wil solch trawren odder leid tragen nicht haben, darumb suchet sie solche stende und leben, darinn sie gute tage habe und von niemand nichts leiden durffe, wie der monchen und pfaffen stand gewesen ist. Denn sie kan nicht leiden, das sie jnn gottlichem stande ander leuten dienen solte mit eitel sorgen, muehe und erbeit und dazu nichts denn undanck und verachtung und ander bose tuecke zu lohn kriegen. Darumb wenn es jr nicht gehet wie sie wil und einer den andern saur ansihet, so konnen sie nichts denn poltern mit fluchen und donnern, ja mit der faust dazu, wollen bald gut und ehre, land und leut hinan setzen. Aber Gott schickets also, das sie dennoch nicht mussen so frey hin gehen, das sie kein leid sehen noch leiden durfften, Und gibt jn zu lohn, weil sie es nicht gerne thun, das sie es doch leiden mussen und dasselb mit zorn und ungedult zwifeltig groesser und schwerer machen und keinen trost noch gut gewissen haben konnen. Die Christen aber haben den vorteil, das ob sie gleich leid tragen, dennoch sollen getroestet werden und beide hie und dort selig sein.

 

Darumb wer nicht wil gar ein welt kind sein und mit den Christen teil haben, der las sich auch jnn dem register finden, das er helffe seufftzen und leid tragen, auff das er auch getrostet werde wie diese verheissung lautet. [Ezech. 9] Daher lieset man ein exempel jnn dem propheten Ezechiel 9. Wie Gott sechs menner aus sendete mit toedlicher wehre uber die stad Jerusalem, aber einen unter jhn schicket er mit einem schreibe zeug, der solt mitten durch die stad gehen und ein zeichen auff die stirn schreiben allen die da seufftzeten und leid truegen, das es so schendlich zu gienge, und sehen musten, das jn durchs hertz gienge. Und wer so gezeichnet wurde, der solt lebendig bleiben, die andern aber alle tod geschlagen werden. Sihe das ist der Christen vorteil, das ob sie gleich eitel leid und jamer jnn der welt sehen mussen, doch zuletzt dahin kompt, wenn die wellt am sichersten ist und jnn eitel freuden feret, das sich das redlin umbkeret und ploetzlich ein unnglueck uber sie kompt, darinn sie bleiben und verderben mus, sie aber eraus gerissen und errettet werden, wie der liebe Lott zu Sodom errettet ward, da sie lang sein hertz gequelet und [2. Petri 2, 8] zu martert hatten (wie .S. Petrus sagt) mit jrem schendlichen wesen. Darumb las die wellt jtzt lachen und jm sausse leben nach jrer lust und mutwillen, und ob du must trawren und leid tragen und teglich sehen das dein hertz betrübt, so leide dich und halte dich des spruchs, das du dirs lassest wol gefallen und dich damit troestest und auch eusserlich dich erquickest und froelich machest soviel du kanst.

 

Denn die also leid tragen, die mogen wol freude haben und nemen, [s. 315] wo sie konnen, das sie nicht fur trawrikeit versincken, Denn auch Christus eben diese wort setzet und den trost verheisset, das sie jnn jrem leid nicht verzagen noch des hertzens freud gar nemen und verlesschen lassen, sondern solch trawren mit dem trost und labsal mengen, sonst wo sie nimer kein trost noch freude hetten, musten sie verschmachten und verdorren. Denn es vermag kein mensch eitel trawren zu ertragen, denn es seugt safft und krafft jm leib [Sir. 30, 25] aus, wie der weise man sagt ‘Trawrikeit hat viel leut umbs leben bracht’, [Spr. 17, 22] jtem ‘ein trawriger mut vertrocket das marck jnn beinen.’ Darumb sol man solchen nicht allein nachlassen, sondern auch heissen und dazu treiben, das sie sich zuweilen frolich machen wo mit sie koennen, odder ia solch trawren lindern und ein wenig vergessen.

 

Darumb wil Christus nicht, das allein eitel trawren und betrubnis da sein sol, sondern wil denen weren, die gar nicht trawren wollen und eitel gute tage und alle jren trost hie haben, und seine Christen leren, wenns jn ubel gehet und trawren mussen, das sie wissen, das solchs Gotte wolgefellet, und jnen auch wolgefallen lassen, nicht fluchen und toben odder verzweiveln, als wolle jr Gott kein gnade haben. Wo das ist, da soll das bitter truencklin mit honig und zucker gemenget und gelindert odder gemiltert werden, welchs ist diese verheissung, das jm solchs wolgefellet und das er sie selig spricht, dazu auch hie getrostet und dort das leid gar von jn sol genomen werden. Darumb las gehen wellt und alle die uns leid thun, jnn jres herrn des Teuffels namen und uns dis lid singen und frolich sein jn Gottes und Christi namen. Denn es soll jn doch nicht hinaus gehen wie sie wollen, sondern ob sie gleich sich jtzt unsers unglucks frewen und uns viel zu leid thun, wollen wir dennoch einen guten mut haben und erleben, das sie zu letzt heulen und weinen mussen, wenn wir getrostet und frolich werden.

 

[Matth. 5, 5] Selig sind die senfftmutigen, denn sie werden das erdreich besitzen.

Dis stuck folget fein auff das erste, da er gesagt hat ‘Selig sind die geistlich arm sind’ &c.. Denn wie er droben das himelreich und ewig gut verheisset, also setzt er hie auch dazu eine verheissung von diesem zeitlichen leben und gutern hie auff erden. Wie reumet sichs aber zusamen Arm sein und das land besitzen? Jch meine, der prediger habe vergessen was er angefangen hat, Denn sol man das land und guter besitzen, so mus man ja nicht arm sein. Er heisset aber hie das land besitzen allerley guter haben hie auff erden, nicht das ein jglicher ein gantz land solle jnne haben, sonst muste Gott noch mehr wellt schaffen, sondern die guter so einem jglichen Gott bescheeret, das er einem weib, kinder, viehe, haus, hoff gibt und was darein gehoret, das er jm land (wo er wonet) sitzen und bleiben kan und seines guts ein herr sey, [Ps. 37, 22. 29. 34] wie die schrifft sonst pflegt zu reden und ps. 37. offt stehet ‘Die des HERRN [s. 316] harren, werden das land erben‘, Jtem ’seine gesegneten erben das land’ .&c.. Darumb bringet er hie die glose selbs mit, das geistlich arm sein, davon er zuvor gesagt, nicht heisset ein bettler sein odder gelt und gut weg werffen. Denn er wil hie, das sie jm land wonen und bleiben sollen und mit jrdischem gut umbgehen, wie wir weiter horen werden.

 

Was heisst nu sanfftmuetig sein? Hie mustu erstlich abermal wissen das Christus gar nichts redet von der oberkeit und jrem ampt, Denn der selbigen gehoret nicht zu, das sie sanfftmuetig sey (wie wir auff deudsch sanfftmut nennen) denn sie furet das schwerd, damit sie die bosen straffen mus, und hat einen zorn und rache, die heisset Gottes zorn und rache, Sondern er saget allein von einzelen personen, wie ein jglicher fur sich leben sol gegen andern ausser dem ampt und regiment, Als vater und mutter, wo sie nicht als vater und mutter gegen jren kindern leben noch jr vater und mutter ampt treiben, das ist gegen die, so sie nicht vater odder mutter heissen, als nachbar und ander leut. Denn ich sonst offt gesagt habe, das man die zwey weit underscheiden mus, Ampt und person. Es ist viel ein ander man, der da Hans odder Martin heisset und der Kurfurst odder Doctor und prediger heisset. Denn hie werden gleich zwo unterschiedliche person jnn einem menschen, Eine darin wir geschaffen und geboren sind, nach welcher wir alle unternander gleich sind, man, weib, kind, jung, alt. &c.. Aber wenn wir nu geboren sind, so kleidet und schmuckt dich Gott zu einer andern person, machet dich zu einem kind, mich zum vater, einen zum herrn, den andern zum knecht, diesem zu einem fursten, jenen zum burger und so fort an. Das heisset denn eine Gottliche person, als die ein Gottlich ampt furet und jnn seiner herrligkeit geschmuckt gehet, und nicht schlecht Hans odder Claus, sondern ein Furst zu sachsen odder vater und herr heisset. Von dieser redet er hie nichts, sondern lesset sie fur sich gehen jnn jrem ampt und regiment, wie ers geordnet hat, Sondern von der blossen eintzelen naturlichen person, was ein iglicher fur sich selbs als ein mensch gegen dem andern thun sol.

 

Darumb, wo wir jm ampt und oberkeit gehen, da sol und mussen wir scharff und streng sein, zurnen, straffen &c.. denn hie mussen wir thun was uns Gott jnn die hand gibt und von seinen wegen thun heisset, Sonst was ausser dem ampt gehet, da lerne ein jglicher fur sich selbs, das er sanfftmuetig sey gegen jderman, das ist nicht mit unvernunfft aus hass odder rachgyr mit dem nehesten fare und handle als die, so man heisset Hans mit dem kopff hindurch, die nimer nichts leiden noch weichen wollen, sondern weld und berg umb reissen und bewme versetzen wollen, niemand kein wort verhoren noch zu gut halten konnen und flugs sack und seil auff binden, nichts dencken denn wie sie sich rechen und widder schlahen wollen. Damit ist der oberkeit [s. 317] nicht geweret zustraffen und rache zu furen von Gottes wegen, aber auch nicht rawm gegeben, wo ein Richter, burgemeister, herr odder furst ein schalk ist und die zwo person jnn einander mengt und uber sein ampt greifft aus eigenem mutwillen odder aus neid, hass und feindschafft (wie gemeiniglich geschicht) unter dem schein und deckel des ampts und rechts, Als wo unser nachbarn unter der oberkeit namen wolten etwas widder uns ausrichten, dazu sie sonst nicht komen kondten.

 

Und sonderlich redet er abermal mit seinen Juden, wie er hat angefangen, welche stracks auff dem sinn stunden, das sie meineten, sie durfften von keinem Heiden und fremden nichts leiden und theten wol dran, das sie nur getrost sich recheten, Und fureten dazu sprueche aus Mose, als Deuter .28. [5. Mose 28, 13] ‘Der HERR wird dich zum heubt machen und nicht zum schwantz und wirst nur oben schweben und nicht unterligen’ &c.. Welchs were wol recht, Es heist aber also, wenn es Gott selbs thut, so jsts wolgethan. Denn es ist viel ein anders, wenn ers heisst und spricht jch wils thun, und wenn wirs selbs on befehl thun. Was er sagt, das sol und mus geschehen, was wir sagen, das geschicht wenn es kan, odder bleibt wol gar nach. Darumb gilts nicht, das du es woltest thun, da ers thun solt, und nicht harren, bis er dichs heisset, und dennoch dich solcher verheissung annemen und darauff trotzen.

 

Sihe solche tolle heiligen straffet hie Christus, die da meinen, ein jglicher sey herr jnn der gantzen wellt und habe recht dazu das er nichts leide, sondern nur poltern und rumoren und mit gewalt faren das jre zuschutzen, Und leret uns das wer da wil das seine, gut, haus und hoff .&c.. mit frid regiren und besitzen, der muesse sanfftmutig sein, das er konne versehen und mit vernunfft faren und leiden was er jmer leiden kan. Denn es kan nicht feilen, es wird zuweilen dein nachbar sich an dir vergreiffen und zuviel thun entweder aus versehen odder auch aus mutwillen. Jsts versehen, so machstus deinet halben nicht gut, das du nichts wilt noch kanst vertragen; Jsts aber mutwillen, so machestu jhn nur erger, das du feindlich scharrest und pochest und er dazu lachet und seine lust busset, das er dich erzurnet und leid thut, so das du doch kein friede kanst haben noch des deinen mit ruge brauchen.

 

Darumb wele der zweyer eins, welchs du wilt, das du entweder mit sanfftmut und gedult unter den leuten lebest und beheltest was du hast mit frid und gutem gewissen, odder mit poltern und rumorn das deine verlierest und kein ruge dazu habst. Denn da stehet beschlossen, die sanfftmutigen sollen das land besitzen. Und sihe nur selbs die seltzamen koepffe, die jmerdar zancken und hadern umb gut und ander ding und niemand weichen, sondern alles mit dem kopff hindurch aus fueren wollen, ob sie nicht mehr verhaddern [s. 318] und verkriegen, denn sie jmer gewinnen mochten und zu letzt land und leut, haus und hoff verlieren mit unfrid und bosem gewissen dazu. So spricht auch Gott seinen segen dazu, der heisst also: Seid ja nicht sanfftmuetig, das jr das liebe land ja nicht behaltet noch einen bissen mit frieden geniesset.

 

Wiltu aber recht faren und ruge haben, so las deines nachbarn mutwillen und frevel sich selbs dempffen und verlesschen, sonst kanstu dem Teuffel nicht lieber noch dir selbs mehr zu leid thun, denn das du feindlich zurnest und rumorst. Hastu ein oberkeit, so sage es an und las sie darauff sehen, Denn sie ist darumb gesetzt, das sie es nicht leide, das man die unschuldigen gar unterdrucke: so wird Gott auch wol druber halten, das sein wort und ordnung bleibe und du dieser verheissung nach das land besitzest. So hastu frid und segen von Gott, Dein nachbar aber unfrid sampt Gottes ungnade und fluch. Aber diese predigt gehet niemand ein denn die Christen sind und gleuben und wissen, das sie jren schatz haben jm himel, der jn gewis ist und nicht kan genomen werden, daher sie auch hie mussen gnug haben, ob sie gleich nicht kasten und tasschen vol roter gulden haben. Weil du denn das weissest, warumb woltestu dir deine freud zurutten und nemen lassen, ja selbs unruge machen und dich solches trefflichen segens berauben?

 

Sihe so hastu nu drey stuck mit dreyen reichen verheissungen, das wer ein Christen ist, der mus gnug haben, beide zeitlich und ewig, ob er gleich hie mus viel leiden, beide jnnwendig jm hertzen und auswendig. Widderumb die welt kinder, weil sie kein armut noch leid noch gewalt leiden wollen, weder das himelreich noch zeitlich gut mit friede und ruhe behalten und geniessen. Davon magstu weiter lesen Psal .37. welcher ist die rechte glose uber die stuck und reichlich beschreibt wie die sanfftmutigen das land besitzen und die Gottlosen sollen ausgerott werden.

 

[Matth. 5, 6] Selig sind die da hungert und durstet nach der gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.

Gerechtickeit mus an diesem ort nicht heissen die Christliche heubt gerechtigkeit, dadurch die person frum und angenem wird fur Gott, Denn jch habe vor gesagt, das diese acht stuck nichts anders sind Denn eine lere von den fruechten und guten wercken eines Christen, vor welchen der glaube zuvor mus da sein als der bawm und heubstuck odder summa seiner gerechtigkeit und seligkeit on alle werck und verdinst, daraus solche stuck alle wachsen und folgen mussen. Darumb verstehe hie die eusserlich gerechtigkeit fur der welt, so wir unter uns gegen ander hallten, das dis kurtz und einfeltig die meinung sey von diesen worten: Das ist ein rechtschaffen selig mensch, der jmer anhelt und mit allen krefften darnach strebt, das es allenthalben wol zugehe und jderman recht thue, und solchs mit worten und wercken mit rat und that hilfft hallten und fordern.

 

[s. 319] Dis ist nu auch ein kostlich stuck, welchs seer viel guter werck begreifft, aber auch gar seltzam ist, Als das wirs jnn exempel fassen. Wenn ein prediger wil jnn diesem stuck erfunden werden, der mus so geschick sein, das er einen jglichen jnn seinem stande unterweisse und helffe, das er den selbigen recht fure und thue was dazu gehoeret, Und wo er sihet das es manglet und nicht recht gehet, das er da sey, warne, straffe und bessere wie und womit er kan, Also das jchs als ein prediger nicht manglen lasse an meinem ampt noch die andern an jrem, das sie meiner lere und predigen folgen und also auff beiden seiten recht zugehe. Wo nu solche leut sind, die sich drumb annemen und lassens in ernst sein, das sie gerne wolten recht thun odder jnn rechtem wesen und wercken erfunden werden, die hungert und durstet nach der gerechtigkeit. Und wenn es so gienge, so were keine buberey noch unrecht, sondern eitel gerechtigkeit und selig wesen auff erden. Denn was ist der wellt gerechtigkeit anders denn das jderman thue jnn seinem stande was er schuldig ist, welchs heisst desselbigen stands recht, als mans recht und frawen recht, kinds recht, knechts und magd recht jm hausse, burgerrecht odder stadrecht jm lande, welchs alles stehet darinn, das die so ander leuten furstehen und regieren sollen, solch ampt mit vleis, sorgen und trewen ausrichten, die andern auch des gleichen schuldigen dienst und gehorsam trewlich und willig leisten.

 

Er setzet aber nicht umbsonst solche wort ‘Hungern und dursten nach der gerechtigkeit’, damit er wil anzeigen das ein grosser ernst, begird und brunst, dazu ein unablessiger vleis dazu gehore, das wo solcher hunger und durst nicht ist, da wird nimer nichts draus. Ursach jst diese: Denn es hat zugros und viel hindernis beide vom Teuffel, der sich allenthalben jnn weg legt und sperret, und von der wellt, als von seinen kindern, welche so boese ist, das sie keinen fromen menschen leiden kan, der gerne fur sich recht thun odder ander leuten dazu helffen wolt, sondern legt jn alle plag an, das einer die lenge mocht mued und verdrossen daruber werden, Denn es thut wehe, das man sehen sol das so schendlich zugehet, und dazu fur eitel wolthat nichts denn undanck, verachtung, hass und verfolgung zu lohn haben. Daher auch viel leut, die solchen unwillen nicht haben sehen mugen, zuletzt gar daran verzweivelt und von den leuten jnn die wusten gelauffen und moenche daraus worden sind, Also das dis sprichwort jhe und jhe war gewesen ist ‘Verzweiveln macht einen moench’. Entweder das man sich nicht trawet zu erneren und umbs bauchs willen jns Closter leufft, wie der grosse hauffe gethan hat, odder das man an der wellt verzweiuelt und nicht trawet darinn from zu bleiben noch den leuten zu helffen.

 

[s. 320] Aber das heist nicht gehungert und gedurstet nach der gerechtigkeit, Denn wer so wil predigen odder regiren, das er sich lesset mued und ungeduldig machen und jnn einem winckel iagen, der wird langsam den leuten helffen. Es heisst nicht zu winckel odder jnn die wusten kriechen, sondern heraus lauffen, wenn du drinnen werest, und beide hend und fusse und deinen gantzen leib darreichen und alles dran setzen was du hast und vermagst, Und wil einen solchen menschen haben, der hart gegen hart sey, das er sich nichts abschrecken noch uberteuben und keinen undanck noch bosheit der wellt uberwinden lasse, sondern jmer treibe und an halte, so viel er aus allen krefften vermag. Summa es gehoret dazu ein solcher hunger und durst nach der gerechtigkeit, der da nimer ablasse noch auff hore und nicht satt werden konne, nichts anders suche noch dencke und alles dagegen verachte, was jn wil hindern, das er nur recht fordere und erhallte. Kan er die wellt nicht gar from machen, so thue er was er kan, jst gnug, das er das seine gethan und ja ettlichen geholffen hat, obs gleich nur einer odder zween weren, wollen die andern nicht hernach, so las er sie faren jnn Gottes namen. Man mus umb der boesen willen nicht davon lauffen, sondern so dencken: Es ist umb jren willen nicht angefangen, umb jren willen auch nicht gelassen, Villeicht mogen mit der zeit noch der selben auch ettliche erzu komen odder ja jr weniger werden und ettlicher mas sich bessern.

 

Denn hie hastu eine trostliche gewisse verheissunge, damit Christus seine Christen locket und reitzet, das welche so hungert und durstet nach der gerechtigkeit, die sollen gesettigt, das jst jres hungers und dursts ergetzet werden, das sie nicht umbsonst geerbetet haben, und dennoch endlich ein heufflin erzu bracht werde, bey welchen es wol angelegt sey, Und nicht allein hie auff erden, sondern viel mehr jnn jenem leben offenbar werden, da jderman wird sehen was solche leut fur frucht geschafft haben durch jren vleis und stetigs anhalten, ob es gleich itzt nicht wil gehen, wie sie gerne wolten, und wol halb daran verzweiveln mussen, Als das ein fromer prediger so viel seelen aus des Teuffels rachen gerissen und gen himel bracht odder ein frumer trewer regent viel landen und leuten geholffen hat, die jm solchs zeugen und fur aller wellt preisen werden.

 

Dawidder sind nu die falschen heiligen, die fur grossen heiligkeit die wellt meiden und jnn die wusten lauffen odder sich jnn die winckel verkriechen, auff das sie solcher muehe und unlust, so sie sonst haben musten, uberhaben seien und sich nichts durffen annemen, wie es jnn der wellt gehe, dencken nicht ein mal dran, das sie ander leuten helffen odder raten solten mit leren, unterweisen, vermanen, straffen und bessern odder zum wenigsten mit beten und sufftzen zu Gott. Ja es ekelt jn dafur und were jn leid, das ander leut [s. 321] frum weren, auff das man sie allein fur heilig halte, das wer da wil gen himel kummen, mus jn jre gute werck und verdienst abkeuffen. Summa sie sind der gerechtigkeit so vol, das sie die andern armen sunder an koeken, Gleich [Luk. 18, 11] wie der grosse heilige Phariseus Luce. 18. fur grosser trunckenheit eraus koecket und speyet uber den armen zoelner, that jm so hertzlich sanfft, das er Gott hoffieret und dancket, das er allein frum und ander leut boese waren.

 

Sihe das sind sie, widder die Christus hie redet, die schendlichen, stoltzen, sattsamen geister, die sich damit kutzeln und jr freud und lust haben, das ander leut nicht frum sind, da fur sie solten sich erbarmen, mitleiden und helffen: Konnen nicht mehr denn jderman verachten, affterreden, urteilen und verdamnen, und mus alles stanck und unflat sein, on was sie selbs thun. Aber das sie solten hingehen und einen armen gebrechlichen suender vermanen odder bessern, da hutten sie sich fur als fur dem Teuffel. Darumb werden [Luk. 6, 25] sie auch widderumb mussen horen, wie Christus uber sie schreyet Luce. 6 ‘Weh euch die jr satt und vol seid, denn euch wird hungern.’ Denn wie die satt mussen werden, so jtzt hungert und durstet, so mussen iene ewig hungern, die jtzt so voll und satt sind und doch niemand jr geniessen kan noch rhumen, das sie einem menschen hetten geholffen odder zurecht bracht. Also hastu kurtz die meinung dieses stucks, welchs (wie gesagt) viel guter werck, ja alle gute werck begreifft, damit ein jglicher fur sich unter den leuten recht lebe und allerley ampt und stende fordern helffe, da von jch offt anders wo weiter gesagt habe.

 

[Matth. 5, 7] Selig sind die barmhertzigen, Denn sie werden barmhertzigkeit erlangen.

Dis ist auch eine feine frucht des glaubens und folget wol auff das vorige: Wer andern leuten sol helffen und fordern, das es allenthalben recht zu gehe, das der auch gutig und barmhertzig sey, das ist, das er nicht bald rumore und wuete, wo es noch feilet und nicht gehet wie es gehen sol, und dennoch besserung zuhoffen ist, Denn das ist auch der falschen heiligkeit tugent eine, das sie kein mitleiden noch barmhertzigkeit konnen haben mit gebrechlichen und schwachen, sondern wollens auffs aller strengst gehalten und auffs reinest erlesen haben, und so bald es ein wenig feilet, so ist alle gnade aus und eitel wueten und toben da, wie auch S. Gregorius solche leret erkennen und spricht ‘Vera iusticia compassionem habet, falsa indignationem.’ Warhafftige heiligkeit jst barmhertzig und mitleidig, aber falsche heiligkeit kan nichts denn zurnen und wuten, und sol doch heissen pro zelo justiciae (wie sie sich schmuecken) das ist, aus liebe und eiver nach der gerechtigkeit gethan.

 

Denn das gehet mit aller gewallt jnn der wellt, das sie alle jren mutwillen [s. 322] und wuterey treiben unter dem schonen trefflichem schein und deckel, das sie es thue eben umb der gerechtigkeit willen, Gleich wie sie bis her und noch jre bosheit und verreterey widder das Euangelion ausrichtet unter dem namen die warheit zuschutzen und die ketzerey ausrotten, wil damit verdienen das sie Gott dafur sol kronen und gen himel heben, als die fur grossem durst und hunger nach der gerechtigkeit seine heiligen verfolgen, wuergen und brennen.

 

Denn sie wollen trawn auch den namen haben, ja wol mehr denn die rechten heiligen, das sie hunger und durste nach der gerechtigkeit, furen darzu so grossen schein und treffliche wort, das sie meinen Gott selbs solle nicht anders wissen. Aber an den fruchten kennet man den edlen bawm: Denn wo sie gerechtigkeit fordern sollen, nemlich das beide jnn geistlichen und weltlichem regiment recht zu gehe, das thun sie nicht, dencken auch niemand zu unterweisen und bessern, leben selbs jnn eitel untugent, und wo jemand ir thun straffet odder nicht lobet und thut wie sie wollen, so mus er ein ketzer sein und sich unter die helle verdamnen lassen. Sihe so ist gewislich ein jglicher falscher heilige, Denn die eigen heiligkeit machet jn so stoltz, das er jderman verachtet und kan kein gutig barmhertzig hertz haben.

 

Darumb ist dis ein notige warnung widder solche schendliche heiligen, das ein jglicher drauff sehe, wo er mit dem nehesten zuschaffen hat, dem er jn seinem stand und wesen helffen und zu recht bringen sol, das er dennoch auch kund barmhertzig sein und vergeben, das man sehe, das du die gerechtikeit mit rechtem hertzen meinest und nicht dein eigen mutwillen und zorn buessen wollest Und so gerecht seiest, das du gegen dem, der die ungerechtigkeit lassen und sich bessern wil, freundlich und seuberlich farest und sein gebrechen odder schwacheit zugut haltest und tragest, so lang bis er hernach kome. Wo du aber solchs alles versucht und kein hoffnung zur besserung findest, da magstu jn lassen faren und denen befelen, die zustraffen haben.

 

Das jst nu ein stuck der barmhertzigkeit, das man gerne vergebe den sundern und gebrechlichen. Das ander jst, das man auch wolthetig sey gegen die so eusserlich not leiden odder hulffe bedurffen, welchs man heisset die werck [Matth. 25, 35 ff.] der barmhertzigkeit aus Matth .25. Dis stuck konnen die hoffertigen Judischen heiligen auch nicht, Denn da jst nichts denn eitel eis und frost, ja ein stock und stein hart hertz und gar kein bluts tropff der lust noch liebe dem nehesten wol zuthun, gleich wie auch keine barmhertzigkeit sunde zuvergeben, Sorgen und trachten allein fur jren wanst, ob gleich ein ander solte hungers sterben, das auch bey offentlichen sundern viel mehr barmhertzigkeit ist denn bey eim solchen heiligen, wie denn folgen mus, weil sie sich allein preisen und from [s. 323] halten, jderman verachten und fur nichts halten und meinen, alle welt soll jn allein dienen und gnug geben, sie aber seien niemand schuldig zu geben noch zu dienen.

 

Darumb ist diese predigt und vermanung verachtet und vergeblich bey solchen heiligen und findet keine schuler denn die vorhin an Christo hangen und gleuben, keine eigen heiligkeit bey jn selbs wissen, sondern nach den vorigen stuecken arm, elend, sanfftmuetig und recht hungerig und durstig seind und so geschickt, das sie niemand verachten, sondern sich jdermans not annemen und mitleiden haben koennen. Diesen gilt nu die troestliche verheissunge: Wol euch die jr barmhertzig seid, denn jr werdet widder eitel barmhertzigkeit finden beide hie und dort, und solche barmhertzigkeit, die alle menschliche wolthat und barmhertzigkeit unausprechlich weit ubertrifft. Denn es ist ia kein gleiche unser barmhertzigkeit gegen Gottes barmhertzigkeit noch unser gueter gegen die ewigen gueter jm himelreich, noch lesst er jm unser wolthat gegen dem nehesten so wol gefallen, das er fur einen pfennig hundert tausent gulden, wo es uns not were, fur einen trunck wassers das himelreich verheisset.

 

Wer sich nu solche treffliche, trostliche verheissung nicht wil lassen bewegen, der wende das blat umb und hore ein ander urteil: Weh und verflucht sind die unbarmhertzigen, denn jn sol auch keine barmhertzigkeit widderfaren. Wie itzt die wellt voll solcher leut ist vom adel, burger und bawrn, die sich so trefflich versundigen an dem lieben Euangelio, das sie armen pfarrern und predigern nicht allein nichts geben noch helffen, sondern noch dazu nemen und plagen wo sie koennen, und sich nicht anders stellen, denn als wolten sie es aushungern und aus der wellt iagen und doch die weil gantz sicher dahin gehen, meinen, Gott soll still dazu schweigen und alles lassen gut sein was sie thun, Aber es wird sie ein mal treffen, und wie ich sorge, jemand kumen, der mich (der ich gnug gewarnet habe) zum propheten machen und mit aller unbarmhertzigkeit mit jn umbgehen wird und jn nemen ehre und gut, leib und leben da zu, auff das Gottes wort war bleibe und wer nicht barmhertzigkeit erzeigen noch haben will, eitel zorn und ewige [Jak. 2, 13] ungnad uberkome, wie auch S. Jacobus sagt: ‘Es wird gar ein unbarmhertzig gericht uber den gehen, der nicht barmhertzigkeit gethan hat’, Darumb auch Christus am jungsten tage solch unbarmhertzigkeit allein fuer das hoheste wird anzihen als widder jn selbs gethan alles was wir aus unbarmherzigkeit [Matth. 25, 35] gethan haben, und selbs den fluch uber sie sprechen ‘Jch bin hungerig, durstig [Matth. 25, 41] gewesen, und jr habt mich nicht gespeisset noch getrencket’ &c.. ‘darumb gehet hin jr verfluchten jnn das ewige hellische feur’ etc. Er warnet und vermanet uns treulich aus lauter gnaden und barmhertzigkeit, wer das nicht will haben, der wele den fluch und ewig verdamnis. Sihe an den reichen man [s. 324] [Luk. 16, 19 ff.] Luce 16. welcher ob er wol den armen Lazarum teglich voll schweren sahe fur seiner thuer liegen, noch hat er nicht so viel barmhertzigkeit, das er jm hette ein bund stro gegeben odder die brosamen unter seinem tisch gegonnet, aber sihe, wie hoch er ist gerochen, das er jnn der helle gerne hundert tausent gulden dafur gebe, das er mochte einen faden rhuemen, dem er jm gegeben hette.

 

[Matth. 5, 8] Selig sind die reines hertzens sind, denn sie werden Gott schawen.

 

Dis stuck ist ein wenig subtil und nicht so verstendlich gered fur uns, die wir grobe fleischliche hertzen und sinne haben, und noch fur allen Sophisten, die doch solten die gelertesten sein, verborgen, das jr keiner kan sagen was ein rein hertz haben, und noch weniger was Gott schawen heisse, gehen mit eitel trewmen und losen gedancken umb der dinge, davon sie selbs nie nichts erfaren haben. Darumb mussen wir diese wort nach der schrifft ansehen und recht verstehen lernen.

 

Ein rein hertz haben sie getreumet, das ein mensch von den leuten jnn einen winckel, Closter odder wuesten lieffe und nicht an die wellt gedechte noch sich mit welltlichen sachen und geschefften bekoemert, sondern mit eitel himlischen gedancken spielete; Haben mit solcher trawmlere nicht allein sich und ander leute generret und ferlich verfuret, sondern auch den mordlichen schaden gethan, das man die werck und stende, so jnn der wellt gehen muessen und von Gott geordnet sind, fur unrein gehalten hat, Die schrifft aber sagt von solchem reinem hertzen und gedancken, das dennoch dabey stehen konne, das einer ein eheman sey, weib und kind lieb habe, fur sie dencke und sorge und mit andern sachen umbgehe, was dazu gehoret, Denn solchs alles hat Gott geboten. Was aber Gott gebotten hat, das mus nicht unrein sein, ja es ist eben die reinigkeit, da mit man Gott sihet. Also wenn ein Richter sein ampt treibet und einen ubeltheter zum tod urteilet, das ist nicht sein, sondern Gottes ampt und werck, darumb ist es ein gut rein und heilig werck (wo er anders auch ein Christen jst), welchs er nicht kund thun, wo nicht zuvor ein rein hertz da were. Jtem so mus auch ein rein werck und her heissen, ob gleich ein knecht odder magd jm hause ein unfletig, unsauber werck thuet, als mistladen, kinder wasschen und rein machen. Darumb jsts ein schendliche verkerung, das man die stende so jnn den zehen gebott gefasset sind, so gering achtet und nach andern sonderlichen gleissenden wercken gaffet, gerade als hette Gott nicht so reinen mund odder augen als wir, noch so rein hertz und faust, wenn er beide weib und man schaffet: wie solt denn solche werck odder gedancken ein unrein hertz machen? Aber so sollen zu blinden und narren werden, die Gottes wort verachten und allein nach eusserlichen larven und gleissen der werck die reinigkeit achten, und die weil das ungluck anzurichten haben, mit jren eigen fliegenden gedancken und gaffen [s. 325] gen himel zuklettern und nach Gott tappen, bis sie daruber jn selbs den hals sturtzen.

 

Darumb last uns recht verstehen, was Christus ein rein hertz heisse, Und erstlich merck abermal, das diese predig am meisten gesetzt und gescherfft ist widder die Juden, Denn wie sie nichts wolten leiden, sondern guete tage, lust und freude suchten, auch nicht wolten hungern noch barmhertzig sein, sondern satt und allein from sein, dazu jderman urteilen und verachten, Also war auch das jre heiligkeit, das sie musten eusserlich rein sein am leib, haut, har, kleider und speis, das auch nicht ein flecklin am kleid sein muste, und wenn einer ein tod ass angerurt odder ein grind odder genetz am leib hatte, muste er nicht unter die leut komen. Das hielten sie fur reinigkeit, Aber damit (spricht er) jst es nicht aus gerichtet, sondern die lobe jch, die sich [Matth. 23, 25] vleissigen, das sie reines hertzen sind, wie er auch Matth .23. spricht ‘Jr reiniget das auswendige am becher und schussel, jnnwendig aber seid jr voll [Matth. 23, 27] raubes und frasses’, Jtem ‘jr seid wie die ubertunchte greber, welche auswendig auch fein hubsch scheinen, aber jnnwendig sind sie vol todten beine und alles unflats’. Wie auch jtzt unser geistlichen sind, ob sie wol eusserlich schon seuberlich leben furen und alle ding gehen jnn schonem geberd und gepreng jnn der kirchen, das es lachet und lieblich anzusehen ist, Aber er fragt nicht nach solcher reinigkeit, sondern wil das hertz rein haben, ob es gleich auswendig ein asschenbrodel jnn der kuchen, schwartz rustrig und bestoben jst und mit eitel unfletigen wercken umbgehet.

 

Was jst denn nu ein rein hertz? odder worinn stehets? Antwort: Es jst bald gesagt, und darffst nicht gen himel klettern noch jnn ein Closter darnach lauffen und mit eigen gedancken ausrichten, Sondern hute dich fur allen, was du fur eigen gedancken bey dir weissest, als fur eitel schlam und unflat, und wisse, das ein moench jm Closter, wenn er jnn seiner hohesten beschauligkeit sitzet und an seinen Herrgott dencket, wie er jn selbs malet und treumet, und wil die wellt gar aus dem hertzen werffen, der sitzet (mit urlaub) jm dreck, nicht bis an die knye, sondern uber die oren, Denn er gehet mit eigen gedancken umb on Gottes wort, welchs jst eitel lugen und triegerey, wie die schrifft allenthalben zeuget.

 

Aber das heisset ein rein hertz, das darauff sihet und dencket was Gott sagt, und an stat seiner eigen gedancken Gottes wort setzet. Denn dasselb jst allein rein fur Gott, ja die reinigkeit selbs, dadurch auch alles, was daran hanget und darinne gehet, rein wird und heisset, Als das ein gemeiner grober handswercks man, schuster odder schmid, daheim sitzet, ob er gleich unsauber und ruestig jst odder ubel reucht von schwertze und pech und dencket: mein Gott hat mich geschaffen zu einem man und mir mein haus, weib und [s. 326] kind geben und befolen lieb zu haben und zu neeren mit meiner erbeit &c.. Sihe, der gehet mit Gottes wort umb jm hertzen, und ob er wol auswendig stincket, aber jnwendig jst er eitel balsam fur Gott. Kompt er aber auch jnn die hohe reinigkeit, das er auch das Euangelion ergreifft und an Christum gleubt (on welches zwar auch iene reinickeit nicht sein kan), so jst er durch und durch rein beide jnnwendig jm hertzen gegen Gott und auswendig gegen allem was unter jm jst auff erden, Das alles was er lebt und thut, gehet, stehet, jsst und trinckt &c.. jst jm rein und kan jn nichts unrein machen, Als wenn er sein ehelich weib ansihet odder auch mit jr schertzet wie der patriarch [1. Mose 26, 8] Jsaac Genes .26. da fur einem moench ekelt und jhn unrein machet, Denn da hat er Gottes wort und weis das jm Gott geben hat, Aber wenn er sein weib liesse sitzen und hielte sich zu einer andern, odder lies sein handwerck odder ampt anstehen und thet ander leuten schaden odder verdries &c.. so were er nicht mehr rein, Denn das were widder Gottes gebot.

 

So lang er aber bleibt jnn den zweyen stucken, nemlich jm wort des glaubens gegen Gott, da durch das hertz rein wird, und jm wort des verstendnis, das jn leret was er gegen dem nehesten thun sol jnn seinem stand, so jsts jm alles rein, wenn er gleich mit feusten und dem gantzen leib jnn eitel schwertze umbgehet. Ein arme dienst magd, wenn sie thut was sie thun sol und ein Christen dazu jst, so jst sie fur Gott jm himel ein schoene reine metz, das alle engel jr zu lachen und lust zusehen haben; Widderumb der aller strengeste Cartheuser, ob er sich zu tod fastet und casteyet, fur grosser andacht eitel threnen weinet und nimer an die welt gedechte und doch on glauben an Christum und liebe gegen dem nehesten jst, so jst er ein lauter stanck und unflat beide jnnwendig und auswendig, das beide Gott und Engel eitel grawen und eckel fur jm haben.

 

So sihestu wie es alles ligt an Gottes wort, das was darinn gefasset jst und gehet, das mus alles rein, lauter und schneweis heissen gegen Gott [Tit. 1, 15] und menschen. Daher Paulus sagt Tito .1. ‘Den reinen ist alles rein’ Und widderumb ‘Denn unreinen und ungleubigen jst nichts reine’. Warumb das? Denn unrein jst beide jr sinn und gewissen. Wie gehet das zu? Denn sie sagen wol, sie erkennen Gott, aber mit den wercken verleugnen sie es, sintemal sie sind, an welchen Gott einen grewel hat &c.. Sihe wie greulich sie der Apostel abmalet und schillt, die grossen Judischen heiligen. Denn nim fur dich einen Cartheuser moench, der meinet, wenn er lebet jnn seiner strengen regel, gehorsam, armut und on ein weib, abgesondert von der wellt, so sey er aller dinge rein, Was jst das anders denn jr eigen sinn und gedancken on Gottes wort und glauben aus jrem hertzen gewachsen, dadurch sie sich allein heilig und ander leut unrein achten? Das heisset S. Paulus ein unreinen sinn, das jst alles was sie dichten und dencken. Weil nu solcher wahn und [s. 327] gedancken unrein jst, so mus jn auch alles was sie darnach thun, unrein sein, Und wie der sinn jst, so jst auch das gewissen, das ob sie gleich solten und kundten andern leuten helffen, da haben sie ein gewissen nach solchem gedancken, das jst an jre Cappen, Closter und regel gebunden, meinen, wenn sie einen augenblick dem nehesten zu dienst jr ding solten lassen anstehen und mit andern umbgehen, so hetten sie die schwerste sund gethan und sich gar verunreinigt. Das machet alles, das sie Gottes wort und geschepff nicht erkennen, ob sie es wol, wie Paulus spricht, mit dem mund sagen. Denn wo sie das wusten, wie und wozu sie von Gott geschaffen weren, wurden sie nicht solche stende verachten noch jr ding allein auffwerffen, sondern die selbigen als Gottes werck und geschepff lassen rein bleiben und ehren und dem selbigen nach gerne darinn bleiben und dem nehesten dienen. Das hiesse denn recht Gott erkennen beide jnn seinem wort und geschepff und beide rein hertz und gewissen behalten, welchs also gleubt und schleusset: Was Gott schaffet und ordnet, das mus rein und gut sein, Denn er machet nichts unrein und heiliget alles durch das wort, so er an alle stende und creatur gehefftet hat.

 

Darumb hute dich nur fur allen eigen gedancken, wiltu fur Gott rein sein, und sihe das du dein hertz grundest und hefftest an Gottes wort, so bistu rein uber alle Cartheuser und heiligen jnn der wellt. Da jch jung war, rhumet man dis sprich wort: ‘Bleibt gerne allein, so bleiben ewer hertz rein’ und furet dazu einen spruch S. Bernhards, der da sagt, so offt er bey leuten sey gewest, so offt habe er sich beschmitzt, wie man auch lieset jn Vitis Patrum von einem Einsidler der keinen menschen wolt zu sich lassen noch mit jemand reden und sprach: wer mit menschen umbgehet, zu dem konnen die Engel nicht kumen. Jtem von zweyen andern, die sich jre mutter nicht wolten sehen lassen, und als sie offt darauff wartet und auff eine zeit sie ubereilet, schlussen sie bald die thur zu und liessen sie heraussen stehen und lange zeit weinen, bis sie sie zuletzt uberredeten, sie solte hinweg gehen und sparen bis sie einander sehen wurden jnn jenem leben.

 

Sihe, das hat kostlich ding geheissen und die aller hochste heiligkeit und volkomenste reinigkeit. Was jst es aber? Da stehet Gottes wort ‘Du solt vater und muter ehren’: hetten sie das fur heilig und rein gehalten, so hetten sie jrer mutter und dem nehesten alle ehre, lieb und freundschafft erzeigt, da widder sie aus eigen gedancken und selb erwelter heiligkeit sich von jn soendern, und eben damit sie wollen am reinisten sein, sich fur Gott auffs schendlichste verunreinen, Gerade als kundten nicht auch verzweivelte buben solchen gedancken und schein machen, das man musse sagen: das sind lebendige heiligen, die konnen die wellt verachten und gehen mit eitel Engeln umb. Ja, mit Engeln [s. 328] aus abgrund der hell. Die Engel sehen nichts liebers denn wo man mit Gottes wort umbgehet, da haben sie lust zu wonen. Darumb las sie droben jm himel unverworren und suche sie hie nidden auff erden bey deinem nehesten, vater und mutter, kind und andern, das du jn thust was Gott geboten hat, so werden die Engel nicht weit von dir sein.

 

Das hab jch darumb gesagt, das man sich jnn dis stueck lerne recht richten und nicht so weit suche als bey den moenchen, die es gar aus der wellt geworffen und jnn einen winckel odder jnn die kappen gesteckt haben, welchs jst eitel stanck und unflat und des Teuffels rechte herberge, Sondern las es da stecken, da es Gott hin gesteckt hat, nemlich jnns hertz, das an Gottes wort henget und dem selbigen nach seines stands und aller creaturn brauchet, Also das beide die heubt reinigkeit des glaubens gegen Gott darnach auch eusserlich jnn diesem leben darinn gefasset sey und alles aus dem gehorsam auff Gottes wort und gebot gehe, es sey gleich leiblich rein odder unrein, wie jch gesagt von einem Richter, wenn er einem das leben sol absprechen und jns blut hinein greiffen und sich damit besuedeln, welchs ein monch hellt fur ein greulich unrein werck, die schrifft aber sagt, Es sey Gott gedienet, wie [Röm. 13, 4] Paulus Ro. 13. die Oberkeit, so das schwert furet, Gottes dienerin heisset, und jst nicht jr, sondern sein werck und befelh, das er darauff legt und von jr haben wil.

 

So hastu nu was ein rein hertz hejsset, das daher gehet jm reinen und lautern wort Gottes. Was jst aber der lohn odder was verheisset er den selbigen? Das jsts, das sie sollen Gott schawen. Ein herrlicher titel und trefflicher schatz. Was heisset aber Gott schawen? Die Moenche haben hie abermal jre trewme, das es sey jnn der cellen sitzen und hinauff dencken gen himel und ein beschawlich leben furen, wie sie es genennet und viel bucher davon geschrieben haben. Aber das wird noch lang nicht Gott schawen heissen wenn du mit deinen gedancken kompst getrollt und gen himel kletterst, wie die Sophisten und unser rotten geister und tolle heiligen mit jrem kopff Gott und sein wort und werck abmessen und meistern wollen, Sondern das jsts: Wenn du einen rechten glawben hast, das Christus dein heiland sey &c.. so sihestu flugs, das du einen gnedigen Gott habst, Denn der glaube leitet dich hinauff und thut dir Gottes hertz und willen auff, da du eitel uberschwengliche gnade und liebe sihest. Das heisst recht Gott schawen, nicht mit leiblichen augen (damit jn niemand kan sehen jnn diesem leben), sondern mit dem glawben, der sein veterlich freundlich hertz sihet, darin kein zorn noch ungnade ist. Denn wer jn fur zornig ansihet, der sihet jn nicht recht, sondern nur ein furhang und decke, ja ein finster wolcke fur sein angesicht [s. 329] gezogen. Sein angesicht aber sehen, wie die schrifft redet, heisset jn recht erkennen als einen gnedigen fromen vater, zu dem man sich alles guts versehen darff, welchs allein durch den glauben an Christum geschicht.

 

Darnach auch, wenn du jnn deinem stand lebest nach Gottes wort und gebot bey deinem man, weib, kind, nachbar und nehesten, da kanstu sehen was Gott dazu gesinnet jst, und schliessen das es jm gefellet, als das nicht dein eigen trawn, sondern sein wort und befelh jst, das uns nicht leuget noch treuget. Nu jsts ein trefflich gros ding und ein schatz uber alles was man wundschen odder dencken kan, zuwissen, das man gegen Gott recht stehe und lebe, also das beide das hertz sich seiner gnade gewislich kan trosten und rumen und weis, das auch sein eusserlich leben und wandel jm gefellet, daraus denn folgt, das er frolich und getrost jst alles zuthun und leiden, lesst sich nichts schrecken noch verzagt machen. Welcher keines vermuegen, die solchen glauben und rein hertz, das sich allein nach Gottes wort richtet, nicht haben. Wie denn alle Moeonche offentlich geleret haben, Es konne kein mensch wissen, ob er jnn der gnade sey odder nicht, und geschicht jn recht, das weil sie den glauben und rechte gottliche werck verachten und eigen reinigkeit suchen, das sie nimer mussen Gott sehen noch wissen wie sie mit jm dran sein.

 

Denn wenn du einen fragst, der auffs vleissigste seine zeiten gebett, teglich seine messe gehallten und gefastet hat, ob er auch gewis sey, das solchs Gott gefalle, so mus er sagen, er wisse es nicht, und thuet es alles auff ebentheur: geretts, so gerate es, jst auch nicht muglich, das jemand anders sage, Denn jr keiner wird konnen rhumen, die Cappen hat mir Gott geben odder heissen tragen, die messe hat er mir befolen &c.. Jnn solcher blindheit sind wir bisher alle gangen, wenn wir soviel werck gethan, gestifft, gefastet, rosenkrentz gebetet haben, und doch nimer durffen sagen: Dis werck gefellet Gott wol, des bin jch gewis und wil darauff sterben. Darumb kan keiner rhumen, das er jnn alle seinen wercken noch leben jhe mal Gott gesehen habe, Odder wenn gleich jemand aus vermessenheit solche werck wolt rumen und meinete, Gott muste es ansehen und da fur lonen, das hiesse nicht Gott, sondern den Teuffel an Gottes stat gesehen. Denn da jst nirgent kein Gottes wort, sondern alles von menschen erfunden und aus jrem hertzen gewachsen, darumb kan es nimer mer kein hertz gewis noch zu friden machen, sondern bleibt verborgen unter der vermessenheit, so lang bis es zu den letzten zuegen kompt, da es alles hinfellet und jnn verzweivelung treibt und also nimermer dazu kompt, das man Gottes angesicht schawe. Wer aber Gottes wort ergreifft und jm glauben bleibt, der kan fur Gott bestehen und jn ansehen als seinen gnedigen vater, darff sich nicht furchten, das er hinter jm stehe [s. 330] mit der keulen, jst gewis das er jn gnediglich ansihet und zu lachet sampt allen Engeln und heiligen jm himel.

 

Sihe das meinet Christus mit diesem spruch, Das allein die Gott schawen, die solch rein hertz haben, damit er abschelet und sondert alle ander reinigkeit, das wo diese nicht jst, ob gleich sonst alles rein am menschen jst, so gilt es fur Gott nicht, kan auch nimermehr Gott sehen. Widderumb wo das hertz rein jst, so jsts alles rein und schadet nicht, ob gleich alles auswendig unrein, ja ob gleich der leib voll schweeren, blattern und eitel aussatz were.

 

[Matth. 5, 9] Selig sind die fridfertigen, denn sie werden Gottes kinder heissen.

Hie preisset der HErr mit einem hohen titel und trefflichen rhum die so sich vleissigen, das sie gerne fride schaffen, nicht allein fur sich, sondern auch unter andern leuten, das sie helffen boese und verworren sachen vereinigen, hadder vertragen, krieg und blutvergiessen weren und verkomen. Welchs jst auch ein grosse tugent, aber gar seltzam jnn der wellt und bey den falschen heiligen, Denn welche nicht Christen sind, die sind beide lugner und moerder gleich wie jr vater der Teuffel, darumb dienen sie nirgent zu denn unfried, hadder, krieg &c.. anzurichten, wie man jtzt unter pfaffen, bisschoven und fursten fast eitel bluthunde findet, die mit vielen warzeichen wol beweiset haben, das sie nicht liebers sehen denn das wir alle jm blut schwimmen musten. Also wenn ein furst zornig wird, meinet er bald, er musse einen krieg anfahen, da zundet und hetzet jderman an, so lange bis man soviel verkriegt und blut vergossen hat, das der Rewel kompt, und gibt etlich taussent gulden fur die seelen die umbkomen sind. Das sind und bleiben bluthunde, konnen nicht rugen, bis sie sich gerochen und jren zorn gebuesset haben, bis sie land und leut jnn jamer und ungluck furen, und wollen dennoch Christliche fursten heissen und rechte sachen haben.

 

Es gehoret mehr dazu krieg anzufahen, denn das du eine rechte sache habest, Denn ob wol hie nicht verbotten wird, das man nicht kriegen solle, wie gesagt, das Christus hie nichts der oberkeit und jrem ampt wil genomen haben, sondern leret nur die einzelen personen, die fur sich selbs Christlich leben wollen, Da gilt nicht, das ein furst mit seinem nachbar kriegen wil, ob er gleich (sage jch) rechte sache und der ander unrecht hat, Sondern es heisset ‘Selig sind die fridfertigen’, das wer ein Christ und Gottes kind sein wil, nicht allein kein krieg und unfried anfahe, sondern zum fride helffe und rate wo er jmer kan, ob auch gleich recht und ursachen gnug zu kriegen weren, jst gnug, wenn man alles versucht und nichts helffen wil, das man ein notwere thun mus land und leute zu schutzen. Darumb sollen nicht [s. 331] Christen, sondern des Teuffels kinder heissen die zornigen junckern, die von stund an messer sturtzen und von leder zucken umb eines worts willen, Viel mehr aber die jtzund das Euangelium verfolgen und desselbigen prediger unschuldiglich brennen odder ermorden lassen, die jn nichts boeses, sondern alles guts gethan und mit leib und seele gedienet. Doch von diesen sagen wir hie nicht, sondern allein von denen, die da wollen recht und gute sachen haben und meinen, sie sollen nicht leiden als hohe und furstliche personen, obs auch gleich ander leut wolten leiden.

 

Dawidder stehet hie also, wo dir unrecht und gewalt geschicht, das nicht gilt, das du woltest deinen nerrisschen kopff zu rat nemen und bald anfahen zu rechen und widderschlahen, sondern das du denckest und trachtest, wie es vertragen und fride werde. Wil aber solchs nicht sein und du nicht kanst leiden, so hastu recht und oeberkeit jm lande, da bey du es ordenlicher weise magst suchen, Denn sie jst dazu gesetzt, das sie solchs weren und straffen sol. Darumb wer dir gewallt thut, der sundigt nicht allein widder dich, sonder viel mehr widder die oeberkeit selbs, weil es nicht dein, sonder jr gepot und befelh jst, das man friede halte. Drumb lasse deinen Richter, dem es befolen jst, solchs rechen und straffen, als widder den sich dein widdersacher verwirckt hat. Wenn du dich aber wilt selbs rechen, so thustu noch grosser ubel, das du auch derselbigen sunde schuldig wirst als der widder die oeberkeit sundigt und jnn jr ampt greiffet, dazu deine rechte sache selbs unrecht machest. Denn es heist also: ‘Wer widderschlegt, jst unrecht und Widderschlagen macht hadder’.

 

Sihe das jst eines, das Christus hie foddert widder die rachgyrige und rumorische koepffe, und heisset Fridefertigen zum ersten die da land und leuten zum friede helffen, als frome Fursten, Rethe odder Juristen und Oberkeit, so umbs friden willen jnn jrem ampt und regiment sitzen, Darnach auch frome buerger und nachbarn, die hadder und zwitracht (so durch boese, gifftige zungen zugericht) unter man und weib odder nachbarn richten, sunen und wegnemen durch jre heilsame gute zungen, Wie S. Augustinus von seiner mutter Monica rhumet, das wo sie zwo uneins sahe, redet sie allzeit das beste auff beiden seiten, und was sie von einer guts horete, das bracht sie zu der andern, aber was sie boeses horet, das schweig sie odder linderts soviel sie kund, und also viel unternander versunet. Denn das gehet sonderlich unter dem weiber volck, unter welchen sonst das schendliche laster affterreden regieret, das offt durch eine boese zungen viel unglucks angericht wird, da dienen zu die bittern und gifftigen Teuffels breute, welche wenn sie ein wort von einer horen, das spitzen, scherffen und verbittern sie auffs aller ergste gegen andern, das zuweilen jamer und mord draus kompt.

 

Das machet alles, das uns naturlich anklebt der schendliche Teuffelissche [s. 332] unflat, das jderman gerne das ergste horet und redet von dem nehesten und sich kutzelt, wo er an einem andern einen feil sihet: Wenn ein weib so schoen were als die sonne und jrgent ein mal odder flecklin am leib hette, so solt man des andern alles vergessen und allein nach dem flecken sehen und davon sagen. Also wenn eine die berumpste von ehren und tugenden were, noch sol eine gifftige zunge komen, die sie hette ein mal mit einem lachen sehen, und so zuschanden machen, das alle jr lob und ehre muste vertunckelt werden. Das heissen rechte gifftige spinnen, die aus einer schonen, lieblichen rosen nichts denn gifft saugen konnen und beide die blumen und safft verderben, aus welcher ein binlin eitel suss honig seuget und die rosen unverseeret lesst. Also thun diese, die auch nichts an ander leute ersehen, denn wo sie gebrechlich odder unrein sind, das sie taddeln konnen, dagegen was sie guts an sich haben nicht sehen. Wie denn viel tugend am menschen sind, die der Teuffel nicht verderben kan und doch aus den augen thut odder verstellet, das man sie nicht sehen sol, Als an einem weib, ob es gleich allenthalben gebrechlich und kein ander tugend hette, so jst es dennoch gottes creatur und kan zum wenigsten wasser tragen odder windel wasschen, und jst kein mensch auff erden so boese, es hat ja etwas an jm, das man loben mus. Was jst des denn, das man das gute aus den augen setzet und allein jnn die augen bildet und ansihet, wo er unrein jst, als hette man lust einen andern mit urlaub nur jnn hindern zusehen? So doch Gott selbs die unehrlichsten gelieder am leib [1. Kor. 12, 23 f.] zugedeckt und (wie Paulus 1. Cor. 12. sagt) am meisten ehre gegeben hat, Und wir sind solche unfleter, das wir nur was unfletig jst und stinckt erfur suechen und darinn wuelen wie die sew.

 

Sihe das sind auch rechte Teuffels kinder, welcher auch selbs daher den namen hat, das er Diabolus heisset, das jst ein schender und lesterer, als der seine lust daran hat, das er auffs ergste uns schende und unternander verbittere, auff das er nur mord und jamer anrichte und kein fried noch eintracht zwisschen bruder und nachbarn, man, weib bleiben lasse. Des habe jch ein mal ein exempel gehoret von zweyen eheleuten, so mit einander lebten jnn so grosser liebe und eintracht, das man jnn der gantzen stad davon sagt. Und als er solchs mit nichte kondte hindern, schicket er ein alten balck zu dem weib, die bracht jr zu oren, wie jr man mit einer andern zuhielte und gedechte sie umb zubringen, erbittert also jr hertz gegen dem man und gab jr den rat, sie solt ein schermesser heimlich zu sich nemen, das sie jm vorkeme. Da sie das hatte ausgericht, kam sie zu jrem man und sagt jm eben dasselbige von jr, wie sie jn wolte ermorden, und zu warzeichen (sprach sie) wuerde er des nachts ein schermesser bey jr jm bette finden. Das fand er also und schneid jr damit den hals abe. Solchs sey nu war odder ertichtet, so jst damit angezeigt, was boese gifftige meuler zu richten konnen auch [s. 333] zwischen denen, die sich von hertzen unternander lieben, Das sie recht muegen heissen Teuffels meuler odder Teuffelin, wie er der Teuffel, Diabolus, nichts anders heisset denn ein bitter gifftig bos maul.

 

Darumb hute dich fur solchen, das du sie nicht horest noch stat gebest und lerne, das was du vom nehesten horest sagen, zum besten aus legest odder ja zudeckest, auff das du fride und eintracht machest und erhaltest: so magstu fur aller welt und den Engeln jm himel mit allen ehren Gottes kind heissen. Diese ehre soltestu dich jhe lassen reitzen und locken, ja darnach lauffen, wenn dirs mueglich were bis ans end der wellt und gerne alles was du hettest da fur geben. Nu hastu es hie angebotten und umb sonst furgetragen, darffest nichts dafur geben noch thun, on wo du wilt Gottes kind sein, das du dich auch also erzeigest und deines vatern werck thuest gegen deinem nehesten. Denn also hat uns auch unser HErr Christus gethan, da er uns dem vater versuenet und zu gnaden bracht und noch teglich uns vertrit und das beste fur uns redet.

 

So thu du auch, das du ein sunlicher mensch und mitler seiest zwischen deinen nehesten und das beste tragest zu beiden seiten, das boese aber, so der Teuffel eingegeben hat, schweigest odder soviel du kanst ausredest. Kompstu zu Greten, so thu wie gesagt von der heiligen Monica, Augustini mutter, und sprich: Ach liebe .N. warumb seid jr so bitter? meinet sie es doch warlich nicht ubel, jch merck nicht anders an jr, denn das sie gerne wolt ewer liebe schwester sein &c.. Des gleichen kompstu zu Katharin, auch also, So hettestu, soviel jnn dir jst, auff beiden seiten fride gefertigt als ein recht Gottes kind.

 

Wiltu aber odder must das boese sagen, so thu wie dich Christus geleret hat, trage es nicht zu andern, sondern gehe zu dem der es gethan hat, und vermane jn, das er sich bessere. Nicht also, das du es schaw tragest, wo du hin kompst, und lassest die person stehen, die es angehet, redest wo du schweigen soltest, und hie schweigest da du soltest reden. Das jst die eine und erste weise, das du zwisschen dir und dem nehesten alleine handlest. Mustu es aber ja andern sagen, wo jenes nicht helffen wil, so sage es denen, welchen es geburt zustraffen, Vatter und mutter, herr odder fraw, burgemeister und richter &c.. Das were recht und ordenlich gehandelt, da mit das boese weggelegt und gestrafft wurde. Sonst wenn du es unter ander leute tregst, so bleibt die person ungebessert und das boese ungestrafft und wird gleichwol durch dich und andere ausgetragen, das jderman sein maul damit wesschet. Sihe wie ein frumer artzt mit einem krancken kind thuet, der leufft nicht unter die leute und schreyet es aus, sondern gehet zu jm und greifft jm an den puls und an andern ort, wo es not thut, nicht das er seinen lust an seinem schaden busse odder sein lache, sondern aus guter hertzlicher meinung, [s. 334] das er jm helffe. Also lieset man von dem heiligen Patriarchen Joseph [1. Mose 37, 2] Gen .37. der mit seinen brudern bey dem vieh war, und wenn boes geschrey widder sie kam, gieng er hin und bracht es fur jren Vater als jren oberhern, dem da geburet einzusehen und zu straffen, weil sie nicht wolten jn horen.

 

Sprichstu aber: Warumb greiffestu selbs den Bapst und andere offentlich an und heltest nicht fride? Antwort: Man sol ja das beste raten und helffen zum fride und schweigen alles man schweigen kan, Aber wenn die sund offenbar jst und zu weit umb sich greiffet odder offentlich (als des Babst lere) schaden thut, da gilt nicht mehr schweigen sondern weren und straffen, sonderlich mir und andern, so jnn offentlichem ampt sind, denen es geburt zu leren und warnen jderman. Denn mir jsts befolen und auffgelegt als einem prediger und Doctor, dazu gefoddert, der da sol auffsehen, das niemand verfuret werde, auff das jch dafur konne rechenschafft geben am jungsten [Apg 20, 28 ff.] gericht. Also befihlet S. Paulus Act. 20. den predigern, das sie sollen wachen und acht haben auff die gantzen herd fur den wolffen, so unter sie komen wuerden &c.. So geburet mir auch zustraffen die offentlich sundigen, das sie sich bessern, Gleich wie ein Richter offentlich die boesen verdamnen und straffen mus von ampts wegen. Denn es jst gnug gesagt, das Christus hie von keinem offentlichen ampt redet, sondern von allen Christen jnn gemein nach dem wir alle gleich sind fur Gott.

 

[Matth. 5, 10] Selig sind die umb gerechtigkeit willen verfolget werden, Denn das himelreich jst jre.

Jch habe droben gesagt, das diese stuck und verheissung alle mussen verstanden werden jm glauben von den dingen, die man nicht sihet noch horet, und nicht sagen vom eusserlichen schein. Denn wie kan es den wolgehen und selig heissen, dem eusserlichen ansehen nach, der da arm jst und trauren odder leid tragen, dazu allerley verfolgung leiden mus, welchs alle welt und vernunfft heisset ubel gehen und fliehen leret? Darumb wer die seligkeit und guter wil haben, davon hie Christus sagt, der mus das hertz empor schwingen uber alle sinne und vernunfft und nicht urteilen von sich selbs, darnach er fulet, sondern so schliessen: Bin jch arm, so bin jch nicht arm, Arm bin jch wol eusserlich nach dem fleisch, aber fur Gott jm glauben bin jch reich. Also wenn er sich fulet traurig, betrubt und bekoemert, mus er auch nicht darnach urteilen noch sagen, er sey ein unselig mensch, sondern sich herumb werffen und sagen: Jch fule wol trawrikeit, jamer und hertzleid, aber gleichwol bin jch selig, frolich und getrost auff Gottes wort. Eben dem nach gehet auch jnn der welt das widderspil, das die reich und selig heissen, die sinds nicht. Denn Christus schreyet Weh uber sie und heisset sie unselig, ob es gleich scheinet, als seien sie wol dran und gehe jn auffs aller beste. Darumb solten sie auch jre gedancken erheben uber reichtumb und gute tage, die sie fulen, [s. 335] und sagen: Jch bin wol reich und lebe jnn eitel freuden, aber weh mir, wenn jch nicht etwas anders habe, denn es mus gewisslich eitel elend, jamer und hertzleid darunter sein, das uber mich gehen wird, ehe jchs fule und mich versehe. So gehe durch alle diese stuck, das alles ein ander ansehen hat fur der wellt, aber anders nach diesem worten.

 

So haben wir nu bisher gehandlet fast alle stuecke eines Christlichen wesens und geistliche fruechte des glaubens nach den zweyen stuecken, erstlich fur seine person, das er arm, betrubt, elend, mangel und hunger leidet und dazu gegen andern ein fruchtbar, wolthetig, barmhertzig, fridfertig mensch jst und nichts denn gute werck thuet. Hie setzet er nu dazu das letzte, wie es jm drueber gehet, das er uber das, das er voller guter werck jst, auch gegen feinden und boesen buben, mus das zu lohn haben von der welt, das er verfolgt werde und leib, leben und alles druber zusetze.

 

Darumb wiltu ein Christen sein, so erwege dich des, das du unerschrocken seiest und nicht darumb verzagest noch ungeduldig werdest, sondern froelich und getrost dazu seiest und wissest, es stehe nicht ubel umb dich, wenn dirs so gehet. Denn es jst jm selbs und allen heiligen (wie bald auff diese wort folgen wird) also gangen, Und wird den so Christen sein wollen, darumb also zuvor gesagt, das sie sollen und muessen verfolgung leiden. Darumb magstu welen, welchs du wilt, du hast zween wege fur dir, entweder zum himel und ewigen leben odder zu der helle, entweder mit Christo odder mit der wellt. Aber das mustu wissen, wo du darnach lebst, das du hie gute tage und kein verfolgung wilt haben, so wirstu mit Christo gen himel nicht komen und widderumb. Und must kurtzumb entweder den Christum und den himel lassen faren odder dich des erwegen, das du allerley verfolgung und plage jnn der wellt leiden wollest. Summa wer den Christum wil haben, der mus leib, leben, gut, ehr, der wellt gunst und gnade dahin setzen und wedder verachtung, undanck noch verfolgung sich lassen erschrecken.

 

Ursach jst diese: Der teuffel jst ein boeser, zorniger geist und kan noch wil nicht leiden das ein mensch zu Gottes reich kome, nimpt ers aber fur, so legt er sich jnn weg, erwecket und versuchet dawidder alles was er kan. Darumb wiltu Gottes kind sein, so dencke und rueste dich zu der verfolgung, [2. Tim. 3, 12] wie der Weise man sagt und Paulus 2. Tim .3. ‘Alle die gottselig leben wollen jnn Christo Jhesu, muessen verfolgung leiden’. Jtem Christus selbs [Joh. 15, 20] ‘Der juenger sols nicht besser haben denn sein Meister, haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen’ &c.. Da wird nichts anders aus, darumb heisst es ‘Selig sind die verfolgung leiden umb des himelreichs willen’, das man wisse wes man sich zu trosten habe. Denn es jst sonst ein verdrieslich, unselig wesen eusserlich anzusehen und thut faul jmerdar zu sitzen jnn fahr [s. 336] leibs und guts, Wo aber der glaube solchs fasset, kan er sich daruber erheben und dencken: Nu hat ja dennoch Christus gesagt, Jch sey selig und wol dran, weil denn ers gesagt hat, so lasse jch solchs mein trost sein und mir wolgefallen. Das wort soll mir mein hertz gros machen, ja grosser denn himel und erde. Denn was sind alle die mich verfolgen, gegen diesen man odder sein wort? Jst einer odder zween die uns verfolgen, so sind jr viel mehr, ja zehen tausent engel gegen einen, die es mit uns halten und uns zu lachen, trosten und selig sprechen sampt allen heiligen, so mit Christo und Gott selbs stimnen. Darumb mussen wir solche wort nicht so kalt und roh ligen lassen, sondern wol auffblasen und gros machen und setzen widder alle verfolgung, so werden wir sehen und lernen, das alle unser leiden zuverachten jst als lauter nichts gegen diesen hohen trost und ewiges gut.

 

Er setzet aber deutlich dis wort ‘Umb der gerechtigkeit willen’, an zu zeigen, das nicht gnug sey verfolget werden, wo dis nicht dabey jst. Denn der Teuffel und boese leut mussen wol auch leiden, das man sie verfolgt, und ein bube fellet offt dem andern jnn die har und sind unter einander nicht freund, wie ein morder den andern verfolgt, ein Turck widder einen Tattern kriegt, sind aber darumb nicht selig, Sondern es gilt allein denen, die umb [1. Petri 4, 15] gerechtigkeit verfolgt werden, wie auch .1 Petri .4. sagt ‘Niemand unter euch leide als ein morder odder dieb odder ubeltheter’ &c.. Darumb gilts nicht, das man on das viel rhume odder schreie von grossem leiden, wie die heillosen moenche die armen leute verfuret haben, so man hat aus gefurt zur straffe umb jr ubelthat willen Und so getrostet, das sie solchen tod solten fur jre suend setzen. Du aber hute dich fur dem tod, der da fur deine sund soll gelten, denn er gehoret jnn abgrund der hell. Es mus zuvor Gerechtigkeit da sein und des Herrn Christi tod.

 

Darumb sihe zu, das du zum ersten ein rechte Goettliche sache habest, darumb du mussest verfolgung leiden und der selbigen gewis seiest, das dein gewissen darauff bestehen und bleiben koende, wenn gleich alle wellt widder dich stunde. Darumb mus fur allen dingen Gottes wort gewis und fest gefasset sein, das man daraus kein zweivel noch wancken mache, Als wenn dir jtzt Keiser, Bisschove, Fursten wolten verbieten das ehelich leben, freiheit zu essen odder beiderley gestalt des Sacraments &c.. und dich daruber verfolgen, da mustu zusehen das dein hertz der sach gewis und gantz beschlossen sey, das Gottes wort solchs wil frey und unverboten haben, ja befilht ernstlich daruber zu halten und leib und leben daran zu setzen: so hastu denn den trotz, das du kanst sagen, Die sache jst nicht mein, sondern meines Herrn Christi, Denn jch habe es ja nicht aus meinem kopff erdacht, weder aus [s. 337] meinem noch einigs menschen rat und willen furgenomen und angefangen, sondern durch Christus mund von himel herab bracht und verkundigt empfangen, der mir nicht leugt noch treugt, sondern eitel warheit und gerechtigkeit selbs jst. Auff des mans wort will jch wogen, leiden, thun und lassen was jch sol, Und sol mir sein einig wort mehr gelten mein hertz [6, 7] zu trosten und stercken denn aller Teuffel und welt wueten und drewen zuschrecken.

 

Denn was jsts, wenn ein furst odder Keiser toll und toricht jst mit toben und drewet mit dem schwerd, feur odder galgen, wenn mir mein Christus dagegen freundlich jns hertz redet und trostet mit solchen verheissungen, das jch selig sey und mit Gott jm himel hertzlich wol dran sey, und mich alles himlisch heer und creatur selig preissen, wenn jch ein solch hertz und mut habe, das jch kan umb seines worts und wercks willen leiden. Was sol jch mich denn solch elende leut, so wol feindlich widder Gott toben und spruen, aber wie der rauch und wie die armen wasser blasen plotzlich vergehen, [Jes. 31, 12] erschrecken lassen? Wie auch der Prophet Jesaia. 51. spricht ‘Jch bin ewer troster, was jsts denn das du dich fur menschen furchtest, die doch sterben mussen, und fur menschen kindern, die als hew da hin gerafft werden, und vergissest des HERRN, der dich gemacht hat, der den himel ausbreitet und die erden grundet?’ &c.. das jst: Er jst ewig und allmechtig, der dich trostet und gefallen an dir hat, wenn sie all dahin sein, so bleibt er dennoch droben sitzen und du auch. Warumb willtu dich denn mehr annemen des drewens und pochens eins elenden stinckenden madensacks denn solchs gottlichs trosts und wolgefallens, dafur du Gott soltest dancken und von hertzen fro sein, [Apg. 5, 41] das du solchs wirdig bist zu leiden, wie die Apostel Act. 5. mit freuden und sprungen davon giengen, da sie geschmecht und gesteupt waren.

 

Sihe, sind wir nu nicht hoch gesegnet mit diesen worten, wenn wirs nur mit lieb und danck annemen? Denn es feilet ja nicht an verfolgung, Und haben dazu das grosse vorteil, das unser widdersacher selbs nicht koennen unser sache verdamnen und muessen on jren danck bekennen, es sey wol recht und die warheit. Aber das manglet daran, das wirs leren, Denn sie wollens von uns nicht lernen noch annemen, welchs jst vor noch nie geschehen noch gehoret, darumb was wir daruber leiden, das jst ein heilig selig leiden, dem sie auch selbs mussen zeugnis geben. Und jst nu nicht mehr ein menschliche, sondern ein rechte teuffelische verfolgung, das sie sagen, es musse und solle nicht Gottes wort heissen, sondern sein maul halten und nicht predigen, es kome denn zuvor und falle dem Bapst zu fusse und lasse uber sich urteilen was jm und seinen larven gefellet.

 

[s. 338]

 Darumb lasst uns deste frolicher und lieber leiden alles was sie widder uns thun konnen, weil wir den starcken, gewissen trost und grossen, herlichen rhum haben, das unser lere und sache durch jr eigen mund bestetigt jst. Dazu hie die treffliche liebliche verheissung horen, Das uns wol sol belonet werden jm himel, und uns des frewen und jauchzen sollen, als die nicht nach dem himel durffen trachten, sondern allbereit haben, und sie mit jrem verfolgen nicht mehr thun denn das sie uns deste mehr dazu fordern, ja zum himel treiben und jagen. Nu sihe ob diese schlechte kurtze wort nicht soviel muts konnen machen als alle welt vermag, und mehr trosts und freude geben denn uns alle feinde leid und plage konnen anlegen? wenn man sie nur nicht rohe uberlauffet, sondern ein wenig mit dem hertzen fasset und nachdencket.

 

Das jst nu gesagt von der verfolgung, so mit der that odder faust geschicht und uber leib odder gut gehet, da man den Christen gewalt anlegt und martert, brennet, hengket und wurget, wie auch jtzt geschicht und allzeit geschehen jst. Daruber jst nu noch eine verfolgung, die heisset lesterung, schmach odder schande, so die ehre und unsern namen betrifft, welche die Christen furnemlich fur allen andern leiden mussen, davon redet nu Christus weiter.

 

[Matth. 5, 11] Selig seid ir, wenn euch die menschen umb meinet willen schmehen und verfolgen und reden allerley ubels widder euch, so sie daran liegen.

 

Dis jst auch ein grosse schweere verfolgung und (wie gesagt) das rechte leiden der Christen, das man sie auffs aller bitterst und gifftigst lestert und schmehet, Denn ob wol ander leut auch mussen verfolgung leiden, das man jn gewalt und unrecht thut, so lesst mans dennoch daran gnug sein, das sie jre eren und guten namen behalten. Darumb jst solchs noch nicht ein recht Christlich leiden, Denn hie jsts nicht gnug, das man jn alle marter und plag anlegt, sondern mus dazu jren namen auffs aller schendlichst anspeyen und durch lestern, so das die welt noch herrlich rhume, wenn sie die Christen wurget, sie habe die ergsten buben hingerichtet, so die erde nicht habe konnen tragen, und habe Gott den grosten angenemsten dienst gethan, [Joh. 16, 2] wie Christus sagt Joh. 16. Das kein schmelicher und schendlicher name auff erden komen jst denn eines Christen und kein volck, dem man so bitter feind jst und so mit boesen, gifftigen zungen zusetzet als den Christen.

 

Solchs beweiset man jtzt auch redlich an dem lieben Euangelio und seinen predigern mit solchem lesterlichen schenden, liegen, triegen, boesen tucken und gifftigen auslegen, das einer lieber solt wundschen viel mal den tod zu leiden denn solche gifftige, verlipte boese pfeile. Da feret der Bapst daher und schlegt mit seinem donner und blitz darein, verdampt uns unter neun hellen [s. 339] als des ergsten Teuffels kinder. Dem nach wutet und tobet sein gesind, Bisschouee und Fursten mit so greulichem lestern und schenden, das es durch leib und leben mag gehen, das einer muste zuletzt mude werden und nicht ertragen kunde, wenn wir nicht einen sterckern und mechtigern trost hetten denn alle jr bosheit und wuten sein kan. Darumb lassen wir sie toben und lestern, das sie sich selbs zuplagen und das gebrandte leid haben mit jrem gifftigen unsettigem hass und neid, wir aber sind getrost und guts muts: Wollen sie viel zurnen und wuten, so konnen wir dagegen lachen und frolich sein.

 

Darumb sage jch abermal, wer ein Christen wil sein, der wisse des zu gewarten, das er solch verfolgung von gifftigen, boesen lestermeulern leiden mus, sonderlich wo sie mit der faust nichts vermoegen, das er alle wellt jre zunge an jn wetzen und auff jn zielen, stechen und hawen lasse Und er dagegen solchs alles nur trotzlich verachte und dazu lache jnn Gottes namen und lasse sie zurnen jnn jres Gotts des Teuffels namen Auff den trost und sicherheit (wie gesagt) das unser sache recht und Gottes eigen jst, welchs auch sie selbs bestetigen mussen, ob sie uns wol verdamnen und doch sagen, es sey die warheit, dazu unser hertz und gewissen fur Gott sicher jst, das wir recht leren, Denn wir ja nicht aus unserm kopff und eigener vernunfft odder weisheit leren noch unsern nutz, gut odder ehre bey der wellt damit suchen, sondern allein Gottes wort und werck predigen und preissen, Dagegen sie, unser feinde, nichts denn jre eigen werck, verdienst und heiligkeit rhumen und uns, die wir solchs nicht mit jn treiben, daruber verfolgen.

 

Denn sie verfolgen uns nicht, als seien wir ehebrecher, reuber odder diebe &c.. konnen die verzweivelsten schelcke und buben wol unter sich leiden, sondern daruber hebt sich das zeter geschrey, das wir jr lere und leben nicht wollen recht heissen und allein das Euangelium, Christum, den glawben und rechte gute werck preissen und also nicht fur uns sondern alles umb des Herrn Christi willen leiden. Darumb wollen wirs auch mit jn aussingen und so harten kopff sollen sie nicht haben, wir wollen noch hertern haben. Denn sie sollen kurtzumb den man lassen bleiben, es sey jn lieb odder leid.

 

[Matth. 5, 12] Seid frolich und getrost, es wird euch jm himel wol belonet werden.

Das sind doch suesse trostliche wort, die ja solten unser hertz lustig und mutig machen widder allerley verfolgung. Solt man nicht des lieben Herrn wort und trost tewrer und mehr achten denn eines ommechtigen madensacks odder des schendlichen Bapsts zurnen, drewen, bannen, fluchen und donnern? wenn er gleich die grundsuppe und gantze helle seiner ungnad und fluchs wie eine wolckenbruch uber uns ausschuttet, weil jch hore, das meinem Herrn [s. 340] Christo so hertzlich wol gefellet und mich selbs heisset frolich dazu sein, dazu so trefflichen lohn verheisset, das das himelreich sol mein sein und alles was Christus sampt allen heiligen und der gantzen Christenheit hat, Summa ein solchen schatz und trost, dafur jch nicht solt nemen aller welt gut, freude und seitenspeil, ob gleich alles laub und gras eitel zungen weren, die mich lobten und preisseten. Denn hie nicht ein Christen, ja nicht ein Engel mich selig preissen, sondern der Herr aller Engel, dem beide sie und alle Creatur mussen zu fussen fallen und anbeten. Darumb mussen sie mit allen creaturn, auch laub und gras, mich zuloben und preissen frolich von mir singen und springen.

 

Was sind nu dagegen die mich lestern und fluchen denn eitel nysse und leuse belge (mit urlaub), ja noch viel schendlicher denn sie jmand nennen kan? Was were es, wenn alle creatur, bletter und gras jm walde und sand am meer eitel zungen weren und sie auffs eusserste taddelten und vernichteten gegen dis mans einig wort? Denn seine stimme klinget so hell, das himel und erden davon voll werden und erschallen mus und dagegen verschwinden das spitelische, heischer scharren und husten seiner feinde.

 

Sihe, also solten wir ein wenig lernen solcher wort brauchen und uns nutz machen, als die nicht umbsonst da stehen, sondern uns zur stercke und troste gered und geschrieben sind, da mit er uns als unser lieber meister und trewer hirt odder bisschoff rustet, das wir geschickt und unerschrocken dazu seien zuleiden, wenn man uns alle plage und unglueck anlegt umd seinen willen beide mit worten und wercken, Und solchs alles was uns unter augen stosset, verachten koennen und widder unser eigen vernunfft und hertz richten.

 

Denn wo man den sinnen und fulen nach henget, gehet es ja saur unter augen und thut wehe das einer soll der welt und jderman dienen, helffen, raten und eitel gut thun und nichts dafur einnemen zu danck denn den ergsten bittersten hass und verfluchte gifftige zungen. Das wo fleisch und blut hie solt regieren, wurde es bald sagen: Sol jch nichts anders davon haben, so bleib bey dem Euangelio und sey ein Christ wer da wil und helffe der Teuffel furthin der welt, wenn sie nicht anders wil. Daher auch jderman itzt klagt und schreyet, das Euangelion mache viel unfried, hadder und unordig wesen jnn der welt und stehe alles erger, sint es auff komen jst, denn vor jhe, da es doch fein still zugieng und kein verfolgung war und die leut mit einander lebten als gute freund und nachbarn.

 

Es heisst aber also: Wiltu das Euangelion nicht haben noch ein Christen sein, so gehe hin und halt es mit der welt, so verfolget dich niemand und bleibst wol jr freund, Wiltu aber das Euangelion und Christum haben, so mustu dich des erwegen das es ubel zugehe, unfriede und verfolgung [s. 341] angehe, wo es hin kompt. Ursach: Denn der Teuffel wird nicht leiden, das anders zugehe, noch auffhoeren die leut zu hetzen widder das Euangelion, das alle welt dawider entbrand werde wie jtzt baur, burger, edelman, fursten und Herrn, die dem Euangelio aus lauter mutwillen feind sind und selbs nicht wissen worumb.

 

Darumb sage jch also, solche unnuetze meuler und kleglingen zu antworten: Es kan und sol nicht wol und fein zugehen, Denn wie solt es wol zugehen, wo der Teuffel das regiment hat und dazu dem Euangelio tod feind jts? und zwar auch nicht on ursach, denn es thut jm schaden jnn seinem reich, das ers fulet, und wo ers solt ungehindert gehen lassen, so were es bald darumb geschehen und gar zurstoret, Sol ers aber weren und hindern, so mus er alle seine kunst und macht auff bringen und dawidder erwecken was jnn seiner gewalt jst. Darumb hoffe keines frieds und stilles wesen nicht, so lang sich Christus mit seinem Euangelio jnn des Teuffels reich leget, Und weh des wolgehens und guten gemachs, das furhin gewesen jst und sie jtzt wuendschen und begeren, Denn das jst ein gewis zeichen, das der Teuffel mit aller gewalt regiret und kein Christus da jst, wie jch leider besorge, das es widder so gehen wird und das Euangelion all zu frue von uns Deudschen komen wird, darnach solche schreyer jtzt ringen.

 

Wir aber haben ja diese sicherheit, das nicht unser schuld jst, das es ubel zu gehet, Denn wir sehens von hertzen gerne, das alles recht gienge, und haben ja das unser gethan mit leren, vermanen, bitten, flehen und weichen, auch gegen den feinden, bieten jn friden an und alles was wir sollen, hellffen und raten dazu aus allen krefften, ja mit unsern eigen fahr und nachteil, leiden daruber was wir sollen, noch schaffen wir nichts, denn das sie uns auffs greulichst und gifftigst verfolgen, lestern und schmehen und nicht auffhoren koennen, bis sie sich jnn unserm blut moechten kulen. Weil es denn nicht anders wil sein, so lassen wir sie zuletzt auch faren mit jrem drewen, toben und lestern und halten uns des trosts, den wir hie gehoret haben, gewis, das sie es nicht werden dahin bringen, da sie es gerne hetten, sie haben denn vor den Christum vom himel gesturtzt und mit allem was er gered hat zum lugner gemacht.

 

[Matth. 5, 12] Denn also haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.

Seid jrs doch nicht allein (wil er sagen) denen solchs widderferet. Sehet euch umb und rechnet zuruck nach allen heiligen vetern, die jhe vor euch gelebt haben, so werdet jr finden das jn allen so gangen jst, was wollet jr denn sonderlichs haben? sol er umb ewrn willen seine weise lassen? Hat [s. 342] ers doch jnn seinen lieben vetern und Propheten mussen leiden, das man sie verfolget und erwuergt hat, dazu von jderman gelestert und geschmecht und der welt spott gewesen sind, wie man jnn der Schrifft sihet, das eine gemeine weise und sprichwort gewesen jst, wenn man einen Propheten nennen wolt, [2. Kön. 9, 11] so nennet man jn einen narren, als jnn historia Jehu 4. Reg. 9. sprachen sie von einem Propheten ‘Warumb jst dieser rasender zu dir komen’? und Jesaias [Jes. 57, 4] 57. zeigt, wie sie das maul gegen jm auffgespert und die zunge heraus gereckt haben. Was haben sie aber damit ausgericht denn das jtzt die lieben Propheten und heiligen jnn aller welt ehre, lob und preis haben, dazu mit dem Herrn Christo ewig regiren, jhene aber auffs aller schendlichste stincken und verflucht werden? Solches solt jr euch auch gewislich versehen (sagt Christus), das euch belonet sol werden, wie es jenen belonet jst, reichlicher und herrlicher denn jr konnet gleuben odder durffet wuendschen. Denn jr seid eben jnn der selben geselschafft und gemeine.

 

Sihe das jst jhe ein feiner kostlicher prediger und trewer meister, lesset nichts aussen, das da dienet zu stercken und getrost zu machen beide mit seinem wort und verheissung, dazu mit exempel und zeugnis aller heiligen und seiner selbs, mit welchem zu stimmen alle engel jm himel und creaturn. Was wolten wir denn mehr haben und begeren? solten wir nicht auff solchen trost der welt und dem Teuffel einen zorn und trotz ausstehen umb seinen willen? Was wolten wir thun, wenn wir nicht rechte Goettliche sache und solche treffliche sprueche und zusagung nicht hetten und dennoch musten leiden wie ander leut, die keinen trost haben? Denn es kan doch jnn der welt nicht dazu komen, das man nichts leiden durffte, und mus (wie gesagt) ubel zugehen umb des Euangelij willen, auff das die frumen damit beweret und zu jrem verheissen trost, freunde und seiligkeit gefordert, die boesen aber und verechter odder feinde des Euangelij gestrafft und verdampt werden.

 

So hat nu Christus bisher seine Christen zu gerichtet und bereitet, wie sie sollen fur sich jnn der welt leben und leiden Und sonderlich die, so offentlich ampt furen sollen jnn der Christenheit, wie wol auch on das ein jglicher Christ als fur sich selbs sol allzeit bereit sein, das er stehen koenne wo es not jst seinen Herrn zubekennen und seinen glauben zuvertretten, und jmerdar geruest widder die welt, Teuffel, rotten und was er vermag auff zu bringen. Nu feret er weiter und wil jn auch das ampt auff legen und leren, wie sie dasselbige furen sollen, darnach auch jnn mund legen, was und wie sie predigen sollen, Denn nach diesen stucken jst ein Christen gantz volkomen, wenn er fur seine person recht lebet und druber allerley leidet, darnach auch sein ampt, damit er andern dienen und helffen sol, recht furet und treibt. So spricht er nu:

 

[s. 343]

 

[Matth. 5, 13] Jr seid das saltz der erden; Wo nu das saltz thum wird, womit sol man saltzen? Es jst hinfurt kein nutze, denn das man es hinaus schutte und lasses die leute zutretten.

Mitt dem wort saltz zeigt er (wie gesagt) was jr ampt sein sol, Denn saltz jst fur sich selbs nicht saltz, kan sich selbs nicht saltzen, sondern das jst sein brauch, das man fleisch und wo zu mans jnn der kuechen darff, damit saltze, das es seinen schmack habe, frisch bleibe und nicht verfaule. Also, spricht er, Seid jr auch ein saltz, nicht das jnn die kuechen gehoret, sondern dazu, das man damit saltze solch fleisch, das da heisst die gantze welt. Das ist ja ein herrlich ampt und ein grosse treffliche ehre, das sie Gott sein saltz heisset und da zu setzet, das sie sollen saltzen alles was auff erden ist. Es gehoret aber dazu ein solcher man, der da bereit sey, wie er bisher geleret hat, arm, elend, durstig, sanfftmuetig &c.. zu sein und allerley verfolgung, schmach und lesterung zuleiden. Wo das nicht jst, da wird nymer kein prediger aus, der da recht anfahe zu saltzen, sondern bleibt wol ein thum saltz, das nirgent kein nutz jst.

 

Denn es jst ja viel auffgelegt und zu hoch uber laden, das die armen fischer odder sonst ein armer verachter mensch sol fur Gott heissen ein saltz der erden und sich unterwinden anzugreiffen und zusaltzen alles was menschen sind auff erden. Vernunfft und natur vermags nicht, denn sie wirds muede und kans nicht leiden, das sie nur schand, schmach und ungluck solt davon haben, und wuerde bald sagen: Saltze der Teuffel die welt an meiner stat. Darumb haben bisher unser heilige veter, Bisschove, Moenche und Einsidler weislich gethan, das sie des predigens mussig gangen und anders dings gewartet odder sich von leuten gesondert haben, Denn sie haben gesehen das es zuviel kostet, jnn eitel fahr leibs, guts und ehre sitzet und gedacht, wir wollens andern befelhen und die weil jnn winckel kriechen und Gott dienen mit guten tagen.

 

Darumb jst es ia ein schweer ding ein Apostel odder prediger zu sein und solch ampt zu treiben, ja unmueglich nach fleisch und blut zu richten, Aber es mussen solche leut sein, die es gerne thun umb Gottes und des Herrn Christi willen, welcher wil niemand dazu zwingen noch treiben mit gebotten, Denn Christen stand jst ein solcher stand, der nur willige hertzen foddert; wer nicht von hertzen lust dazu hat, wird wol davon bleiben. Unser trotz aber jst der, wenn es ubel gehet, welt und Teuffel uns sawr ansihet und so boese sind als sie wollen, das er zu uns sagt ‘Jr seid das saltz der erden’. Wo das wort jns hertz leuchtet, das sichs kan drauff verlassen und ungezweivelt rhuemen, das er Gottes saltz sey, so las zurnen und boese sein wer nicht lachen wil, jch kan [s. 344] und thar mehr trozen und bochen auff sein einiges wort denn sie auff alle jre macht, schwerdter und buechsen. Denn weil er mich dafur erkennet und durch sein wort des zeugnis gibt, so muessen alle Engel jm himel, ja Sonn und Mond sampt allen creaturn, ja dazu sagen und bey uns stehen widder welt und Teuffel. Und ob gleich das nicht were, so hetten wir doch an dem einigen wort gnug, das er uns so nennet und teuffet; das sollen sie wol stehen lassen, so wollen wir auch wol fur jn bey den ehren bleiben so lang Christus und sein wort bleibet.

 

Nu wie das saltzen zugehe, jst leicht zuvorstehen, nemlich das man sol aufftretten und sagen: Alles was auff erden geboren jst und lebt, das jst kein nutz, faul und vederbt fur Gott, Denn weil er durre und klar sagt, sie sollen sein ein saltz der erden, das jst uber alles was die welt jst, so mus folgen, das alles was jnn der welt jst und fleisch odder mensch heisst, mus gestrafft und durchsaltzen werden, also das man aller welt heiligkeit, weisheit, Gottes dienst von jn selbs erfunden ausser Gottes wort verdamne, als das des Teuffels jst und jnn abgrund der helle gehoret, wo sichs nicht an Christum allein helt. Das jst denn ein unfreundliche predigt, machet uns der welt ungeneme und verdienet, das man uns feind wird und uber das maul schlegt.

 

Denn das kund die welt noch wol leiden, das man recht predigt von Christo und allen artikeln des glaubens, Aber wenn man sie wil angreiffen und damit saltzen, das jre weisheit und heilikeit nichts sol gelten, ja blind und verdampt jst, das kan und wil sie nicht leiden Und gibt den predigern schuld, sie koennen nichts denn schelten und beissen, und mus heissen die welt erregt und unfried gemacht, geistliche stende und gute werck geschendet. Aber wie koennen wir jm thun? soll man saltzen, so mus es beissen, Und ob sie uns gleich beissig schelten, so wissen wir, das so sein sol und Christus solchs befolen hat und wil das das saltz scharff sey und getrost beisse, wie wir hoeren werden, Wie S. Paulus auch allenthalben thut straffen die gantze welt und schilt alles was sie lobt und thut, wo nicht der glaube an Christum [Joh. 16, 8] jst, Und Christus Joh. 16. sagt, Wenn der heilige geist kome, sol er die welt straffen &c.. Das jst: Er sol alles angreiffen, was er jnn der welt findet, keinen auszug noch unterscheid machen noch etliche schelten und etliche loben odder allein diebe und schelcke straffen, sondern alles, alles auff einen hauffen fassen, einen mit dem andern, er sey gros, klein, from, weise, heilig odder wie er wolle, summa alles was nicht Christus jst, Denn der Heilig geist darff nicht darumb komen noch prediger jnn die welt schicken, das er eusserlich grobe sund, ehebruch, mord &c.. zeige und straffe, so sie selbs wol weis und straffen kan, sondern das sie fur das kostlichste helt und da sie am besten jst, from und heilig sein und Gott damit dienen wil.

 

[s. 345] Darumb gilts nicht, das jtzt etliche klugeln und furgeben, es sey gnug, das ein prediger jderman sage was recht jst, und konne wol das Euangelion predigen, das man nicht duerffe Bapst, Bisschove, fursten und andere stende odder person antasten, dadurch viel unfride und hadders entstehet, Sondern es heisset also: wiltu das Euangelion predigen und den leuten helffen, so mustu auch scharff sein und saltz jnn die wunden reiben, das jst das widderspiel anzeigen und straffen wo es nicht recht gehet, Als jtzt sind Messen, moencherey, ablas &c.. und alles was daran henget und daruber helt, auff das solch ergernis aus dem weg gereumet und niemand dadurch verfuret werde. Darumb mus man hie jmer anhalten mit saltzen, das man were und nicht raum lasse, dadurch es mocht widder auffkomen odder heimlich einreissen, wie denn geschehen mus, wo das saltz ampt nicht jmer jm schwang gehet und bisher jnn der Christenheit geschehen jst, das eitel faule menschen lere regirt und alles verderbet hat, welchs wol were nach blieben, wo das saltz blieben were, Denn es hette nicht an der rechte lere gefeilet, weil von Gottes gnaden dennoch die schrifft, Euangelion, Sacrament, predigstul jst jnn der kyrchen blieben, wenn nur die Bischove und prediger solchs getrieben und jnn der ubung und brauch hetten lassen gehen, damit zu saltzen was des alten Adams jst.

 

Darumb vermanet und warnet hie Christus die Juenger so vleissig, das sie zusehen und solch saltzen stets lassen jm schwang gehen, Und spricht ‘Wenn das saltz thum wird, wo mit sol man denn etwas saltzen?’ Thum saltz heist das die zeene und scherffe verloren hat und nicht mehr wuertzet noch beisset: das jst wenn das ampt jnn der Christenheit untergehet, das man die leute auff horet zu straffen und zeigt jn nicht jr elend und unvermügen, noch erhelt bey der busse und erkentnis sein selbs, lesst sie dahin gehen, als seien sie frumb und recht dran, und also jr ding eigen heiligkeit und selbererwelete Gottes dienst, lesst einreissen so lang, bis die reine lere vom glauben widder gar untergehet und Christus verloren wird und so gar verderbet, das nicht mehr zuhelffen noch zu raten jst.

 

Solchs hat er hiemit gesehen und geweissagt die zukuenfftige fahr, ja den schaden und verderb der Christenheit, das man solch saltzen odder straffe ampt wuerde ligen lassen und dafur auffkomen so mancherley geschwuerm von rotten und secten, da ein jglicher sein eigen tand auff wirfft als eine rechte lere und Gottes dienst und doch nichts anders jst denn weltlich fleischlich ding, aus unserm kopff und vernunfft gewachsen, damit wir uns selbs kutzeln und also gar darin verfaulen als eitel wild, stinckend, verdorben fleisch, daran saltzen und straffen verloren jst.

 

Aus dem sihestu, wie vil und gros an dem stuck gelegen jst, das es [s. 346] Christus nicht umb sonst vor allen andern hie setzet und so vleissig befilhet, Denn on das kan die Christenheit nicht bestehen und Christus nicht bleiben, kein rechter verstand noch leben jm schwang gehen, Das freilich kein grosser schaden und verderb der Christenheit jst, denn wo das saltz, damit man alle ander ding wuertzen und saltzen mus, thum wird. Und jst doch so bald geschehen, Denn es jst ein solche gifft, die susse eingehet und dem alten Adam sanfft thut, Denn er darff nicht so jn fahr stehen, leib und leben wagen noch verfolgung, schmach und lesterung leiden. Darumb sind unser Bisschove und geistlichen die kluegsten leute auff erden jnn diesem fall (wie wol sie nicht so gut sind, das sie thum saltz heissen, sondern der Teuffel gar sind, als die gar kein Bisschofflich ampt furen, sondern selbs am hochsten verfolgen) denn sie predigen also, das sie on fahr bleiben, gelt und gut, dazu ehre und gewalt gnug haben.

 

Denn wer alle welt, Keiser, koenige, fuersten, weise, gelerte sol schelten und sagen, das jr wesen fur Gott verdampt sey, der mus den kopff dar strecken. Aber wenn jch jn heuchle und lasse jr ding auch recht sein, so bleib jch ungeschlagen, behalte gonst und ehre &c.. mache mir die weil ein feinen gedancken, jch wolle dennoch wol das Euangelion daneben predigen. Doch bin jch gleich wol ein thum saltz worden, denn damit lasse jch die leut stecken jnn jrem eigen alten wahn und fleischlichem sinn, das sie zum Teuffel gehen und jch fornen an.

 

Also hat dis ampt allenthalben viel anfechtung und hindernis beide zur lincken und rechten seiten, das man schweigt und entweder aus furcht der fahr, schadens und verfolgung odder umb ehre gut und genies willen; so sind wir on das schwach, faul und vordrossen dazu, das wir uns leichtlich davon bringen lassen und muede werden, wenn wir sehen, das es nicht wil fort gehen wie wirs gerne hetten, und lest sich ansehen, als sey es vergebens und die leut verachten, ja nu erger werden, jhe mer man sie straffen wil.

 

Daruemb muessen wir dagegen gerustet sein und allein Christus befelh ansehen, der uns solch ampt aufflegt und wil, das wir das maul frissch auffthun und straffen was zustraffen ist, nicht angesehen unser fahr, ungemach odder nutz und genies noch ander leut boesheit und verachtung, und uns des trosten, das er uns zu seinem saltz machet und dabey erhalten wil, und heisset uns getrost saltzen, nicht daran keren doch erschrecken lassen, obs die welt nicht leiden wil und uns daruber verfolgt, noch verzagen, ob wir gleich (wie wir meinen) nichts schaffen, Denn was er uns heisset sollen wir uns gefallen und gnuegen lassen und jm lassen befolen sein, was und wieviel er durch uns aussrichte. Wollens die leut nicht horen noch annemen, so sind wir nichts deste weniger saltz und haben unser ampt ausgericht. So koennen wir denn [s. 347] mit allen ehren und freidikeit fur Gottes gericht stehen und dafur antworten das wirs jderman treulich gesagt haben und nichts unter die banck gesteckt, das sie keine entschuldigung haben, als haben sie es nicht besser gewust und sey jn nicht gesagt.

 

Welche aber sich lassen erschrecken und schweigen umb gonst, ehre und gut willen &c.. die werden auch am jungsten tag muessen horen von jn sagen: Der jst unser prediger gewest und hats uns nicht gesagt, Und wird sie nicht entschuldigen, ob sie wolten sagen: Herr, sie habens nicht wollen hoeren, Denn Christus wird dagegen sagen: Weistu nicht, das jch dir befolen habe, du soltest saltzen, und dazu so vleissig gewarnet? Soltestu nicht mein wort mehr furchten den sie? Solchs soll uns auch billich schrecken, Denn hie hoerestu das urteil, das er uber solch thum saltz verkuendigt und spricht:

 

[Matth. 5, 13] Es ist zu nicht hinfurt nutze, Denn das mans hinaus schutte und lasses die leute zurtretten.

Das jst soviel gesagt: sie sollens auch hie auff erden nicht gut haben, sondern schlecht verworffen sein von Christo, als die jn nichts mehr angehoren und nimer seine prediger sein sollen noch zur Christenheit gehoeren, schoen ausgeworffen und beraubt sind aller gemeinschafft jm himel und mit allen heiligen, ob sie gleich den namen behalten und fur den leuten gros geachtet sind als die besten prediger und heiligsten leute auff erden. Wie es jm Bapstum jst gangen zu der zeit, da es am aller fruemsten und heiligsten jst gewest (nicht wie jtzt gar ein weltlich Keiserthum und geistlich Teuffels regiment jst worden) da der Bapst selbs prediget und die kirchen regiret und alle ding auffs feinest geordnet und jnn stend und regel gefasst hatte (wie S. Gregorius und etliche vor und nach jm than haben), das alle welt hielt fur das feineste regiment und heiligsten Gottes dienst, so auff erden zu machen were, und doch alles kein nutz jst gewesen. Denn da jst gar kein saltz gewesen, dadurch man solches solt nach Gottes wort gehalten und gestrafft haben als unser eigen selbserdachte heiligkeit, sondern alle welt hat es gepreisst und bestetigt und also eigen vermessenheit und falsch vertrawen darauff gesterckt, als auff das rechte selige leben und heilige stende, wie es auch S. Gregorius selbs preisset und hebt, das ob er wol ein heiliger man gewesen jst (als jch jn halte) hat er doch mit seiner lere nichts guts ausgerichtet, Und hat doch so trefflichen schoenen schein, das kein mensch taddeln kan, das wenn sie es jtzt kuendten widder jnn den stand bringen und reformiren, so thurst niemand kein wort dawidder predigen odder mueste der ergste ketzer heissen, so jhe gewesen were.

 

Das jst nu ein stuck der warnung, das er spricht ‘Wenn das saltz thum wird, so sey es kein nuetz mehr’. Das ander lautet noch schrecklicher, als er [s. 348] das urteil druber spricht, das man soll die leut druber lauffen und zutretten lassen: Wenn das rechte saltz, das jst die rechte auslegung der schrifft, hinweg jst, dadurch man alle welt straffen sol, und nichts denn allein den einigen glauben an Christum gelten lassen, So jst es alles aus und hilfft nichts mehr, was man sonst leret odder straffet. Denn es jst schon beide lere und leben, meister und schueler fur Gott verworffen und verdampt. Summa: wo dieser artikel von Christo nicht getrieben wird, das wir durch jn allein gerecht und selig werden und ausser jm alles verdampt halten, so jst kein wehren und auffhalten mehr, ja keine mas noch auffhoren aller ketzerey und jrthum, aller secten und rotten, da jderman etwas sonderlichs eigens erdencket und auff wirffet, Wie bisher uns widder faren jst unter dem Babst, da keinem moench etwas getreumet hat, es hatt auff die Cantzel mussen komen und ein sonderlicher Gottes dienst draus werden, und keine lugen so schendlich gewesen, die man nicht hat angenomen, wer es nur hat durffen auff den predig stul bringen, bis zu letzt so weit jst komen, das man nicht allein Christum verloren hat, sondern Gott dazu, und sie selbs schir keinen artikel des glaubens mehr gleuben, Das jch thurst sagen, das inn hundert jaren wenig Bebst gewesen sind, die einen artikel gleubt haben, Wie es auch jtzt jnn deudschen landen stehet, bey denen da der artikel von Christo untergangen und dafur eine rotterey und jrthumb uber die ander auffgangen da einer das Sacrament, der ander die Tauffe und ander artikel leugnet und viel schoen gar Epikurisch worden, die nichts uberal gleuben, gleich wie die Bebste mit jrn Cardinelen zu Rom, und also zuletzt lauter sew und kwe werden und auch also hin sterben.

 

Darumb habe jch alle zeit vermanet, wie auch hie Christus thut, das das saltz saltz bleibe und nicht thum werde, das jst, das man den heubt artikel des glaubens recht treibe, Denn wo der auff horet, da kan nicht ein stueck recht bleiben und jst alles verloren, kein glaube noch verstand mehr, das niemand recht leren noch raten kan. Summa: es mus jderman lassen mit fuessen uber sich lauffen, das jst (wie gesagt) kein bachant noch Esel jst so grob, wenn er nur thar was newes auffbringen, so leufft jderman zu und gleubts. Denn was haben bisher die schendlichen Moenche nicht thueren unverschampt predigen und die leut bereden mit jren bruderschafften, gebetlin, rosenkrentze, ja mit jren schebichten Cappen, so sie den todten anzogen und da durch den himel zugesagt? Was jst das anders denn sich jderman mit fussen lassen tretten und einem jglichen luegen prediger unter worffen sein? Das macht, das der Teuffel des hertzen gewaltig jst worden und gar verderbt hat mit seinem faulen verdamlichen leren und aberglauben, das Christus hinweg und sein erkendnis verloren wird.

 

[s. 349] Denn wenn jch das behalte, das Christus allein meine gerechtigkeit und heiligkeit jst, so wird mich nimer kein moench uberreden noh verfuren durch seine kappe, rosenkrentz, solch odder andere wercke und menschen tand, Denn durch den glauben bin jch ein richter uber alle stend und wesen so man erdencke, das jch alles kan verdamnen, was mir etwas anders zeigen wil das fur Gott gelten sol. Versehe jchs aber und lasse den schatz faren und dahin weisen, das jch daneben auch ander weise suche frum zu werden, Gott versuenen und suende bussen, so bin jch schon bereit zu allerley stricken und netze des Teuffels und lasse mich fueren wie er wil, so kumpt hie und da einer der mir furpredigt: Wiltu frum werden und Gott dienen, so zeuch eine Cappen an, bete teglich soviel rosenkrentz, zuende S. Anna soviel lichtlin an, so falle jch hinach wie ein blinder und jdermans narr und gefangner und thu alles was man mich heisset, so gar das jch mich auch nicht des geringsten jrthum erweren kan.

 

Sihe das hat der Herr Christus hie selbs zuvor gesagt und gewarnet, das so gehen wuerde, noch jst niemand gewesen, der sich hie fur hette wissen zuhueten, und wo wir jtzt nicht wacker sind und wol drauff sehen, das wir den artikel behalten, so wirds uns auch so gehen, das wir keinen artikel recht und rein behalten noch auffhoren zu jrren und rotterey zumachen, bis es gar aus jst und kein predigen noch leren mer hilffet, sondern sew und kuee bleiben, wie es leider schon unter dem grossen hauffen gehet, zu lohn unser verachtung und undanck des Euangelij.

 

[Matth. 5, 14. 15] Jr seid das liecht der welt, Es mag die stad, die auff einem berge ligt, nicht verborgen sein, Man zundet auch nicht ein liecht an und setzt es unter einen scheffel sondern auff einen leuchter, so leuchtet es allen die jm hause sind.

Das jst das ander teil des ampts, so er den lieben Aposteln aufflegt, das sie sollen heissen und sein ein liecht der welt, nemlich die seelen zu unterrichten und weisen zum ewigen leben, damit er die gantze welt wirfft unter die Apostel, das sie solle und muesse durch sie erleuchtet werden, und schleusset, das sie gantz mit allem was sie vermag eitel finsternis und blindheit jst, Denn wo sie on das ein licht hette, das sie kundte erleuchten (wie sie doch meinet) was durffte er der Apostel dazu? Nu sihe, ob das nicht ein hoh, trefflich ampt und ein ehre uber alle ehre jst, das sich alles was jnn der welt jst, es heissen Koenige, Fuersten, Herrn, gelerten, weise, heiligen mussen herunter setzen und die Apostel aufftretten und alle jr weisheit, heiligkeit &c.. taddeln und verdamnen lassen, als die nicht wissen was sie leren odder leben, noch wie sie mit Gott dran seien.

 

Aber hie koempt Meister Bapst mit seinen Bisschoffs larven, als die [s. 350] Christus und der Apostel stadhalter wollen heissen, die thueren Christus wort meistern und die Aposteln herunter setzen, wenn sie geifern, Es sey nicht gnug, das die Apostel gepredigt und der Heilige geist durch sie geleuchtet habe, sondern man musse der heiligen veter Concilien und Bepst satzung hoeren und halten, als die viel mehr und hohers geleret haben. Wir aber sollen wissen, das Christus nicht ein solcher geukler jst, der mit halben worten redet, Sondern weil er sie ein liecht der welt heisset, so mus jr lere allen gelten und gnugsam sein alle welt zu erleuchten, das man keines andern liechts bedarff, ja was ausser jrer lere jst, eitel finsternis bleibe: Wenn sie gleich lang leuchten mit jrer latern, so sinds doch nichts denn lauter gesetz von menschen erdacht von eusserlichen dingen, so ein jglicher on das verstehet und wol selbs ersehen und machen kund, das man sie wol solt nicht Lux mundi, sonder lex Dei heissen. als die sich unterstehen Gott selbs und seine Christenheit zu regiren mit jren gesetzen, gerade als weren sie viel besser denn die Apostel, dempfen also der Apostel liecht mit jrer blinden lere, damit sie nicht ein gewissen recht straffen noch unter weisen konnen, wie man sihet jnn allen buechern des Bapsts und aller hohen schulen, Und also weder saltz noch liecht heissen moegen. Denn wenn sie jr bestes thun, so straffen sie die groben eusserlichen stuck, so schon zuvor durch weltlich recht und vernunfft liecht gestrafft sind, aber die rechten knotten und heuptstuckt als unglauben, falsche heiligkeit werden sie nimer gewar, ja stecken selbs drinnen uber die oren, darumb jst es eitel thum ding, dazu finsternis und blindheit, Koennen nicht hoher sehen, saltzen noch leuchten, denn wie man fleisch odder fissch essen, so odder sonst kleiden und geberden sol.

 

Darumb jsts und bleibt wol allein der Apostel ampt beide recht straffen die rechten jnwendigen laster und widderumb heilen, trosten und auffrichten alle armen betruebte gewissen und niemand lassen ungestrafft jm boesen noch ununterweiset und auffgericht zum guten. Darumb sie auch Christus alhie einsetzet und weihet zu predigen, das man sie allein horen solle und muesse und kein ander rotten geister zulassen, so der Teuffel auch neben ein furet, die da wollen auch saltz und liecht sein, ja auch Christum selbs meistern, und schreyen es sey nichts mit der lere vom glauben, man musse hoher komen und sich anders angreiffen, das man leide und sich creutzigen lasse, welchs wenn mans allenthalben ansihet, so ists nichts denn von unserm eigen thun geleret und noch nirgend da zu komen, das es den unglauben zeige und straffe die rechten hoffertigen laster, so jnn der selbigen lere stecken, damit sie sich selbs zum saltz und liecht auff werffen, lassens nicht bleiben bey dem beruff und befelh, den er hie den Aposteln gibt und spricht ‘Jr solt das liecht sein’. Darauff wir allein treiben, das man des musse gewis sein und rhumen koenne, das uns Christus dazu geweihet und den Chrisem angestrichen hat, das [s. 351] wir sollen und muessen saltzen und leuchten als von ampts und Goettliches befelhs wegen.

 

Denn solchs jst auch daruemb not, das Christus solch ampt nicht hemlich odder an einem ort, sondern offentlich durch die gantze welt wil getrieben haben, und zeigt jnen gnugsam an was sie davon zu gewarten haben bey der welt, als er spricht ‘Es mag die stad, so auff einem berge ligt, nicht verborgen sein, Man zundet auch nicht ein liecht an und setzets unter einen scheffel’ .&c.. Das jst soviel gesagt: Wer ein liecht sein sol, der sehe nur zu und krieche nicht jnn winckel, sondern trete frey auff den platz und sey unerschrocken, Denn also gehets, wie auch vor gesagt, das die dazu beruffen sind, das sie sollen Apostel sein und leuchten, wollen nicht gerne erfur, lassen sich abschrecken mit drewen, fahr, verfolgung odder uberthoren durch freundschafft, gonst, ehre und gut, das sie nicht erfur tretten und das maul auffthun, sondern kriechen zu winckel, halten hinder dem berge und ziehen die pfeiffen ein, Wie jtzt unser geistlichen, die jm ampt sitzen, und jst jn befolen, das sie der Christenheit furstehen und offentlich leuchten solten mit jrer lere, so stecken sie es unter die banck, ja sind noch viel erger worden, das sie eben die sind, die das wort verfolgen und das liecht wollen auslesschen, hetzen Keiser, Koenige mit aller welt nur dawidder, Sitzen gleich wol jm hause und wollen allein die kirche regiren, haben predigstul, Tauffe, Sacrament und alles jnnen was zum beruff und ampt gehoert. Aber das jst die prophezey wie die Aposteln verkundigt, das hirten solten wolffe werden und der Endchrist sich setzen sol jnn den tempel Gottes und sich erheben uber alles das Gott und Gottes dienst heisst.

 

Dagegen sind die andern rottengeister, die keinen beruff dazu haben und wol mochten daheime jm winckel bleiben, die wollen sich uberal eindringen und allein leuchten, das sie jderman muesse hoeren und auff sie sehen. Jst aber auch nichts denn das sie jre eigen ehre damit suchen und so lang predigen als die leut an jn hangen und sich keiner fahr durffen besorgen. Solten sie aber stehen wie die rechten prediger, als denen das ampt auffgelegt, und stetts offentlich leuchten, kein wind noch wetter sich schrecken noch schweigen und dempffen lassen, so wurden sie sich bald verlieren und niemand daheim finden lassen. Also mus es gehen dem lieben predig ampt auff beiden seiten, das es entweder die ligen lassen, die es furen sollen, odder die furen wollen, denen es nicht befolen jst, und also nimer recht getrieben wird, on allein wo Christus solche leute gibt, wie er sie hie abmalet und droben zuvor bereitet hat.

 

So wil er nu sagen: Wolt jr meine prediger sein, so must jr warlich gerustet sein frey offentlich auff den platz zutretten und fur der welt stehen [s. 352] wie auff einem hohen berg, das jr euch getrost ansehen und offentlich horen lasset, nichts verschweiget noch unter die banck stecket was jr predigen solt, niemand zu liebe schweiget noch redet, sondern wie jr das lieht seit, auch frey offentlich leuchtet, unangesehen ehre odder schande, gut odder armut, hass odder gunst, tod odder leben. Und wisset, das jr mir dienet, der jch euch zum liecht gesetzt habe. Das weren denn rechte leute, die sich nicht lassen beugen weder zur rechten noch lincken seiten, wie Psal 45. von dem predig [Ps. 45, 7] ampt sagt: Das scepter deines reichs jst ein gerade scepter, Du liebest die gerechtikeit und hassest Gottlos wesen &c.. Das jst die tugent und preis des Euangelij und seiner prediger, Denn sonst alle ander lere haben der fahr keine, predigen alle was man gerne horet und der vernunfft gemes jst, durffen nicht furchten das man sie verfolge, Aber dieser lere setzet man allenthalben zu, weil sie wil aufftretten und der welt liecht und lere nichts wil lassen sein, da versuchet sie allerley, das sie uns solch liecht dempffe und jnn einen winckel treibe odder unter den scheffel stuertze, das wir unser lere ligen lassen odder widderruffen und beugen und deuten lassen, wie sie es gerne hetten, Wir aber wollen uns nicht so lassen von unserm stand treiben, sondern eine stad auff dem berge und das liecht auff dem leuchter jm hause bleiben. Denn der uns zum liecht gemacht hat, wird uns auch wol dabey erhalten. Darumb beschleusst er nu:

 

[Matth. 5, 16] Also last ewer liecht leuchten fur den leuten, das sie ewre gute werck sehen und ewren vater jm himel preisen.

Sihe wie vleissig treibt er die vermanung, Welchs er doch nirgend zu durffte, wenn es nicht grosse farh und not hette, Und jst soviel gesagt: Man wird ewer liecht wollen verfinstern und nicht wollen leiden, Aber seid nur keck und getrost dagegen, das jr nur soviel erhaltet, das jr nicht unter den scheffel kriecht und ewer ampt redlich ausrichtet, so wil jch zu sehen, das mans nicht so dempffen sol, Denn das jst gewis, weil ein Christlicher prediger daran helt und dabey bleibt und der welt schmehen und verfolgen verachten kan, so mus das ampt auch bleiben, Und kan das Euangelion nicht fallen, weil noch stehen und bleiben die daran halten, wie denn allzeit bis an jungsten tag etliche muessen bleiben.

 

Das er aber sagt ‘Auff das die leut ewer gute werck sehen und ewern vater jm himel preissen’, jst auff S. Mattheus weise gered, welcher also von wercken pfleget zureden. Denn er sampt den andern zweyen Euangelisten Marco und Luca treibet sein Euangelion nicht so hoch und viel auff den hohen artikel von Christo als S. Johannes und Paulus, darumb reden und vermanen sie viel von guten wercken, Wie es denn sein sol jnn der Christenheit, das man beides treibe, doch ein jgliches jm seinem wesen und wirden gehe, das man zu erst und am hochsten den glauben und Christum fuere, darnach [s. 353] auch die werck treibe. Weil nu der Euangelist Johannes durch und durch den heubt artikel auffs gewaltigst getrieben hat und billich daher der hoheste und furnemest Euangelist geachtet jst, so haben Mattheus, Lucas und Marcus auch das ander stueck fur sich genomen und starck getrieben, das es auch nicht vergessen wurde, also das sie jnn dem stueck besser sind denn Johannes und er widderumb jnn jenem.

 

Du must aber die spruche und lere von wercken nicht so ansehen, das du den glawben davon sonderst, wie sie unser blinden lerer stuempeln, sondern altzeit jnn den glauben zihen, das sie darinn verleibet, aus dem glauben und jnn dem glauben gehen und umb desselben willen gepreisset werden und gut heissen, wie jch sonst offt gelert habe, Also auch hie, da er sagt ‘Das sie ewer gute werck sehen’, mustu es nicht so blos ansehen, als solche glawblose werck, wie unser geistlichen gute werck bisher gewesen sind, sondern von solchen wercken, die der glawbe thut und on odder ausser dem glawben nicht konnen geschehen. Denn das heisset er hie gute werck, wenn man die lere von Christo und dem glauben ubet, treibet und bekennet und darueber leidet, Denn er redet von solchen wercken, damit man leuchtet, leuchten aber jst das rechte glaubens odder lere ampt, damit wir ander leuten auch zum glauben helffen.

 

Darumb sind es auch die hohesten und besten werck und eben solche, aus welchen mus folgen, wie er hie sagt, Das der himlische vater geehret und gepreiset wirt. Denn dise lere odder predigt nimpt von uns allen rhum der heiligkeit und sagt, es sey nichts guts jnn uns, des wir uns koennen rhuemen, Und widderumb unterrichtet sie das gewissen, wie sichs gegen Gott schicken sol, zeigt jm Gottes gnad und barmherzigkeit und den gantzen Christum, Das heisset Gott recht offenbaret und gepreisset, welchs auch das rechte opffer und Gottes dienst jst. Diese werck sollen die ersten und furnemesten sein, darnach auch das leben eusserlich gegen dem nehesten folgen, die da heissen werck der liebe, welche leuchten auch, aber nicht weiter, denn so fern sie vom glauben angezundet und getriben werden.

 

So kanstu nu selbs schliessen, das Matheus hie nicht zuverstehen jst von den gemeinen wercken, die ein jglicher gegen dem andern thun sol, aus [Matth. 25, 35 ff.] der liebe, davon er Matth. 25. redet, sondern allermeist von dem rechten Christlichen werck, als rechtschaffen leren, den glauben treiben und darinn unterrichten, stercken und erhalten, damit wir bezeugen das wir rechtschaffene Christen sind. Denn die andern sind nicht so gewis, weil auch wol falsche christen sich konnen schmuecken und decken unter grossen schoenen wercken der liebe, aber Christum recht leren und bekennen jst nicht muglich on den [s. 354] [1. Kor. 12, 3] glauben, wie Paulus 1. Cor. 12 sagt: Niemand kan Jhesum einen Herrn heissen on durch den Heiligen geist. Denn kein falscher Christ noch rotten geist kan diese lere verstehen, wieviel weniger wird er sie recht predigen und bekennen? ob er gleich die wort mit nimpt und nach redet, aber doch nicht dabey bleibet noch rein lesset, predigt jmer also, das man greiffet das ers nich recht habe, schmiret doch seinen geifer daran, dadurch er Christo seine ehre nimpt und jm selbs zumisset.

 

Darumb jst das allein das gewissest werck eines rechten Christen, wenn er Christum so preisset und predigt, das die leut solchs lernen, wie sie nichts und Christus alles jst. Summa: es jst ein solch werck, das da nicht gegen einem odder zweyen geschicht, da es verborgen bleibt als andere werck, sondern offentlich fur der gantzen welt leuchten und sich sehen lesst und darumb auch allein verfolget wird (denn andere werck kan sie noch wol leiden). Darumb heissets eigentlich ein solch werck, dadurch unser vater erkand und gepreisset wird. Dahin konnen die andern geringern werck nicht komen, welche bleiben allein unter den leuten und gehoren jnn die andern tafel der zehen gebot; diese aber gehen jnn den ersten dreyen hohen gepotten, die Gottes ehre, namen und wort betreffen, Und dazu muessen wol beweret und durchleutert werden durch verfolgung und leiden, das sie bestehen, dazu fur der welt geschendet, das sie rein bleiben von der eigen ehre und vermessenheit und deste mehr fur Gott gepreisset werden, als darinn seine ehr und preis antastet wird. Darumb stehen sie auch am festen, das Gott deste stercker druber helt und sie hindurch furet widder der welt toben und verfolgen. Darumb sollen wir sie auch lassen weit vorgehen als die hohesten, darnach die andern auch gegen den leuten unternander, Das also beides recht gehe, das man auffs erst den glauben jmer lere und treibe und folgend auch darnach lebe und also alles was wir thun jnn und aus dem glauben gehe, wie jch jmerdar geleret habe.

 

[Matth. 5, 17] Jr solt nicht wehnen, das ich komen bin das gesetz odder die Propheten auff zu loesen. Jch bin nicht komen auff zulosen, sondern zu erfullen.

Weil der Herr Christus den Aposteln das ampt auffgelegt und ernstlich befolen hat, feret er nu weiter und fehets selbs an beide zusaltzen und zuleuchten jn zu eim exempel, das sie wissen was sie predigen sollen, Und greiffet an beide der Jueden lere und leben, falschen wahn und werck zustraffen und zu bessern, Wie wol er, als jch gesagt habe, hie nicht die hohe heubtlere vom glauben treibet, sondern zu erst unten anfehet und das gesetz recht verkleret und ausstreichet, welchs durch jre Phariseer und schrifftgelerten gar verdunckelt und verkeret war. Denn das jst auch ein notig stuck, das man die lere von Gottes gepoten rein mache und zu recht bringe.

 

[s. 355]

 Es jst aber gar ein scharff unleidlich saltz, das er solche leute antastet und verdampt, als die weder recht leren noch leben, und lesst jn gar nichts recht noch gut sein, die doch die aller besten und heiligsten waren, teglich Gottes gepot lereten und sich ubeten jnn dem heiligen Gottes dienst &c.. das sie niemand straffen kundte: Gibt jn damit ursach getrost widder jn zu schreyen und zubeschuldigen, als der das gesetz wolle aufflosen und zu nicht machen, das doch Gott geboten hat &c.. Gleich wie der Babst mit seinem hauffen uber uns schreyen und ketzer schelten, die da gute werck verbieten. Also hat er sich wol versehen, das man jm solchs schuld geben und seine predigt dahin deuten wurde, darumb kompt er zuvor mit einer vorrede und bedingung, das nicht seine meinung sey das gesetz auffzulosen, sondern sey darumb da, das ers recht lere und bestetige widder die, so es mit jrer lere schwechten.

 

Denn es war auch wol not solcher bedingung umb des hohen rhums, den sie hatten, und trefflichen scheins willen, den sie machen und gros auffmutzen kondten, das sie allein Gottes volck waren, soviel Propheten und heiliger veter gehabt, das wer sich unterstund sie zustraffen, mueste von stund an hoeren: Wer bistu, das du wilt allein klug sein und jderman taddelst, als solten unser Veter und wir alle geirret haben, die wir doch Gottes gesetz haben und predigen, Wie jtzt alle welt auch widder uns schreyet und sagt, wir verdamnen die heiligen veter und die gantze kirche, die doch nicht jrren kan, weil sie vom heiligen geist regirt wird &c.. Weil du denn unser lere und leben taddelst, so jsts ein zeichen, das du beide gesetz und Propheten, veter und das gantze volck verdamnest. Darauff antwort nu Christus: Nein, jch wil trawn nicht das gesetz noch die Propheten aufflosen, sondern halte und dringe herter und vleissiger drauff denn jr, ja so hart, das ehe sollen himel und erden vergehen, ehe jch wil einen buchstaben odder das kleinste titel lassen zurgehen odder umbsonst geschrieben sein. Ja wil noch wol mehr sagen, das wer das aller kleinest gebot verachtet odder anders leret, der sol umb desselben geringesten willen jm himelreich verworffen sein, ob er gleich alle ander fest hielte. Darumb sind wirs jnn dem stuck eines, das man Mosen und die Propheten steiff und fest leren und druber halten sol, Aber darumb jsts zuthun, weil wir beide sollen und wollen das gesetz leren (wie auch jtzt beide Bapst sampt andern rotten und wir uns auff einerley schrifft beruffen, ein Euangelion und Gottes wort zugleich rhuemen) das man gewis werde, welchs teil die schrifft odder Gottes gesetz recht fure und deute odder nicht. Daruber hebt sich der hadder, hie mus jch saltzen und straffen. Denn die Jueden mit jren glosen haben das gesetz verkeret und verderbt, so bin jch komen, das jchs widder zurecht bringe, wie wir des Bapst lere haben mussen angreiffen, die uns mit jrem stanck und unflat die schrifft verderbt hat.

 

[s. 356]

 Damit leugnet er nu nicht, das sie Gottes volck seien, das gesetz, Veter und Propheten haben, Wie wir auch nicht leugnen noch verdamnen die Christen, Tauffe, Euangelion, so unter dem Bapst gewesen sind, sondern sagen, Es sey die rechte Tauffe, Euangelion &c.. das wir haben. Aber da fechten wir, das wir sollen annemen was sie dran geschmiret haben, und lassen recht sein, wie sie es deuten und verkeren, und die reine lere haben besuddelt mit jrem garstigen und madichten, ja teufflischem zusatz von jren Cappen, platten, ablas, fegfeur, opffer messen &c.. da mussen wir saltzen und erbeiten, das wir solchen stanck fegen und rein machen. Also findet sichs, das eben die sind, die das gesetz und schrifft aufflosen und zu nicht machen, die sich schmucken mit dem schonen namen der schrifft, Euangelij, Christlichen kirchen &c.. und unter dem schein jre maden hinein tragen und so verderbt haben, das es kein nutz jst worden, darnach uber uns schreyen, man greiff die Christliche kirche, heilige Veter, gute werck an &c..

 

So spricht er nu: Jch bin nicht komen das gesetz auffzulosen sondern zu erfullen, Das jst: Jch wil nicht ein ander odder new gesetz bringen, sondern eben die schrifft, so jr habt, nemen und recht ausstreichen und also handeln, das jr wisset, wie mans halten sol, Denn das Euangelium odder Christus predigt bringet nicht ein newe lere, die das gesetz nidderlege odder endere, sondern eben das (wie S Paulus sagt), das zuvor jnn der schrifft und durch die Propheten verheissen jst. Also nemen wir von unsern eben die schrifft, Tauffe, Sacrament &c.. die sie haben, wollen nichts newes noch bessers auff bringen, aber das thun wir allein, das man dasselbige recht predige und handle und weg reume was sich damit nicht reimet.

 

S. Augustinus deutet das wort Erfullen auff zweyerley weise. Erstlich das das gesetz erfullen heisse, wenn man dazu thut was daran manglet, Zum andern, wenn mans mit wercken und mit dem leben erfullet. Aber die erste glose jst nicht recht, Denn das gesetz jst an sich selbs so reich und volkomen, das man nichts dazu thun darff, Denn auch die Apostel selbs mussen das Euangelium und predigt von Christo beweisen aus dem altem Testament. Darumb kan nimand, auch Christus selbs, das gesetz nicht bessern, Denn was kan man hohers machen odder leren denn das erste gepot leret: Du solt Gott lieben von gantzem hertzen &c.. Das thut er wol, das er uber das gesetz und die lere sein gnade und geist gibt, damit man dasselb thu und erfulle was das gesetz foddert. Aber das heisst nichts zum gesetz thun, so redet er davon hie auch nicht, sondern von dem erfullen, so mit leren geschicht, gleich wie er Aufflosen heisst nicht mit wercken widder das gesetz thun sondern mit der lere dem gesetz abbrechen.

 

[Röm. 3, 31] Darumb jsts nicht anders gesagt denn wie S. Paulus Rom .3. redet:

[s. 357] Heben wir denn das gesetz auff durch den glauben? Das sey ferne, sondern wir richten das gesetz auff, Nemlich Das er kein ander lere wil bringen, als solt die vorige nicht mehr gelten, sondern wil die selbige recht predigen und aus streichen den rechten kern und verstand zeigen, das sie lernen was das gesetz jst und haben wil widder der Phariseer glosen, so sie hinein getragen, und nur die schalen odder hulsen davon gepredigt haben, Gleich wie wir zu unsern Bepstischen mogen sagen: Wir wollen ewer Euangelium nicht auffheben noch anders predigen, sondern dasselb leutern und poliren als einen spigel, der verfinstert und verdorben jst durch ewern unflat, das nicht mehr denn der name des Euangelij blieben jst, aber niemand recht darin etwas hat sehen mogen, Wie die Juedischen lerer den text des gesetzes behielten, aber mit jrem zusatz verderbet, das kein rechter verstand noch brauch mocht bleiben.

 

[Matth. 5, 18] Denn ich sage euch: warlich, bis das himel und erden zurgehe, wird nicht vergehen der kleinest buchstabe noch ein tuettel vom gesetz, bis das es alles geschehe.

Das jst: Jch wil haben, das es alles rein und gar geleret und gehalten und nicht das geringste davon gethan werde, Damit er anzeigt, das ers viel anders gefunden, nemlich das beide lere und leben nirgend recht gangen jst, darumb mus ers (wie folget) beides gar fur sich nemen und durch saltzen, das es rein werde. Also mussen wir auch leren, das wir nicht einen buchstaben vom Euangelio abbrechen lassen, sondern sagen, es mus alles rein geleret gegleubt und gehalten sein. Also bedinget er sich, er wolle eine scharffe predigt thun und die schuld nicht auff jm ligen lassen, das er das gesetz wolle aufflosen, sondern von sich uber sie schlahen und beweisen wie sie das gesetz geschwecht und auffgeloset und dafur jr glosen dran geschmirt haben, Gleich wie unser Papisten hauff mit dem Euangelio und der schrifft gethan, da sie den hohesten artikel von der gerechtigkeit des glaubens durch Christum gar verschwiegen, Jtem auch vom Sacrament die eine gestalt genomen und die wort des Sacraments verborgen, ja auch so grob gemacht, das sie eben diese gebot, so hie Christus treibt, nicht fur noetige gebot, sondern fur gute rete gepredigt haben, stracks wider diese wort und bedingung, das ehe himel und erde vergehen musse denn der aller geringsten stuecke eines nicht gehalten werden, darauff er flugs ein ernstlich urteil fellet widder solche prediger wie folget.

 

[Matth. 5, 19] Wer nu eines von diesen kleinesten gebotten auffloset und leret die leute also, der wird der kleinest heissen jm himelreich, Wer es aber thut und leret, der wird gros heissen jm himelreich.

Jch wil so fest druber halten (spricht er) das jch nicht allein keines aufflosen wil, sondern wer ein prediger jst und das geringste stuck auffhebet [s. 358] odder faren lesset, der sol wissen, das er nicht mein prediger jst, sondern verdampt und verstossen sein sol aus dem himelreich. Denn das er sagt, Er sol der kleinest heissen jm himelreich, jst nicht anders denn das er nicht sol jm himelreich sein, sondern wie ers fur ein kleines helt, das er gottes gebot verachtet, also sol er auch verachtet und weg geworffen werden.

 

Also mussen alle prediger des Euangelij auch gerustet sein, das sie solchs konnen rhuemen fur aller welt, wie wir unserm widderpart koennen trotz bieten, das sie uns einen spruch odder artikel der schrifft zeigen, den wir auffheben odder nicht recht predigen, Denn sie haben auff dem Reichstag zu Augsburg selbs mussen zeugen, das unser bekentnis die lauter schrifft und widder keinen artikel des glaubens sey. Aber daruber schreyen sie allein, das wir jr ding nicht auch halten, so die Concilia und Bepst gesatzt haben, und sollen darumb verdampt sein, das wir jrer garstigen maden und faulen menschen tands nicht muegen, Wiewol wir jmerdar uns erbotten haben und noch wol kundten alles mit jn halten, wenn sie uns die freiheit und unterscheid liessen, das es nicht not zur seligkeit noch widder das Euangelion sey, ob mans gleich anstehen lesset, sondern jn zugefallen halte als ein ander sey unnotig ding, das uns nichts gibt noch nimpt, wie man einem zu gefallen zur fastnacht jnn der mumerey leufft. Aber das wollen sie nicht einreumen, so koennen wir auch nicht anders thun noch Christum unsern heiland (der uns mehr guete erzeigt und geben hat durch sein teures leiden und sterben denn der Bapst, Franciscus, Dominicus noch kein heilige) faren lassen umb jres faulen dings willen, das niemand nutzen noch helffen kan. Wollen sie uns den lassen, so wollen wir zuwarten, alles mit jn halten was sie uns aufflegen und dazu besser denn sie selbs.

 

Weil sie aber nicht daran gnug haben, sondern uns den Christum und die reine lere, die sie doch selbs nicht koennen taddeln, zwingen wollen zu lassen, so verachten wir sie widder als von Christo verdampt und verworffen beide mit jrer lere und leben, als die nicht ein Gottes wort odder gebot aufflosen sondern gar auffheben, damit das sie unverschampt leren, es sey nicht not das man Gott liebe aus gantzem hertzen, Jtem das man die eltern ehre, wenn jemand jnn ein Closter wolt gehen odder sein gut, damit er den eltern mocht helffen, zur kirchen gebe. Also auch moget einer wol seine braut lassen sitzen und jnn ein Closter gehen. Summa alles was hie der Herr foddert nach Gottes gebot, haben sie unnotig gemacht, als seien es nur gute rethe und wercke der ubermas &c..

 

Daher sihestu was sie fur feine Christliche lerer und heilige leute sind, die da durffen alle gebot Gottes on schew auffheben und zu nicht machen und wollen dazu ungestrafft sein und thueren uns anmuten, ja mit drewen und gewalt darauff treiben, das wir jren menschen tand fur notig halten, [s. 359] und wo wirs nicht annemen und loben, mit greulichen edicten und aller wueterey angreiffen. Nu rechne du selbs was Christus dazu sagen wird, weil er hie so ein streng urteil spricht, das der kein teil jnn seinem reich haben sol, wer das aller geringste gebot auffloset, ob er gleich die andern alle genaw lerete und hielte. Wo meinstu da sie hin gehoren denn jnn der helle glut, da sie am tieffsten jst? Denn es jst noch nye kein solch schendlich volck auff erden komen, die so unverschampt Gottes wort gehandelt hetten, welchs sie wissen das recht jst, und wollen dennoch als Christliche heubter gerhumet sein. Darumb hute dich fur jnen und lasse sich niemand schrecken jr verdamnen, verfolgen und toben, denn hie haben wir den trost, das die so Gottes wort rein und trewlich leren odder daran halten, sollen gros sein bey Christo jm himelreich, ob sie gleich jener hauffe verflucht weit unter die helle.

 

Jch lasse aber hie anstehen wie das gesetz muesse erfullet werden, das kein buchstabe noch titel davon vergehe &c.. so wir doch leren, das kein mensch nicht koenne erfullen, Denn jch hab gesagt, das Christus hie furnemlich nicht rede von dem leben sondern von der lere Und nicht handlet den hohen heubtartikel, was er selbs sey und uns gebe, Nemlich das wir durchs gesetz lere nicht koennen gerecht noch selig werden, sondern nur dadurch zum erkentnis unser selbs komen, wie wir nicht einen tuetel vermoegen recht zu erfullen aus eignen krefften, und ob wir gleich, nach dem wir Christen sind worden durch die tauffe und glauben, thun soviel wir koennen, so koennen wir doch nymer dadurch fur Gott bestehen, sondern mussen jmer zu Christo krichen, der es alles auffs aller reinest und volkomenst erfullet hat und sich mit seiner erfullung uns schencket, das wir durch jn fur Gott bestehen und das gesetz uns nicht schuldigen noch verdamnen kan. Also jsts war, das alles mus geschehen und erfullet werden bis auff den kleinsten tuetel, aber allein durch diesen einigen man, davon anderswo gnug jst gesagt.

 

[Matth. 5, 20] Denn ich sage euch: Es sey denn ewer gerechtigkeit besser denn der Schrifftgelerten und Phariseer, so werdet jr nicht jnn das himelreich komen.

Hie sihestu wie er drein greiffet und redet nicht jnn gemein widder geringe leute sondern die aller besten jm gantzen volck, die der rechte kern und ausbund waren und leuchteten fur andern wie die sonne, das kein loblicher stand noch ehrlicher name jnn dem volck ware denn der Phariseer und Schrifftgelerten, und wer einen heiligen man wolt nennen, mueste einen Phariseer nennen, wie man bey uns einen Cartheuser odder Einsidler genennet hat, wie es die Junger Christi auch on zweivel selbs gehalten haben, das kein grosser heiligkeit were zufinden denn bey diesen, und sich nichts weniger hetten [s. 360] versehen, denn das er diese leute solt angreiffen, Noch thar er sie flugs mit namen nennen und taddelt nicht etliche personen unter jnen sondern den gantzen stand, straffet auch nicht etliche boese stuck odder sunde sondern jr gerechtigkeit und heiliges leben so gar, das er jn das himelreich versagt und zuschleusst und frisch zum hellischen feur urteilet, Gerade als wenn er jtzt sagte: Alle Pfaffen und Moench und was geistlich heisset, keinen ausgeschlossen, jst ewig zur helle verdampt mit alle jrem wesen wo es am besten jst. Wer kondte solche predigt horen odder leiden?

 

Das jst nu eins, das er bekennet das sie eine gerechtigkeit haben und ein fein erbar leben furen, und doch so gar verwirfft, das wo sie nicht besser jst, so jst sie schon verdampt und alles verloren was man damit ausrichten kan. Zum andern mercke das er handlet von denen, die da gerne wollen jnn himel komen und jr ernst jst, das sie dencken nach einem andern leben, welchs der ander grosse rohe hauffe nicht achtet, und nach Gott odder Gottes wort nicht fraget, denen alles was man vom Euangelio sagt vergeblich gepredigt wird. Diesen aber wird es gepredigt, das sie wissen, das solche gerechtigkeit falsch jst, die man saltzen und straffen mus, als damit sie beide sich und andere betriegen und von der rechten straffe zur hellen furen, und dagegen leuchten, was die rechte fromkeit jst, so das gesetz foddert, wie Christus nu fortan zeigen wird.

 

[Matth. 5, 21] Jr habt gehort das zu den alten gesagt jst ‘Du solt nicht todten, Wer aber todtet, der sol des gerichts schuldig sein.’

Hie nimpt er nu etliche von den zehen gepoten fur sich recht zu verkleren und zeigt an, wie sie die Phariseer und schrifftgelerten nicht anders geleret noch weiter getrieben und gedeutet haben, denn wie die blossen wort da ligen und lauten von den eusserlichen groben wercken, Als erstlich jnn diesem funfften gebot haben sie nicht mehr angesehen denn das wort Toedten, das es heisse mit der hand tod schlahen, und die leut lassen darauff bleiben, als were hie nichts weiter verboten, und dazu ein schoenen deckel gemacht, das sie des todschlags nicht schuldig weren, ob gleich jemand ein andern zum tod antwortet, wie sie Christum dem heiden Pilato uberantworteten, wolten jre hend nicht mit blut besuddeln, das sie rein und heilig blieben, so hoch das sie auch nicht jnn des Richters haus wolten gehen, und doch allein die waren, so jn zum tod brachten und Pilatum widder seinen willen dahin drungen, das er jn todten muste. Noch giengen sie hin, als weren sie gantz rein und [Apg. 5, 28] unschuldig, das sie auch die Aposteln Act .5. darumb straffeten und sprachen: ‘Jr wolt dieses menschen blut uber uns furen’, Als solten sie sagen: Haben doch nicht wir sonder die heiden jn getodtet. Also lieset man von dem Konig [1. Sam. 18, 17] Saul 1. Reg. 18, der war David gram und hette jn gerne umb bracht, weil [s. 361] er aber wolt heilig sein, gedacht er, Er wolte jn nicht selbs todten, sondern unter die Philister schicken, das er daselbs umbkeme und seine hand unschuldig were an jm.

 

Sihe das jst die schone Phariseer heiligkeit, die sich kan rein machen und frum bleiben, wenn sie nur nicht selbs mit der hand todtet, ob gleich das hertz vol zorn, hass und neids und heimlicher boeser und mordischer tueck steckt, dazu die zunge vol fluchens und lesterns, Wie auch unser Papisten heiligkeit jst, welche sind jnn diesem Capitel eitel meister worden, und das jre heiligkeit nicht gestrafft wurde noch Christus wort sie bunde, haben sie jm fein geholfen und wol zwelff rethe draus gezogen, das Christus solchs alles nicht gebotten habe als notig, sondern zu eines jglichen gefallen gesetzt, als einen guten rat zu halten, wer was sonderlichs fur andern verdienen wil, Das es seyn gantz ein uberflussige lere, der man wol mochte emperen.

 

Fragstu sie aber, aus was ursach sie solche rethe draus machen odder wo mit sie es beweisen, so sprechen sie: Ey wenn man so solt leren, das hiesse nimis oneratiuum legis Christianae, das jst, es were die Christenheit zu hoch beschweret, wie die von Paris offentlich und unverschampt widder mich geschrieben haben. Ja warlich ein schone ursach und grosse beschwerung, das ein Christen solt seinem nehesten freundlich sein und nicht lassen jnn noten, wie ein jglicher wolt das jm geschehe, Und weil sie es zu schweer duncket, mus es nicht gepoten heissen, sondern jnn freyer wilkore stehen wer es gerne thun wil, wer es aber nicht thun wil odder kan, sol nicht damit beschweret sein. So sol man Christo jns maul greiffen, sein wort meistern und daraus machen was uns gefellet. Er wird aber sich nicht so teusschen lassen noch sein urteil widderuffen, das er hie gestellet und gesaget hat, wer niht ein bessere frumkeit habe, dem sol der himel zugeschlossen und verdampt sein, und wie hernach folgt, auch der des hellischen feurs schuldig sein, wer zu seinem bruder sagt ‘du Narr’, aus welchem wol zu rechnen jst, ob es geraten odder gepoten sey.

 

Und hie haben sie auch ein gloslin funden jrer lugen zuhelffen und sagen also: Es sey wol gebotten den zorn und grol jm hertzen zulassen, aber nicht die zeichen des zorns, das jst, wie man auff deudsch sagt, Vergeben aber nicht vergessen, Und einen gedancken tichten, du wollest nicht zurnen noch boeses thun und doch die weil dem nehesten alle wolthat entzihen, kein gut wort noch freundlich geberd erzeigen. Hie frage Gott selbs und Christum, warumb er solche wolthat nicht auch entzeucht denen, die jn creutzigen, lestern und schmehen auffs aller schendlichst, sondern bitten fur sie und spricht: Vater vergib jn, denn sie wissen nicht was sie thun, ob sie wol die schendlichsten [s. 362] buben sind, die alle straff und zorn verdienet hetten. Ja solt er mit uns so gezurnt haben, die wir seine feinde gewesen sind und alle abgotterey und Gottes lesterung getrieben haben, so hette er mussen droben jm himel bleiben, nicht fur uns sein blut vergiessen und sterben und dem gloslin nach sagen: Jch wil wol vergeben aber nicht vergessen. Jnn des weren wir alle des Teuffels eigen blieben und hette kein mensch der helle mogen entlauffen. Kurtz es jst gantz ein schendlich verdampt gloslin und wol sund und schand, das jnn der Christenheit jemand hat solches thuren leren widder so hellen offentlichen text, noch haben sie alle bucher vol solcher lugen geschmiret und wollens noch jtzt dazu unverschampt verteidingen, Aber hiebey sollen wir sehen und lernen kenne unsere Phariseer und heuchler mit jrer grossen heiligkeit, so sie furgeben mit vielen sonderlichen wercken, aber die weil Gottes gebot on alle schew ubertretten und ander leut auch also leren, wie sie Christus hie und anders wo abmalet.

 

Wol jsts war das man zurnen mus, so es die thun, die es thun sollen, und der zorn nicht weiter gehe denn die sund und boeses zustraffen, als wenn einer den andern sihet sundigen, vermanet und warnet jn, das er davon abstehe &c.. das heisset ein Christlicher und bruderlicher, ja ein veterlicher zorn, Denn so sihestu an frumen eltern, das sie jre kinder nicht so straffen, das sie jn wollen leid odder schaden thun, sondern das dem boesen gesteurt und das ubel weg gethan werde, wie auch die oeberkeit zurnen und straffen mus. Hie jst es wol recht das man kein zorn jm hertzen haben sol und doch zornige zeichen und geperd furen mus, da beide word und faust rauch und scharff seind, aber das hertz susse und freundlich bleibet und von keinem grol weis. Summa, Es jst der liebe zorn, der niemand kein boeses gunnet, sondern der person freund aber der sunde feind jst, wie auch einen jglichen die natur leren mag, Aber das gilt nicht, das man solchs zum deckel misbrauchen und grol und neid jm hertzen gegen dem nehesten darunter berge und schmucke, wie jene schalcksheiligen thun und leren.

 

Also nimpt nu Christus dis gebot fur sich und wil so sagen: So habt [2. Mose 20, 13] jr gehoret von den Phariseern, wie Moses geboten und von alters her so geleret jst ‘Du solt nicht toedten’ &c.. Damit kutzelt und schmucket jr euch, gehet erein als die vleissig Gottes gebot leren und uben, wie sie aus Mose gelert und von den alten empfangen haben, stehet und pochet darauff: Da jst Moses, der spricht ‘Du solt nicht todten’, Auff dem wort bleibet jr und lassets nicht weiter deuten, denn wie es auffs grobste da lautet, das die einfeltigen mussen sagen: Es jst war, es stehet also da jm buch. Verfinstert also [s. 363] die wort mit ewerm geplerr und faulen gloslin, das man nicht sehe was die wort jnn sich haben und geben, Denn meinestu, das er allein von der faust rede, wenn er sagt ‘Du solt nicht todten’? Was heisset ‘Du’? nicht allein deine hand noch fus, zunge noch ein ander einzelen gelied, sondern alles was du bist an leib und seele, Eben als wenn ich zu jemand sage: Du solt das nicht thun, so redet jch nicht mit der faust sondern mit der gantzen person, Ja wenn ich gleich so sagte: Deine faust sols nicht thun, so meine jch doch nicht die hand alleine sondern den gantzen menschen des die faust jst, Denn die hand wurde allein nichts thun, wo nicht der gantze leib mit allen geliedern dazu theten.

 

Darumb jsts soviel gesagt ‘Du solt nicht toedten’, als ob er sagte: So manch gelied du hast, so mancherley weise du finden magst zu toedten, es sey mit der hand, zunge, hertzen odder zeichen und geberden, saur ansehen und das leben vergonnen mit den augen odder auch mit den ohren, wenn du nicht gerne horest von jm reden, Das heisset alles getoedtet, denn da jst hertz und alles was an dir jst so gesinnet, das es wolt were schon tod. Und ob gleich die weil die hand stil helt, die zunge schweiget, augen und ohren sich bergen, doch steckt das hertz vol mords und todschlag.

 

[Matth. 5, 22] Jch aber sage euch: Wer mit seinem bruder zurnet, der jst des gerichts schuldig, Wer aber zu seinem bruder sagt Racha, der jst des Rats schuldig, Wer aber sagt Du Narr, der jst des hellischen feurs schuldig.

Sihe das jst das rechte liecht, so den rechten verstand dieses gepots zeigt, und Mose unter augen sihet, dagegen jre faule glose zu schanden wird als eine finster latern gegen der hellen sonnen, Und leuchtet nu mit einer andern gestalt, das sie hernach sich druber entsetzen und sagen, das heisse gewaltig geleret, nicht wie jre Schrifftgelerten. Wie wol aber die auslegung klar gnug jst und sonst offt gehandelt, mussen wir doch hie umb des texts willen die wort ein wenig ausstreichen. Zum ersten sagt er: Wer mit seinem bruder zurnet, jst schuldig des gerichts, das jst er hat eben die selbige straffe verwirckt, die uber einen todschleger gehet, nemlich das man jn zum tod [3. Mose 24, 17] urteile, Denn er widderholet eben die wort so jm text stehen Leuit .24. (wie er jtzt selbs anzogen hat) ‘Wer da todtet sol des gerichts schuldig sein’ Weil nu der so da zurnet eben jnn dasselbige urteil fellet, so heisset er billich auch ein todschleger: Jm andern und dritten ‘Wer zu seinem bruder sagt Racha odder du Narr, jst des Rats und des hellischen feurs schuldig’, deutet er eben dasselbige, was da heisse des gerichts schuldig sein, nemlich, das er schuldig jst, das er widder getodtet werden.

 

Er nennet aber dreyerley stuck anzuzeigen, wie die straffe jhe grosser und herter wird, jhe mehr die sunde fort feret und ausbricht, Denn er [s. 364] redet gleich wie es fur gericht zugehet, wenn man einen ubeltheter straffen sol, Als nemlich wer einen todschlag gethan hat, der jst erstlich schuldig des gerichts, das jst das man jn furstelle, zu jm klage und ein urteil uber jn felle, als der den tod verwirckt hat. Das jst der erste grad odder stuffe zum tode, doch jst das urteil noch nicht gangen, das er noch mag rawm haben sich aus zureden und los zu werden, Zum andern: wenn aber das urteil gesprochen jst, das er sterben sol, so fellet er jnn den Rat, das man uber jn ratschlahe, was man jm fur straffe anlegen sol, da jst er abermal dem tod neher, das er nu nicht entgehen kan. Zum dritten: wenn das urteil nu gangen und alles beschlossen jst, wird er dem scharffrichter uberantwortet, das er jn hinfure und sein recht thue. Also zeiget er mit diesen dreyen stuffen, wie man tiffer und tiffer jnn die straffe fellet, gleich wie der da sol hingerichtet werden jmer neher und neher zum tode kompt. Darumb jsts eben soviel gesagt: Wer da zurnet jm hertzen jst schon fur Gottes gericht des todes schuldig, Wer aber weiter feret und sagt Racha odder du Narr, hat schoen das urteil uber sich selbs empfangen &c.. Summa der jst schon verdampt zum hellischen feur, wer da mit seinem bruder zurnet, Wer aber sagt Racha gehoret noch tieffer jnn die helle, Noch tieffer aber der auch mit worten und der faust todtet. So jst es alles eine straffe und verdamnis und doch die selbige schweerer und herter, darnach die sunde weiter gehet und stercker ausbricht.

 

Was aber Racha heisset jst sonst gesagt, das es deute allerley zeichen, so man beweiset aus zorn gegen dem nehesten, als wenn einer maul und augen von jm wendet odder frolich jst und jnn die faust lachet, wenns jm ubelgehet, odder sich sonst so erzeiget, das er jm wol gonne das er gar verdorben were, Wie jtzt solcher gifftigen bosen wurme viel sind, die sich widder uns auffs aller bitterst erzeigen beide offentlich und mit heimlichen pracktiken und verretherey, als die nichts liebers horeten, denn das wir alle ausgerottet weren, und doch daher gehen als heilige Christliche leut.

 

Das ander, ‘Du Narr’, sind nicht allein die zeichen sondern alle wort, so aus einem boesen gifftigen hertzen gehen, das dem nehesten feind jst, Sonst wo es aus gutem muetterlichen hertzen gehet, jst es keine sund, Denn do mag [Gal. 3, 1] man wol straffen und schelten mit worten, wie S. Paulus seine Galater [Luk. 24, 25] Narren heisset, und Christus zu den jungern sagt ‘O jr thoren und treges hertzen zugleuben’, Ja nicht allein das, sondern mus auch zurnen und sich saur und unfreundlich stellen mit geberden. Denn solchs jst alles ein Goettlicher zorn und verdries widder das boese, nicht wider die person sondern dem nehesten zuhelffen, Summa es jst ein noetiger zorn, des man jm keinem haus noch jnn keiner stand und oeberkeit, ja auff keinem predigstul emperen [s. 365] kan. Denn solt vater, mutter, richter und prediger das maul und die faust zuhalten und dem boesen nicht weren noch steuren, so gienge regiment und Christenheit und alles zu boden durch der welt bosheit. Drumb heisst es hie also: Der sachen feind und doch der person hold, wie die Juristen wol recht sagen, wenn sie es auch recht brauchten.

 

[Matth. 5 22. 24] Darumb wenn du deine gabe auff den altar opferst und wirst alda eindencken, das dein bruder etwas widder dich habe, so las alda fur dem altar deine gabe und gehe zuvor hin und versune dich mit deinem bruder und als denn kom und opfer deine gabe.

 

Er machet eine lange predigt uber diesem gepot und jst wol ein leichter text anzusehen, aber seer ein weitleufftig gemein laster, furnemlich bey hohen gewaltigen klugen leuten, als zu Koenige, herrn und Fursten hoefen, und was etwas jst odder vermag auff erden, steckt darin am aller tieffsten und mus doch nicht den namen haben, Denn es jst auch das aller schoenest und keines das sich so hubsch putzen und schmucken kan mit dem schein der heiligkeit, darunter viel leut sich und andere betriegen und sehen nicht wie sie dem nehesten von hertzen feind sind odder einen heimlichen grol widder jn tragen, wollen gleichwol frum sein, dienen Gott und, wie er hie sagt, gehen zum altar und opffern, meinen sie seien recht wol dran. Das machet, der schmuck und schoene deckel jst da, der da heisset zelus justiciae, eine solche tugent die das recht lieb hat und widder das boese zurnet und kans nicht leiden, Wie denn das schwerd und oeberkeit dazu geordnet jst, das sie sol gerechtigkeit handhaben und das boese straffen, wie auch vater und mutter, herr odder fraw mussen zurnen und straffen, Da kompt nu der frume schalck, henget dasselb mentelin umb, spricht, er thu es aus liebe zur gerechtigkeit und habe recht und billiche ursach dazu, Wie jtzt Fursten und andere vol gifft, hass und neid stecken widder die unsern, gehen jnn dem selben so hin, machen in kein gewissen und jst alles eitel ablas und heiligthum, Denn sie haben auch den schonen deckel, das sie sagen, sie seyen der ketzerey feind, und mus also ein grosse tugend draus werden, ein heiliger eiver und liebe zur warheit, und jst doch jm grund nichts denn ein schendlicher gifftiger hass und grol, der sich sonst nicht beweisen und aus lassen kan.

 

Denn jch weis und thar wol sagen, das alle unser widerpart (ausgenomen unsern lieben Herrn Keiser fur seine person, als der nicht besser unterrichtet ist) keine ursach haben noch wissen darumb sie uns hassen und feind sind, denn lautern neid und mutwillen, Denn es jst jn nicht zu thun umb einiges boesen stucks willen, das wir buben odder schelcke weren odder [s. 366] jnen etwa mit zu nahe weren, so wissen sie auch und habens mussen bekennen das unser lere die rechte warheit jst, noch sind sie so gifftig, das sie lieber die welt vol eitel verzweivelten buben leiden mogen denn uns und die unsern.

 

Also sind viel, auch feiner ehrlicher, gelerter und sonst rechschaffener leut, die so jnn heimlichem zorn, neid und hass gehen und drinn versauren, das sie es nimer gewar werden, und bleiben alle jnn dem gemachten gewissen, sie thuns von jres ampts odder der gerechtigkeit wegen, Denn der deckel jst zu schoen und blendet zu seer, das sie niemand thar anders schelten denn rechtschaffene frome leute. Da werden denn zuletzt verstockte hertzen aus, die sich stercken und verharten jnn dem gifftigen laster, und eine sunde jnn den heiligen geist, Denn es jst ein zwifeltige boesheit, ein mal das des herzen grund vol zorns hass und neids jst, Zum andern das es nicht wil sund noch boese sein, sondern sol tugend heissen, welches heisset Gott jns maul geschlagen und lugenstraffet jnn seinem worten.

 

Sihe darumb warnet Christus so vleissig, das ein jglicher hie sich wol fursehe, das er sich nicht betriege mit solcher heucheley und falschem schein, Denn niemand gleubt wie es so ein einfeltige lere jst und doch so weit gehet und so grosse leute trifft, Denn mit diesen worten, als er spricht ‘Wenn du deine gabe auff den altar opfferst’, zeiget er klerlich, das er von denen rede, die da Gott dienen und die rechten Gottes kinder wollen sein und haben das lob, das sie der ausbund sind fur allen, Was mangelt jn denn? nichts, denn das gleich wol die weil jr hertz vol hass und neid steckt. Lieber, was jsts, das du on unterlas fastest und betest, gebest all dein gut umb Gottes willen und casteyest dich zu tod und thetest noch eins soviel gute werck als alle Cartheuser und lessest die weil Gottes gepot anstehen, das er wil gehalten haben, Nimpst dir kein gewissen, das du die leut schendest und lesterst, und wilt gleiwol ein gros offer thun? gerade, als wenn einer krig und mord angerichtet und viel blut vergossen, darnach ein tausent gulden fur sie gibt zu seelmessen, odder wenn jemand ein grosse summa gelds gestolen und geraubt, darnach ein almosen umb Gottes willen gebe. Also teuschen sie Gott (ja sich selbs) mit dem schoenen hutlin, als sol er sie fur lauter lebendige heiligen ansehen.

 

Darumb spricht er nu: Wiltu Gott dienen und opffern und hast jemand beleidigt odder einen zorn widder den nehesten, so wisse kurtz umb das Gott deines opffers nicht haben wil, sondern leg es schlecht nidder und las alles anstehen und gehe vor hin und versune dich mit deinem bruder. Damit meinet er nu alle werck so man thun kan Gotte zu dienst odder lob (Denn zu der zeit war kein besser werk denn opffern) und verwirffts doch gar, heissets schlechts lassen ligen, es sey denn das dir dein hertz vorhin sage, du [s. 367] seiest versunet mit dem nehesten und keinem zorn bey dir wissest. Wenn das geschehen jst, so kom denn (sagt er) und bringe dein opffer. Das setzet er dennoch dazu, das man nicht dencke, er wolle solch opffer verwerffen odder verachten, Denn es jst nicht ein boes werck gewesen sondern von Gott geordnet und gebotten, Aber das jst boese und verderbt es gar, das sie die andern hoehern gebot jnn wind geschlagen und dagegen verachtet, Das heisset des opffers misbrauchet widder den nehesten.

 

Daruber jst auch ein misbrauch, der hoher gehet, das man dadurch wil selig werden, sunde buessen und sich darauff verlassen und trotzen fur Gott, davon anders wo gesagt wird, Sonst jst es an jm selbs ein gut werck, wie auch alle ander werck eusserlichs Gottes diensts als beten und fasten nicht zu verachten noch nach zulassen sind, wo die meinung und brauch der selbigen recht jst, nemlich das mans nicht thu dadurch den himel zuverdienen und das hertz recht stehe mit dem nehesten, Und also beide, glaube und liebe, rein und recht gehe, Wenn du aber betest und fastest und doch daneben deinem nehesten ubel redest, die leut austregest und verleumbdest &c.. so spricht wol das maul heilige wort und jsset keinen bissen, wesschet aber und verunreinigt sich die weil mit dem nehesten widder Gottes gebot.

 

[Jes. 58, 3–5] Drumb straffet und verbeut er auch jm Propheten Esaias .58. solch fasten, damit sie doch jrem leibe wehe thaten und grosse andacht fur gaben, Und spricht: Wenn jr fastet, so ubet jr ewern willen und treibt alle ewer schuldiger, Jr fastet, das jr haddert und zanckt, und schlahet mit der faust ungoettlich, Fastet nicht also, wie jr jtzt thut, das ein geschrey von euch jnn der hohe gehoeret werde &c.. Und leret weiter wie man recht fasten sol: ‘Das [Jes. 58, 6] jst ein fasten, das jch erwele, Las los welche dir mit unrecht behafft sind, [Jes. 58, 7] las ledig die du beschwerest &c.. brich dem hungerigen dein brod, so du einen nacket sihest, so kleide jn’ &c.. Da sihestu wie es jm alles zu thun jst umb die liebe des nehesten.

 

[Matth. 5, 25] Sey wilfertig deinem widdersacher bald, dieweil du noch bey jm auff dem wege bist, auff das dich der widdersacher nicht der mal eins uberantworte dem Richter und werdest jnn den kercker geworffen: Jch sage dir warlich, du wirst nicht von dannen eraus komen, bis du auch den letzten heller bezalest.

Jm vorigen text hat er dem gepredigt, der dem nehisten beleidigt odder erzurnet hat, hie aber sagt er, wie sich der sol halten, der da beleidigt jst, Und furet noch das gleichnis, als er hat angefangen, wie es fur gericht gehet, da zwey teil gegenander stehen und einer klagt, der ander verklagt wird und der Richter das urteil spricht und das teil so schuldig jst straffet, Und jst nicht anders denn soviel gesagt, das wer den andern beleidigt, sol sich freundlich [s. 368] mit jm versunen, der ander aber sol sich versunen lassen und gerne vergeben. Das jst nu auch ein subtil stuck und konnen hie auch viel leut den schalck aus der massen fein decken und schmucken, damit das sie sagen, sie wollens gerne vergeben aber nicht vergessen, Denn es jst jmerdar der behelff da, davon jch gesagt habe, das der zorn billich sey widder das boese, und meinen, sie habens gut ursach und sey recht und wol gethan.

 

Darumb warnet er hie abermal und zeigt das jnn dem gepot nicht allein verpoten jst zu zurnen sondern auch gepoten das man gerne vergebe und vergesse was einem zu leid geschehen jst, wie Gott mit uns gethan und noch thut, wenn er die sunde vergibt, das er sie gar aus dem register tilget und nimer mehr gedencket. Doch nicht das mans muesse odder koenne der massen vergessen, das man nicht mehr daran dencken durffte, sondern also das du eben so freundlich hertz gegen dem nehesten tragest wie zuvor, ehe er dich beleidigt hatte, Bleibt aber der stifft jm hertzen, das du nicht so freundlich und gutig bist gegen jm als vor, so heist es nicht vergessen, auch nicht von hertzen vergeben, und bist noch eben der schalck, der fur den altar kompt mit dem opffer und wil Gott dienen und steckt doch voll zorns, neid und hass jm hertzen. Aber das achten gar wenig leute, gehen alle hin jnn der schoenen larven, sehen nicht wie jr hertz stehet gegen diesem gepot, welchs kurtzumb keinen zorn noch grollen widder den nehesten leidet.

 

War jsts, wie gesagt, das zorn mus und sol sein, aber da sihe zu, das er gehe wie er gehen sol und dir befolen sey, das du nicht von deinen wegen sondern von ampts und Gottes wegen mussest zurnen und nicht die zwey, deine person und ampt, jnn einander mengest, Fur deine person soltu mit niemand zurnen, wie hoch du beleidigt bist, Wo es aber dein ampt foddert, da mustu zurnen, ob dir wol fur deine person kein leid geschehen jst. Also zurnet ein fromer Richter uber den ubeltheter, dem er doch fur seine person kein boeses goennet, und wolt jn lieber ungestrafft lassen und gehet aus einem hertzen, da nichts denn eitel liebe jst gegen dem nehesten, und allein die boese that mus den zorn tragen, die man straffen mus; wo das nicht were, so were kein zorn noch straffe da. Wenn aber dein bruder etwas widder dich gethan und dich erzurnet hat und bittet dirs abe und legt das boese werck abe, so sol auch der zorn weg gehen. Woher kompt denn der heimliche grol, den du gleichwol jm herzen beheltst, so doch das werck und ursach des zorns hinweg jst und dafur nu ander werck erzeigt, als der sich bekert und nu gar ein ander mensch und ein newer bawm jst worden mit newen fruechten, der dich nu liebet und ehret auffs aller hochste, damit das er sich gegen dir beschuldigt und selbs straffet, Und must fur Gott und aller welt ein verzweiffelter mensch [s. 369] sein, wo du nicht widderumb dich gegen jm so erzeigest und von hertzen vergibst, Das dir billich solch urteil widderferet, wie Christus hie drewet.

 

[Matth. 5, 27–29] Jr habt gehort das zu den alten gesagt jst ‘Du solt nicht ehebrechen’, Jch aber sage euch: Wer ein weib ansihet jr zu begeren, der hat schoen mit jr die ehe gebrochen jnn seinem hertzen.

Ergert dich aber dein rechtes auge, so reiss es aus und wirffs von dir, Es jst dir besser, das eines deiner gelied verderbe, und nicht der gantze leib jnn die helle geworffen werde; Ergert dich deine rechte hand, so hawe sie abe und wirff sie von dir, Es jst dir besser das eins deiner gelied verderbe, und nicht der gantze leib jnn die helle geworffen werde.

 

Das jst aber ein stuck saltzes widder der Phariseer lere, darin handelt er zweyerley, Zum ersten vom ehebruch, darnach vom scheiden. Vom ehebruch hatten sie es gedeutet gleich wie das funffte gebot und so geleret, es were nicht mehr verboten denn wo ein ehebruch mit der that geschehe, Und hieltens nicht fur sunde, ob sie gleich jm hertzen entbrand weren mit boeser lust und liebe gegen einer andern und auch auswendig mit unhubschen worten und schamparn geberde sich erzeigten, und schadet jn nichts an jrer heiligkeit, wenn sie nur sonst gute werck theten, vleissig opfferten und beteten &c.. Das heisset nicht Gottes gebot geleret, sondern gar verkeret, und nicht die leut from gemacht, sondern nur erger, rawm und urlaub geben zu allerley sund und unzucht. Aber hie horestu einen andern meister, der solche jre heiligkeit zu sunden und schanden macht und recht jnn dis gepot leuchtet und schleusset, das ehebruch auch wol mit augen, oren, mund, ja allermeist mit dem hertzen geschihet, als wenn man ein weib ansihet odder mit jr schertzet, ja an sie gedencket mit boeser lust.

 

Nu sihe wie es mus gestanden haben jnn diesem volck und was Christus fur leute funden hat, weil nicht allein der grosse gemeine hauff, sondern die so andern leuten furstunden, leren und regiren solten, solchs nicht allein einreumen, sondern auch selbs thun und die ursach stercken zum ehebruch und dennoch wollen from gescholten sein, wenn sie nur nicht offentlich mit der that die ehe brechen, Wie wol zwar gut zu rechen jst, wie from und keusch die leut des wercks halben bleiben, wo man soviel einreumet und so weit kompt, das das hertz voller brunst steckt und dazu eraus bricht mit allerley zeichen, worten und geberde gegen einander. Was kan hie anders folgen denn auch das werck, wo man nur raum hette? odder was jst er darumb deste fromer, ob er gleich das werck lassen mus, das er gerne thun wolte und on unterlas jm hertzen darnach brennet, Gleich als ein schalck kan wol seinem [s. 370] herrn den tod wuendschen, ob er gleich jm kerker gefangen ligt, und wolt jn gerne selbs erwurgen, wenn er nur dazu komen kuende: solt man jn darumb nicht ein moerder heissen odder noch from schelten?

 

Sprichstu aber: Wenn das war jst das auch mit einem ansehen die ehe gebrochen kan werden, wie sol man denn thun? es muessen ja beide mans und weibs personen unter einander leben und teglich umbgehen, odder sol man aus der welt lauffen odder oren und augen austechen und das hertz weg reissen lassen? Antwort: Christus verbeut hie nicht, das man unternander leben, essen, trincken, ja auch lachen und frolich sein solle, das jst alles noch on schaden, wenn nur das stueck davon bleibt, das da heisset Jr zubegeren. Zwar die Jueden wollen jm damit helffen, das sie sagen, es sey nicht suende, ob man ein andere lieb habe mit gedancken und zeichen, gleich wie sie nicht fur suend achten mit dem nehesten zurnen und jm hertzen feind sein, auff das man nicht muesse das gantze volck und soviel heiliger leute verdamnen, als weren sie eitel moerder und ehebrecher. Drumb mussen sie diesen gepoten eine nasen machen, das mans nicht solle so streng deuten, sondern wie unsere gelerten gesagt, es muegen wol gute rete sein fur die volkomenen, aber niemand damit verbunden, Und daraus so weit gefaren sind, das auch viel druber disputiren und zweiveln, ob ein schlechter fall mit einem huerlin ausser der ehe auch sunde sey, Und jst zwar jtzt jnn Welschland bey vernunfftigen leuten eine ehre, das man auch die schir fur heilig achtet, die es da bey bleiben lassen. Widderumb aber sind etliche, die es all zu eng gespannet haben und so gar heilig wollen sein, das sie auch das ansehen verboten und geleret alle geselschafft man odder weibs personen zu meiden. Daher komen die trefflichen heiligen, die aus der welt jnn die wuesten und Cloester gelauffen sind, das sie sich alles sehens und horens, handels und gemeinschafft der welt entschluegen.

 

Christus aber setzet auff beiden seiten das widderspil, wil nicht Gottes gepot so drehen lassen und der sache so raten, das man den zawm lasse zur unzucht und bueberey, Denn er sagt mit klaren und durren worten das wer ein weib mit boser lust ansihet, der sey ein ehebrecher, und urteilet jn dazu [Matth. 18, 9] zum hellischen feur, als er spricht, Es sey besser das man das auge ausreisse, denn das der gantze leib jnn die helle geworffen werde. So wil er solcher heiligen auch nicht, die von den leuten lauffen, Denn wo das solt gelten, so durffte man der zehen gepot nichts uberal, Denn wenn jch jnn der wusten von allen leuten gesondert bin, so darff mir niemand dancken das jch nicht ehebreche, todschlage noch stele, und meine doch die weil, jch sey heylig und den zehen gepoten weit entlauffen, die doch darumb von Gott [s. 371] gestellet sind, das er uns lere wie wir jnn der welt gegen dem nehesten recht leben sollen.

 

Denn wir sind nicht so geschaffen, das wir sollen von einander lauffen, sonder mit und bey einander leben, guts und boeses leiden. Denn weil wir menschen sind, mussen wir auch allerlay menschlich unglueck und den fluch der uber uns jst gangen, helffen tragen und uns so rusten, das wir unter boesen leuten konnen wonen, das ein jglicher da seine heiligkeit beweise und sich nicht lasse ungedultig machen, das er davon fliehe, Denn wir mussen doch auff erden leben wie unter disteln und dorn, jnn solchem wesen, das vol anfechtung, widderstands und unfal jst. So hastu dir auch nichts damit geholffen, ob du gleich von den leuten bist gelauffen und doch den selben schalck bey dir tregst, das jst die brunst und boese lust so jm fleisch und blut steckt, Denn du kanst doch nicht dein vater und mutter leugnen, ob du gleich allein und verschlossen bist, noch dein fleisch und blut von dir werffen und ligen lassen. Es heist nicht den fus weg rucken und davon fliehen, sondern darinn bleiben, ritterlich stehen und kempffen widder allerley anfechtung und mit geduld hin durch reissen und siegen.

 

Darumb jst Christus ein rechter Meister, der leret dich nicht von leuten lauffen noch die stet wechseln, sondern dich selbs angreiffen und das auge odder die hand so dich ergert von dir werffen, das jst die ursach zu suendigen weg nemen, welchs jst die boese lust und begirde, die jnn dir selbs steckt und aus deinem eigen hertzen koempt. Wo die selbige aussen bleibt, so kanstu wol on sunde unter den leuten sein und mit jderman umbgehen. Darumb spricht er deutlich (wie gesagt): Wenn du ein weib ansihest jr zubegeren, so hastu die ehe gebrochen im hertzen. Das ansehen verbeut er nicht, denn er redet zu denen, die jnn der welt unter den leuten leben mussen, wie die gantze vorige und auch folgende predigt dis Capitels gnugsam anzeigt, Das wil er aber, das man das ansehen und begeren von einander scheide. Ansehen magstu wol ein jglich weib odder mans bild, aber da sihe zu, das nur das begeren davon bleibe, Denn da zu hat Gott geordnet, das ein jglicher sein ehelich weib odder man habe, das er daselbs sein lust und begirde hafften und wenden lasse. Kanstu dabey bleiben, das gonnet er dir wol, spricht dazu seinen segen druber und lessets jm gefallen als sein ordnung und geschefft, Aber das du wilt weiter faren, lessest dir nicht gnuegen an dem das dir Gott geben hat, der du begeren solt, und nach andern gaffest, so hastu schon zu weit griffen und die zwey unternander gemengt, das auch das ansehen durch das begeren verderbt wird.

 

Das jst auch die groste ursach des ehebruchs, die alzeit mus zuschlahen, das man nicht Gottes wort ansihet an seinem gemahl, als das jm Gott gibt [s. 372] und segnet, sondern die weil die augen auffsperret, wo man ein andere sihet. So hengt denn bald das hertz den augen nach, das auch die lust und begird da zu schlegt, die jch allein zu meinen weib haben solt, So jst fleisch und blut on das furwitzig, das es des bald uberdruss wird und nicht mag was es hat, gaffet jmer nach eim andern und bleset der Teuffel zu, das man an seinem gemalh nichts sihet denn was gebrechlich jst, und aus den augen setzet was gut und loblich ist, Daher kompts denn, das ein jgliche schoner und besser jst jnn meinen augen denn die meine, Ja mancher sich lesset so blenden, der ein recht schon frum weib hat, das er jr gram wird und sich henget an einen scheuslichen, schendlichen balg.

 

Darumb were das die rechte kunst und sterckste wehre dawidder (wie jch anders wo weiter gesagt habe von der hochzeit und ehelichem leben) wenn ein jglicher lernete sein gemalh recht ansehen nach Gottes wort, welchs jst der theurste schatz und schonste schmuck, so man an einem man odder weib finden kan, und sich darein spigelte, so wuerde er sein gemalh wol lieb und werd haben als ein Gottlich geschenck und kleinod und so dencken, wenn er ein andere sehe (ob sie gleich schoner were denn seine): Jst sie schon, so jst doch nicht allzu schon, und wenn sie die aller schonste auff erden were, so hab jch doch daheim viel ein schonern schmuck an meinem gemalh, so mir Gott geben und mit seinen wort gezieret hat fur allen andern, ob sie auch gleich von leib nicht schon oder sonst gebrechlich were, Denn wenn ich alle weiber jnn der welt ansehe, so finde ich keine von der ich rhuemen kund, wie ich von meiner mit frolichem gewissen sagen kan: Diese hat mir Gott selbs geschenckt und jnn die arm gegeben, und weis das jm sampt allen Engeln hertzlich wolgefellet wenn ich mich mit liebe und trewen zu jr halte, Warumb wolte ich denn solch koestlich Goettlich geschenck verachten und mich an ein andere hengen, da ich solchen schatz und schmuck nicht finde?

 

Sihe also kunde ich wol alle weibs bilde ansehen und mit jn reden, lachen und frolich sein, das dennoch die lust und begirde davon bliebe, Und keine mir so schon und lieb lassen sein, das jch widder Gottes wort und gepot thun solte, Und ob jch gleich von fleisch und blut angefochten wurde, doch nicht bewilligen musste noch mich uberwinden lassen, sondern ritterlich dagegen fechten und siegen durch Gottes wort. Und also jnn der welt leben, das mich keines bosheit boese und keine reitzung zum ehebrecher machen kuende. Weil man aber solch Gotes wort nicht sihet noch achtet, jsts leichtlich geschehen das einer seines gemalhs uberdrus und jm gram wird und ein ander lieber gewinnet und der lust und begirde nicht widderstehen kan, Denn er kan die kunst nicht das er sein gemalh kund recht ansehen nach der schone und [s. 373] schmuck, damit sie jm Gott bekleidet hat, sihet nicht weiter denn den augen nach, wie jn sein weib ungestalt odder gebrechlich und ein andere schoener und besser duencket. Also verstehestu, wenn das ansehen suende odder nicht suende sey, nemlich das man nicht ein andere ansehe wie ein jglicher sein weib ansehen sol.

 

Doch mus mans hie auch nicht so enge spannen, ob gleich jemand angefochten wird und fulet das sich solche lust und begirde zu einer andern etwa reget, das er darumb solt verdampt sein, Denn jch habe offt gesagt das nicht mueglich jst jnn fleisch und blut on suendliche boese neigung zuleben, nicht allein jnn diesem stuck sondern auch widder alle gebot. Darumb haben hie die Lerer ein solchen unterscheid gesetzt, dabey jchs auch lasse bleiben, das ein schlechter gedancken on bewilligung sey nicht eine toedsunde. Es jst nicht mueglich, wenn dich einer beleidigt hat, das nicht das hertz solt fulen odder bewegt werden und anheben zuwallen sich zurechen, aber das jst noch nicht verdamlich, wenn es nur nicht beschleusst und jm fursetzt schaden zu thun, sondern solcher reitzung widderstehet. Also auch jnn diesem fall das der Teuffel nicht solt konnen jns hertz schiessen mit boesen gedancken und lust, jst nicht mueglich zu weren, aber da sihe zu, das du solche pfeil nicht stecken und einwachsen lassest, sondern bald widder aus reissest und weg werffest, Und thuest wie vorzeiten ein alt vater hat geleret und gesagt: Jch kan nicht weeren, das mir kein vogel uber den kopff fliege, aber das kan jch wol weeren, das sie mir nicht jm har nisten odder die nassen abbeissen. Also stehet nicht jnn unser macht diese odder andere anfechtung zu weren, das uns nicht gedancken einfallen, wenn mans nur beym einfallen bleiben lesset, das man sie nicht einlasse, ob sie gleich anklopffen, und weere das sie nicht einwurtzeln, damit nicht ein fursatz und bewilligung draus werde. Aber nichts weniger jst es gleichwol suende, doch jnn die gemeine vergebung gefasset, weil wir nicht jm fleisch konnen leben on grosse stuck von sunden und ein jglicher mus seinem [Röm. 7, 18] Teuffel haben, wie auch S. Paulus klagt Ro. 7. uber die suende die jn jm wonet, und sagt, das er jnn seinem fleisch nichts gutes funde &c..

 

Das aber etliche hie disputirt haben und so genaw gesucht obs auch suende sey, wenn einer ein weib zur ehe begeret odder widderumb einen man, jst nerricht und beide widder die schrifft und natur gefragt, Denn wenn solten die leut ehelich werden, wenn sie nicht lust und liebe zusamen hetten? ja darumb hat Gott solche brunst braut und breutgam eingegeben, soenst wurde jderman den ehestand fliehen und meiden. So hat er auch jnn der schrifft gepoten beide man und weib, das sie ein ander lieb haben sollen und zeigt das er grossen gefallen daran habe, wenn sich man und weib wol begehen. Darumb mus warlich solche lust und liebe nicht aussen bleiben und darff [s. 374] auch wol gelucks und genade, das sie nur lang wehre, Denn es schlegt on das ungluck zu beide vom fleisch, das bald dis stands uberdrus wird und teglich ungemach, so sich darinn begibt, nicht tragen wil, und auch vom Teuffel, ders nicht leiden kan, wo er sihet das zwen eheleut sich mit rechter liebe gegenandern halten, und nicht feiret, bis er ursach zu ungeduld, zwitracht, hass und bitterkeit unter jn erwecke, Also das nicht allein not sondern auch schweer und allein der Christen kunst jst sein weib odder man recht lieb haben, das eines des andern gebrechen und allerley zufellig ungluck trage. Jnn der erst gehets wol so an, das sie ein ander (wie man sagt) fur liebe fressen wollen, Aber wenn der furwitz aus jst, so jst der Teuffel da mit dem uberdrus und wil dir hie die lust al zu seer nemen und anders wo all zu seer anzunden.

 

Das sey kurtzlich von der lust und begirde gesagt. Was sol man aber dazu sagen das Christus so hart spannet und heisset das auge ausreissen und die hand abhawen, wenn sie uns ergert? Sol man sich denn selbs verderben, lam und blind machen? so musten wir uns auch des lebens berauben und ein jglicher ein morder an jm selbs werden, Denn solten wir alles was uns ergert wegwerffen, so muesten wir zu erst das hertz ausreissen, Aber was were das anders denn die gantze natur und Gottes geschepffe vertilget? Antwort: Hie sihestu klar das Christus jnn diesem gantzen Capitel nichts redet von weltlicher ordnung und wesen, und das alle solche spruche, so hin und wider jm Euangelio stehen (als sich selbs verleugnen, seine seele hassen, alles verlassen &c.) gar nicht jns weltlich odder Keisers regiment gehoren odder nach dem Sachsenspiegel zuverstehen sind, wie die Juristen heissen augen ausstechen, hand abhawen und dergleichen. Wie kund sonst dis leben und regiment bestehen? Sondern sind allein von geistlichem leben und wesen gered, da man nicht eusserlich am leibe fur der welt, sondern jm hertzen fur Gott augen und hand von sich wirfft, sich selbs und alle ding verleugnet und verlesst, Denn er leret nicht die faust odde schwerb furen noch leib und gut regieren sondern allein das hertz und gewissen fur Gott. Darumb muss man seine wort gar nicht jns Recht buch odder weltliche regiment zihen.

 

[Matth. 19, 12] Auff diese weise redet er auch Matth .19. vom verschneiten, da er dreyerley verschniten odder Eunuchos setzet: Die ersten und andern, so entweder von natur so geborn odder durch menschen hende verschnitten sind, welchs auch die welt und Juristen verschnitten heissen, Die dritten aber, die sich selbs umb des himelreichs willen verschniten haben, Das sind andere verschniten, die nicht eusserlich am leibe und doch jm hertzen odder geistlich, und nicht nach weltlicher weise sondern (wie er sagt) zum himelreich verschnittenn heissen, Denn mit dem weltlichen hat er nichts zuschaffen, Also auch hie sollen wir geistlich augen, hand, hertz aus reissen und alles faren lassen, das es uns [s. 375] nicht ergere, Und doch jnn diesem weltlichen wesen leben, da wir der keines emperen konnen.

 

So ist nu die meinung: Wenn du fulest das du ein weib ansihest mit boeser lust, so reis das selbige auge odder gesicht aus (als das widder Gottes gepot ist) nicht des leibs sondern des hertzen, aus welchem die brunst und lust gehet, So hastu es recht ausgerissen, Denn wenn die boese lust aus dem hertzen jst, so wird auch das auge nicht suendigen noch dich ergern, Und sihest nu eben die fraw mit den selben leiblichen augen doch on lust, und jst dir eben als hettestu sie nicht gesehen, Denn es jst nimer das auge da, davon Christus redet, das vor da war, das da heisst ein auge der brunst odder lust, ob wol dem leibe sein auge unverseert bleibt. Also sagt er auch von den verschnitenen, wenn das hertz beschlossen hat on ehe keusch zu leben (wo es die gnade hat) so hat es sich selbs verschniten zum himelreich und darff kein gelied eusserlich am leib verletzen. Summa es jst solch verschneiten und ausreissen, das nicht die faust odder der hengker thut, sondern Gottes wort jm hertzen.

 

Darumb sind das narren, die solche und der gleichen spruche aus dem geistlichen jnns eusserlich weltlich wesen zihen, als hette Christus widder das weltliche regiment, ja widder naturliche ordnung und geschepffe geleret. Daher etliche so grob genarret haben, das sie aus ungedult und verzweivelung widder fleisch und blut zu fechten sind zugefaren und haben in selbs geholffen, das auch die Bisschove jnn den Concilijs haben mussen verbieten. Das machet alles der unverstand das sie nicht unterscheiden unter Christus und welt regiment und lere, bleiben jnn dem groben verstand von dem verschneiten, das sie nicht weiter dencken denn wie es die welt heisst und verstehet jnn jrem wesen, So doch Christus selbs den selbigen verstand ausschleusst und weg nimpt und unterscheidet die so von natur odder mit henden (es sey durch sich selbs odder andere) verschniten sind, und die dagegen setzt, so weder mit henden noch von natur verschnieten sind, da mit er ja klerlich zeiget das er allein von geistlichem verschneiten rede, da der leib mit allen geliedern gantz und unverseeret jst und doch nicht solche brunst hat wie andere, welche man nicht kan mit henden aus fleisch und blut schneiten, ob man gleich sich der naturlichen gelied beraubet, wie sie selbs sagen, das solche Eunuchi odder verschnitene viel mehr lust und liebe zu weibern haben denn jrgent andere, daruemb auch grosse Koenige gerne solche leute zu Kemerer gehabt umb der grossen trew und liebe willen, so sie zu weibern tragen.

 

[Matth.18, 8 f.] Es scheinet aber auch als habe Christus diese wort ‘Ergert dich dein [Mark. 9, 43 ff.] auge’, ‘Ergert dich deine hand odder fus’ sonst offt gebrauchet, denn sie werden anders wo jm Euangelio auch auff ander sachen anzogen, also das ers fur [s. 376] einen gemeinen spruch gefurt und als ein gemein gleichnis gezogen hat auff allerley suende, das man der ursach und reitzung zu sunden nicht folgen solle, Hie aber auff ein sonderlich stuck applicirt und gedeutet, nemlich auff den ehebruch, das er heisset das auge ausreissen, so uns wil ergern durch boese lust, wie sich denn gemeinlich der ehebruch verursacht vom sehen und kompt durch die augen jns hertz, wo man der reitzung nicht widderstehet. Also [Matth. 18, 3] deutet er die selbigen wort Math .18. auff ander ergernis, das er heisset ein ergerlich auge odder hand wenn dich ein prediger und lerer odder ein Herr und tyrann wil verfuren von der warheit und rechten lere, und heissets aus reissen und von sich werffen, Also das man sage: Du bist wol mein auge odder hand, meister odder regent, aber wenn du mich wilt von der warheit furen zu falschem glawben odder boesen wercken zwingen, so wil jch dir nicht folgen &c..

 

[Matth. 5, 32] Es ist auch gesagt: Wer sich von seinem weibe scheidet, der sol jr geben einen scheide brieff. Jch aber sage euch: wer sich von seinem weibe scheidet (Es sey denn umb ehebruch) der macht das sie die ehe bricht, und wer eine abgescheidete freiet, der bricht die ehe.

Hie sihet man fein wie sie durch dieses gepot gerissen rawm und freiheit gnug gegeben dawidder zu handeln und doch nicht fur suende zurechen, wenns nur nicht mans gar zu grob machete mit offentlichem ehebruch, weil jn zugelassen war, wenn einer seinem weib gram war und gerne jr los gewest were und lust zu einer andern hatte, das er sich mochte von jr scheiden und umb eine andere bulen, die jm bas gefiele. Und ob gleich die selbige einen andern man halte, koenden sie meisterlich einer dem andern sein weib abdringen, das sie jener must von sich lassen und dennoch nicht mit gewalt genomen hiesse. So wars auch ein geringes bey jn, ob einer ein andere beschlaffen hatte, das er sie dadurch zu sich kriegte, weil si doch soenst moechten mehr denn ein weib haben. Und hattens aller ding dazu bracht das ein jglicher on schew und gewissen mit der ehe und scheiden handelte, wie er wult. Darumb nimpt nu Christus dis stuck vom scheiden auch mit, saltzet und straffet jre bueberey und misbrauch des zugelassenen scheidens, die gewissen zu unterrichten, wie man darinn recht faren moege, das man nicht zuweit greiffe und widder das gebot fare. Er rurets aber hie nur mit kurtzen worten, denn hernach jm 19. Capitel hat ers weiter gehandlet.

 

Wie aber jtzt bey uns jnn ehesachen und mit dem scheiden zuhandlen sey, hab ich gesagt das mans den Juristen sol befelen, und unter das weltlich regiment geworffen, Weil der Ehestand gar ein weltlich eusserlich ding jst wie weib, sind, haus und hoff und anders, so zur oeberkeit regiment [s. 377] [1. Mose 28] gehoret, als das gar der vernunfft unterworffen jst Gen .1. Darumb was darinn die oberkeit und weise leute nach dem rechten und vernunfft schliessen und ordnen, da sol mans bey bleiben lassen, Denn auch Christus hie nichts setzet noch ordnet als ein Jurist odder regent jnn eusserlichen sachen, sondern allein als ein prediger die gewissen unterrichtet, das man des gesetz vom scheiden recht brauche, nicht zur buberey und eigenem wutwillen widder Gottes gebot. Darumb wollen wir hie auch nicht weiter faren denn das wir sehen, wie es bey jnen gestanden jst und wie sich die halten sollen, so Christen sein wollen, Denn die unchristen gehen uns nicht an (als die man nicht mit dem Euangelio sondern mit zwang und straffe regiren mus) auff das wir unser ampt rein behalten, und nicht weiter greiffen denn uns befolen jst.

 

[5. Mose 24. 1 4] Jm funfften buch Mosi Capi. 24. stehet also: Wenn einer ein weib zur ehe genomen hat und sie gefellet jm nicht umb etwa einer unlust willen, so sol er jr einen scheidebrieff geben und also von sich lassen &c.. Bindet aber gleichwol ein knuttel dabey, das sie derselbige man (wo er sie hernach gerne wolt widder haben) nicht durffe widderumb zu sich nemen &c.. Nu das gesetz haben sie bald gelernet und redlich misbraucht, das ein jglicher sein weib flugs von sich gelassen und gestossen, wenn er jr muede worden und lust zu einer andern hatte (so es doch Moses nur so fern erleubet, wenn er eine unlust odder gebrechen an jr fuende, darumb sie nicht wol kondten bey einander bleiben) und sind so frey damit gefaren, das sie selbs gesehen das es nicht zu loben und zu mal leichtfertig were, und Christum darumb fragten [Matth. 19, 3] Math. 19. obs auch recht were umb einer jglichen sache willen sich zuscheiden. So antwortet er auch und lisst einen harten text darauff, den sie vor nicht gehort hatten, und schleusst eben wie hie, das beide der sich scheidet und eine abgescheidete freihet (ausgenomen umb ehebruchs willen) die ehe bricht und machet das sie auch die ehe bricht, wo sie einen andern nimpt (denn sonst kunde sie nicht die ehe brechen, wo sie on man bliebe). Damit straffet er nicht allein, das sie leichtfertig mit dem scheiden umbgiengen, sondern leret das sie sich gar nicht sollen scheiden odder wo sie sich scheiden, beide on ehe bleiben, Und schleusst, das scheiden alzeit ein ursach des ehebruchs sey.

 

Das sie aber fragen warumb Moses denn solch scheiden zu gelassen habe, antwortet er ‘Umb ewer harten koepffe willen hat ers euch erleubet’, nicht das es sein odder wol gethan sey, sondern das jr so boese und unschlachtige leute seid, das besser jst solchs zugelassen, denn das jr solt ergers thuen, jamer odder mord anrichten odder jnn stetigem ewigen hass, unfrid und feindschafft mit einander leben. Wie denn auch noch wol zuraten were (wenn weltlich oeberkeit solchs wolt ordnen) umb etlicher seltzamer, eigensinnigen, storrigen kopffe willen, die nichts uberal leiden koennen und gar nicht zum [s. 378] ehelichen leben dienen, man liesse sie sich scheiden, Denn man kan doch nicht anders regiren umb der leute bosheit willen, man mus offt etwas nach lassen, ob es gleich nicht wolgethan jst, das nicht ein ergers geschehe.

 

So jst nu beschlossen, das die so Christen wollen sein, sich nicht scheiden sollen, gleich sondern ein jglicher sein gemahl behalten, guts und boeses mit jm leiden und tragen, ob es wunderlich seltzam und gebrechlich jst, odder wo er sich scheidet, das er on ehe bleibe, Und gilt nicht aus dem ehestand eine freiheit zu machen, als stuend es jnn unser gewalt damit zu faren, wechseln und wandeln wie wir wolten, Sondern es heisst, wie Christus sagt: [Matth. 19, 6] ‘was Gott zusamen fuget, das sol der mensch nicht scheiden’, Denn solcher unrat kompt nirgend her denn das man den ehe stand nicht ansihet nach Gottes wort als sein werck und ordnung noch seines willens achtet, das er einem jglichen sein gemalh geben hat die selbige zubehalten und solch ungemach, so sich jm ehestand begibt, jm zugefallen zutragen, achtens nicht anders denn wie ein lauter menschlich, weltlich wesen, da mit Gott nichts zuschaffen habe. Darumb wird man sein bald muede, und wenn es nicht gehet wie wir wollen, wil man bald scheiden und wechseln anfahen. So schickets Gott gleich wol also, das mans damit nichts besser machet, wie es denn gemeinglich gehet, wenn einer alle ding wechseln und bessern und niemand seinen mangel tragen, sondern alles auffs reinest und on unlust haben wil, das er ein anders kriegt, da er noch soviel odder zehen mal mehr unlust findet, nicht allein jnn dieser sondern jnn allen andern sachen.

 

Denn es kan auff erden nicht anders zugehen, es mus teglich viel ungemach und unlust furfallen jnn einem jglichen haus, stad und land, und jst kein stand auff erden, darinn man nicht viel leiden musse, das einem wehe thut beide von den so jn angehoeren, als weib, kind, gesind, unterthanen, und auswendig von nachbarn und allerley zufelligem unfal. Wenn denn solchs ein mensch sihet und fulet, so wird es bald seines stands muede und uberdrus odder feret eraus mit ungedult, zurnen und fluchen, und wo es solch ungemach nicht meiden noch wenden kan, wil es seinen stand wechseln, dunckt jn eines jglichen stand und wesen besser sein, und wenn er lang gewechselt hat, so findet er fur ubel erger, Denn wechseln jst wol leicht und bald geschehen, aber bessern jst mislich und seltzam. Also jst es auch den Jueden gangen mit jrem ehewechseln und scheiden.

 

Daruemb solt man hierinn also thun wie wir jmer geleret und vermanet haben, wenn jmand etwas anfahen wolte das seliglich und wol geraten were, auch jnn solchen leiblichen sachen als ehelich werden, zu haus sitzen, einen stand annemen &c.. das er Gott anruffet und drumb begrussete, der es geben sol und sein jst. Denn es jst nicht eine geringe Gottes gabe, [s. 379] wenn jemand ein from leidlich gemalh uberkompt, warumb woltestu jn denn nicht drumb bitten das ers lasse wolgeraten? Denn die erste brunst und furwitz wirds nicht thun noch die wehre haben, wo er nicht selbs seinen segen und glueck dazu gibt und hilfft, das man solch zufellig ungemach tragen kan. Druemb welche solchs nicht thun, sondern aus eigenem furwitz drein fallen, als durfften sie Gottes nicht dazu, lernen sich auch nicht drein schicken, den gehets auch billich also, das sie eitel fegfeur und helle marter drinne haben und keines Teuffels durffen, Und weil sie kein unlust mit gedult tragen, sondern alles auffs reinst erlesen haben und den Artikel der da heisset Vergebung der sunde, wegnemen und auffheben wollen, so haben sie zulohn ein unruegig, ungedultig hertz und also mussen zweifeltig unglueck leiden und keinen danck dazu haben. Aber davon jst anders wo gnug gesagt.

 

Fragstu aber: Jst denn gar keine ursach, umb welche man und weib sich mogen scheiden und verendern? Antwort: Christus setzet hie und Math .19. nur diese einige, die heisset der ehebruch, und zeucht es aus dem gesetz Mose, welchs den ehebruch straffet mit dem tode. Weil nu der tod allein die ehe scheidet und los machet, so jst ein ehebrecher auch schoen gescheiden nicht durch menschen sondern von Gott selbs und nicht allein von seinem gemahl sondern von diesem leben abgeteilet. Denn durch den ehebruch hat er sich selbs von seinem gemalh gescheiden und die ehe zutrennet, die er nicht trennen noch scheiden sol, und damit den tod verwirckt, also das er fur Gott schon tod jst, ob in gleich der Richter nicht todtet. Weil nu hie Gott scheidet, so wird das ander teil los und frey, das es nicht verbunden jst sein gemalh, so bruchig an jm jst worden, zu behalten, es wolle es denn gerne thun.

 

Denn wir solch scheiden wedder heissen noch wehren sondern der oberkeit befelen darin zu handeln und lassens dem nach gehen, was weltlich recht hierin ordnet. Doch als denen die Christen sein wollen, zuraten were es viel besser das man beide teil vermanet und reitzet, das sie bey einander blieben und das unschuldige gemalh sich gegen dem schuldigem (wo sichs demutigt und bessern wolte) versuenen liesse und jm aus Christlicher liebe vergeb, es were denn das nicht besserung zuhoffen were odder der schuldige, so widder versunet und zu gnaden genomen, wolte solcher wolthat misbrauchen und gleichwol fort jnn einem offentlichen freyen wesen hin gehen und sich drauff verlassen, als mueste man jm verschonen und vergeben. Da wolt jch auch nicht raten noch hiessen gnad erzeigen, sondern lieber helffen, das man solche zur staupe schluge odder jnn einen sack stecket, Denn ein mal versehen ist noch zuvergeben, aber mutwilliglich auff gnad und vergebung sundigen jst nicht zu leiden, Denn, wie gesagt, wir wissen on das niemand zu zwingen, [s. 380] das er ein offentliche hure odder ehebrecher widder zu sich neme, wenn ers nicht wil odder eckels halben nicht thun kan. Denn wir lesen von Joseph, [Matth. 1, 19] Math .1. ob er wol ein frum man war, dennoch Maria seine vertrawete braut (als er sahe das sie schwanger war) nicht wolt zu sich nemen, und wird darumb gelobt, das er wolt heimlich von jr gehen und sie nicht verklagen noch umb den hals bringen, wie er wol hette thun muegen.

 

Uber diese ursach des ehebruchs jst noch eine, wenn ein gemalh das ander verlesst, als da eines aus lauter mutwillen vom andern leufft, als wenn ein heidin bey einem Christen were odder, wie sich jtzt wol begibt das ein gemalh wol am Euangelio jst, aber das ander nicht (davon Paulus [Kor. 7, 13] .1. Cor. 7 sagt) ob da auch solch scheiden gelte? Da schleusset S. Paulus, wo das eine teil bleiben wil, so sol es das ander behalten, ob sie wol des glaubens halben nicht eins sind, sol doch der glaube die ehe nicht scheiden, Wo sichs aber begibt das das ander teil schlecht nicht bleiben wil, so las es lauffen, und bist darumb nicht gefangen noch gebunden jm nach zulauffen, Wenn aber ein bube sonst von seinem gemalh on desselben wissen odder willen hinweg leufft, lest haus, hoff, weib und kind sitzen, bleibt aussen gantzer zwey, drey jar odder wie lang es jm gefellet (als jtzt sich viel begibt) und wenn er ausgebubet und das seine durchbracht hat, wil widder heim komen und widder einsitzen, das das ander teil solt verbunden sein nach jm zuharren, wie lang er wolle, und jn widder zu sich nemen. Einem solchen buben solt man nicht allein haus und hoff sondern auch das land verbieten und das ander teil, wo er nicht wolt widder komen, wenn er erforddert und lang gnug nach jm geharret were, nur frissch frey sprechen. Denn ein solcher jst noch viel erger denn ein heide und ungleubiger, auch weniger zu leiden denn ein schlechter ehebrecher, welcher ob er gleich ein mal gefallen jst, kan er sich doch widder bessern und seine vorige trew seinem gemalh leisten, Aber dieser treibt seinen lauter mutwillen mit der ehe, helt auch sein weib und kind nicht dafur, das er ehelich bey jn wonen und bleiben solle, sondern das er einen gewissen sichern auffrit wisse, wenns jn geluste widderzukomen. Es heisst aber also: wer weib und kind wil haben, der sol bey jn bleiben, guts und boeses mit jn tragen, so lang er lebt, odder wo er nicht wil, das man jn lere das ers thun musse, odder von weib, haus und hoff gar gescheiden sey. Wo aber solche ursachen nicht sind, da sollen ander mangel und feil nicht hindern noch die ehe scheiden als jnn zorn sachen odder anderm unfal, wo sie sich aber scheiden (spricht S. Paulus) sollen sie beider teils on ehe bleiben.

 

Das sey kurtz von diesem handel jm text gesagt, denn jch habe sonst gnug davon geschrieben, Das furnemeste aber widder solch scheiden und andern unrat jst (wie jch gesagt habe) das ein jglicher lerne gemeine gebrechen und unfal jnn seinem stand und diesem leben mit gedult tragen und an [s. 381] seinem gemalh auch zu gut halten, und wisse das nicht kan noch wil alles recht und nach unserm sinn zugehen. Kanstus doch an deinem eigen leibe nicht anders noch besser haben und must leiden allerley unflat und unlust, den er dir teglich anrichtet, das wenn du soltest alles was unrein an jm jst weg werffen, so musstestu am bauch anheben, der dich doch neeret und beim leben behalten mus.

 

Kanstu nu solchs an deinem leibe leiden das er dir einen stanck machet, ehe du dich umbsihest, odder anfehet zu schweren und eitern, das nichts reines an deiner haut bleibt, und jm alles zu gut halten, ja nur deste mehr guts und liebe beweisen mit warten, wasschen, tragen und helffen, wo jm etwas feilet, Warumb woltestu es hie nicht auch thun an deinem eigen gemalh, das dir Gott geben hat, daran du wol grossern schatz und mehr ursach zu lieben hast? Denn es sol unter den Christen eine solche liebe sein wie eines [1. Kor. 12, 12 ff. 26, Röm. 12, 4] jglichen gelieds am leibe gegen dem andern (wie S. Paulus offt vermanet) da sich eines des andern gebrechen annimpt, selbs drein greiffet, tregt und hebt und alles thut wo mit es jm nur weis zu helffen. Darumb jst unser rechter heubtartikel nichts denn eitel Vergebung der sunde beide jnn uns selbs und gegen andern, das wie Christus jnn seinem reich on unterlas an uns tregt und vergibt allerley gebrechen, also auch wir unternander tragen und vergeben jnn allen stenden und sachen. Wer des nicht wil, dem beschere Gott das er nimer keine ruge habe und sein einfeltig ungluck odder plage zehen feltig schwerer mache.

 

[Matth. 5, 33 ff.] Jr habt weiter gehoret, das zu den Alten gesagt ist: Du [(3. Mose 19, 12)] solt keinen falschen eid thun und solt Gott deinen eid halten, Jch aber sage euch das jr aller ding nicht schweren solt, weder bey dem himel, denn er jst Gottes stuel, noch bey der erden, denn sie jst seiner fuesse schemel, noch bey Jerusalem, Denn sie jst eines grossen Koeniges stad, Auch soltu nicht bey deinem heubt schweren, Denn du vermagst nicht ein einigs har weis odder schwartz zu machen. Ewer rede aber sey Ja ja, Nein nein. Was druber jst, das jst vom ubel.

Dieser text jst auch mit vielen glosen zudenet und mancherley wahn und jrthumb draus geschepfft, das viel grosser Doctores daruber zu schaffen gehabt und sich nicht haben konnen drein schicken, das hie so durre verbotten jst, man solle allerdinge nicht schweren, sondern schlecht Ja ja und Nein nein lassen bleiben, das etliche die gewissen so enge gespannet haben, das man zweivelt ob einer auch solle einen urfride thun, wenn er aus dem gefengnis los gegeben wuerde, odder ob man durch einen eid einen fride und vertrag annemen solte mit den Tuercken odder ungleubigen &c.. Nu kan man [s. 382] ja nicht leugnen das Christus selbs und S. Paulus offt geschworen haben, dazu jnn der schrifft stehet das die gelobt werden, die bey seinem namen schweren, Daruemb mus man hie auch einen unterscheid fassen, das man den text recht verstehe.

 

Wir haben aber genug gehoret, das Christus hie gar nichts wil reden jnn das weltlich regiment und ordnung noch der oeberckeit etwas genomen haben, sondern allein den einzelen Christen predigt, wie sie fur sich jnn jrem wesen leben sollen. Daruemb sol man das schweren eben so achten verboten wie droben das toedten und ein weib ansehen odder begeren. Toedten jst recht und doch auch nicht recht, Eins mans odder weibs begeren jst suende und nicht suende, Aber also, das man beides recht scheide, nemlich also, das zu mir und dir gesagt sey: Wenn du toedtest, so thustu unrecht, Sihestu ein weib an jr zubegeren, so thustu unrecht, Aber zu einem Richter sagt er: Toedtestu und straffest nicht, so soltu gestrafft werden, Also zu einem ehelichen man odder weib, wenn du dich nicht zu deinem gemahl heltest, so thustu unrecht. Also stehets beides, das man toedten und nicht toedten sol, bey einem weibe sein und nicht sein, Nemlich das du nicht toedtest noch zurnest odder ein weib lieb habest, da du nicht sonderlich Gottes wort odder befelh hast, Wenn du aber zurnest, da dichs Gott heisset, odder ein weib hast nach Gottes wort, so jst es beides recht, Denn was dir Gott sagt und heisset jst viel ein ander ding denn so du selbs thuest.

 

Wie du nu jenes verstanden hast, so verstehe dis auch, Das wol hie verboten jst das man gar nicht schwere, gleich wie er das todten so gar verboten hat, das auch kein zorn jm hertzen sey, des gleichen das man so gar frembd sol sein von man und weib, das man sie auch nicht ansehe noch daran dencke jr zu begeren. Und were doch ein schedliche predig, wenn man sie jnn der oeberkeit regiment odder jnn den ehestand furen wolte und dem Richter sagen: Du solt nicht zurnen noch des zorns zeichen odder werck furen, odder zu einem ehelichen par volcks: du solt dein weib odder man nicht ansehen noch lieb haben, Sondern mus hie umbkeren und das widderspiel leren und heissen: Du Richter solt zurnen und straffen und ein jglicher sein gemalh haben und lieben. Wie sagt denn Christus, man solle keins weibs begeren und kein zorn jm hertzen haben? Antwort, wie gesagt: Er redet von dem weib, das dir nicht von Gott gegeben jst, und von dem zorn, der dir nicht befolen jst, des soltu keinen haben, Wo dirs aber befolen wird, so jst es nicht mehr dein sondern Gottes zorn und nicht mehr dein begeren sondern von Gott gegeben und geordnet, Denn da hastu Gottes wort zu, das du dein gemalh lieb haben und keines andern begeren solt: Also auch vom schweren mus man darnach sehen wo man Gottes wort hat odder nicht.

 

Das er aber hie so hart das verbot treibt, das thut er auch widder jre [s. 383] falsche lerer, welche also predigten, das eiden und schweren, ob es wol on not und Gottes wort geschehe, nicht suende were, Ja sie hatten einen unterscheid gemacht (wie Christus hie zeigt) wie man mochte frey schweren und welche eide solten gelten odder nicht, als das wol jemand mocht bey dem himel odder Jerusalem odder bey seinem heubt schweeren, das weren geringe eide und buenden nicht so hart, wenn man nur nicht Gottes namen anzoege; hattens also zuletzt dahin bracht, das ein schlecht Ja und nein nichts galt und dafur achten, es lege nicht dran ob sie etwas nicht hielte, darauff sie keinen eid gethan hetten, gerade wie sie vom toedten geleret hatten das man ein heimlichen zorn und tuecke nicht fur suende halten durffte, also auch, ob einer seinem weib feind were, kein lust noch liebe zu jr hette, aber wol zu einer andern lust hette und solchs mit ansehen und schertzen und andern zeichen beweisete.

 

Widder solche unfletige heiligen hat er angefangen zu predigen und sagt: Wenn jr nicht anders und frumer werdet, so werdet jr nicht jns himelreich komen: Es gilt nicht so mit dem schweren faren wie jr thut, das es sol recht sein und gelten wo und wenn jr wollet, sondern es heisset, jr sollet aller dinge nicht schweren, weder beym tempel noch Jerusalem noch ewerm heubt so wenig als bey Gott selbs, sondern was jr mit ein ander handlet, das sol ja und nein sein und ja und nein bleiben, Denn das jst Gottes namens misbraucht, wo man uber das feret mit eiden und schweren, als solt ein schlecht ja und nein nicht gelten noch binden, es were denn Gottes namen dabey. Darnach jst auch noch ein misbrauch das man so leichtfertig schweret, wie jtzt gemein jst, da man schir zu einem jglichen wort Gottes namen furet. Das sol alles schlecht verboten sein gleich wie auch das fluchen so durch Gottes namen geschicht, wo es nicht geschehen sol.

 

Denn fluchen jst eben wie das schweren beide gut und boese, Denn wir lesen jnn der schrifft das offt heilige leute gefluchet haben, als Noe seinem [1. Mose 49, 4.7] einen son Ham fluchet und der Patriarch Jacob einen boesen segen und fluch [4. Mose 16, 15] sprach uber seine drey sone Ruben, Levi und Simeon, Jtem Mose widder [Ps. 109, 6 ff., Matth. 18, 6] Core, ja Christus selbs jm Psalter seinem Juda und jm Euangelio uber die [Luk. 17, 2, Gal. 1, 8] falschen lerer greulich fluchet, Und Paulus Gal. 1 verflucht alle lerer die da anders predigen (wenn es auch ein Engel vom himel were) das sie sollen Anathema sein, das jst von Gott verbannet und verflucht, als wenn wir sagten, Gott muesse sie hinderen und zustore sie zu grund und gebe jn kein gnade noch gluck dazu. Also kompt wol die zeit das man fluchen mus odder thut unrecht, Als das wir jtzt solten den segen dazu sprechen und guts wundschen, das Bapst, Bischove und Fuersten mit so gifftigen practiken und boesen tuecken widder das Euangelion umbgehen, fromer leute blut zu stortzen und deudsch land jnn einander zu werffen, das gehoret nicht Christen zu, [s. 384] Sondern sollen und muessen so dazu sagen: Lieber Herr, verfluche, verstore und stuertze alle jr anschlege jnn abgrund der helle. Daher kan niemand recht das Vater unser beten, er mus dazu fluchen, Denn wenn er bettet ‘Geheiliget werde dein name, Dein reich kome, Dein wille geschehe’ &c.. so mus er alles auff einen hauffen mit nemen was da widder jst und sagen: Verflucht, vermaledeyet, geschendet mussen werden alle ander namen und alle reich so widder dich sind, zustoret und zurissen, alle anschlege, weisheit und willen zu boden gehen &c..

 

Das jst aber die unterscheid: Von sich selbs sol niemand fluchen noch schweren, es sey denn das er Gottes wort dazu habe, das er solle fluchen odder schweren, Denn wie gesagt, wo es jnn und nach Gottes wort gehet, da jsts alles recht, schweren, zurnen, lust zum weib haben &c.. Das heisst aber Gottes wort dazu haben, wenn er mirs als von ampts und seinen wegen befihelt odder durch die so jm ampt sind foddert. Als (das mans durch exempel fasse) wenn sichs begebe das du gefangen und jnn der oeberkeit henden werest und sie begeret einen eid zur urfried, Odder wenn ein fuerst einen eid foddert, das man jm hulde, odder ein Richter von einem zeugen, da bistu es schuldig zu thun, Denn da stehet das wort das du solt der oeberkeit gehorchen, Denn Gott hat so das regiment geordnet und gefasset, das einer also gegen dem andern verbunden sein mus, damit alle jrrige sachen durch den eid geschlichtet, gescheiden und hingelegt werden, wie die Epistel zun [Ebr. 6, 16] Ebreern sagt.

 

Sprichstu aber: Ja stehet doch hie ein ander wort, das Christus sagt ‘Du solt nicht schweren.’ Antwort, wie oben gesagt vom todten und zurnen: Du, du solts nicht thun als fur dich selbs, hie aber schwerest du nicht sondern der richter, der dichs heisset, und gilt eben soviel, als ers selbs thete, und bist jtzt des richters mund. Nu verbeut noch gebeut Christus der oeberkeit nichts, sondern lesset jr regiment gehen wie es gehen sol und mus, sondern dir verbeut er das du nicht aus eignem furnemen, furwitz odder gewonheit schwerest, gleich wie er dir verbeut das schwerd zu zucken, doch damit nicht der oeberkeit weret gehorsam zu sein, wenn dich dein Lands furst dazu brauchen wolt odder auffgeboete jnn krieg zu zihen. Denn da bistu schuldig frisch und getrost drein zu hawen und jst nicht mehr deine faust noch schwerd sondern der oeberkeit unter worffen und thuests jtzt nicht selbs sonder dein furst, dem es von Gott befolen jst. Also sagen wir auch jnn gleichen fellen, als wenns dazu keme, das man mit unsern feinden odder Turcken solt ein vertrag und einikeit machen, da mochten Keiser und fursten wol einen eid beide geben und nemen, ob gleich der Tuercke bey dem Teuffel odder seinem Mahometh schweret, [s. 385] den er fur seinen Gott helt und anbetet, wie wir unsern Herr Christum anbeten und bey jm schweren.

 

So hastu nu eine ursache, da es recht jst zu schweren, nemlich die Not, da man ein eid thun mus aus gehorsam der oeberkeit die warheit zu bestetigen odder sachen zuvertragen umb frides und einigkeit willen. Die ander ursache jst die Liebe, ob es gleich nicht gefoddert wird von der oeberkeit, sondern dem nehesten zu gut geschicht &c.. Gleich als auch die liebe zuernet und straffet, wenn sie sihet den nehesten suendigen odder jrren, wie Christus [Matth. 18, 15. 17] Math. 18. leret, denn sie kan jhe nicht dazu lachen noch das boese loben, Also mag jch auch wol eines andern weib liebe erzeigen, wenn sie jnn noten odder ferligkeit jst, das jch jr eraus helffe, das jst nicht ein fleischliche verbotene sondern eine Christliche bruederliche liebe, die nicht aus eigner lust noch furwitz gehet, sondern daher das es mein nehester bedarff, und hat Gottes wort fur sich, das da sagt: Du solt deinen nehesten lieben als dich selbs.

 

Dem nach, wenn jch jmand sehe jnn geistlichen noten und fahr, schwach jm glawben odder verzagts gewissens odder jrrigen verstands und der gleichen, da sol jch nicht allein trosten sondern auch dazu schweren sein gewissen zu stercken und sagen: so war Gott lebt und Christus gestorben jst, so gewis jst dis die warheit und Gottes wort. Da jst der eid so not, das man sein nicht emperen kan, denn dadurch wird die rechte lere bestetigt, das jrrig und blode gewissen unterweiset und getrostet und vom Teuffel geloset. Drumb magstu hie so hoch und tewr schweren als du nur kanst. Also haben Christus und Paulus geschworen und Gottes namen zu zeugen gefuret, So gehoret ein eid auff ein iglich drew wort odder verheissung, so ein Christlicher prediger predigt, beide die harten kopffe zuschrecken und die bloden zu trosten.

 

Des gleichen auch, wo man den nehesten entschuldigen und seine ehre retten sol widder boese, gifftige meuler, da mag man auch sagen, man thut jm fur dem lieben Gott unrecht &c.. Denn das jst alles Gottes namen wol gebraucht zu Gottes ehren und der warheit und des nehesten heil und seligkeit, Denn da hastu Gottes wort und gebot uber dir schweben, das dich heisset den nehesten lieben, die unordigen straffen, die betruebten troesten &c.. und weil es jnn dem gebot gehet, so kan es nicht unrecht sein, ja eben dasselb dringet dich dazu, das du schweren solt und unrecht thuest, wo du es verseumest. Summa, wo du Gotts wort hast, da gebe dir Gott gnade zu, das du nur flugs schwerest, straffest, zurnest und alles thust was du kanst. Was aber uber und ausser dem jst nicht aus befelh noch des nehesten not odder nutz, da soltu der keines thun, Denn Gott wil nichts uberal haben was du aus eigenem furnemen thust on sein wort, es sey was es woelle, wenn gleich jmand todten kunde auffwecken, viel weniger wil er leiden, das man seines [s. 386] namens misbrauche sich darauff zuberuffen, wo es nicht not noch nutz jst, odder das man teglich jm haus und an allen orten damit jrr gehe, wie man jtzt thuet, da man zu einem jglichen wort schweret allermeist jnn bierheusern, das wol not were das man solchs streng werete und straffete. Also hastu einen richtigen klaren verstand dieses stucks, das mans nicht vergeblich uber diesem text sich martere und ein fegfeur daraus mache da keines jst.

 

Spricht nu Christus: Jch sage euch, das jr aller dinge nicht schweren solt wedder bey dem himel noch bey der erden nocht bey der stad Jerusalem &c.. Da sihet man das die stad jst hoch gehalten und geehret gewest, das man dabey geschworen hat, und er bestetigts auch und heisset sie eine stad Gottes und sonst wird sie auch die heilige stad genennet. Heilig heisst sie aber darumb das Gottes wort da war und Gott durch dasselbe da wonet, Und jst ein feine weise und on zweivel von trefflichen leuten auffbracht, das man [Jes. 31, 9] die stad so hoch gehalten hat (wie sie auch der Prophet Esaias herlich preisset) nicht umb jren willen sondern umb des worts willen, Dem nach mag man wol eine jgliche stad heilig heissen die Gottes wort hat, und rhumen das Got gewislich da sey.

 

Das er aber sagt: ‘Du solt auch nicht bey deinem heubt schweren, denn du kanst nicht ein einiges har weis odder schwartz machen’, das jst von seinem geschepff gered, nicht von unserm brauch, Denn er wil nicht sagen das man die har nicht konne pulvern, das sie schwartz odder ander farbe kriegen, sondern das gar nicht jnn unser macht sey ein einig har raus zu bringen, das weiss odder schwartz sey, noch zu weren das es sonst odder so werde, Wenn es aber gewachsen jst, so kan mans wol gar abscheren odder verbrennen gleich wie man ander ding durch andere creatur kan etlicher masse endern, aber nichts dazu thun, das sie sonst odder so geschaffen werden. Also machet er unser eigen heubt zum heiligthum, als das nicht unsers wercks noch gewalt, sondern Gottes gabe und geschepff jst.

 

Das er nu beschleusst, Ewer rede sol sein Ja Ja, Nein Nein &c.. das redet er deutlich zu denen, die keinen befelh odder not haben zuschweren, Denn (wie gesagt) fur sich selbs sol man gar nicht schweren, Wenn aber die zwey stuck dazu komen, befelh odder not, so heisst es nicht mehr fur sich selbs schweren, Denn du thuest es nicht von deinen wegen, sondern des ders von dir foddert als deine oeberkeit, odder des nehesten not und Gottes gebot.

 

[Matth. 5, 38–42] Jr habt gehort das da gesagt jst ‘Auge umb auge, Zan umb zan’, Jch aber sage euch das jr nicht widderstreben solt dem ubel, sondern so dir jmand einen streich gibt auff deinen rechten backen, [s. 387] dem biete den andern auch dar, Und so jemand mit dir rechten wil und deinen rock nemen, dem las auch den mantel, Und so dich jmand notiget eine meile, so gehe mit jm zwo, Gib dem der dich bittet und wende dich nicht von dem der dir abborgen wil.

 

Dieser text hat auch uberaus viel fragen und jrthum gemacht schir allen Lerern so nicht recht gewust haben zuscheiden die zwey stuck, weltlichen und geistlichen stand odder Christus und der welt Reich, Denn wo die zwey unter einander gemenget und nicht rein und fein geteilet werden, da kan nimer kein rechter verstand jnn der Christenheit bleiben, wie jch offt gesagt und beweiset habe. Nu haben wir bisher nichts anders gehort denn das Christus seine predigt stellet widder die Phariseer, so die leute verfureten beide mit der lere und leben und Gottes gebot falsch gedeutet und verkeret hatten, also das eitel falsche heiligen daraus wurden, wie sie jtzt noch thun. Denn man findet alzeit unter den predigern etliche (wo nicht das mehr teil) solche Judische heiligen, so nicht mehr leren denn von sunde und fruemkeit jnn eusserlichen wercken.

 

Wie er nu jnn vorigen stucken jre lere und falsche deutung gestrafft und verworffen hat, so nimpt er hie auch fur sich das stuck so geschrieben [2. Mose 21, 24. 27] stehet jm gesetz Moisi fur die, welchen das regiment und oeberkeit befolen zufuren und mit dem schwerd zustraffen, das sie auge umb auge, zan umb zan &c.. nemen sollen und muessen, Also das sie eben so schweer sundigen, wo sie solches befolenen schwerds und straffe nicht brauchen, als die andern, die das schwerd on befelh selbs nemen und rache uben, Gleich als jnn vorigen stuecken eben so wol sundigt der bey seinem weibe nicht wonet und bleibt, so jm ehelich gegeben jst, als der unehlich bey einer andern wonet. Das hatten sie nu auch verkeret und ein gemenge gemacht, das sie diesen text, der allein der oeberkeit gestellet jst, fur sich zogen und so deuteten, das auch ein jglicher fur sich selbs wol mochte rache suchen und auge umb auge nemen &c.. Aller dinge wie sie es jnn andern stucken auch unternander gemenget hatten, und das zurnen, so der oeberkeit geburt und befolen jst, zu sich gezogen, Jtem das begeren odder lust ausser den ehestand gerissen, des gleichen auch das schweren ausser der not und liebe zu jrer leichtfertigkeit und anderm misbrauch gezogen.

 

Da kompt nu Christus und legt solchen verkereten falschen wahn und verstand nidder, Lesset der oeberkeit jr recht und ampt rein, leret aber seine Christen als einzele leute ausser dem ampt und regiment, wie sie fur ire person leben sollen, so gar das sie keiner rache begeren und so geschickt seien, wenn sie jemand auff einen backen schlegt, das sie bereit seien, wo es not [s. 388] were, den andern auch dar zu reichen und sich nicht allein mit der faust der rache enthalten sondern auch jm hertzen, mit gedancken und allen krefften, Kurtzlich, er wil ein solch hertz haben, das nicht ungedultig, rachgirig, noch fridbrechig sey. Das ist nu ein andere gerechtigkeit denn sie lereten und hielten, und sich doch aus Mose wolten schmuecken, das man wol mochte sich rechen und weren, wo einem gewalt geschehe, weil da jm text stehet ‘Auge umb auge, zan umb zan’ &c..

 

Nu haben sich viel leut uber diesem spruch zu brochen und nicht allein die Juden sondern auch die Christen selbs sich daran gestossen, Denn es hat sie zu streng und zu hart gedeucht das man dem ubel gar nicht widderstehen solte, weil wir ia recht und straffe unter uns haben muessen, Und haben [Joh. 18, 22] etliche dagegen gesetzt das exempel Christi, Joh .18. da er fur dem priester Hannas auff einen backen geschlagen ward und doch nicht den andern darbot, sondern sein unschuld verantwortet und des Priesters diener straffete, welches scheinet widder diesen text gethan.

 

Darumb haben sie gesagt das nicht not sey dem schleger den andern backen zu bieten und diesem text so geholffen, das gnug sey das man jm hertzen bereit sey auch den andern darzubieten, Welchs were nicht unrecht gesagt, jst aber nicht recht verstanden, Denn sie meinen, das heisse den andern backen dargeboten, das man zum schleger sage: sihe da hastu diesen backen auch und schlage mich zum andern mahl, odder das man dem der den mantel nemen wil, auch den rock zu werffe; Wenn das die meinung were, so must man alles, zu letzt auch haus und hoff, weib und kind hinnach werffen. Darumb sagen wir das hie nicht mehr denn einem jglichen Christen gepredigt jst, das er solle willig und geduldig sein zu leiden was er leiden sol und mus, und nicht rache suchen noch widderschlagen.

 

Es bleibt aber gleich wol hie die frage und disputacion, ob man allerley musse von jderman leiden und jnn keinem fal sich weren durffe, auch nicht fur gericht haddern odder klagen noch das seine ansprechen und foddern, Denn wo solchs aller dinge solt verboten sein, so wurde ein seltzam wesen werden, das man mueste jdermans mutwillen und frevel leiden und kund niemand fur dem andern bleiben noch etwas behalten, und wurde also zuletzt kein regiment bestehen bleiben.

 

Hierauff zu antworten mustu jmer das heubtstuck mercken, das Christus seine predigt fur seine Christen allein thut und wil sie leren was sie fur leut sein sollen widder den fleischlichen wahn und gedancken, so da zumal auch noch jnn den Aposteln steckte, das sie meineten, er wurde ein new regiment und keiserthum anrichten und sie drein setzen, das sie regiereten wie die herrn und jre feind und bose welt unter sich brechten, wie denn allzeit fleisch und blut wuendschet und sucht am Euangelio, das es seine herschafft, [s. 389] ehre und nutz habe und nichts leiden durffe. Darnach auch der Bapst getrachtet und solch regiment zu wegen bracht hat, das sein wesen ein lauter weltliche herschafft jst worden und so gefurchtet, das jm alle welt hat mussen unterthan sein.

 

Also sehen wir jtzt auch, das alle welt am Euangelio das jre suchet und soviel rotterey daher enstehen, die nichts anders jm sinn haben, denn wie sie sich auffwerffen und zu herren machen und andere dempffen, wie der Muentzer anfieng mit seinen bawern und jm nach andere sich auch beweiset haben. Da zu werden auch die rechten Christen damit angefochten, wenn sie sehen das so ubel zugehet jnn der welt, auch jnn jrem eigen regiment, das sie gerne wolten selbs drein greiffen und walten. Aber es sol nicht sein und sol niemand dencken das uns Gott wolle so lassen regieren und herschen mit weltlichem recht und straffe, Sondern der Christen wesen sol gar davon gescheiden sein, das sie sich nichts damit bekomern noch zuschaffen haben, sondern die denen es befolen jst lassen dafur sorgen, wie man sol guter aus teilen, handlen, straffen, schutzen &c.. und lassen gehen wie sie es machen, wie Christus [Matth. 21, 32] leret ‘Gebt dem Keiser was des Keisers jst’, Denn wir sind jnn ein ander hoher wesen gesetzt, welchs jst ein Gotlich, ewig reich, da man der dinge keines bedarff so jn die welt gehoren, sondern ein jglicher fur sich jnn Christo ein herr jst beide uber Teuffel und welt &c.. wie anders wo gesagt jst.

 

Welche nu zum selbigen jrdischen regiment gehoren, die sollen und mussen recht und straffe haben und halten, unterscheid der stend, personen, guter ordnen und teilen, das es alles gefasst sey und ein jglicher wisse was er thun und haben sol, und niemand sich jnn eines andern ampt menge noch andern zu nahe greiffe noch das jre neme. Dazu gehoren Juristen, die solchs leren und druber halten sollen. Das Euangelium aber hat sich nichts damit zubekomern, sondern leret wie das hertz fur Gott stehen und jnn dem allen sol geschickt sein, das es rein bleibe und nicht auff falsche gerechtigkeit gerate. Diesen unterscheid fasse und merck wol als den grund der sachen, darnach man auff solche fragen leichtlich kan antworten, das du sehest wo von Christus redet und wer die leute sind den er predigt, nemlich von geistlichem wesen und leben und fur seine Christen, wie sie fur Gott und jnn der welt leben und sich halten sollen, das das hertz an Gott hange und sich des weltlichen regiments noch keiner oberkeit, gewalt, straffe, zorn, rache nichts anneme.

 

Wenn man nu fraget, ob ein Christ auch rechten odder sich wehren sol &c.. so antwort schlecht und sage Nein, Denn ein Christ jst ein solche person odder mensch, so mit solchem welt wesen und recht nichts zuschaffen [s. 390] hat, Und jst in solchem reich odder regiment, da nichts anders gehen sol denn wie wir bitten ‘Vergib uns unser schuld, wie wir auch vergeben unsern schuldigern’, Da sol eitel lieb und dienst unternander sein auch gegen die, die uns nicht lieben sondern feind sein, gewalt und unrecht thun &c.. Darumb sagt er den selbigen, das sie dem ubel nicht widderstehen sollen und so gar nicht rache suchen, das sie auch den andern backen halten sollen dem der sie schlegt &c..

 

Darnach jst ein ander frage, ob ein Christen denn auch muge ein weltlich man sein und des regiments odder rechts ampt und werck furen, also das die zwo personen odder zweyerley ampt auff einen menschen geraten und zugleich ein Christ und ein furst, richter, herr, knecht, magd sey, welchs heissen eitel welt personen, denn sie gehoren zum weltlichen regiment. Da sagen wir ja, Denn Gott hat solch weltlich regiment und unterscheid selbs geordnet und eingesetzt, dazu durch sein wort bestetigt und gelobet, Denn on das kund dis leben nicht bestehen und sind alle sampt drin gefasst, ja darinn geboren, ehe wir Christen sind worden, drumb mussen wir auch darin bleiben, so lang wir auff erden gehen, doch nur nach dem eusserlichen leiblichem leben und wesen.

 

Darumb jsts nicht wol muglich, ein Christ mus ja jrgend eine welt person sein, weil er ja zum wenigsten mit leib und gut unter dem Keiser jst, Aber fur seine eigen person nach dem Christlichen leben jst er gar allein unter Christo und nicht des Keisers noch einiges menschen Und doch auswendig unter jn geworffen und verbunden, so fern er jn einem stand odder ampt jst, haus und hoff, weib und kind hat, Denn solchs jst alles des Keisers, drumb sol und mus er thun was er jn heisst und was solchs eusserlich leben foddert, Und thet unrecht, wenn er haus, weib, kind, gesind hette und wolt es nicht neeren noch schutzen, wo es not were, und gilt nicht das er wolt fur geben, er were ein Christ und mueste alles verlassen odder jm nemen lassen &c.. Sondern es heisst also: Du bist jtzt jnns Keisers regiment, da du nicht heissest ein Christ sondern ein vater, herr, furst &c.. Ein Christ bistu fur deine person, aber gegen deinem knecht bistu ein ander person und schuldig jn zu schutzen.

 

Sihe so reden wir jtzt von einem Christen in relatione nicht als von einem Christen, sondern gebunden jnn diesem leben an ein ander person, so er unter odder oeber jm odder auch neben jm hat, als herrn, frawen, weib, kind, nachbar &c.. da einer dem andern schuldig jst zu verteidigen, schutzen und schirmen wo er kan. Darumb were nicht recht, das man hie wolt leren den andern backen herhalten und den rock zum mantel wegwerffen. Denn das [s. 391] were eben genarret, wie man sagt von einem tollen heiligen, der sich selbs lies die leuse fressen und wolt keine todten umb dieses texts willen, gab fur, man mueste leiden und dem boesen nicht widderstehen.

 

Bistu nu ein fuerst, richter, herr, fraw &c.. und hast leut unter dir und wilt wissen was dir zugehoret, so darffstu Christum nicht fragen, sonder frage des Keisers odder dein land recht drumb, das wird dir wol sagen, wie du dich gegen deinen unterthan halten und sie schutzen solt, Denn da hastu macht und recht beide zu verteidigen und straffen &c.. so fern dein regiment odder ampt und befelh reichet, aber nicht als ein Christ sondern als des Keisers unterthan. Was were das fur eine torichte mutter, die nicht wolte jr kind fur einem hund odder wolff schutzen und retten und darnach sagen, ein Christ solt sich nicht weren? solt man sie nicht mit guten schlegen leren und sagen: Bistu ein mutter, so thu was muetter recht jst, das dir befolen jst und Christus nicht genomen sonder viel mehr bestetigt hat.

 

Darumb lieset man von vielen Heiligen mertern, die auch unter ungleubigen Keisern und herrn jnn krieg gezogen, wenn man hat auffgeboten, und getrost umb sich geschlagen und gemordet haben wie andere, das hierin keine unterscheid war zwisschen Christen und heiden und dennoch nicht widder diesen text gethan haben, Denn sie thetens nicht als Christen fur jre person sondern als gehorsame gelieder und unterthane verbunden an weltliche person und regiment, Wo du aber los und ungebunden bist an solch weltlich regiment, so hastu hie ein ander regel als ein andere person.

 

Darumb lerne nur die unterscheid wol unter den zwo person die ein Christ zugleich tragen mus auff erden, weil er unter andern leuten lebt und der welt und des Keisers guter brauchen mus so wol als die heiden, Denn er hat eben das selb blut und fleisch das er mus erhalten, nicht aus dem geistlichen regiment sondern aus dem acker und land, das des Keisers ist &c.. so lange bis er auch leiblich gar aus diesem leben jnn ein anders kompt. Wo nu solchs mit guter unterscheit gefasset jst, wie weit sich eines Christen und eine weltliche person strecket, so kanstu solche sprueche alle fein ortern und recht applicirn dahin sie gehoren, Das man die zwey nicht jnn einander brewe und menge, wie der Bapst gethan hat mit seiner lere und regiment.

 

Das sey nu gesagt von solcher person, so gegen andern personen verbunden jst unter weltlich recht, das da heist, vater, mutter, herr und frawen recht &c.. Wie aber, wenns deine person allein betrifft, das man dir leid und unrecht thut, ob es da auch gelte, das man sich mit gewalt da widder wehre und schuze? Antwort Nein, Denn hie leret das weltlich und Keisers recht selbs: das widderschlagen macht hadder, und wer widderschlegt der krigt unrecht, Denn da mit felt er dem Richter jnns ampt, welchem geburt zustraffen, [s. 392] und nimpt jm sein recht, Gleich wie jnn andern fellen, als wenn dir jmand stilt odder raubt, gebuert dir nicht dem selbigen widder zu stelen odder rauben und mit gewalt zu nemen, Aber wir sind gemeiniglich so geschickt, das wir uns flugs, ehe man sich umb sihet, selbs gerochen haben, Es sol aber nicht sein, Wiltu odder kansts ja nicht leiden, so magstu mit jm fur den Richter gehen und daselbs dein recht aus furen.

 

Denn er lessets wol geschehen das du ordenlicher weise das recht fodderst und nemest, allein das du zusehest und nicht ein rachgirig hertz habest: Gleich wie ein Richter wol mag straffen und toedten und doch daneben verbotten jst das er keinen hafs noch rachgir jm hertzen habe, wie gemeiniglich geschihet, das man des ampts misbrauchet seinen eigen mutwillen zu bussen. Wo aber nu solchs nicht mit unterleufft und allein dich mit recht widder gewalt und frevel suchest zuschutzen und auff zu halten, nicht dich zurechen noch dem nehesten zuschaden, so thustu nicht unrecht, Denn wo das hertz rein jst, da ists alles recht und wol gethan. Es jst aber ferlich, darumb das die welt sampt fleisch und blut boese jst und jmer das jre suchet und gleichwol mit solchem schein sich schmucket und den schalck decket.

 

Also ist nicht verboten fur gericht zugehen und klagen uber unrecht, gewalt &c.. wo nur das hertz nicht falsch jst, sondern gleich gedultig wie vor und allein darumb thuet, das es uber dem rechten halte und dem unrechten nicht stat gebe und aus rechter liebe zur gerechtigkeit geschehe, Wie jch droben ein exempel hab angezeigt von dem heiligen Joseph, der seine brueder verklagte fur jrem vater, wo sie etwas unrechts gethan und ein boese geschrey kriegten, und wird drumb gelobt, Denn er thats nicht aus boesen hertzen das er sie verraten wolt odder lust hette hadder zu machen, wie sie es ansahen und jn darumb feindeten, sondern aus einem freundlichen bruderlichen hertzen umb jres besten willen, Denn er sahe nicht gerne das sie solten ein boese geschrey kriegen, Das es nicht kund heissen rache gesuchet odder boeses gonnet sondern mehr zum besten geholffen und druber gelidden, das sie jm alle schalkeit an legten.

 

[Matth. 18, 31] Also lesen wir auch jm Euangelio Matth .18. jnn der gleichnis von dem knecht, welchem sein herr alle seine schuld geschenckt hatte und er nicht wolt seinem mitknecht eine kleine schuld erlassen, das die andern knecht seer betrubt wurden und solchs dem Herrn klagten, nicht darumb das sie sich recheten odder seines unglucks fro weren, sondern hielten faust, hertz und mund stille, das sie nicht flucheten odder bey andern verleumbdeten, sondern brachtens fur den herrn, dem es gehoret zustraffen, und suchten das recht, aber mit feinem Christlichem hertzen als solche person, die jrem herrn verbunden waren trew zu sein. Wie es denn sol und mus gehen, es sey jnn eim hause odder stad, wo ein fromer trewer knecht odder unterthan sihet einen andern unrecht odder [s. 393] seinem herrn schaden thun, das ers jm anzeige und seinen schaden vorhute, Des gleichen ein fromer burger, wo er sehe seinem nachbarn gewalt und schaden geschehe, das er helffe retten und weren: Das sind alles weltliche hendel, die Christus nicht verbotten sondern viel mehr bestetigt hat.

 

Denn das mus und sol nicht sein das man solt einem jeden seines mutwillen rawm und ursach lassen und stille da zu schweigen und nichts dazu thun, wenn mans ordenlicher weise wol weren und verkomen kan, ob wirs gleich on das leiden sollen und muessen, wo man uns unrecht und gewalt thut. Denn man mus nicht unrecht billichen, sondern der warheit zeugnis geben und mag sich wol auffs recht beruffen widder gewalt und frevel, wie Christus selbs fur dem priester Hanna sich auff recht berieff und erbot und doch nichts deste weniger leid das man jn schlug, und nicht allein den andern backen sondern den ganzen leib darbot.

 

Sihe, so hastu ein feinen klaren unterricht, wie man jnn den beiden recht faren sol, das man der weitleufftigen und ferlichen glosen, die man bisher gesucht hat, nicht darff, allein das mans recht teile und nicht jnn einander zihe, auff das es beides gehe und doch ein jglichs jnn seinem kreis bleibe, nemlich also, das ein Christ moege on suend allerley weltliche hendel furen, Aber nicht als ein Christen sondern als eine welt person Und doch das hertz jnn seinem Christenthum rein bleibe, wie Christus foddert, welchs die welt nicht thun kan sondern aller weltlichen ordnung und rechts, ja aller creaturn missebraucht widder Gottes gepot.

 

Also wenn ein Christ jnn einen krieg zeucht odder sitzet und recht spricht und straffet odder verklagt sein nehesten, das thut er nicht als ein Christ sondern als ein krieger, Richter, Jurist &c.. behelt aber gleichwol ein Christlich hertz, der niemand begeret boeses zuthun, und were jm leid das dem nehesten solt ein leid geschehen, Und lebt also zugleich als ein Christ gegen jderman gleich, der allerley fur sich leidet jnn der welt, und doch daneben auch als eine welt person allerley helt, brauchet und thut, was land odder stad recht, burger recht, haus recht foddert. Summa ein Christ als ein Christ lebet der keines, was man an jm sihet jnn disem eusserlichen leben, denn solchs gehoeret alles zum Keiserlichen regiment, welchs Christus auch nicht wil umb stossen noch so leren, das man davon lauffe und die welt odder sein ampt und stand verlasse, sondern desselben regiments und ordnung brauche und darunter verbunden bleibe, Und doch inwendig eins andern regiments lebe, das jenes nichts uberal angehet, auch nicht hindert, sondern wol bey sich leiden kan.

 

So komen wir nu mit solchem unterscheid auff den text und gehen durch alle dise stueck, nemlich das ein Christ sol keinem ubel widderstehen, widderumb eine welt person sol allem ubel widderstehen, so fern sein ampt gehet, Wie ein hausvater nicht leiden sol, das sich sein gesind widder jn setze odder sich [s. 394] unternander schlahe &c.. Also auch sol ein Christ mit niemand rechten, sondern beide den rock und mantel lassen faren, wenn mans jm nimpt. Aber eine welt person sol sich mit dem rechten schutzen und verteidingen, wo er kan widder gewalt und frevel. Summa jnn Christus reich heisst es allerley leiden, vergeben und guts fur boeses vergelten, Widerumb jnns keisers regiment sol man kein unrecht leiden sondern dem boesen weren und straffen und das recht helffen schutzen und erhalten, darnach eines iglichen ampt odder stand foddert.

 

Sprichstu aber: Ja hat doch Christus alhie mit klaren worten gesagt, jr solt dem ubel nicht widderstehen, das laut ia duerre, als sey es aller dinge verboten. Antwort: Ja sihe auch mit wem er solchs redet, Denn er spricht nicht, Man sol gar nicht dem ubel widderstehen, Denn das were schlecht alle regiment und oberkeit auffgehaben, sondern so spricht er: Jr, Jr sollets nicht thun. Was sind dise Jr? Es heissen Christus Junger, die er leret wie sie fur sich selbs leben sollen ausser dem weltlichem regiment, Denn Christen sein ist ein ander ding (wie gnug gesagt ist) denn ein weltlich ampt odder stand haben und furen, Darumb wil er sagen: Wer im weltlichem regiment ist, den lasset dem boesen widderstehen, rechten und straffen &c. wie die Juristen und Rechte leren, Euch aber als meinen schulern, die ich lere nicht wie jr eusserlich regiren, sondern fur Gott leben sollet, sage ich: Jr solt nicht dem ubel widderstehen, sondern allerley leiden und gegen die so euch unrecht odder gewalt thun ein rein freundlich hertz haben, Und ob man dir den rock neme, das du nicht rache suchest, sondern ehe auch den mantel dazu lassest, wo du es nicht weren kanst &c..

 

Er setzet aber zweierley weise dadurch einem unrecht geschicht odder das seine genomen wird. Zum ersten aus lautter gewalt und frevel, als da man einen auffs maul schlegt odder offentlich beraubt und fragt nicht das recht drumb, Das heisst er ‘einen backen streich geben’; Zum andern, wenn es nicht oeffentlich gewalt heisst, sondern mit dem schein und behelff des rechten geschihet, als wenn jemand fur gericht eine sache zu dir suchet, als habe er gut recht widder dich, das er dir das deine abdringe, Das heisst Christus fur gericht ‘den rock genomen’, da man dir das deine abspricht, und must also beide unschuldiglich unrecht leiden und doch dazu schuld haben, als seiestu unrecht &c.. Nicht das das recht dir leid odder gewalt thue, welchs dazu gesetzt ist das es die fromen schuetze, sondern das schelcke und buben am gericht sitzen und im ampt sind, das sie sollen recht sprechen, und doch wo man dir mit gewalt nicht zu kan, dasselb beugen und kruemen und misbrauchen zu jrem mutwillen. Wie denn die welt meisterlich kan und teglich treibt, das itzt nichts so gemein ist als das recht unrecht und aus unrecht recht machen mit allerley geschwinden fuendlin und seltzamen rencken.

 

[s. 395] Aller meist aber geschicht solchs den fromen Christen, welchen die welt on das feind ist und lust hat alle plage an zulegen, Darumb sagt jn auch Christus zuvor, das sie sich solchs versehen sollen jnn der welt und ergeben zu leiden, sonderlich so es geschicht umb der sachen willen, darumb sie Christen sind, das ist von wegen des Euangelij und des geistlichen regiments, das sie daruber aller streiche gewarten und alles lassen faren, Denn da mussen wir doch sonst leiden, weil wir als einzele personen nichts vermugen noch uns weren konnen widder die oberkeit, so sich selbs widder uns setzet, Sonst wo das nicht ist und dich kanst durchs recht schutzen und erweren, das dir odder den deinen kein gewalt geschehe, so thustu recht und bist es schuldig.

 

[Matth. 5, 42] Gib dem der dich bittet, und wende dich nicht von dem der dir abborgen wil.

 

Dreierley zeigt er an, das die Christen leiden sollen jnn zeitlichen gutern, das sie jn nemen lassen, gerne leihen und geben. Da lereten sie auch nicht weiter denn der welt und Keisers recht gehet, welchs heisst dich nicht das du das deine andern gebest noch dir nemen lassest, sondern leret dich mit deinem gut umbgehen und handlen, das du gleichs da fur nemest mit keuffen, verkeuffen, wechseln &c.. Da predigt nu Christus nichts von, sondern lessets gehen wie es die vernunfft leret, wie man gueter teilen und handeln sol &c.. Er zeigt aber was ein Christ uber das alles haben sol, nemlich die dreierley stuck, das er jm lasse nemen, es sey mit gewalt odder mit dem schein des rechten, item das er gerne gebe und auch gerne leihe, Darumb mus man hie abermal von einander teilen weltlich recht und Christus lere. Nach weltlichem recht magstu wol deiner gueter brauchen, damit handlen, keuffen und verkeuffen, wie man liesst von den heiligen Patriarchen, das sie mit gelt und gut gehandlet und umbgangen sind wie ander leut, wie es denn auch sein mus, wer unter den leuten wil leben, weib und kind neeren &c.. Denn es gehoret alles dazu das der Bauch sein recht habe, und jst eben so notig als essen und trincken.

 

Aber uber das leret dich Christus, das du jnn diesem allen gleich wol solt bereit sein, gerne nemen zulassen, ja wolzuthun odder zugeben, und auch zu leihen wo du kanst und gewalt zu leiden, nicht allein mit gutern, sondern auch mit deinem leib und leben, wie jm vorigen text gesagt jst, Und sonderlich alles umb des Hern Christi willen, wo man dir von des Euangelij wegen zu wil, das du da nicht allein den rock sondern auch den mantel, nicht allein gut und ehre, sondern auch leib und leben lassest faren, Denn jnn solchem fal hat es keinen zweivel und kan zwar auch nicht wol ein ander fal sich zutragen. Denn jnn andern fellen, so zu weltlichen sachen und regiment gehoren, hastu richter und recht, wo dir unrecht odder gewalt geschicht, die du kanst anruffen und zu hulff nemen, Kanstu aber nicht recht noch schutz [s. 396] erlangen, so mustu es auch leiden, wie es denn auch wol die unchristen leiden muessen.

 

Aber hie mus man auch zu sehen, das man nicht schelcken und buben rawm lasse, die sich der lere wolten behelffen und furgeben, die Christen muessen allerley leiden, darumb moeg man jn getrost jnn jre guter greiffen, nemen und stelen, Und ein Christ muesse schuldig sein mit allem was er hat da zu sitzen einem jglichen verwegen bueben, das jm alles offen stehe, und muesse jm geben odder leihen so viel er haben wolle und nicht widder foddern &c.. wie der schendliche abtruennige Keiser Julianus mit diesem text spottet und nam den Christen was er wolte, gab fur, er wolte jrs eigen rechten mit jn spielen. Nein lieber gesel, es gilt nicht also, Das jst wol war das die Christen sollen bereit sein allerley zu leiden, aber koempstu fur den richter odder dem hengker jnn die hand, so sihe was er von dir leiden wird. Ein Christ mus es gewarten zu leiden was jm widderferet von dir und jderman, aber das jst er nicht schuldig, das er dir deines mutwillens gestatte und rawm lasse, wo ers mit recht und durch der oeberkeit hulff wehren kan, Und ob jn gleich die oeberkeit nicht schutzen wil odder auch selbs mit gewalt feret, sol er druemb nicht dazu stil schweigen, als muste ers billichen.

 

Also auch hie, ob er wol sol gerne jderman der jn bittet leihen und geben, doch wo er weis das ein bube jst, jst er jm nicht schuldig zu geben, denn das heisset mich Christus nicht, das ich sol eim jglichen buben das meine geben und den meinen und andern entzihen fo es durffen, denen jch on das schuldig bin zuhelffen, und darnach selbs mangeln und andere beschweren, Denn er spricht nicht das man einem jglichem geben und leihen sol, sondern dem der uns bittet, als der es notdurfftig jst &c.. nicht der es mutwillig abdringen wil, als die sonst wol haben odder sich on erbeit mit ander leut beschwerung neeren wollen. Drumb solt man hie drauff sehen und wissen was man fur leut jnn einer stad hette, welche arm und unvermoegen odder nicht weren, und nicht einen jglichen buben odder landleuffer zu lassen, die kein not haben und sich selbs wol kuenden neeren. Denn des selben Juncker Unrats gehet jtz uberal viel jm land jrre die sich dieser leere behelffen wollen und damit auff ander leut gut zeren und prassen und alles hindurch schlahen und so von einem ort zum andern streichen: solche sol man zu meister Hansen weisen und anders leren lassen, das sie nicht jres mutwillens frome leut betriegen muesten.

 

[2. Kor. 8, 2 ff.] Solchs leret auch S. Paulus .2. Cor .8. da er selbs eine steure suchet an den Corinthern fur die armen Christen jnn der theuren zeit, das es nicht [2. Kor. 8, 13] der meinung sol geschehen, das die andern ruge und sie trubsal haben sollen, [s. 397] das ist das sie muehe und erbeit haben und selbs mangel leiden solten, das [2. Thess. 3, 6] die andern einen guten mut von dem jren hetten, Und 2. Thessal .3. gebeut er den Christen, das sie sich entzihen sollen von solchen die unordig wandeln, sonder ein jglicher mit stillem wesen erbeiten, sein eigen brod essen und nicht [2. Thess. 3, 10] andere beschweren, Und schleust, das wer nicht wil erbeiten, der sol auch nicht essen. Darumb wer erbeiten kan, sol wissen das dis Gottes gepot jst, das er etwas furneme, damit er sich selbs neere und nicht andern beschwerlich sey, Denn der die es beouerffen sind on das genung, das man dennoch gnug zu [5. Mose 15, 11] leihen und geben hat, wie die schrifft sagt Deuter .15. ‘Es werden allezeit armen jnn deinem lande sein’, Denn wir sollen drumb nicht so leihen und geben, das wirs dahin jnn wind schleudern und nicht sehen wem wirs geben, sondern sollen vorhin die augen auff thun wer er jst, ob er sey Petens (wie Christus hie sagt) das jst, ob er benotigt sey und recht bitte, odder ob es ein versucher odder ein bube sey.

 

Da gehoret nu deine weltliche person zu, das du hie klug seyest, weil du unter den leuten wonest und die armen kennest und sehest was du fur leute krigest und wem du geben solt odder nicht. Sihestu denn das ein rechter Bitter jst, so thu deine hand auff und leyhe odder borge jm, so er dirs kan widder geben, Kan er aber nicht, so soltu jm schencken und einen strich durchs register machen, Als wol frome leute sind, die sich gerne neeren wolten mit weib und kindern und erbeiten und wjl doch nicht von staten gehen, komen hie und da jnn schuld und unrat, Fur welche auch ein jgliche stad sol jren gemeinen kasten und almosen haben und Kirchen diener, die darauff sehen wer solche sind und wie sie leben &c.. das man nicht den faulen streichern rawm lasse die leute zubeschweeren.

 

[Matth. 5, 43–48] Jhr habt gehort das gesagt jst: Du solt deinen nehesten lieben und deinen feind hassen. Jch sage aber euch: Liebet ewre feinde, Segnet die euch fluchen, Thut wol denen, die euch hassen, Bittet fur die, so euch beleidigen und verfolgen, auff das jhr kinder seid ewers vaters jm himel, Denn er lest seine Sonne auffgehen uber die boesen und uber die guten und lest regnen uber gerechte und ungerechte. Denn so jr liebet die euch lieben, was werdet jhr fur lohn haben? Thun nicht dasselb auch die zoelner? Und so jr euch nur zu ewren brudern freundlich thut, was thut jhr sonderlichs? thun nicht die zoelner auch also? Darumb solt jr volkomen sein, gleich wie ewer vater jm himel volkomen jst.

 

Dieser spruch so Christus hie anzeucht, stehet nicht an einem ort jm alten testament sonder hin und wider jm fuenfften buch Mose von jren feinden [s. 398] [5. Mose 23, 6; 25, 19] den heiden umbher, als Moab, Ammon, Amaleck, Und wie wol nicht aus gedruckt stehet das sie jre feinde hassen sollen, doch folget es gleichwol daraus [5. Mose 23, 3] als er sagt Deuter .23. sie sollen den Ammonitern und Moabitern und andern jren feinden nimer kein guts thun, auch kein glueck noch heil wunschen &c.. Da war nu warlich den Juden viel zu gelassen und weit eingereumet, haben sich auch wol drein gewickelt, Aber gleich wie jnn andern, so haben sie dis auch nicht recht verstanden sondern zu weit gegriffen und zu alle jrem mutwillen missebraucht, Darumb deutets hie Christus anders und zeiget jn den rechten verstand des gesetzes, welchen sie liessen ligen und dafur solche sprueche erfur zogen, die da scheineten fur sie lauten, das sie jren thand damit bestetigten.

 

Hie fasse nu abermal den unterscheid, Erstlich das er allein redet was die Christen als Christen thun sollen, sonderlich umb des Euangelij und jres Christenthumbs willen, Als wo mich jmand hasset, neidet, lestert odder verfolgt umb Christus und des himelreichs willen, sol ich nicht widder hassen, verfolgen, lestern und fluchen sondern lieben, wolthun, segenen und fur jn bitten, Denn ein Christen ist ein solch mensch, der gar kein hass noch feindschafft widder jmand weis, keinen zorn noch rache jnn seinem hertzen hat sondern eitel liebe, sanfftmut und wolthat, Gleich wie unser Herr Christus und sein himelischer vater selbs ist, welchen er auch hie zum exempel setzet.

 

So fragt sichs nu, Was sol man denn dazu sagen das man offt jnn der schrifft lieset das auch die heiligen leute jren fejnden geflucht haben, auch Christus selbs und seine Aposteln: Heisst das die feinde lieben und segenen? Odder wie kan jch den Babst lieb haben, den jch teglich schelte und fluche, und auch billich? Antwort auffs einfeltigst: Jch habe offt gesagt das das predigampt nicht unser ampt sondern Gottes jst; Was aber Gottes jst, das thun wir nicht sondern er selbs durch das wort und ampt als sein eigen [Joh. 16, 8] gabe und geschefft. Nu stehet geschrieben Joh .16. Des heiligen geists ampt und werck sey das er sol die welt straffen, sol er sie aber straffen, so kan er jr nicht heucheln noch gnad juncker heissen und sagen was sie gerne hoeret, [Matth. 23, 13] sondern mus sie schelten und ubel anfaren, wie Christus uber seine Phariseer [Apg. 13, 10] Weh schreiet und Paulus zu Elima Act. 10. ‘Du Teuffels kind vol aller [Apg. 7, 51] schalkeit’ &c.. und Stephanus auch Act .7. den hohen priestern ein harten [Gal. 1, 8. 9] scharffen text lieset, Und sonderlich S. Paulus Gal .1. schuttet es gar auff einen hauffen aus und heisst sie alle Anathema, das jst verbannet und verflucht und jnn abgrund der helle gesteckt, die nicht die reine lere vom glauben leren.

 

Sihe Also thut Gottes wort, das es die gantze welt antastet, greifft beide herrn und fuersten und jderman jns maul, schilt und verfluchet alle jr [s. 399] wesen, welchs mir und dir als einzelen Christen ausser dem ampt und der [Ps. 2, 10 ff.] lere nicht zimet, Also thar Davidt jm andern Psalm her faren und allen Koenigen und herrn sagen das sie dencken und sich demuetigen und zu fusse fallen der lere von Christo, lassen sich straffen und anders leren odder sollen kurtzumb verdampt zum teuffel gestossen werden: Das durffte jch nicht thun, aber Gottes wort gehet also, donnert und blitzet und sturmet widder grosse mechtige berge und schlegt drein, das es raucht, zuschmettert alles was gros, [Ps. 29, 5 ff.] stoltz, ungehorsam jst, wie Psalmus 29 sagt, Und widderumb als ein fruchtbarer regen begeusst und feuchtet, pflantzet und stercket was matt und kranck jst als arme duerre pflantzen.

 

Wenn nu jemand wil zufaren und umb sich beissen mit fluchen und schelten nicht als ein Lerer und prediger, dem Gottes wort befolen zu furen, der thut unrecht, Welchem aber solch ampt befolen jst, der sol und mus es [Jes. 58, 1. 13] thun und thut auch unrecht, wenn ers nachlesset odder aus furcht das maul nicht getrost auffthut und straffet on ansehen der person was zu straffen jst, Als wir jtzt unsern Bisschoven mussen sagen das sie tyrannen und boeswicht sindt, die offenlich mit allem frevel und mutwillen widder Gott und recht handlen, Denn das thu ich nicht von mir selber sonder von meines ampts wegen, Sonst sol jch fur meine person keinem menschen auff erden kein boeses wundschen noch sagen, sondern widderumb jderman alles guts wundschen, reden und thun, Denn so feind bin jch dem Bapst, Bisschoven und allen feinden nicht, die uns verfolgen und alle plag an legen: was jn Gott gibt von zeitlichen gutern, gewalt und ehre, das gonne ich jn hertzlich wol, wolte sie auch gerne helffen dabey erhalten, ja noch das viel lieber dazu gonnen das sie auch jnn geistlichen guetern, darinne wir sind, reich weren und keinen mangel hetten, Und were unser hertzliche freude, wo wir sie kondten mit unserm leib und leben erzu bringen und aus jrer blindheit und teuffels gewalt reissen und retten.

 

Aber weil sie des schlecht nicht wollen noch etwas guts so wir jn anbieten von uns leiden odder annemen koennen, so muessen wir auch sie faren lassen und sagen: Wens ja sol sein das deren eines untergehen sol, Gottes wort und Christus Reich odder der Bapst mit alle seinem hauffen, so gehe er lieber jnn abgrund der helle jnn seines Gotts des teuffels namen, das nur Gottes wort bleibe. Sol jch eines segen und preissen odder fluchen und verdammen, so segene jch Gottes wort und verfluche sie mit allem was sie haben, Denn jch mus Gottes wort uber alle ding setzen und leib und leben, der welt gonst, gut, ehr und alles heil daran zusetzen, das jch das selbige erhalte und bey Christo bleibe als meinem hochsten schatz jm himel und erden, Denn [s. 400] es mus ja der zweyer eins geschehen das entweder Gottes wort bleibe und sie sich da zu schlahen odder, wo sie nicht wollen gnad und guts und alle selickeit haben, so sollen sies auch nicht unterdrucken.

 

Also kan sich ein Christ leichtlich jnn die sachen richten, das er sich beide gegen feind und freund recht halte und jderman liebe, segne &c.. wo es des nehesten person betrifft, Aber doch daneben, was Gott und sein wort angehet, nichts lasse zu nahe geschehen, sondern dasselb uber und fur alles setze, alles drueber zusetze, niemand angesehen, es sey freund odder feind, Als das nicht unser noch des nehesten sondern Gottes selbs sache jst, dem wir schuldig sind fur allen dingen zugehorchen. Darumb sage ich zu meinen ergesten feinden: soviel meine person betrifft wil ich dir hertzlich gerne helffen und alles guts thun, ob du mir gleich feind bist und eitel boeses thust, Aber was Gottes wort belanget, da soltu keiner freundschafft noch liebe gewarten, das ich dawidder thun solt, ob du auch mein nehester bester freund werest, Sondern weil du dasselb nicht leiden wilt, so wil ich solch gebet und segen uber dich sprechen, das dich Gott zuschmettere jnn die erden. Gerne wil ich dir dienen, aber nicht dazu das du Gottes wort wilt umbstossen, da soltu mich nicht zu bringen noch vermoegen das ich dir einen trunck wassers solt geben. Summa, menschen sol man lieben und dienen, aber Gott uber alles, das wo man die selbe hinderen odder weren wil, da gilt keine liebe noch dienst mehr, Denn es heisset: deinen feind soltu lieben und guts thun, Aber Gottes feinden mus ich auch feind sein, das jch nicht mit jn widder Gott anlauffe.

 

So hat er nu dis stuck auch widderlegt widder der juden wahn, die der schrifft eine nasen dreheten, als moechten sie wol jrem feinde widder feind sein, Und das gesetz so verkleret, das sie gar keinen feind sollen haben, dem sie feind seien, ob gleich Moses gesagt hatte, das sie mit etlichen fremden heiden solten keine freundschafft haben und machen, welche nicht sie sondern Gott sonderlich ausgezogen hatte als seine feinde, Aber das sie selbs fur feinde hielten welche sie wolten und den selben fluchten, verfolgten und plagten, das ist Moses meinung nicht gewesen. Denn auch Salomo, als der Mosen recht [Spr. 25, 21] verstanden und ausgelegt hat, spricht also: ‘Wenn deinen feind hungert, so [Röm. 12, 20] speise jn, duerstet jn, so trencke jn’, welchen spruch auch S. Paulus Rom. 13. anzeucht, Denn seinen feind hassen gehort zu einer gemeinen personen und ampt von Gottes wegen, Aber das gebot ‘Du solt deinen nehesten lieben als dich selbs’ gehet uber den gemeinen hauffen und einen jglichen durch und durch.

 

Sihe aber wie hoch er das ziel steckt, das er nicht allein die straffet, die den feinden boeses thun, sondern auch die nicht lesset from sein, die da lassen anstehen jn guts zuthun, wo sie es duerffen. Denn er spricht zun [s. 401] ersten ‘Liebet ewere feinde’, Lieben aber heist ein gut hertz tragen und alles gutes goennen, von hertzen freundlich und guetig und suesse sein gegen einem jglichen, nicht lachen zu seinem schaden odder unglueck. Des gleichen wil er das auch mit worten geschehe, als er spricht ‘Segnet die euch fluchen’ &c.. Das man auch kein boese wort widder sie lasse faren, ob sie uns gleich auffs ergest schelten, lestern, schenden und verfluchen, sondern eitel guts reden und wuenschen. Da her komet das feine Christliche wort, so ettliche frome leut furen, wo sie hoeren das jn jmand hat unrecht gethan odder ein bubenstueck beweiset, das sie sprechen: Vergebe jms Got, als klagend und aus mitleiden, die nicht mehr wuenschen denn das jm solchs fur Gott nicht schade: Das heist eine gute zunge widder andere boese zungen, das beide mund und hertz eitel liebe erzeigen.

 

Darnach zum dritten wil er das man solch hertz auch mit dem werck beweise und mit allerley freundschafft und gutthat und spricht ‘Thut wol denen die euch hassen’. Dis jst aber gar ein seltzame tugent und ein solche lere, die warlich fur die welt gar nicht dienet und zwar der natur gantz unmueglich jst, das man solte eitel guts fur allerley boesheit geben und hin schuetten und sich keine bosheit noch schendlichen undanck uberwinden [Röm. 12, 21] lassen sondern das boese mit gutem uberwinden und dempffen, wie S. Paulus sagt; Druemb hat er zuvor bedinget das wer Christi juenger wil sein und jns himelreich komen, der muesse ein ander bessere gerechtigkeit haben denn die Phariseer und Juedischen heiligen.

 

Das vierde stuck aber ‘Bittet fur die, so euch beleidigen und verfolgen’ gehet mehr auff unser lere und glauben denn auff unser person und leben, Denn das sie uns verfolgen geschicht umb Gottes wort willen, das sie wollen recht haben und wir sollen unrecht haben, Da gehoret zu das wir sollen bitten und Gotte die sache befelen, weil wir auff erden kein Recht noch richter finden, Und weil wir sehen das die uns verfolgen nicht allein widder uns sondern widder Gott selbs anlauffen und jnn sein reich greiffen und nicht uns sondern jn selbs den grossten schaden thun und jnn Gottes zorn und urteil gefallen sind, sollen wir uns mehr jr erbarmen und fur sie bitten das sie aus der blindheit und schrecklichem urteil komen mochten. Denn es kan uns doch niemand kein leid thun, er mus zuvor viel einem grossern herrn gethan haben, nemlich der hohen maiestet jm himel.

 

Doch das auch so fern, das es ausser dem ampt gehe und das selbe nicht hindere, auff das man, wie jch jmer gesagt habe, wol unterscheide die lere so jnn gemein eines jglichen person betrifft, von der lere, welche denen so jm ampt sind gehort, es sey geistlich odder weltlich, welchs sein werck hat, das es straffen und dem boesen weren mus: Darumb ob sie wol fur sich guetig [s. 402] sind, so mus doch recht und straffe als jres ampts werck auch gehen Und were nicht recht das sie dasselb als aus barmhertzigkeit wolten anstehen lassen, Denn das were zum boesen geholffen, gesterckt und rawm geben, Als wenn jch zu unsern feinden, Bapst, Bisschoven, Fursten und wer sie sind, die das Euangelion und die armen leut so daran hangen verfolgen und mit fussen tretten, wolt also sagen: Lieben herrn, lohne euch der liebe Gott, jr seid frome leut und heilige veter &c.. odder wolt schweigen und sie anbeten odder die fusse kuessen &c.. Nein lieber bruder, Es heisst also: Jch bin ein prediger, der da sol zeene jm maul haben, beissen und saltzen und jnen die warheit sagen, und wenn sie nicht wollen horen, jnn bann thun, den himel zuschliessen und hellisch feur zu orden und dem Teuffel geben von Gottes wegen &c..

 

Wer nu solch ampt hat zustraffen, schelten &c.. der thu es, Aber ausser dem ampt halte sich ein jglicher diser lere, das du nicht scheltest noch fluchest, sondern alles guts wunschest und erzeigst, ob er gleich boeses thut, und also die straffe von dir schiebest und befehlest denen die das ampt haben, Denn er wird doch wol seinen richter finden, der es jm nicht schencken wird, ob du dich gleich nicht rechest noch zu rechen suchest, Denn Gott wil keines mutwillen ungestrafft lassen sondern selbs rechen an unsern feinden und jn heimschicken [5. Mose 32, 35] was sie an uns verdienet, wie er selbs spricht ‘Mein ist die rache, ich wils [Röm. 12, 19] vergelten’ Daraus Sanctus Paulus die Christen vermanet Roma .13. ‘Rechet euch selber nicht, sondern gebt rawm dem zorn Gottes’, Mit welchen worten er nicht allein leret sondern auch troestet, Als wolt er sagen: unterwindet euch nicht ein ander zu rechen, fluchen und ubels wunschen, Denn wer dir leid odder schaden thut, der greiffet jn ein ampt das nicht sein ist, als der sich unterwindet dich zu straffen odder leid zu thun on befehl, ja widder Gottes befelh. Wenn du nu auch so thuest, so greiffest du auch jnn Gottes ampt und sundigst eben so schweer widder jn als jener, Darumb halt deine faust stille und gib rawm seinem zorn und straffe und las jn machen, als ders nicht wil ungerochen lassen und herter straffet denn du begeren magst. Denn er hat nicht dich sondern viel hoeher Got selbs angetastet und ist schon jn seinen zorn gefallen, dem wirt er nicht entlauffen, wie jm denn noch keiner entlauffen ist. Was wiltu den zurnen, weil schon Gottes zorn, der unmesslich groesser und schwerer ist denn aller welt zuernen und straffen, uber jhn angangen ist und bereit hoeher gerochen denn du dich rechen kuendest? Und hat dir noch nicht das zehend teil so wehe gethan als jm. Warumb wiltu denn viel fluchen und rechen, weil du sihest das er jnn solchem schwerem urteil ligt, das du dich viel mehr seines jamers erbarmen solt und fur jn biten das er mochte eraus komen und sich bessern &c..?

 

[s. 403] Und diese lere zubestetigen und ein zu bilden gibt er zwey exempel: Zum ersten das er spricht ‘Auff das jr kinder seyet ewers vaters jm himel, Denn er lest seine sonne auff gehen uber die boesen und uber die guten und lest regnen uber gerechte und ungerechte’, Als solt er sagen: Wolt jr rechte kinder heissen den vaters jm himel, so lasset euch sein exempel bewegen, das jr auch also lebt und thut wie er. Wie thut er aber? Er lest seine sonne teglich auffgehen und regenen beide uber die fromen und boesen. Da hat er mit kurtzen worten gefasset alle wolthat die Gott der welt auff erden erzeigt, als er die zwey stuck setzet, die sonne und den regen. Denn wo die zwey odder der selben eines nicht were, so were die gantze welt lengest wuest, verdorben und vergangen. Wenn die sonne nicht teglich auffgienge, so kund man keinen tag nicht erbeiten, sondern musten alle thier, dazu alle bewme, kraut und gras fur frost verderben, Darumb gibt allein die sonn den nutz, des die welt vol ist und nicht bezalen kan, das alle thier und mensch sein narung suchen kan, und dazu hitze und werme, das es lebend bleibt, wechset, zunimpt und nicht vergehet. Summa Es jst nicht aus zu zelen was Gott alle stund und augenblick durch die sonne fur wolthat gibt, Ja wo jst jemand der solchs erkennet odder dafur dancket?

 

Aber ob wol Gott durch die sonne alles gibt, schafft und erhelt, so mussen wir doch auch den regen haben, Denn wo sie jmer schiene, so wurde zu letzt alles fur hitze verdorren und verschmachten und kunde kein futter noch getreide fur die thier noch menschen wachsen. Darum hat ers mit dem regen temperirt, das es wider zu sich selbs kome und also bey seinem safft und krafft bleibe. Also sind nu jnn den beiden gefasset die vier stuck so zum leben gehoeren, welchs die Philosophi heissen primas qualitates, kalt, warm, trocken und feucht, das keines on das ander sein mus, denn wenns eitel kelt were odder widderumb eitel hitze, so were es kein leben. Nu bringt die sonn zwey stuck, hitze und trocken, des gleichen der regen auch zwey, das es kalt und feucht sey. Also gibt Gott der gantzen welt teglich leib und leben und allerley notdurfft, nutz und brauch desselben auffs aller reichlichst und gar umbsonst seinen feinden so wol als freunden, ja er regenet wol am meisten jnn einen wuesten, wilden wald und wasser, da es gar kein nutz jst, und lesst seer sperlich regen, da frome leut wonen, Ja er gibt den bosesten buben die besten Konigreich, land und leut, gelt und gut, den fromen aber kawm das brod zu essen.

 

Weil uns nu Gott solch exempel allenthalben jnn der weiten welt fur die augen stellet, eben als wolt er damit uns vermanen und zu uns sagen: Weistu nicht was ich fur ein man bin und dir fur guts thue? so frage sonn [s. 404] und mond und regen darumb und alles was kalt, nass, warm odder trucken ist, so wirstu sehen nicht allein unzelige wolthat, die ich meinen Christen sondern auch viel mehr den boesen erzeige, die mirs keinen danck wissen, sondern zu lohn meinen son und frome Christen auffs hoechste verfolgen, Also das du dich mussest schemen, wenn du die sonne ansihest, als die dir teglich solchs fur predigt, ja auch fur einem bluemlin odder bawm blat auff dem feld, Denn es stehet jnn allem laub und gras geschrieben und ist kein voegelin, ja kein fruechtlin, keine beer, kein koernlin so klein, das dir solchs nicht zeige und spreche: Wem trage ich meine schone frucht odder beer? Den ergesten schelcken und buben auff erden. Was zeihestu dich denn, das du so gar keine liebe zu Gott noch wolthat gegen dem nehesten jnn deinem leibe hast und nicht auch ein wenig gegen andern so erzeigest, weil er dir on unterlas so viel guts thut durch alle creaturn?

 

Nu ist noch kein mensch auff erden der das hunderteste teil soviel leide von boesen buben, als er teglich leiden mus, nicht allein damit das man seiner guter und aller creatur missbrauchet zu eitel sunden und schanden, sondern viel mehr das eben die selben, die solcher guter am aller meisten haben, als Koenige, herrn und Fursten, die sind jm und seinem wort so feind als dem Teuffel selbs, das sie es gerne, wo sie kundten, auff ein mal ausrotteten, sturmen on unterlas mit eitel schenden, fluchen, lestern und dar zu mit der faust dawidder, das niemand auff erden ist, den man mehr hass und neid sampt allerley schalckheit und tuecke beweiset denn seinen Christen. Nu das mus er von aller welt leiden, noch ist er so from und lest jn teglich die sonne scheinen und aller seiner wolthat uberfluessig genissen, die doch viel mehr werd weren nicht einen strohalm noch ein augenblick liechts zu haben, sondern das er on unterlas eitel hellisch feur lies uber sie regen und mit stralen, hagel, spiessen und buchsensteinen auff sie schlacken und schlossen. Das mag ja ein fromer vater heissen, der solche verzweivelte boeswicht lest soviel guts, land, leut, fruchte und gut wetter widderfaren und aller dinge herrn und junckern sein jnn seinem gut, das jn sonn und mond sampt allen creaturn dienen mus, und sich lassen missbrauchen zu allem jrem mutwillen und bosheit widder Gott. Wollen wir nu des vaters kinder sein, so solten wir ja solch hoch exempel uns lassen bewegen, das wir auch also lebten.

 

Das ander exempel ist von den boesen buben und moerdern unternander selbs, Die konnen auch die kunst das sich einer zum andern helt und mit einander guter ding sind, ja setzen zu samen leib, gut und leben und sind doch nur dazu gericht, das sie den leuten leid thun, rauben und morden und solchs allein umb zeitlichs ungewissen guts willen, Darumb sollet jr euch ja [s. 405] billich schemen (wil er sagen), die jr Christen und Gottes kinder heisset und gen himel wollet und so ein fromen trewen vater habt, der euch alles guts verheisset und gibt und doch nichts fromer seid denn rewber und morder und allen bosen buben auff erden gleich. Denn es sind noch keine jhe so boese gewest, die nicht unternander liebe und freundschafft gehalten haben, wie kund sonst jr wesen bestehen? Denn auch die Teuffel jnn der helle konnen selbs [Matth. 12, 25 f.; Luk. 11, 18] nicht widdernander leben, sonst wurde jr reich bald zustoeret, wie auch Christus selbs sagt.

 

Sihe nu, wie from bistu, wenn du nur deinen freunden freundlich und hold bist? Du bist dennoch so from als diebe und schelcke, huren und buben, ja als der Teuffel selbs, Noch gehestu daher, bist sicher und meinest, du seyest wol dran, und kanst dich noch herrlich schmucken und rhuemen, als werestu ein Engel, Wie unsere Rotten geister jtzt rhuemen von grosser liebe die sie unternander haben, das man daraus musse spueren das der Heilige geist bey jn sey. Was thun sie aber? sie liben jr eigen rotten geschmeis, daneben sind sie uns spinnen und mordlich feind, die wir jn doch kein leid gethan haben, Das man freilich wol spueret was sie fur ein geist haben und wol rhumen moegen das sie dennoch soviel lieb haben als buben, schelcke und morder, dazu die Teuffel selbs unternander. Mit der weise wuerde kein mensch auff erden boese sein, Denn es ist ja keiner so verzweifelt boese, er mus jemand zu freund haben, wie kund er sonst unter den leuten leben, wenn er sich mit allen leuten solt beissen und fressen? Wenn du nu hie auch woltest schliessen, der liebet seine freunde, darumb ist er from und heilig, So mustu den Teuffel und alle die seinen zuletzt auch from machen. Darumb wil er schliessen widder die phariseische heligen, das alles eitel buberey ist was sie leren von der liebe &c.. Und leret sie das blat umbkeren und die schrifft recht ansehen, wo sie wollen Gottes volck sein, das sie sehen und erzeigen die liebe gegen jre feinde, damit kunten sie beweisen das sie eine rechte liebe hetten und Gottes kinder weren, wie er seine liebe beweiset den feinden und undanckbarn.

 

[2. Mose 23, 4] Denn solchs hat auch Mose selbs klar gesagt, als Exodi 23. ‘Wenn du deines feinds ochsen odder esel begegnest, das er jrret, so soltu jm den selben [2. Mose 23,] widder zu furen’, Jtem wo er unter der last ligt, soltu jm widder auff helffen &c.. Jnn dem solten sie ja gefunden haben das sie auch jre feinde schuldig weren zu lieben, wenn sie den text hetten angesehen und nicht daruber hin gefladdert, wie jtzt unser blinden lerer uber die schrifft fladdern. Denn weil er heisset einen esel odder ochsen der des feinds ist widder bringen und auff helffen, so wil er viel mehr solchs gethan haben, wo er selbs jn fahr ist seins leibs, guts, weibs, kinds &c.. Und ist jnn summa soviel gesagt: Du [s. 406] solt seines schadens nicht begeren sondern den selben verhuten, und wo du kanst jm zu frumen helffen und foedern &c.. Damit kanstu jn zu letzt bewegen und mit gutthat uber winden und erweichen, das er dich widder mus lieb gewinnen, weil er kein boeses sondern eitel liebe und alles guts von dir sihet und erferet.

 

Also beschleust nu Christus dis Capitel auff solche lere und exempel [Matth. 5, 48] und spricht: Darumb solt jr volkomen sein, gleich wie ewer vater jm himel volkomen ist. Hie haben unsere Sophisten viel getreumet von der volkomenheit und alles auff jre orden und stende gefuret, als seyen pfaffen und monche alleine jm stande der volkomenheit und je einer hoeher den der ander, die Bischove hoeher denn die andern, aber der Bapst am aller hoehesten. Damit ist dis wort gar von dem gemeinen Christen stand gerissen, als kunden sie nicht volkomen heissen und sein, Aber hie horestu das Christus nicht redet mjt Bischoven, monchen und nonnen sondern jnn gemein mit allen Christen, die seine schuler sein und Gottes kinder heissen wollen, nicht den zoelnern und boesen buben gleich, wie die phariseer und unsere geistlichen sind.

 

Wie geschicht aber das das sie volkomen seyen? Antwort kurtzlich (denn anderswo hab ich weiter davon gehandlet): Also konnen wir nicht volkomen sein noch werden, das wir keine sunde haben, wie sie von der volkomenheit treumen, Sondern das heisset volkomen sein hie und allenthalben jnn der schrifft, das erstlich die lere gantz rechtschaffen und volkomen sey und darnach das leben sich auch darnach richte und gehe, Als hie diese lere ist das man nicht allein die so uns gut thun sondern auch unsere feinde lieben [25, 26] sol. Wer nu solchs leret und nach solcher lere lebt, der leret und lebet volkomen.

 

Aber der Jueden lere und leben ist beides unvolkomen und unrecht, weil sie leren nur jre freunde lieben und dem nach auch leben, Denn das ist eine gestueckte odder geteilte und nur ein halbe liebe. Er aber wil ein gantze, runde, ungestueckte liebe haben, das man dem feind so wol liebe und guts thue als dem freund. So heisse ich ein rechter volkomener mensch, der die lere fein rund hat und helt, Ob aber das leben nicht hernach so starck jm schwang gehet, wie es denn nicht gehen kan, weil fleisch und blut on unterlas hindert, das schadet der volkomenheit nichts. Allein das man darnach strebe und darinn gehe und teglich fortfare, also das der geist uber das fleisch meister sey und das selb jm zawm halte, unter sich zwinge und zuruck zihe, das es nicht rawm kriege widder diese lere zu thun, Also das ich die liebe jnn rechter mitelstrasse, gegen jderman gleich gehen lasse, das sie keinen menschen ausschlage, So habe ich die rechte Christliche volkomenheit, die nicht jnn sonderlichen emptern odder stenden stehet, sondern allen Christen [s. 407] gemein ist und sein sol Und sich artet und richtet nach dem exempel des himelischen vaters, der seine liebe und wolthat nicht stuecket noch teilet, sondern alle menschen auff erden zugleich der selben geniessen lest durch sonne und regen, keinen ausgeschlossen, er sey frum odder boese.

 

Ende des funfften Capitels Matthei.

 

Das Sechste Capitel.

 

[Matth. 6, 1–4] Habt acht auff ewere Almosen, das jr die nicht gebet fur den leuten, das jr von jn gesehen werdet, jr habt anders keinen lon bey ewerm vater jm himel. Wenn du nu almosen gibst, soltu nicht lassen fur dir posaunen, wie die heuchler thun, jnn den schulen und auff den gassen, auff das sie von den leuten gepreiset werden. Warlich ich sage euch, sie haben jren lohn dahin. Wenn du aber almosen gibst, so las deine lincke hand nicht wissen was die rechte thut, auff das dein almosen verborgen sey, und dein vater, der jnn das verborgen sihet, wird dirs vergelten oeffentlich.

Bis her hat der Herr Christus gestraffet die falschen lere und auslegung der Schrifft, dadurch die leute allein dahin gefurt sind das sie mit der faust nicht sundigen, aber das hertz jnwendig gar unrein ist blieben, Und hat dagegen den rechten verstand der Schrifft und Gesetzes gezeigt und ausgestrichen, Nu aber greifft er nach der lere auch das leben an und straffet jre gute werck und lest jn also nichts gut sein weder lere noch werck, so sie doch ja als heilige leute die Schrifft teglich lereten und gute werck thaten, das man sie hielte fur den besten kern des gantzen Juedischen volcks und fur die heiligsten auff erden und alle welt auff sie sehen muste als jren spiegel und exempel, darnach sie leben solten, Wie man bis her die rechte lere und leben nirgend hat wissen zu suchen on bey unsern geistlichen pfaffen und monchen und doch jtzt auch durchs Euangelion gestrafft werden, das jderman sihet das sie weder recht geleret noch gelebt haben sondern sich und die leute verfurt und betrogen.

 

Nu ists jhe ein verdriesliche predigt, die so jnn die welt kompt, das sie kurtzumb solchen heiligen leuten nichts lesset recht noch gut sein, damit sie wol verdienet das man jhr feind wird und jnn der welt nicht leiden wil,

 

[s. 408] Aber der Heilige geist schewet sich nichts dafur, sondern feret fort, wie sein ampt ist, wo er hin kompt, das er beides straffe, Wie denn eins mit dem andern mus gestrafft sein, Denn das ist war, wo die lere nicht recht ist, da ists unmueglich das das leben solt recht und gut sein, welchs sich durch die lere mus lassen anrichten und nach derselben gehen, sondern was man darnach thuet und treibt, das sind doch eitel abwege und jrr genge Und soviel deste erger, das gleich wol jmer der schein und wahu bleibt, als sey es die rechte Goettliche lere, die gen himel weise und fure, und die wercke den namen haben das man sie gut heisset und doch nicht weiter sihet denn auff die faust. Wie sie denn gemeint haben, es were gnug damit und wol gelebt, wenn sie nur die werck theten, viel almosen geben, fasteten und betten, unangesehen wie das hertz gegen Gott stunde, Und da zu den schendlichen tueck und unflat an sich hatten, das sie es nur darumb thatten, auff das sie von den leuten gesehen wurden und fur der wellt ehre und rhum davon hetten, Darumb es hie Christus taddelt und gar verwirfft.

 

Und zum ersten straffet er jr Almosen, welchs doch das beste werck ist unter allen eusserlichen wercken, Denn es ist nichts anders denn den armen und durfftigen helffen und begreifft nicht allein ein stuck brods einem bettler fur der thur gegeben sondern allerley wolthat und allerley gute werck gegen dem nehesten, Denn das woertlin Almosen ist von dem Griechischen wort Eleemosyna gemacht, welchs heist barmhertzigkeit, wie wirs auch sonst nennen wercke der barmhertzigkeit, Daher auch die schrifft solche werck preiset uber alle ander, auch die gegen Gott geschehen, als opffern, beten &c.. wie Christus [Hos. 6, 6] selbs sagt aus dem propheten Osea ‘Jch habe gefallen an barmhertzigkeit [Jes. 58, 3 ff.] und nicht am opffer’, Jtem Esaie .58. straffet er das sie jn weh thaten mit fasten und casteyen des leibs und foddert solche werck, das sie sollen den armen wolthun, die hungerigen speysen, die nacketen kleiden &c.. Wie gehets denn zu, das er hie die Phariseer straffet umb solches guten wercks willen?

 

Antwort: Er straffet das werck nicht sondern jre meinung und gesuch jnn solchem werck, Denn das werck were an jm selbs wol gut, aber das verderbts das sie jren unflat dran schmiren, weil sie nur jren rhum und ehre fur den leuten damit suchen, nicht umb Gottes noch des nehesten willen, Darumb stellet er ein kurtzs stracks urteil, das alle solch Almosen, wie gros, viel und koestlich es sein mag, umb sonst und verloren sey.

 

Wer gleubt aber das solch laster und untugent so gemein ist jn der wellt und allermeist bey den aller besten und wie wenig dere sind, die on solch gesuch weltlicher ehre odder gunst gute werck thun? Nim alle Almosen jm gantzen Bapstum geschehen und zele wieviel du jr findest die nicht solcher meinung gegeben sind, Ja die wellt kompt nimer mehr dazu das sie erfare [s. 409] was da sey recht Almosen geben, Denn wir sind doch alle so geschickt, wenn uns die leute nimer begunden zu loben odder ehre, danck und gonst zu erzeigen, wurde ein jglicher bald die hand zu ruck ziehen, Denn wenn der Babst zu den Fursten und Stifftern hette gesagt: Lieben herrn, ich gebe euch nicht einen heller fur alle ewer stifften und Almosen &c.. was meinestu das sie wurden zu kyrchen und sonst gegeben odder gestifftet haben? Nicht einen stein hetten sie dazu furen noch legen lassen, wie man jtzt sihet, weil man recht leret und vermanet zu solchen wercken, das man umb Gottes willen aus reinem einfeltigen hertzen sol geben on alles gesuch eigner ehre odder verdiensts &c.. da ist niemand der einen heller wil geben, Aber vorhin, da man lob und ehr davon hatte, da schneyet es zu mit almosen, stifften und testamenten, Und wie wol das auch viel dazu halff das man die meinung hatte den himel da mit zuverdienen, Doch ist das nicht der rechte grund gewest sondern eigentlich der, davon hie Christus sagt, das es fur den leuten gros gehalten und gepreiset ward, sonst hette mans nicht angesehen das mans umb Gottes odder des himelreichs willen solt gethan haben.

 

Das mercket man dabey wol, wie gesagt, wenn man jtzt die leut auffs hoechste locket und vermanet zu solchen guten wercken und machets so koestlich als man jmer kan, das es Gott hertzlich wol gefellet sampt allen Engeln jm himel und dazu hundertfeltig vergelten wil, noch wil niemand hinan: Waran manglets denn? Allein daran das man nicht mehr sol lob und ehr, danck und lohn fur der wellt davon haben. Weil der kopff abgehawen ist, so wil der leib auch nicht mehr folgen, Wenn aber das heubt widder lebendig wurde, so wurde es bald auch widder jnn vollem schwang gehen wie zuvor, da es also gieng: Wenn ein reicher Furst soviel zu einem Closter gab, da kamen sie alle und sagten Deo gratias und verhiessens mit jrem gebet und Gottes dienst zuverdienen, das mueste man aus schreyen auff allen predigstuelen und alle welt sagen: O das ist ein koestlich werck. Also ist es jm Bapstum durch und durch gangen, ob jr wol wenig muegen gewest sein, die Gott rechtschaffen gefunden hat. Sihe dis ist ein gewisse anzeigung, das solchs allein darumb geschehen ist, das man danck, ehre und preiss damit verdienet.

 

Zu dem hastu auch diss warzeichen, das solche heiligen bald zornig werden und zuruck zihen, wenn sie undanck odder verachtung fulen, Denn wo sie es nicht aus der ursach theten, wurden sie sich solchs nicht lassen entrusten noch darumb unter lassen sondern fort faren und sagen: Jch habs darumb nicht angefangen, darumb auch nicht gelassen, Sondern Gott zu ehren und gefallen wil ichs thun, ob mir gleich niemand dafur ein gut wort nach sagte. Wenn du aber so einher scharrest: Soviel habe ich diesem gethan, das ist schon vergessen und ist kein danck jnn leuten &c.. Jch wolt jm gerne das hertz [s. 410] jm leibe mit geteilt haben, aber weil ich sehe das es sol verloren sein und sich so undanckbar erzeigt und sol muehe und erbeit umb sonst gethan haben, so lies ich jn hellisch fewer haben, das ich jm ein heller odder die ringe vom brod wolt geben. Sihe da kucket der schalck erfur und zeigest mit dein eigen worten warumb du du es thuest, nemlich das man dich anbeten und feyren sol und ehren als einen Gott, Wie man jtzt sihet an etlichen grossen Scharrhansen, wie sie zuernen und verweisen konnen, wenn man jn nicht allzeit zu danck thuet odder sagt was sie gerne hoeren, das sie auch Fursten und herrn damit trotzen und jderman gefangen wollen haben.

 

Sihe das ist die schendliche unart der guten werck und die gemeine plag jnn aller wellt, das niemand etwas guts thut on solch eigen gesuch. Denn die wellt kan aus dem wahn und sinn nicht komen noch undanck leiden und uberwinden, Daher sind auch die Monche komen, die jnn die wuesten sind gelauffen, weil sie zuschwach gewesen solchs zuleiden das sie solten jnn der welt sein, jderman helffen und guts thun und nichts den verachtung, schaden, schimpff und undanck zu lohn kriegen. Aber welcher Teuffel heist dich auch solche werck thun der meinung das du der welt ehre und gunst suchest zuverdienen, welche doch ungewis ist und bald hinfallen und sich wenden kan, Und legest sie nicht besser an, nemlich an Gott, da sie dir nicht kan verloren sein, der sie dir reichlich vergelten wil beide hie und dort, Und geschicht dir auch eben recht, weil du ein solcher schelm bist und nichts mehr suchest denn das dich die leut anbeten und dich damit zu einem Gott machest. So kan er fein lassen die welt und Teuffel so mit dir umgehen, das sie dir die Gottheit nemen und jn dreck fellen, da sie auch ligen sol, Denn weil du Gott jnn sein stul tharst sitzen und jnn sein ehre greiffen, so sturtzt er dich billich widder erab, das du fur die gestolene ehre alle schande zu danck habest. Darumb ists ja ein schendlich ding umb die wellt, sie sey from odder bose, so taug sie doch nirgend zu, denn sie wil entwedder gar ein offentlicher Teuffel sein, mit boesen wercken, odder wil selbs Gott sein mit guten wercken, und ist doch keines nicht zuleiden. Darumb kan niemand kein gut werck thun, er sey denn ein Christen, denn thut ers als ein mensch, so thut ers nicht umb Gottes, sondern seiner eigen ehre und genies willen, odder ob er gleich Gottes ehr furwendet, so ists doch erlogen und erstuncken.

 

So wil nu Christus leren wie man recht Almosen sol geben, und spricht: Wenn du Almosen gibst, soltu nicht lassen fur dir posaunen und ausruffen mit grossen schall, das es eine gantze stad musse wissen und davon sagen, gleich wie man bey uns, wenn man eine spende gibt, alle glocken lesset leutten, Sondern wenn du Almosen gibst, so gibs also, das auch deine lincke hand nicht wisse was die rechte thut, Das ist nichts anders gesagt, denn wie [s. 411] [Röm. 12, 8; 2 Kor. 9, 7, 11. 13] Sanct Paulus pflegt zu reden, Roma. .12. und sonst: Wer da gibt, der gebe einfeltiglich; Einfeltiglich aber geben heist, das er nicht seine ehre, gonst, danck odder lohn damit suche, und sehe auff keinen menschen, er sey undanckbar odder nicht, sondern frey dahin gebe was er geben wil, gleich wie Gott teglich gibt und seine sonne lesset scheinen, ungeachtet danckbare odder undanckbare, gleich als sehe er niemand, Das heisset ein einfeltigs hertz und meinung, die nichts anders suchet noch begeret, sondern allein Gottes willen und ehre ansihet.

 

Solche einfeltige Almosen findet man bey der welt nicht, Denn jhr geben ist also, das die rechte hand gibt, aber die lincke zu sich zeucht, das heisset man Gebers, Nemers, wie die kinder unternander spotten, ja so gegeben, das man zehen mal mehr dafur neme, als der einen tropffen wassers von sich gibt und ein fuder weins zu sich zeucht, Denn sie gibt also, das sie wil haben die ehre, die unmeslich groesser ist denn alles geld und gut, und keuffet dich mit einer partecken, das sie damit ein ewigen gefangen an dir habe mit leib und leben und was du hast, ja auch Gott selbs dazu, Darumb spricht Christus: Wenn du mit der rechten hand Almosen gibst, so sihe zu das du nicht mit der lincken hand mehr suchest zu nemen, sondern steck sie auff den rucken und las sie nichts darumb wissen, Das es einfeltig gegeben und nicht genomen heisse, odder so gegeben, das man dir musse zehen mal soviel schuldig sein und dich fur ein Abgott feyren und anbeten, wie jtzt unser Juenckerlin thun, wenn sie einem mit einem gulden odder zween gedienet haben, wollen sie jn so kauffen und verbunden haben, das er musse alles lassen gold sein was sie reden und thun und durffe jn nicht ein wort sagen on was sie gerne hoeren. Lieber, kanstu deine parteken so verkeuffen, so bistu kein verdorbener kauffman nicht.

 

Darumb wisse ein jglicher sich fur dem laster zuhuten und sehe auff sich selbs, das er nicht auch unter solchen funden werde, Denn es sind wenig leut die es mercken und betreuget auch wol eben die da meinen, sie seyen gar from und voll guter werck und sind doch hiemit zwey mal erger denn andere. So ist Gott diesem laster sonderlich feind und kans weniger leiden denn das man dem nehesten offentlich neme und unrecht thue: also geben und das gute werck so schendlich verderben, das du dich selbs zum Abgott machest und den nehesten schwerer bindest und gefangen machest denn kein ander. Aber so gehets, wo die rechte lere darnidder ligt und doch jderman grosse fromkeit fur gibt, da folgen auch solche gute werck, die nichts denn ein eitelen schein haben und dueppell mehr schaden denn offentliche boese werck.

 

Moecht aber jemand sagen: Was wil denn daraus werden das er sagt, Das das Almosen sol verborgen sein? Sols denn verworffen sein, wenn [s. 412] mans lesset ausruffen und anzeigen denen, die es nemen und empfahen sollen? Antwort: Nein, Du must sehen wohin Christus redet, Denn er sihet das hertz und meinung an, nemlich wens darumb gegeben odder gestifftet wird, das darinn ehre und rhum gesucht wird, so ist es kein nuetz fur Gott, ob gleich vielen armen davon geholffen wurde; Das heist aber das almosen jm verborgen gegeben, wo das hertz sich nicht offenbar machet und wil davon ehre und namen haben sondern so gesinnet ist, das es frey dahin gibt, nichts angesehen, obs gleich fur den leuten keinen schein noch lob habe, ja dazu von jderman veracht und geschendet wird, So heissets heimlich und allein fur Gott gethan, ob es gleich offentlich fur aller welt geschicht, Denn es ist zugedeckt mit dieser einfeltigkeit des hertzens, das nicht darnach fragt noch achtet, Gott gebe es gerate dafur danck odder undanck, guts odder boeses, Denn also sehe ichs nicht, obs wol ander leut sehen, Als ich und andere jnn unserm predigamt mussen thun, das wir uns nichts dran keren, ob wir den leuten damit gefallen odder nicht, ja viel mehr verachtung, undanck, verfolgung und allerley unglueck dafur gewarten. Denn es mus doch ein jglich gut werck solchs gewarten und damit versucht und gepruefft werden, das es bestehe und rechtschaffen erfunden werde, welchs die ander gleissenden, heuchel werck nicht thun.

 

Summa Wer ein Christ sein will mus also geschickt sein, das er kein gut werck thu noch lasse umb der leut willen sondern allein darumb das er mit seinem ampt, stand, gelt, gut odder was er hat, vermag und thut, wolle Gott dienen und jm zu ehren thun was er kan, ob er gleich nimer mehr auff erden einigen danck damit verdiene. Denn es ist auch unmueglich das einem fromen menschen auch das allergeringste werck das er thuet alhie kund belonet werden, wenn man jn gleich mit gold kroenet und ein gantz koenigreich gebe. Darumb sol er nicht weiter dencken, denn das er essen und trincken davon neme und keinen lohn warte von der welt, als die nicht werd ist das sie solt ein gut werck bezalen odder vergelten, Ja das sie solt einen rechten Christen erkennen und ehren, und ob sie jn gleich kennet, so ist sie so from nicht, das sie jm wolte dancken. Weil es denn umb jren willen nicht angefangen ist, so sey es auch umb jren willen nicht gelassen sondern Gotte befolen, der es uberschwenglich vergelten wil, nicht heimlich sondern offentlich fur aller wellt und allen Engeln.

 

Wo nu solcher verstand und mut nicht ist, da kan man kein recht gut werck thun, sondern wird ungeduldig, machet jm selbs unfrid und lesset sich den schendlichen undanck der welt uberwinden, das damit solch gut werck verderbt und verloren wird, Und findet sich denn, das mans nicht umb Gottes sondern umb der leute willen gethan hat, Und zwar ich selbs, wenn ich nicht solchs wuste, hette ich lang der wellt urlaub geben und sie zum Teuffel faren

[s. 413] lassen, ehe sie solt ein wort von mir hoeren, Aber es gilt nicht jr sondern unserm lieben Vater jm himel, Dem wollen wir zu lieb, zu lob und ehren predigen und guts thun, weil sonst alle wellt jm feind ist und auffs aller schendlichst verachtet und lestert und alles was sie kan zu widder und verdries thuet, Und troesten uns des das er nocht lebt, wenn alle welt unter gangen ist, und weil ers hat gesagt und verheissen, er wolle es wol belonen und vergelten, so wird er uns nicht liegen. Da suche es, so wirstu es finden das dirs nicht feyle. Das sey zum anfang jnn gemein gesagt von Almosen geben und allen andern guten wercken, wie ein Christ darinn jm hertzen geschickt sein sol. &c..

 

[Matth. 6, 5–6] Und wenn du betest, soltu nicht sein wie die Heuchler, die da gerne stehen und beten jnn den Schulen und an den ecken auff den gassen, auff das sie von den leuten gesehen werden. Warlich ich sage euch, sie haben jren lohn dahin. Wenn du aber betest, so gehe jnn dein kemerlein und schleus die thuer zu und bete zu deinem Vater jm verborgen, Und dein Vater, der jnn das verborgen sihet, wird dirs vergelten offentlich.

Nach Almosen geben odder dem nehesten wolthun gehoeret auch diss werck zu einem Christen das er bete, Denn gleich wie die notdurfft dieses lebens foddert das wir dem nehesten guts thun und uns seiner not annemen (Denn darumb leben wir auff erden bey einander, das einer dem andern diene und helffe) Also weil wir teglich jnn allerley fahr und not jnn diesem leben stecken, die wir nicht umbgehen noch wenden konnen, so mussen wir auch jmerdar zu Gott ruffen und huelffe suchen beyde fur uns und jderman. Aber wie jhenes ein seltzam werck ist jnn der wellt recht almosen geben nicht allein des gemeinen raubens und stelens halben, das jnn der wellt allenthalben gehet, da niemand dem andern wolthut und jderman nur auff seinen misten scharret und nichts darnach fragt wo der neheste bleibt. Sondern auch das, ob sie gleich gute werck thuet, doch nur das jre damit suchet, Das also die wellt doch nichts anders ist denn eitel reuber und diebe beide zur lincken und rechten seitten, beide leiblich und geistlich, beide jnn boesen und guten wercken.

 

Also ist nu auch das beten ein seltzam werck, das niemand thut denn die Christen und doch so gemein jnn der wellt gewest, sonderlich bey den Juden, wie Christus hie zeigt, jnn Schulen und allen ecken auff den gassen und jtzt jnn soviel kyrchen, stifften, Cloestern &c.. da man sich tag und nacht zumurret und zu plerret mit singen und lesen, Das die wellt allenthalben desselben vol ist und an dem werck nicht feylet Und doch alles auff einen hauffen nicht eines hellers werd ist, Denn weil hie Christus straffet und [s. 414] verwirfft alle jr gebet, die doch mit allem vleis sich darinn ubeten, allein darumb das sie damit fur den leuten wolten gesehen sein und rhum eriagen Wie viel mehr ist unser geistlichen gebet zuverdamnen, die nichts damit suchen denn das sie jren bauch damit fullen? Und jr keiner ein Vater unser spreche, wenn es nicht gelt truege, und wenn sies auffs best gemacht haben, so haben sie einen sack voll wort gemurret odder gedonet gar on hertz, verstand und glauben, gleich wie die glocken odder orgeln, Haben dazu die ehre und rhum davon gehabt das sie es allein weren die da betten, die andern aber, als die mit welt sachen umbgiengen, kunden nicht beten noch Gott dienen, sie aber musten an unser stat betten, das wir sie mit unserm gelt und gut zu herrn macheten.

 

Wie noetig aber das gebet ist, ist hie nicht zu erzelen: So solten wirs zwar selbs wol fulen, weil wir jm fleisch und blut leben, welchs stecket vol allerley boeser stueck, dazu die wellt bey uns und widder uns haben, die uns alle jamer und hertzleid anrichtet und soviel plage an legt, Dazu der Teuffel allenthalben umb uns her ist, der da unzelich secten, rotten und verfurung erwecket und uns treibt zu unglauben, verzweivelung &c.. Das doch nimer kein end wird und nicht zurugen haben, weil wir von solchen feinden umringet sind, die nicht auffhoeren, sie haben uns denn niddergeschlagen, so wir doch als einzele arme menschen soviel feinden viel zuschwach sind, Darumb [Sach. 12, 10] spricht Gott jm Propheten Zacharia 12. das er wolle den seinen geben den geist der gnaden und des gebets, damit weil sie so zu feld ligen erhalten werden und sich weren und schutzen konnen widder den boesen schedlichen geist, Darumb ist es der Christen eigentlich werck, so den geist Gottes haben, das sie nicht lass und faul sein sondern jmerdar beten und nicht ablassen, wie [Luk. 18, 1] Christus anderswo leret.

 

Aber da ligt nu die macht an, das es ein rechtschaffen gebete und nicht eine heuchley sey, wie jr gebet und unsers bisher gewesen ist, Darumb fehet Christus an das er sie lere recht beten und zeiget wie sie sich dazu schicken sollen, Nemlich das sie nicht offentlich auff den gassen stehen und beten Sondern daheim jnn jrem kemerlein allein beten jm verborgen &c.. Das ist, das sie fur allen dingen das falsche gesuch weg legen, das sie wollen umb ansehens und rhums willen odder des gleichen etwas beten, Nicht das es verboten sey das man nicht durffe auff der gassen odder offentlich beten, Denn ein Christ ist an keine stete gebunden und mag wol uberal beten, es sey auff der strassen, jm feld odder jnn der kirchen, Sondern allein das es nicht geschehe umb der leute willen, ehre und genies davon zusuchen, Gleich wie er nicht darumb wil verboten haben die bosaunen odder glocken zum almos, sondern den zusatz und die falsche meinung strafft er mit diesen worten ‘das sie von den leuten gesehen werden’.

 

[s. 415] Also jst auch nicht als noetig geboten das man altzeit muesse jnn ein kemerlin gehen und sich verschliessen, wie wol es fein jst, wenn einer beten wil, das er allein sey, da er kan frey und ungehindert sein gebet zu Gott ausschutten und wort und geberd furen, das er fur leuten nicht thun kan, Denn ob wol das gebet kan jm hertzen on alle wort und geberd geschehen, doch hilfft es da zu das der geist deste mehr erwecket und enzundet wird. Sonst sol es jm hertzen fast on unterlas gehen, Denn ein Christ hat allzeit (wie gesagt) den geist des gebets bey sich, das sein hertz jnn solchem stetten seufftzen und bitten stehet zu Gott, ob er gleich jsset, trincket, erbeitet &c.. Denn sein gantzes leben jst dahin gerichtet das er Gottes namen, ehre und reich ausbreite, das was er sonst thut mus alles unter dem gehen.

 

Aber doch (sage jch) sol uber das das eusserlich gebet auch gehen, beide sonderlich (als das jglicher morgens, abends und uber tische und wenn er zeit hat einen segen odder vater unser, glauben odder psalmen spreche) Darnach auch jnn gemein, da man zu samen kompt, Gottes wort handlet und dar auff dancket und jn anruffet umb gemeine not, das sol und mus offentlich geschehen und sind dazu sonderlich ort und zeit bestimmet, da man zu samen kompt, welchs jst ein kostlich gebet und ein starcke wehre widder den Teuffel und seine anschlege, weil da die gantze Christenheit eintrechtiglich zusamen setzet, Und jhe stercker es gehet, je ehe es erhoret wird und deste schefftiger jst, wie es denn auch jtzt viel guts schaffet, viel boese tueck des Teuffels weret und hindert, so er sonst solt anrichten durch seine gelieder, Das freilich was da jtzt stehet und bleibt beide jnn geistlichem und weltlichem regiment durchs gebet erhalten wird.

 

Was aber fur stuck und eigenschafft dazu gehoren, die ein recht gebet an sich haben sol, habe jch anders wo offt gesagt und gehandlet, Nemlich, das jchs kurtz widderhole, das uns dazu treibe zum ersten Gottes gebot, der es ernstlich befolen hat das wir sollen beten, darnach seine verheissung, darinn er zusagt uns zu erhoren, Zum dritten das wir ansehen unser not und elend, so uns drucket und auff dem hals ligt, das wir es wol durffen und die selbige frissch fur Gott tragen und aus schutten auff sein gebot und befel, Zum vierdenn das wir auff solch Gottes wort und verheissung mit rechtem glawben beten, gewis und ungezweivelt, das er uns erhoren und helffen wil, Und das alles jm namen Christi, duch welchen unser gebet dem Vater angeneme jst und umb seinen willen uns alle gnade und guts gibt &c..

 

Solchs zeiget auch Christus alhie mit dem wortlin, da er spricht ‘Und bete zu deinem Vater jm verborgen’ &c.. und hernach klerer, da er die wort stellet ‘Vater unser jm himel’ &c.. Denn das jst soviel geleret, das unser gebet sol zu Gott gerichtet sein als zu unserm gnedigen, freundlichen Vater, nicht [s. 416] als einen tyrannen odder zornigen richter &c.. Das kan nu niemand thun, er habe denn Gottes wort, das er solchs haben wolle das wir jn vater heissen, und als ein vater uns zu helffen und erhoren zugesagt habe, und er auch solchen glauben jm hertzen habe, das er frolich durffe Gott seinen vater nennen und aus hertzlicher zuversicht bitten und auff solch gebet als gewislich erhoret sich verlassen und hulffe gewarten.

 

Dieser stucke jst aber keines jnn jenem phariseischen gebete, welche nicht weiter dencken denn wie das werck gethan sey, das sie damit gesehen werden als heilige leute die gerne beten odder wie unsere moenche und pfaffen, das sie den bauch davon fullen, Ja sie sind so fern davon komen, das sie solten mit solchen glawben beten, das sie es fur eine torheit und vermessenheit geachtet haben, das einer solt rhumen als gewis das sein gebet Gott angeneme und erhoret were, Und also ob sie gleich gebett, doch alles auff lauter ebentheuer hin gesetzt und damit Gott greulich erzurnet haben durch unglauben und misbrauch seines namens widder das erste und ander gebot.

 

Darumb lerne hie das kein recht gebet geschehen kan on solchen glauben, Fulestu dich aber schwach und blode, wie denn fleisch und blut altzeit sich wider den glauben sperren, als seyestu nicht wirdig odder geschickt und brunstig zu beten odder zweivelst ob dich Gott erhoret habe, weil du ein sunder bist, so halte dich an das wort und sprich: Ob jch gleich ein suender und unwirdig bin, so habe jch doch hie Gottes gebot, das mich heisset beten, und seine verheissung das er mich gnediglich erhoren wil nicht umb meiner wirdigkeit sondern umb des Herrn Christi willen: Damit kanstu die gedancken und zweiveln ausschlahen und frolich nidder knyen und bitten, nicht angesehen wie wirdig odder unwirdig du seiest sondern deine not und sein wort, darauff er dich heisst bawen, Sonderlich weil er dir auch die wort fur gestellet und jnn mund gelegt hat wie und was du bitten sollest (wie folget) das du solch gebete frolich durch jn hinauff lassest und jnn seinen schos legen kanst, das ers durch seine wirdigkeit fur den Vater bringe &c..

 

[Matth. 6, 7–13] Und wenn ir bettet, solt ir nicht viel plappern wie die Heiden, denn sie meinen, sie werden erhoret, wenn sie viel wort machen. Drumb solt jr euch jn nicht gleichen, Ewer vater weis was jr bedurfft, ehe denn jr bittet. Darumb solt jr also beten: UNSER Vater jm himel, Dein name werde geheiliget, Dein Reich kome, Dein wille geschehe auff erden wie jm himel, Unser teglich brod gib uns heute Und vergib uns unsere schulde, wie wir unsern schuldigern vergeben, Und fure uns nicht jnn versuchung, sondern erlose uns von dem ubel. Denn dein jst das Reich und die krafft und die herrligkeit jnn ewigkeit. Amen.

[s. 417] Droben hat er gestrafft jr falsche meinung jm gebet, das sie auch jnn dem werck das allein gegen Gott gericht jst, das man jn anruffe und umb hulffe bitte jnn unser not und anfechtung, jre ehre und genies bey den leuten suchten. Hie taddelt er nu auch die unart des gebets, das sie meinen das beten sey wenn man viel wort und plapperns machet, Und heisset es eine Heidnische weise und ein lose unnuetz gewessch, als dere die da meinen, sie werden sonst nicht erhoret, Denn er hat wol gesehen das es so wuerde gehen und solcher misbrauch jnn der Christenheit bleiben, wie es bereit dazumal bey jnen war, Das man aus dem gebet ein lauter werck machen wurde, welchs man nach der grosse und lenge achtete, als were es damit kostlich ausgerichtet, und also an stat eines rechten gebets ein lauter gewessch und geplepper wurde, welchs das hertz nimer erferet, Wie wir sehen das es gangen jst jnn stifften, kloestern und dem gantzen geistlichen hauffen, welche nichts anders jnn jrem stand zuthun gehabt, denn das sie teglich soviel stunden und des nachts dazu sich zupleweten und muede macheten mit horas lesen und singen, und jhe mehr sie des machen kundten, jhe heiliger und grosser Gottes dienst hat es geheissen, Und jst doch jnn dem allen nicht einer gewesen der ein rechtschaffen gebet von hertzen gethan hette, Sondern alle jnn dem heidnischen wahn gewesen, als muste man beide sich und Gott mude schreyen und murren, als kundte odder wolt er sonst nicht horen: Haben damit nichts anders gethan denn die zeit unnuetzlich verloren und sich wie die Esel mit beten zublewet.

 

Daher haben sie auch selbs gesagt das kein schwerer erbeit sey denn beten, Und jst freilich war, wenn man das beten dahin richtet das man ein werck odder erbeit draus machet, dem leib auffgelegt soviel stunden an einander zu lesen odder singen, Das kein tagloner nicht lieber solt welen einen tag zu dresschen denn zwo odder drey stund an einander nur das maul zu regen odder stracks jnn ein buch zusehen.

 

Summa: Jr beten jst nicht ein seufftzen odder begird des hertzens gewest sondern eine lauter gezwungene erbeit des munds odder der zungen, das wenn ein moench vierzig iar lang seine zeiten gelesen odder gemurret hat, so hat er nicht jnn den allen eine stunde von hertzen gebeten, Denn sie dencken nimer mehr darinn Gott eine not fur zutragen, sondern dencken nicht anders denn sie mussens thun und Gott musse solch muehe und erbeit ansehen.

 

Aber der Christen gebet, so jm glauben auff Gottes verheissung gehet und von hertzen seine not furtregt, das jst leicht und machet keine erbeit, Denn der glaub hats bald gesagt was er begeret, ja mit einem seufftzen, das das hertz thut und mit worten nicht zu erholen noch aus zu sprechen jst, wie [1. Kor. 14, 14–16] Paulus sagt ‘Der geist betet’ und weil er weis das jn Gott erhoret, darff er [s. 418] nicht ein solch ewig gewessch furen. Also haben die heiligen jnn der Schrifft gebett, als Elias, Eliseus, David und andere, mit kurtzen aber starcken und gewaltigen worten, wie man jm Psalter sihet, darinn selten ein Psalm ist der da ein gebet habe uber funff odder sechs vers lang, Darumb haben die Alten veter wol gesagt, Es thue es njcht mit vielen langen gebeten, sondern loben die kurtzen stos gebetlin, da man mit einem woertlin odder zwey hinauff seufftzet gen himel, welchs einer kan offt und viel thun, wenn er lieset, schreibt odder ander erbeit thut.

 

Die andern aber, die nur eine bueffel erbeit draus machen, konnen nimer mit lust noch andacht beten, sondern werden fro das sie nur jr gewesche ausgericht haben, Wie es denn mus gehen, wo man on glauben und not bittet, so kan das hertz nicht dabey sein, wo aber das hertz nicht bey ist und der leib sol erbeiten, so wird es schwer und verdrossen, wie man auch jnn leiblicher erbeit sihet, wer etwas unwillig thut, wie schwer und sawr es wird. Aber widderumb wo das hertz lustig und willig ist, da wirds der erbeit nimer gewar, Also auch hie, wo mans mit ernst meinet und lust ist zubeten, so weis noch fulet der mensch keine erbeit noch muehe, sondern sihet nur seine not an und hat die wort gesungen und ausgebetet, ehe er sich umb sihet. Summa kurtz sol man beten, aber offt und starck, Denn er fragt nicht darnach wie gros und lang man betet, sondern wie gut es ist und wie es von hertzen gehet.

 

Darumb spricht nu Christus: Ewer himlischer vater weis was jr beduerfft, ehe jr drumb bittet, als wolt er sagen: Was thut jr, das jr meinet jn mit ewerm langen gewesch zu uberteuben, das er euch gebe was jr beduerffet? Jr duerffet jn nicht mit worten uberreden odder lang unterrichten, Denn er weis zu vor besser was euch not ist denn jr selber, Gleich als wenn du fur einen Fuersten odder Richter kemest, der deine sache besser wueste denn du jm sagen kuendest, und woltest viel gewesch machen jn davon zu berichten, so wuerde er billich dein lachen odder viel mehr unlustig auff dich werden. Ja wir wissen auch nicht, spricht S. Paulus, wie wir bitten sollen, das wenn er uns erhoeret und etwas gibt, so gibt ers uber das wir verstehen und hoffen konnen, Darumb lesset er uns zu weilen etwas bitten, das er nicht so bald gibt odder wol gar nicht gibt, als der wol weis was uns not und nuetz ist odder nicht, welchs wir selbs nicht sehen, und zuletzt selbs muessen bekennen das uns nicht gut gewesen were, wenn er uns nach unserm bitten geben hette. Darumb duerffen wir jn nicht leren noch fur malen mit unserm langen geschwetz was und wie er uns thun sol, Denn er wil also geben, das sein name geheiligt werde und sein reich und sein wille dadurch gefordert werde und fortgehe &c..

 

[s. 419] Sprichstu aber: Warumb lesset er uns denn bitten und unsere not furtragen und gibts nicht ungebeten, weil er alle not besser weis und sihet denn wir selbs? Gibt er doch der gantzen wellt teglich soviel guts umbsonst, als sonne, regen, korn, gelt, leib und leben &c.. Darumb jn niemand bittet noch dafur dancket, Denn er weis das sie keinen tag des liechts, essens und trinckens emperen kan, wie heisset er denn darumb bitten?

 

Antwort: Darumb heisset ers freilich nicht, das wir jn mit unserm beten solchs sollen leren was er geben sol, Sondern darumb das wirs erkennen und bekennen was er uns fur gueter gibt und noch viel mehr geben wil und kan, Also das wir durch unser gebet mehr uns selbs unterrichten denn jn, Denn damit werde jch umbgekert, das jch nicht hin gehe wie die Gottlosen, die solchs nicht erkennen noch dafur dancken, Und wird also mein hertz zu jm gekert und erwecket, das jch jn lobe und dancke und jnn noten zu jm zuflucht habe und hulffe von jm gewarte, Und dienet alles da zu das jch jn ye lenger ye mehr lerne erkennen was er fur ein Gott jst, Und weil jch bey jm suche und anklopffe, so hat er auch lust deste mehr und reichlicher zu geben. Sihe das jst denn ein rechter bitter, nicht den andern unnutzen wesschern gleich, die wol viel plappern aber solchs nimer erkennen, Er aber weis das es Gottes gabe jst was er hat, und spricht von hertzen: Herr jch weis das jch mir selbs nicht ein stueck meines teglichen brods schaffen noch erhalten kan noch mich fur einerley not odder ungluck behuten, Darumb wil jchs von dir warten und bitten, wie du mich heissest und zugeben verheissest, als der du on mein gedancken zuvor kompst und dich meiner not annimpst.

 

Sihe solch erkentnis jm gebet gefellet Gott wol und jst der rechte, hoheste und kostlichste Gottes dienst den wir jm thun koennen, Denn damit wird jm sein ehre und danck geben, die jm gehoret. Das thun die andern nicht, sondern reissen und fressen alle Gottes gueter dahin wie die sew, nemen ein land, stad, haus nach dem andern, dencken nicht darnach das sie Gott ein mal ansehen, wollen die weil heilig sein mit jrem grossen vielen gedone und geplerr jnn der kirchen, Aber ein Christlich hertz, so aus Gottes wort lernet das wir alles von Gott und nichts von uns haben, das nimpt solchs an jm glauben und ubet sich darin das sichs kan alles zu jm versehen und von jm warten: Also leret uns das gebet das wir beide uns und Gott erkennen und lernen was uns feilet und woher wirs nemen und suchen sollen, Daraus wird ein sein volkomen verstendig mensch, der sich zu allen sachen recht schicken und halten kan.

 

Weil nu Christus solch falsch und vergeblich gebete gestraffet und verworffen hat, feret er fort und stellet selbs eine feine kurtze form fur, wie und was wir beten sollen, darinn allerley not gefasset jst, die uns treiben [s. 420] sol zu beten, das wir uns derselben jnn solchen kurtzen worten teglich erinnern koennen und niemand entschuldigt sey, das er nicht wisse wie odder was er beten sol, Und jst seer ein gute ubung, sonderlich fur den gemeinen man, kind und gesind jm hausse, das man das Vater unser teglich gantz bete beide morgens und abends und uber tissch und auch sonst, das man darin allerley not jn gemein Gotte furtrage. Weil aber das Vater unser jm Catechismo und sonst gnugsam ausgelegt jst, wil jchs dabey bleiben lassen und hie kein newe glosse machen.

 

Es jst aber, wie offt gesagt, freylich das allerbeste gebet das da auff erden komet odder von jemand erdacht werden mag, weil es Gott der Vater durch seinen Son gestellet und jm jnn mund gelegt hat, das wir nicht durffen zweiveln das es jm aus der massen wol gefalle; Er vermanet uns aber bald jm anfang auch beide seines gebots und verheissung mit dem wort ‘Unser Vater’ &c.. Als der von uns solche ehre soddert, das wir von jm sollen bitten als ein kind von seinem Vater, und die zuversicht von uns haben wil, das er uns gerne will geben was uns not jst. So jst auch drein geschlossen das wir uns rhumen, das wir seine kinder sind durch Christum und also jm seinem gebot und verheissung und jnn des Herrn Christi namen komen und mit aller zuversicht fur jn tretten &c..

 

Nu die erste, ander und dritte bitte trifft die hohesten guter an so wir von jm haben, nemlich zum ersten, weil er unser Vater jst, das er seine ehre von uns habe und sein name jnn aller welt schon und hehr gehalten werde, Damit fasse jch auff einen hauffen allerley falsche glauben und Gottes dienst und die gantze helle, alle sunde und Gottes lesterung und bitte das er stewre dem lesterlichen glawben des Bapsts, tuercken, rotten geister und ketzer, als die alle seinen namen entheiligen und schenden odder unter dem namen jre ehre suchen. Das jst wol ein kurtz wort, aber mit dem sinn gehets so weit als die welt jst widder alle falsche lere und leben.

 

Zum andern, nach dem wir sein wort und rechte lere und gottes dienst haben, das auch sein Reich jnn uns sey und bleibe, das jst das er uns jnn solcher lere und leben regire und dabey schutze und erhalte widder alle gewalt des Teuffels und seines reichs und das alle reich, so dawidder toben, zu scheittern gehen, auff das dis Reich bleibe. Und zum dritten, das auch nicht unser noch keines menschens sondern allein sein wille geschehe, und was er dencket und ratschlegt fortgehe widder alle anschlege und furnemen der welt und was widder diesen willen und rat strebet, ob sich gleich alle welt zu hauff schluege und stercket, jr ding dawidder zu erhalten. Das sind die drey furnemesten stuck.

 

Jnn den andern vier bitten komen wir auff die not, die uns unsert halben teglich betrifft, dieses armen schwachen zeitlichen lebens halben, Darumb [s. 421] wir erstlich bitten das Er uns unser teglich brod gebe, das jst alles was uns not jst zu erhaltung dieses lebens, narung, gesunden leib, gut wetter, haus, hoff, weib, kind, gut regiment, fride, und behute uns fur allerley plag, kranckheit, pestilentz, theurzeit, krieg, auffrhur &c.. Darnach das er uns daneben unser schuld vergebe und nicht ansehe den schendlichen misbrauch und undanck fur die guter, die er uns teglich so reichlich gibt, und darumb die selbigen nicht versage und entzihe noch mit ungnaden straffe, wie wir verdienen, sondern uns gnediglich verzeihe, ob auch wir, die wir Christen und seine kinder heissen, nicht leben wie wir sollen. Zum dritten, weil wir auff erden leben, mitten jnn allerley anfechtung und ergernis, da man uns auff allen seiten zusetzet, das man uns hindere, und nicht allein auswendig von der welt und teuffel, sondern auch jnnwendig von unserm eigen fleisch angefochten werden, das wir nicht leben koennen wie wir sollen, noch fur soviel fahr und anfechtung einen tag vermoechten zu bestehen, so bitten wir das er uns jnn solcher fahr und not erhalte, das wir nicht dadurch uber wunden und gefellet werden. Und zum letzten, das er uns endlich aus allem unglueck gantz und gar helffe, und wenn die zeit kompt das wir sollen aus diesem leben tretten, ein gnedig selig stuendlin bescheere. Also haben wir kurtzlich alle leibliche und geistliche not jnn seinen schos gelegt und mit jglichem wort die gantze weite welt auff einen hauffen gefasset &c..

 

Es jst aber jm text ein stucklein dran gehenget, da mit er das gebete beschleust als mit einem danck und gemeinem bekentnis, das heisst also: ‘Denn Dein jst das Reich und die krafft und die herrligkeit jnn ewigkeit’. Das sind die rechten titel und namen, die Gott allein geburen, Denn die drey stuck hat er jm selbs furbehalten, die da heissen Richten, Rechten und Rhumen. Richten odder regiren und oberhand haben sol niemand denn Gott allein odder denen ers befilet, durch welche er das regiment aus richtet als seine diener, Des gleichen sol auch kein mensch mit dem andern recht uben odder zurnen und straffen on wer das ampt hat von Gottes wegen, Denn es jst nicht den menschen angeboren, sondern von Gott gegeben. Das sind die zwey, die er hie heisset das Reich odder herrschafft, das alle oeberkeit sein sey, und darnach die Krafft, das jst die folge des rechten, Executio, das er kan straffen, die boesen unter sich werffen und die fromen schutzen. Denn wer da straffet der thuts als an Gottes stat und gehet alles aus seiner krafft, das man recht handhabt, schutzet und erhelt. Darumb sol sich niemand selbs rechen noch straffen, Denn es jst nicht sein ampt noch vermuegen und gelinget auch nicht, [5. Mose 32, 35, Röm. 12, 19] wie er sagt ‘Mein jst die rache, jch wils vergelten’ und anders wo drewet: [Matth. 26, 52] wer das schwerd selb nimpt sich zu rechen, sol mit dem schwerd gestrafft werden.

 

[s. 422] Also jst auch die Herrlickeit odder ehre und rhum alleine Gottes eigen, das sich niemand nichts rhume, keiner weisheit, heiligkeit odder vermuegens denn durch jnn und aus jm, Denn das jch einen Koenig odder fuersten ehre und gnedigen Herrn heisse odder die knye fur jn biege geschicht nicht umb seiner person willen sondern umb Gottes willen, als der da sitzet jnn der maiestet an Gottes stat, Also wenn jch Vater und mutter odder die an jr stat sind ehre erzeige, so thu jchs nicht dem menschen sondern dem Goettlichen ampt und ehre Gott jnn jnen, Also das wo oeberkeit und krafft ist, dem geburet auch die ehre und rhum, Und gehet also sein Reich, krafft und herrligkeit jnn der gantzen welt, das er allein regiret, straffet und den preis hat jnn den Gotlichen emptern und stenden, als Vater, muter, Herr, Richter, Furst, Koenig, Keiser &c.. ob wol der Teuffel durch die seinen dawidder sich setzet und selbs wil die herschafft und gewalt furen, rache und straffe uben und seinen rhum allein haben. Darumb bitten wir auch furnemlich umb seinen namen, sein Reich und seinen willen, als die allein sollen gehen, und alle ander name, reich und gewalt und wille zu scheittern gehen und wir also erkennen das er der hoheste sey jnn alle diesen dreyen stucken, die andern aber sein werckzeug, da durch er solchs treibt und ausrichtet.

 

[Matth. 6, 14–15] Denn so ir den menschen ire feile vergebt, so wird euch ewer himlischer vater auch vergeben, Wo jr aber den menschen jre feile nicht vergebt, so wird euch ewer Vater ewere feile auch nicht vergeben.

Das jst ein wuenderlicher zusatz, aber doch seer kostlich Und moecht wol jmand wundern wie er so eben mit solchem zusatz kompt auff dis einige stucke ‘Vergib uns unser schuld’ &c.. so er doch eben so wol hette koennen auch an der andern eins ein solch stuecklin knuepffen und sagen: Gib uns unser teglich brod, wie wjr unsern kindern geben, odder fuere uns nicht jnn versuchung, wie wir niemand versuchen, Erlose uns von dem ubel, wie wir unsern nehesten retten und erlosen, Und doch kein stuecke jst das einen zusatz hat als dieses, Und lesst sich dazu ansehen, als solt die vergebung der suende erworben und verdienet werden durch unser vergeben. Wo bliebe denn unser lere das die vergebung allein durch Christum kome und jm glawben empfangen werde?

 

Antwort auffs erste: Er hat sonderlich diese bitte so wollen stellen und die vergebung der sunde an unser vergebunge binden, das er damit die Christen verknupffte, das sie sich unternander lieben Und das lassen jr heubstuck und furnemestes sein nehest dem glawben und empfangener vergebung, das sie jrem nehesten auch on unterlas vergeben, das wie wir gegen jm leben jm glawben also auch gegen den nehesten durch die liebe, Das wir nicht ein ander verdries und leid thun, sondern dencken das wir jmer vergeben, ob uns gleich [s. 423] leid geschehen jst (wie denn jm diesem leben offt furfallen mus) odder sollen wissen das uns auch nicht vergeben jst, Denn wo der zorn und grol jm wege ligt, so verderbt er das gantze gebete, das man auch der vorigen stuck keines beten noch wundschen kan. Sihe das heisst ein fest und starck band gemacht, da mit wir zusamen gehalten werden, das wir nicht unternander uneins werden und spaltung, rotten und secten anrichten, wo wir anders fur Gott wollen komen, beten und etwas erlangen, sondern einander durch die liebe vertragen und aller ding eines bleiben. Wenn das geschicht, so jst denn ein Christen mensch volkomen, als der da beide recht gleubet und liebet: Was darnach mehr fur gebrechen am jm jst, das sol jnn dem gebet verzeret werden und alles vergeben und geschenckt sein.

 

Wie setzet er aber mit diesen worten die Vergebung eben auff unser werck und spricht: Wenn jr dem nehesten vergebt, so sol euch vergeben sein und widderumb &c.. das heisst ja nicht die vergebung auff den glauben gestellt. Antwort: Die vergebung der sunde, wie jch sonst offt gesagt habe, geschicht zweyerley: Ein mal durchs Euangelion und wort Gottes, welchs empfangen wird jnwendig jm hertzen fur Gott durch denn glawben, Zum ander eusserlich [2. Petri 1, 1] durch die werck, davon 2. Petri .1. sagt, da er von guten wercken leret: Lieben bruder, thut vleis ewern beruff und erwelung fest zu machen &c.. Da wil er das wir solchs sollen gewis machen, das wir den glauben und vergebung der sunde haben, Das jst das wir beweisen die werck, das man den [Matth. 7, 17 f. 12, 33; Luk. 6, 43 f.] bawm an den fruechten spuere und offenbar werde das es ein guter und nicht ein fauler baum sey, denn wo ein rechter glawbe jst, da folgen gewislich auch gute werck. Also jst ein mensch beide auswendig und jnwendig from und gerecht, beide fur Gott und den leuten, Denn das jst die folge und frucht damit jch mich und andere gewis mache, das jch recht glewbe, welchs jch sonst nicht wissen noch sehen kuendte.

 

Also jst hie auch die eusserliche vergebung, so jch mit der that erzeige, ein gewis zeichen das jch vergebung der suende bey Gott habe, Widderumb wo sich solchs nicht erzeigt gegen dem nehesten, so habe jch ein gewis zeichen das auch jch nicht vergebung der suende bey Gott habe, sondern stecke noch jm unglawben. Sige das jst die zweyerley vergebung: Eine jnwendig jm hertzen, die allein an Gottes wort hanget, und auswendig, die eraus bricht und uns gewis machet das wir die jnnerliche haben. Also unterscheiden wir die wercke vom glawben als eine jnnerliche und eusserliche gerechtigkeit, aber also das die jnnerliche zuvor da sey als der stam und die wurtzel, daraus die guten werck als fruechte wachsen muessen, Die eusserliche aber ein zeuge derselben und, wie Petrus sagt, Certificatio, eine versicherung das jene gewislich da sey, Denn wer die jnnerliche gerechtigkeit nicht hat, der thut der eusserlichen werck keines, Widderumb wo die eusserliche zeichen und beweisunge nicht jst, so kan [s. 424] jch jener nicht gewis sein, sondern beide mich und andere betriegen, Wenn jch aber sehe und fule das jch gerne dem nehesten vergebe, so kan jch schliessen und sagen: Das werck thue jch von natur nicht, sondern fule mich durch Gottes gnade anders denn zuvor.

 

Das sey kurtz widder der Sophisten geschwetz geantwortet. Das jst aber auch war, das dis werck, wie ers hie nennet, nicht ein blos werck jst wie andere so wir von uns selbs thun, Denn es jst auch des glawbens nicht dabey vergessen, Denn er nimpt solch werck und stellet eine verheissung drauff, das mans mit guten ehren mocht ein Sacrament nennen den glawben da durch zustercken, Gleich Als die Tauffe jst auch wol ein werck anzusehen das jch thue, der jch teuffe odder mich teuffen lasse, Aber weil Gottes wort dabey jst, jst es nicht ein schlecht werck, als das fur sich selbs etwas gelte odder schaffe, sondern ein Goettlich wort und zeichen, daran sich der glawbe henget. Also auch unser gebet als unser werck wuerde nichts gelten noch schaffen, aber das thuts, das es gehet jnn seinem gebot und verheissung, das es auch wol mag ein Sacrament und mehr ein Goettlich denn unser werck geachtet werden.

 

Das rede jch darumb, das die Sophisten allein die werck so wir thun, so blos ansehen on Gottes wort und verheissung, Derhalben wenn sie solche spruche horen und lesen so auff die werck lauten, muessen sie wol sagen das der mensch durch sein thun solchs verdiene, Die schrifft aber leret uns also, das wir nicht auff uns sondern Gottes wort und verheissung sollen sehen und daran mit dem glawben hafften, das Wenn du ein werck aus dem wort und verheissung thuest, so hastu ein gewis warzeichen das dir Gott gnedig jst, Also das dein eigen werck, das Gott nu zu sich genomen hat, soll dir ein gewis zeichen sein der vergebung &c..

 

Nu hat uns Gott mancherley weise, weg und stege furgestellt dadurch wir die gnade und vergebung der sunde ergreiffen, Als erstlich die Tauff und Sacrament, item (wie jtzt gesagt) das gebete, jtem die absolutio und allhie unser vergebung, das wir ja reichlich versorget weren und allenthalben gnade und barmhertzigkeit finden konnen, Denn wo woltestu sie neher suchen denn bey deinem nehesten, bey dem du teglich lebest und auch teglich ursach gnug hast solche vergebung zu uben, denn es kan nicht feilen das du nicht soltest viel und offt beleidigt werden, Also das wir nicht allein jnn der kirchen odder bey dem priester, sondern mitten jnn unserm leben ein teglich Sacrament odder Tauffe haben ein bruder am andern und ein jglicher daheim jnn seinem hausse, Denn wenn du die verheissung durch dis werck ergreiffest, so hastu eben das das du jnn der tauffe uber komest. Wie kund uns nu Gott reichlicher begnaden denn das er uns so ein gemeine tauffe an den hals hengt und jnns Vater unser bindet, die ein jglicher an jm selbs findet, wenn er [s. 425] betet und seinem nehesten vergibt? Das ia niemand ursach hat zu klagen odder sich zu entschuldigen, er konne nicht dazu komen und sey jm zu hoch und zu fern odder zu schweer und theur, weil es jm und seinem nehesten heim fur die thur gebracht, ia jnn boesen gelegt wird.

 

Sihe wenn du es also nicht nach dem werck an jm selbst, sondern nach dem wort so daran geheffet jst, an sihest, so findestu darinn ein trefflichen, kostlichen schatz, das es jtzt nicht mehr dein werck sondern ein Gottlich Sacrament jst, und mechtigen grossen trost, das du zu der gnade komest, das du deinem nehesten vergeben kanst, ob du gleich zu andern Sacramenten nicht komen kundtest. Das solt dich bewegen das du solch werck von hertzen gerne thetest und Gott dazu danckest, das du solcher gnaden werd bist, Soltestu doch bis an der welt ende darnach lauffen und alle dein gut darumb verzeeren, wie wir zuvor umb den ertichten Ablas gethan haben. Wer nu das nicht will annemen, der mus ein schendlich verflucht mensch sein, Sonderlich wo er solch gnade horet und erkennet, und dennoch so kropfisch und hallstarrig bleibt, das er nicht wil vergeben, Damit er beide tauff und Sacrament und alle ander auff ein mal verleurt, Denn sie sind alle an einander gebunden, das wer eines hat der soll sie alle haben odder keines behalten. Denn wer getaufft jst, sol auch das Sacrament empfahen Und wer das Sacrament empfehet, mus auch beten und wer da betet, auch vergeben &c.. Vergibstu aber nicht, so hastu hie ein schrecklich urteil, das dir deine sunde auch nicht sollen vergeben sein, ob du gleich mit unter den Christen bist und der Sacrament und ander gueter mit geneussest, sondern sollen dir nur deste schedlicher und verdamlicher sein.

 

Und auff das uns Christus deste mehr da zu reitze, hat er auch feiner, freundlicher wort gebrauchet, das er eben also spricht: Wenn jr den menschen jre Feile vergebt &c.. sagt nicht: Jr bosheit und buberey odder mutwillen und frevel &c.. Denn einen Feil heisst er ein solche sunde, die mehr aus gebrechligkeit odder unwissenheit geschicht denn aus bosheit. Warumb thut er das, das er des nehesten suend so geringert und verkleinert, so wir doch offt sehen das mancher fursetziglich aus lauter frevel und bosem willen sundigt? Darumb thut ers, das er dir deinen zorn legen wil und dich erweichen gerne zu vergeben, Und sihet mehr darauff das er dein hertz susse und freundlich mache denn das er die sund so gros mache, wie sie an jr selbs jst, Denn fur Gott jst und sol sie so gros sein, das sie der ewigen verdamnis werd jst und den himel zuschleusst, obs gleich ein geringe sund und nur ein gebrechen jst, wo ers nicht erkennet odder dir abbittet.

 

Aber von mir und dir wil er dic suend nicht so angesehen haben, als dem nicht gebuert die sund straffen sondern zu vergeben, Das du also denckest, ob gleich dein nehester aus boesheit widder dich gethan hat, so ist er dennoch [s. 426] verirret, gefangen und verblend vom Teuffel, darumb soltu so from sein und dich sein viel mehr erbarmen, als der vom teuffel uberweldigt ist, das es wol des Teuffels halben, der im solchs eingibt, ein grosse unvergebliche suend jst, aber des menschen halben ein feil und gebrechen heisse, Wie Christus auch [Luk. 23, 34] selbs gegen uns gethan hat, als er am creutz gebeten hat ‘Vater vergib jn, denn sie wissen nicht was sie thun’. Das jst jhe unser sunde kleine und gering gemachet, welche doch an jr selbs die aller grosste jst so jhe auff erden geschehen jst, Denn was kan grossers gesundigt werden denn das man Gott seinen einigen son auffs allerschendlichst martert und toedtet?

 

Doch mustu solchen feil und gebrechen so deuten, das es der neheste so widder dich gesundigt erkenne und vergebung begere und sich bessern wolle, Denn jch habe sonst gesagt das zweyerley sunde jst: Eine die man bekennet, die sol niemand unvergeben lassen, Die ander die man verteidingt, die kan niemand vergeben, denn sie wil nicht sunde sein noch die vergebung empfahen. [Matth. 18, 18] Darumb auch Christus Math. 18. da er vom vergeben odder Schlusseln redet, setzet er beide stuck bey einander, loesen und binden, anzuzeigen das man die sunde die man nicht wil lassen sunde sein noch vergeben haben, nicht loesen kan, sondern binden sol jnn abgrund der helle, aber widderumb die man bekennet sol man losen und jnn himel heben &c.. Wie es nu zugehet jm ampt der Schluessel, so gehet es auch mit einem jglichen Christen gegen dem nehesten, welcher ob er wol sol hereit sein jderman zuvergeben der jm leib thut, doch wo er die sunde nicht wil erkennen noch ablassen, sondern dazu noch fort faren, so kanstu im nicht vergeben, nicht deiner sondern sein selbs halben, weil er die vergebung nicht haben wil. So bald er sich aber schuldig gibt und vergebung begeret, so sol es alles geschenckt sein und die absolutio flugs darauff folgen, Denn weil er sich selbs strafft und die sunde fallen lesst, das keine sunde mehr bey jm bleibt, so sol ich sie viel mehr weg fallen lassen, Wo er sie aber selbs helt und nicht wil fallen lassen, so kan jch sie nicht von jm nemen, sondern mus jn lassen darin stecken, als der jm selbs aus vergeblicher sunde ein unvergebliche machet. Summa wo er sich nicht erkennen wil, sol man sein gewissen auffs hohest beschweren und keine gnade erzeigen, als der da wil mutwillens des Teuffels eigen sein, Widderumb wo er die sund bekennet und dir abbittet und du jm nicht vergibst, so hastu sie auff dich geladen, das sie dich auch verdammet.

 

Also wil auch Christus die sund bekand haben, damit das er sie dennoch einen feil heisset, wil nicht leugnen das es unrecht jst, noch dir aufflegen das du es solt billichen als recht gethan, Sondern nicht lassen recht noch gut sein, on wenn es dazu kompt das es ein vergebliche sund ist worden und so geringe das sie nur ein feil heisset, Das du also zum nehesten sagest: ob jchs wol nichts loben kan und jst ja unrecht, aber doch weil du dich erkennest und dein [s. 427] hertz nu anders jst und nicht boeses widder mich hat, so wil jchs auch gerne lassen geschenckt sein als einen feil und versehen und alles zorns vergessen.

 

Wenn du nu so gegen dem nehesten gesinnet bist, so wird sich Gott auch widder gegen dir also erzeigen mit solchem sussen, freundlichen hertzen und deine grosse schwere sunde so du widder jn gethan und noch thuest auch so geringe machen, das ers nur einen feil heisse, wo du sie erkennest und umb vergebung bittest, Als der mehr geneigt jst zuvergeben denn wir uns selbs zu jm versehen konnen. Nu soltestu ein solch hertz Gotte abkeuffen mit deinem leib und leben und darnach lauffen bis an der welt ende, wie man unter dem Bapstum darnach gelauffen jst und sich mit so mancherley wercken darumb zu martert hat. Nu wird dir hie solch hertz angeboten und lauter umb sonst furgetragen und geschenckt gleich wie die Tauffe, Euangelium und alle seine guter, Und krigst mehr denn du mit alle deinen und aller menschen werck erlangen mochtest. Denn da hastu die gewisse verheissung, die dir nicht leugt noch treugt, das alle deine sund, wie viel und gros sie sind, sollen fur jm so geringe sein als menschliche, tegliche gebrechen, die er nicht rechnen noch gedencken wil, so fern du den glauben an Christum hast. Denn gleich wie andere Sacrament her komen und gehen durch den Herrn Christum, Also auch das unser gebet erhoret wird und gewisse vergebung haben, das wirs nicht haben verdienet, sondern alles durch jn erworben und uns geschencket jst, das er jmer der einige Mittler bleibe, durch welchen wir alles haben, das auch die verheissung auff dis werck gestellet allein durch jn gelte.

 

So sihestu nu warumb Christus diesen zusatz zu dem gebete gethan hat, das er damit uns jhe feste zu samen binde und seine Christenheit behalte jnn der einigkeit des geistes beide jnn glawben und liebe, das wir uns umb keiner sunde noch gebrechen willen lassen trennen, damit wir nicht glauben und alles verlieren. Denn es kan nicht anders zugehen, es mussen viel anstosse unter uns teglich furfallen jnn allen stenden und hendeln, da man gegen einander redet und thut das man nicht gerne horet und leidet, und ursache gibt zu zorn und zwitracht. Denn wir haben noch fleisch und blut an uns, das thuet wie seine art jst, und lesst jm leichtlich entfaren ein boese wort odder zornig zeichen und werck, damit die liebe verletzt wird, also das doch eitel vergebung mus sein und gehen bey den Christen, Wie wir auch bey Got on unterlas vergebung durffen Und uns jmer mussen zu dem gebete halten ‘Vergib uns wie wir vergeben’, On das wir sol heillose leute sind, das wir jmer [Luk. 6, 41 f.] ehe einen splitter jnn des nehesten auge sehen denn den balcken jnn unserm auge und unser sunde auff den rucken werffen, Denn solten wir uns selbs teglich an sehen von morgen bis zu abend, so wuerden wir wol soviel an uns finden, das wir der andern vergessen und fro wurden, das wir zu dem gebete komen kunden.

 

[s. 428]

[Matth. 6, 16–18] Wenn ir fastet, solt ir nicht sawr sehen wie die Heuchler, Denn sie verstellen jr angesichte, auff das sie fur den leuten scheinen mit jrem fasten. Warlich jch sage euch: sie haben jren lohn dahin.

Wenn du aber fastest, so salbe dein heubt und wassche dein angesicht, auff das du nicht scheinest fur den leuten mit deinem fasten sondern fur deinem Vater, welcher verborgen jst, Und dein vater, der jnn das verborgen sihet, wird dirs vergelten offentlich.

 

Wie er jr Almosen und beten gestrafft hat, so straffet er auch hie jr fasten, Denn das sind fast die drey guten werck welche alle ander jnn sich begreiffen. Das erst: allerley wolthat gegen dem nehesten, Das ander: das wir uns allerley not beide gemeine und unser eigne annemen und Gotte furtragen, Das dritte: das wir unsern leib Casteyen. Aber wie sie des almosen und betens schendlich misbraucht haben, das sie nicht Gottes ehre sondern jren rhum damit gesucht, also haben sie auch des fastens misbrauchet und verkeret, nicht fur jren leib jm zwang und zucht zuhallten noch Gott zu loben und dancken, sondern von den leuten gesehen zu werden und einen namen zu haben, das man sich wundern und sagen muesste: O das sind treffliche heiligen, die da nicht leben wie ander gemeine leut, sondern daher gehen jnn grawen roecken, den kopff hengen, sawr und bleich sehen &c.. wenn die nicht gen himel komen, wo wollen wir andern bleiben? Er wil aber damit nicht das fasten an jm selbs verworffen odder verachtet haben, Eben so wenig als er das almosen geben und beten verwirfft sondern viel mehr bestetigt, und leret des selbigen recht brauchen. Also wil er das fasten auch widder zu recht bringen, das es jnn rechtem brauch und rechter meinung gehe, wie ein gut werck gehen sol.

 

Es hat aber bey den Juden daher seinen ursprung, das jn Moses auffgesetzt [(3. Mose 23, 27)] hatte jm herbst auff das fest Expiacionis ongeferlich vierzehen tage nach einander zufasten, Das war nu die gemeine fasten, die sie alle zugleich hielten. Daruber hatten nu die Phariseer ir sonderliche fasten, das sie etwas mehr theten und heiliger geachtet wurden denn andere, Denn jene fasten war nicht dazu gemacht das sie kundten damit fur andern gesehen sein, weil sie durch das gantze volck gieng, und was jnns gemein hingehet, des kan sich niemand sonderlich rhumen: Darumb musten sie viel sonderlicher fasten furnemen, das sie gesehen wurden als viel hoeher und geistlicher denn gemeine leute, Daher [Matth. 9, 14] sie auch rhumen jm Euangelio widder Christum: Warumb fasten der Phariseer Juenger so offt, und deine Juenger fasten nicht? &c.. Dazu machten sie einen unterscheid mit geberden und zeichen, dabey man ja kennen solte wenn sie fasteten, verstelten jr angesicht, das sie sich nicht wusschen noch schmuckten, [s. 429] sondern sahen saur und finster und trieben solchen trefflichen ernst, das man davon sagen und singen muste &c..

 

So kompt nu Christus, schlegt solch fasten gar zu boden und leret stracks das widderspiel und spricht: Wiltu fasten, so faste also, das du nicht saur sehest, sondern wassche und salbe dein angesicht, das du fein lustig und frolich sehest als auff einen feyer tag, Also das man kein unterscheit sehe noch mercke zwisschen deinem fasten und feyren. Denn das war der Juden weise das sie sich mit kostlichen wassern besprengten und das heubt begossen, das es vom gantzen leib roch, wenn sie feyreten odder frolich wolten sein. Wenn du so fastest zwisschen dir und deinem Vater allein, so hastu recht gefastet, das es jm gefellet, Doch nicht also, das damit ein verbot gestelt sey, das man nicht durffe auff ein faste tag jnn geringen kleidern odder ungewasschen gehen, sondern der zusatz ist verworffen, das mans umb rhums willen thut und den leuten mit solchen sonderlichen geberden die augen auffsperret. Sonst lieset man offt, wenn man gefastet hat, das man seck anzogen unnd assche auff das heubt gestrewet hat, als von dem Koenig zu Ninive sampt der gantzen stad, aber das war ein ander fasten, das sie jre not und elend leret.

 

Nu von der Juden fasten haben wir auch unser grosse fasten genomen und erstlich auch vier zehen tag gehalten, darnach heiliger worden und die selben gestreckt jnn vier wochen, bis sie zuletzt erlengert jst auff vierzig tage, Sind aber dabey nicht blieben, sondern daneben durchs jar alle wochen zween tage gesetzt zu fasten, den freytag und Sonnabent, Zu letzt die vier goldfasten odder notfasten, Das sind dennoch noch eitel gemeine fasten gewest, Uber das hat das Advent noch etliche sonderliche heiligen funden, die auch eine fasten haben draus gemacht, On was die moenche jnn Clostern gehalten haben, Und darnach ein jglicher ettliche sonderliche heiligen aus gewelet uber die gemeinen fest, bis so weit jst komen, das man dis alles fur nichts geachtet, wenn jm nicht ein jglicher ein eigene fasten machete.

 

Nu jst solch fasten alles auff einen hauffen nicht eines hellers werd, Denn die Ersten alten veter mogens wol gut gemeinet und wol gehalten haben, jst aber bald ubermengt und verderbt mit dem unflat, das es nichts taug, Es jst jm aber auch recht geschehen, Denn wie es ein lauter menschen thand jst mit dem seltzamen viel fasten, so jst es auch jnn schendlichen misbrauch geraten, Denn jch thar frey sagen das jch noch nie keine rechte fasten unter dem Bapstum gesehen habe, wie sie es gefastet heissen, Denn was jst mir das fur ein fasten, wenn man des mittags ein mal zurichtet mit kostlichen fisschen, auffs beste gewuertzt, mehr und herrlicher denn sonst auff zwey odder drey mal, und das sterkest getrenck dazu und ein stund odder drey dabey gesessen und den wanst gefullet, das er donet? Und das war noch gemein [s. 430] und gering, auch bey den aller strengsten monchen, Aber die heiligen veter, die Bisschove, Epte und ander prelaten habens erst streng angriffen auff ein mal mit zehen und zwentzig gerichten und auff den abend soviel labsal, das sich ettliche dresscher drey tag kundten damit behelffen: Das mag wol sein das etliche gefangene odder arme und gebrechliche leut armuts halben haben mussen fasten, Aber aus andacht weis jch niemand der gefastet habe, viel weniger jtzt fasten, Denn sie sind jtzt, mein liebe Papisten, alle gut Lutherisch worden, das jr keiner nicht mehr an die fasten dencket, lassen die weil auff unserm teil arme Pfarrer hunger und kummer leiden und ein rechte tegliche fasten halten an jre stat.

 

Weil denn dis fasten viel erger jst geraten denn der Jueden und Phariseer fasten, welche doch recht und warhafftig gefastet haben, on das sie damit jren rhum gesucht, Unsers aber unter dem namen des fastens ein lauter fras gewesen jst und nicht gefastet, sondern Gott und der leut gespot heisset, Dazu der schendliche zu satz daran gehengt, das man unterscheid der speise gemacht und derselben ettliche verboten, das nur damit gefastet hiesse, wenn man nicht fleisch esse, aber die weil die besten fissche mit kostlichsten latwergen und gewuertz und sterkesten wein dazu, Darumb habe jch geraten und rate noch, das man solch fasten schlechts mit fussen trette, als das Gotte zu lauterm spot und schanden geschicht, Das michs verdreusst das man solch spotterey jnn der Christenheit sol treiben und leiden und Gott mit der larven teusschen, das solch leben, auffs best fressen und sauffen und den bauch fullen, sol fasten und ein gut werck heissen.

 

Dis jst nu gar ein grobe, unverschampte, schendliche triegerey, die nicht die schrifft darff straffen, sondern ein jglicher bawr, ja ein kind von sieben jaren kan greiffen und verstehen. Aber daruber jst auch der schendlicher misbrauch zugeschlagen (der auch das rechte fasten verderbt) das man damit gros verdienst bey Gott gesucht hat als dadurch sund zu buessen und Gott versunen, wie sie denn jnn der absolutio solch fasten zur busse auff gelegt haben. Das heisst erst gar jnn aller Teuffel namen gefastet und Christum jnns maul geschlagen und mit fussen getretten, Das jch umb des misbrauchs willen ehe wolt erleuben, wenn ja solt boeses gethan sein, das man sich vol vnd toll soffe, Und lieber wil eine volle saw sehen, wenn jch ja sol ein unflat sehen denn einen solchen heiligen, der auffs aller strengste zu wasser und brod fastet. Noch sind des grewels aller Moenchen lere und bucher, aller Bepst bullen, alle predigstule voll, das sie von keinem andern fasten wissen, wenn sie es auffs beste machen, jch wil schweigen das sie auch die grobe, schendliche lugenfasten, davon jtzt gesagt, so hoch heben Und damit auch der heiligen abgotterey gestifftet und bestetigt haben, Und niemand gefunden jst der ein wort widder [s. 431] solch misbreuche gered habe. Darumb sage jch noch das jch jnn dem gantzen Bapstum mein lebtage nie keine fasten gesehen habe die recht Christlich gefastet were, sondern eitel schandfasten und fras an stat des fastens und dazu lauter abgotterey und heuchley, damit man Gott eine nasen gemachet und die leute betrogen hat. Darumb last uns hie lernen was doch eine rechte fasten heisse.

 

Es sind zweyerley fasten die da gut und loblich sind: Eine mag heissen weltliche odder burgerliche fasten durch die oeberkeit gebotten wie ein ander ordnung und gebot der oeberkeit (nicht als ein gut werck odder Gottes dienst gefoddert, Denn das wolte jch gerne sehen und dazu raten und helffen das Keiser odder fursten solch gebot macheten, das man einen tag odder zween jnn der wochen nicht fleisch speisete noch veil hette, als ein gute nuetzliche ordnung fur das land, damit man nicht so gar alles auff fresse, wie jtzt geschicht, bis zuletzt theurzeit mus werden und nichts zu bekomen jst, Darnach wolt ich auch das man zu ettlichen zeiten, die wochen ein mal odder wie sie es gut duncket, des abends nicht speisete on ein bissen brods und einen trunck, damit man nicht so mit stettem fressen und sauffen alles verzeret, wie wir deudschen thun, und ein wenig messig lerneten leben, sonderlich was junge, volle, starcke [18, 19] leut sind, Aber das solt gar ein weltliche weise sein, der oeberkeit unterworffen.

 

Darnach were uber diese fasten noch eine geistliche gemeine fasten die wir Christen solten halten, Und were auch wol fein das man noch etliche tage vor Ostern, jtem vor Pfingsten und Weyhenachten ein gemeine fasten behielte Und also die fasten jnns jar teilete, Aber bey leib auch nicht darumb das man ein Gottes dienst draus mache, als damit etwas zuverdienen odder Gott zu versunen, sondern als ein eusserliche Christliche zucht und ubung fur das junge und einfeltige volck, das sie sich lerneten jnn die zeit richten und unterscheiden durchs gantze iar, wie man bisher vier weyh odder fron fasten hat gehalten, da sich jderman nach richtet. Denn es mus ja sein das man etliche zeit unter scheide und ausmale als fastel und feirtage dem groben gemeinen hauffen umb der predigt und gedechtnis willen der furnemlichen geschicht und werck Christi &c.. Also das damit kein sonderlicher Gottes dienst gesucht werde, sondern allein ein Merck tag sey, darnach man kunde das gantz jar fassen und wisse wie man jnn der zeit sey. So mocht jch auch leiden das man auff diese weise durchs gantz jar alle freytag abends fastete, als zu einem mercklichen tag aus gesondert, Aber solch fasten kan noch wil jch nicht anrichten, es wurde denn zuvor eintrechtiglich angenomen: Sihe, also hette die Christliche kirch gnug fur sich zu fasten, das man nicht durffte uns schuld geben, wir verachten und verwurffen das fasten gar.

 

Aber das jst auch noch nicht das rechte Christliche fasten das Christus meinet, welchs gehoret fur einen jglichen sonderlich, Und jst also gethan, das [s. 432] wenn es warhafftig und Christlich fasten heissen sol, jsts nicht gnug das du des abends nichts essest, welchs jst nur ein stuck davon und das aller geringste, Sondern es stehet darinn, das du deinen leib zuchtigest und messig haltest. Das betrifft nicht allein essen, trincken, schlaffen &c.. sondern auch mussig gehen, allerley freuden spiel und alles was dem leib mag wol thun, damit man sein pflegt und wartet. Das heisst nu gefastet, wenn man solchs alles abbricht und entzeucht und allein darumb das man das fleisch jm zawm [3. Mose 16, 29; 23, 29; 4. Mose 29, 7; 30, 14 usw.] halte und demuetige, wie die schrifft die fasten aufflegt zu halten und nennets Affligere animam, dem leib wehe thun &c.. das er sich keiner wollust, guter tage, freuden anneme. Das ist das fasten der Alten veter gewest, die haben den gantzen tag uber nicht gessen noch truncken, wenig geschlaffen und sind her gangen als die leid truegen und dem leib alles abbrochen, soviel die natur hat moegen leiden.

 

Solch fasten findet man jtzt nicht viel, sonderlich bey unsern geistlichen Moenchen und pfaffen, Denn die Cartheuser, so doch wollen das strengeste leben furen, thun es nicht, ob sie wol ein stuck davon zum schein fueren, das sie jnn herin kleidern gehen, aber fressen gleich wol jren bauch vol der besten speisse und trancks, und leben on alle sorge auffs aller senffste. Nein, es gilt nicht so stuckens und teuschens, sondern es heist den leib demuetigen und jm nemen alles was jn lustet und wolgefellet, Und wenn sie gleich aller dinge recht fasteten, so ist doch der misbrauch des Teuffels gar, das sie jre heiligkeit darauff grunden und was sonderlichs bey Gott damit wollen erlangen &c..

 

Darumb ist auch noch nicht darauff zu bawen, ob wol die fasten auffs aller beste gehet, Denn es kan wol ein heimlicher schalck darunter verborgen [Jes. 58, 4] ligen widder den glauben odder die liebe, wie auch der Prophet Esaias 58. (wie oben angezogen) solch fasten straffet, damit sie jrem leib wehe thatten, aber daneben jre schuldiger zwackten und plagten &c.. Also verwirfft auch Christus der Phariseer fasten, nicht das sie nicht recht gefastet haben, sondern das sie jren rhum und ehre darinn suchten &c..

 

Drumb gehoeret gar viel da zu das es ein recht gut werck sey und Gott gefalle, Denn er will des nichts uberal das du mit deinem fasten jm wollest hofieren als ein grosser heilige und doch die weil hass und zorn auff den nehesten tregest &c.. Sondern wiltu recht fasten, so dencke das du zuvor ein fromer man seyest und beide recht gleubest und liebest, Denn solch werck gehet nicht Gott noch den nehesten sondern unsern eigen leib an &c.. Aber das wil nirgend hernach, Darumb mag ich wol sagen, das ich kein recht fasten habe gesehen, Denn es ist doch sonst alles nur halb und stuecklich gefastet, und eine lauter teuscherey, da man zum schein eine malzeit abbricht, aber gleichwol sonst teglich den leib wol kuetzelt, on was itzt mag sein bey ettlichen [s. 433] fromen predigern und pfarrern auff den doerffern und sonst, die es aus not muessen thun und hohn, spot und alle plage dazu leiden und von niemand einen bissen brods haben: Da ist wedder lust noch schmuck odder sanffte tage, Das sind sie, die jnn der wellt jrr gehen und sie niemand kennet, der auch [Ebr. 11 [so], 38] die welt nicht werd ist (wie die Epistel zun Ebreern 13. sagt) Aber die Cartheuser Moench und unser Rotten geschmeis jnn jren herin hembden und grawen rocken, die sollen augen und maul auffsperren, das man sage: O wie heilige leut sind das, wie sawr und pang wirds jn, das sie so ubel und hart gekleidet gehen und doch jren wanst jmerdar voll fressen und sauffen.

 

Sihe das heisse ich die rechte fasten der Christen, wenn man dem gantzen leib wehe thut und zwinget mit allen funff sinnen, das er lassen und emperen mus alles was jm sanfft thut, es geschehe willig odder aus not (doch das mans gerne anneme und leide) man esse fisch odder fleisch, aber nichts mehr denn die liebe notdurfft foddert, das der leib nicht druber verderbt odder untuechtig gemacht sondern jm zwang und erbeit gehalten werde, das er nicht muessig noch faull und geyl werde. Aber solch fasten trawe ich mir nicht auff zu bringen, wils auch niemand auff legen, Denn es mus ein jglicher hie auff sich selbs sehen und sich fuelen, weil wir nicht alle gleich sind, das man kein gemeine regel darauff stellen kan, sondern ein jglicher darnach er starck ist und fuelet das dem fleisch not ist, darnach sol er jm aufflegen und abbrechen, Denn es ist allein gesetzt widder die lust und reitzung des fleisches, nicht widder die natur, Und ist an keine gewisse regel odder mas, zeit noch stet gebunden, sondern sol stetts gehen, wenn es not ist, das man den leib jm zawm halte und also gewehne, das er ungemach leiden konne, wenn es zur not keme das ers thun muesse, Und sol frey gehen nach eines jglichen wilkoere, das mans nicht mit gesetzen furneme ab zumessen, wie der Bapst gethan hat, Gleich wie man nicht kan das gebete abmessen, sondern mus frey lassen, wens eines jglichen andacht odder not gibt und fodert, Also auch nicht das almosen, wem odder wenn odder wieviel man geben muesse als aus not und gesetz gezwungen.

 

So fern gehet aber die gemeine regel fur alle Christen und jst jderman geboten messig, nuechtern und zuechtig zu leben, nicht einen tag odder ein jar, sondern teglich und jmerdar, welchs die schrifft nennet sobrietatem, nuechtern leben, Das ob sie gleich die hohe fasten nicht alle koennen halten, doch so weit bringen, das sie mit essen, trincken, schlaffen und aller notdurfft des leibs die masse halten, das zur not und nicht zum uberflus und mutwillen diene, und nicht also hie leben, als sey es gar umb fressen und sauffen, tantzen und springens willen zuthun. Ob aber zu weilen aus schwacheit etwas darueber geschicht, das gehe mit jnn dem artickel der da heisset Vergebung der sunde, wie andere tegliche gebrechen.

 

[s. 434] Fur allen dingen aber sihe darauff, das du zuvor from und ein rechter Christ seyst und nicht durch solch fasten Gott wollest einen dienst thun, sondern dein Gottes dienst sol sein allein der glawbe an Christum und die liebe gegen dem nehesten, das du wartest des dazu du gefoddert bist, wo das nicht ist, so lasse so mehr das fasten auch anstehen, Denn fasten sol allein dazu dienen, das es dem leib auffgelegt werde seine lust und ursachen zur lust auswendig abzuhawen, wie der glawbe jnwendig jm hertzen thut.

 

Das sey genug von dem fasten gesagt. Nu muessen wir auch die wort ansehen, die Christus setzet zu allen diesen dreyen stuecken, almosen geben, beten und fasten, Das es sol verborgen sein, so werde es unser Vater, der jnn das verborgen sihet, vergelten offentlich. Denn es ist ein noetiger trost spruch fur die Christen, die solche werck rechtschaffen thun, weil es jnn der welt gewislich also gehet, das jr werck geschendet und so zu gedeckt und verborgen wird, das freilich kein gottloser kan sehen, und ob ers gleich sihet, doch mit offenen augen nicht erkennet, Als das wir uns zum exempel setzen, was wir durch Gottes gnaden guts thun und schaffen, das sihet niemand und schillt uns alle wellt nicht anders denn als die beten, fasten und alle gute werck verachten und verbieten, eitel unglueck und unfride anrichten &c.. Wie wir aber beten beide offentlich und heimlich, das sollen sie nicht sehen, wenn sie es schon hoeren und dabey stehen und offentlich greiffen moechten wie wir zu fride und [Jes. 26, 10] allem guten helffen &c.. Denn Gott hat es also geordnet, wie die schrifft sagt, das kurtzumb kein gottloser sol Gottes ehre sehen, das ist alles was [Jes. 6, 10] Gott redet und thut, wie auch Esaias 6. sagt: Verstocke das hertz dieses volcks und las jre ohren dicke sein und blende jre augen, das sie nicht sehen mit offnen augen noch hoeren mit jren ohren noch mit dem hertzen verstehen und sich bekeren &c..

 

Also gehet es uns auch beide mit unser lere und leben, Denn ich meine ja, unser Euangelium sey nicht verborgen an jm selbs, sondern so erschollen, das sie es alle sehen und hoeren, sonst tobten sie ja nicht so zorniglich dawidder, noch konnen sie es nicht sehen und mus bey jnen nicht das Euangelium sondern verdampte ketzerey heissen, Auch so sehen sie desselben fruechte bey uns und unser gute werck, die wir auch gegen jnen als unsern feinden erzeigen und uns auffs hoeheste fur jn demuetigen, frid und alles gut anbieten und dazu treulich fur sie bitten, noch sich sie nicht werd solchs zu erkennen, sondern muessen uns eben darumb deste greulicher verfolgen. Also sehen sie auch unser fasten nicht, wie unsere prediger williglich hunger und kumer leiden, das sie den leuten dienen &c.. Aber wenn sie fasten bey einer guten feysten Collation und drey odder vier galreden, das ist koestlich ding und grosse heiligkeit, gleich wie unser gebet mus nichts heissen gegen jrem plappern und heulen jn den kirchen.

 

[s. 435] Sihe also mus das gantz Christlich leben verborgen sein und bleiben und kan zu keinem rhum komen noch einigen schein und ansehen fur der welt haben. Darumb las es gehen und nim dichs nicht an, obs gleich verborgen und wol zugedeckt und vergraben wird, das es niemand sihet noch achtet, Und las dir gnuegen das es dein vater droben jm himel sihet, der hat scharffe augen und kan weit jnn die ferne sehen, obs gleich mit grosser finster wolcken uberzogen und tieff jnn der erden zugescharret ist, Also das aller Christen leben allein auff Gottes augen gerichtet sey, Denn es wird doch nichts anders draus, wir leben wie wir wollen, und machens so gut wir jmer koennen, so konnen wir doch der welt nicht gefallen noch recht und zu danck thun, und sols nicht werd sein das sie jr lasse helffen und guts thun. Darumb muessen wir auch widderumb jr urlaub geben und dem Teuffel heim schicken Und auff solche sprueche trostlich trotzen und singen: Las gehen hin, die welt hat einen tummen sin &c.. Jst genug das wirs dem zu ehren und gefallen thun, der es sihet, und wollen nichts umb jren willen thun noch lassen, Gott gebe sie dancke odder schende, zuerne odder lache, Wir werden sie doch nicht anders machen denn wie sie jhe gewesen ist, was wollen wir denn ringen nach der ehre odder danck, der nicht zu erheben ist? sondern wollens den schelmen befehlen, die Rosenkrentz am hals tragen, tag und nacht jm Chor heulen, eitel fisch und stinckend oele fressen &c.. und eitel verlorne werck thun, Die sollen die ehre und rhum von jr haben, wie sie beyde werd sind und zusamen gehoeren als vieh und stall, dem Teuffel jnn hindern, Denn wie die werck sind, so sollen auch jre preiser sein, das ein schalck den andern lobe.

 

Das ist ein stueck des trosts, das wir wissen das die welt unser nicht werd ist, sondern einen andern jm himel haben, der auff uns und unser werck sihet. Das ander ist das er sagt ‘Dein vater der jnn das verborgen sihet, wird dirs vergelten offentlich’, das nicht allein bey dem sehen sol bleiben, sondern auch vergolten werden, und nicht heimlich sondern offentlich, das alle wellt sehen sol mit jren ewigen schanden. Darumb las jn machen, Er wirds wol an tag bringen, das es nicht dahinden jm finstern bleibe, auch auff erden [Ps. 37, 5. 6] und fur den leuten, wie auch der 37. Psalm leret und troestet: ‘Befehl dem HERRN deine wege und hoffe auff jn, er wirds wol machen, Und wird deine gerechtigkeit erfur bringen wie das liecht, und deine sache klar machen, das sie leuchte wie die liebe Sonne jm mittag.’ Sihe wie die lieben Marterer so schendlich sind umbbracht und dennoch jtzt so erfur leuchten, das alle welt dargegen ein lauter stanck ist: So ist Johannes Huss vor unser zeit verdampt so schendlich als nie gehoert ist und sein name (als sie meineten) ewiglich ausgetilget, noch scheinet er jtzt mit solchen ehren erfur, das seine sache und lere fur aller wellt mus gepreisset werden und des Bapsts ding jm dreck ligt auffs aller schendlichste.

 

[s. 436] So last uns jtzt auch zugescharret und jm verborgen bleiben, es wird aber die zeit komen das uns Gott wird ein mal erfur zihen, das unser sache und wesen mus leuchten fur aller wellt augen auch noch hie jnn diesem leben, aber viel herlicher an jenem tage, wenn da wird erfur tretten jrgend ein armer mensch mit seinen fruchten und guten wercken, das gantze Bapstum und welt zu schanden machen, das sein ding eitel liecht und klarheit, jenes aber eitel unflat wird sein; Allein das wir uns an Christus wort halten und nichts daran keren noch anfechten lassen, ob wir jtzt beschmitzt und jnns finster gelegt werden von der wellt, Sondern sehen auff jn und alles thun umb seinen willen, Denn Gottes werck und wort kan doch nicht dahinden bleiben sondern mus erfur ans liecht, wie tieff es verscharret und vergraben wird, Das ich mich selbs offt habe verwundert, wenn ich das Bapstum gesehen habe, wie der teuffel das liebe Euangelium durch des Bapsts grewel jnn einen mist hauffen und pfuetzen gefurt hat und so tieff verschut, das ich dachte, es were nicht mueglich das die warheit jmer mehr solt erfur komen unter soviel verfurung der Messen, Fegfeur und unzelich andere: Noch hat es erfur gemuest, eben da es am aller tieffsten lag und sie meineten, es solt jr ding nu ewig stehen.

 

Also ist es Christo auch selbs gangen, da sie jn unter die erden bracht hatten und meineten, sie hetten jn nun so tieff verscharret, das niemand mehr von jm singen noch sagen solt, da blitzet er erfur und leuchtet durch sein wort so starck, das sie alle drueber musten ewiglich zu boden gehen. Darumb sollen wir auch sicher sein, weil wir sein wort haben, das unser lehre und werck mus ans liecht komen und fur aller welt augen gepreisst werden, obs gleich itzt jm verborgen ligt, es sey denn das Gott selbs muesse im tunckel bleiben.

 

Sihe das ist die troestliche verheissung uns gegeben zur vermanung, das wir uns uben jnn rechten guten wercken und nicht ergern, obs bey der wellt nicht angesehen wird, Denn sie ist zu blind und als wenig sie Gott erkennet, so wenig kan sie sein wort und werck erkennen Und sol nimer mehr dazu komen, das sie sehe welch ein gros ding es ist umb ein getaufft kindlin odder einen Christen der das Sacrament empfehet und gerne Gottes wort hoeret, sondern mus es ansehen als fur ein schlecht wasser bad odder stuck brod und ein unnuetz geschwetz. So sihet sie auch nicht was der thut, der da recht fastet odder betet. Drumb befelen wirs dem der es sehen kan, und hoffen das er die blinden tollen heiligen zuschanden machen wird mit jrem grossen gleissenden wesen, damit sie itzt der Christen leben und werck vertunckeln.

 

[Matth. 6, 19–21] Jr solt euch nicht schetze samlen auff erden, da sie die motten und der rost fressen und da die diebe nach graben und stelen, [s. 437] Samlet euch aber schetze im himel, da sie weder motten noch rost fressen und da die diebe nicht nachgraben noch stelen, Denn wo ewer schatz ist, da ist auch ewer hertz.

Er hat bisher erstlich jre falsche auslegung der zehen gepot gestrafft und die verschorren und vertunckelte lere geleutert und rein gemacht, Darnach widder jre falsche gleissende werck die rechten werck geleret, also das man beide die zehen gepot recht verstehe und die werck rechtschaffen thue, Nu fehet er an zu warnen wider die anfechtungen so diese lere hindern, und treibt solchs fast durch aus bis zum achten Capitel und wirds aus der massen gut machen als ein koestlicher meister, der nichts unterlesset was dazu dienet, das er uns jnn der rechten lere und leben behalte.

 

Und zum ersten nimpt er fuer sich das schoene grosse laster welchs da heisset der Geitz, Denn das sind fast die zwo schedlichsten plagen, so da jmer mit folgen, wo man das Euangelion leret und darnach leben wil: zum ersten falsche prediger, so die lere verderben, darnach Juncker Geitz, der da hindert am guten leben, Wie wir itzt sehen, nach dem das Euangelium widder ist gepredigt, das die leut viel geitziger werden denn zuvor, scharren und kratzen als wolten sie gar hungers sterben, welche vorhin jnn der blindheit giengen, als weren sie verstarret, liessen jn predigen was einem iglichem treumet, und gaben was sie solten mit hauffen, das sie selbs nicht sahen noch klagten was jn abgienge. Jtzt aber, weil jn die augen sind auffgethan, das sie sehen wie sie leben und rechte gute werck thun sollen, sehen sie so genaw auff jren pfennig und geitzen, als wolt iglicher gerne der wellt gut allein zu sich reissen, Das ichs nicht kan anders deuten noch rechnen wo es her kome, denn das es mus eine lauter plag sein vom leidigen teuffel, der alle zeit neben dem liecht des Euangelij dis schendliche laster, das selbige zu hindern, mit einwirfft. Denn das Euangelium gibt uns ia den trost, das wir nicht allein dort ewig [Ps. 8, 5 ff.] leben sollen, sondern auch hie zu essen und gnug haben, wie Psal .8. stehet das Christus ein Koenig und herr sol sein uber alle wellt und jnn seinen henden haben schafe und ochsen und alle thier auff erden, das er uns ia nicht wird lassen hungers sterben. Nu das wissen wir, noch stecken wir auch selbs viel tieffer im geitz und sorge zeitlicher narung denn zuvor, und will uns allenthalben feilen und zurinnen und kunnen nicht den zehenden teil Gotte zu ehren geben des so wir zuvor dem teuffel jnn rachen verschuttet haben.

 

Solchs hat Christus auch an viel mehr orten gezeigt und zuvor gesagt, als da er seine Apostel aus schicket zu predigen, ist sein groste sorg und [Matth. 10, 10; Luk, 9, 3] warnung, das sie sich huten fur den zweien: falscher lere und geitz, Und befilhet jn hart das sie keinen vorrat sollen mit sich auff den weg nemen &c.. noch sorgen was sie essen und trincken sollen, Also das es (wie gesagt) die zwey schedlichste stueck sein jnn der Christenheit, dadurch es gar verderbt wird, [s. 438] geistlich der glaube durch falsche lere, leiblich die fruchte durch den geitz. Darumb ist hie predigens und warnens not, wenn die lere und leben angerichtet ist, das man ia wol zusehe das man dabey bleibe und sich nicht lasse widder davon furen durch falsche deutung der schrifft, darnach sich hute fur dem geitz, das er uns nicht heimlich erschleiche und einneme, also das wir unser datum setzen auffs zeitliche, das wir hie gnug haben, als sey es damit ausgericht, Denn es ist ein ferlich anklebend ubel und kan auch ein feinen schein und schoene gedancken machen, das es auch die Christen betreugt und niemand sich dafur kan sicher wissen, Denn wenn sie sehen wie es jn gehet jnn der welt, die jn alle plag anlegt und nicht einen bissen brods goennet, das sie jret halben wol muesten hungers sterben, wie man itzt die armen prediger lesst kumer und not leiden, so werden sie also angefochten, das sie auch dencken wie sie was kriegen und fur sich bringen, das sie jnn der welt bleiben koennen, so lang bis sie gar jnn die welt sorge und geitz geraten und daruber jr predig ampt fallen und ligen und ettliche das Euangelium gar faren lassen.

 

Sihe darumb fehet nu Christus mit viel worten an zu predigen widder den grossen Abgot Mammon und malet jn auffs schendlichst abe, das man sich ia dafur huten solle, und spricht zum ersten: ‘Samlet euch nicht schetze auff erden, da sie die motten und der rost fressen und die diebe darnach graben’ &c.. Da gibt er den schetzen auff erden drey fundgrubner, nemlich Rost, Motten und diebe, das sind ia schendliche hueter, wenn man sie uber schetze setzet. Nu hats Gott sein geordnet, das wo ein schatz ist, da mussen auch solche gesellen sein die sein hueten, gleich wie gemeiniglich die sperling odder ratten und meuse bey dem korn. Denn es ist auch nicht bessers werd, weil wir des gelts und gut nicht recht brauchen, sondern durch den leidigen geitz zu uns scharren und keiner dem andern gibt noch goennet &c..

 

Es heissen aber nicht allein Motten und Rost, so die kleider odder eissen und ertz fressen, noch meuse und Ratten, die man mit fallen fenget, auch nicht die allein diebe, so heimlich die kasten reumen, sondern auch die grossen lebendigen Motten und offentliche diebe, als die grossen Eissenfresser und Scharhansen zu hofe, die einem Fursten koennen boden und beutel leeren und zu letzt umb alles bringen was er hat, Also auch jnn stedten nicht allein die einem burger zum haus hin ein steigen, sondern eine stad fein heimlich aus saugen mit wuchern und schinden auff dem marckt und wo sie koennen, So das kurtzumb wo gelt und gut ist, da muessen auch motten und diebe sein dar nach gerichtet, Und ist alles jnn der welt vol solcher ratten und meusse, wo nure leute unternander wonen, Denn was ist ein untrewer Rat zu hofe odder Amptman anders denn ein solcher rost odder motte, der nirgend zu dienet denn das er eins Fursten geld und gut wegfrisset, weil etwas da ist?

 

[s. 439] Wie denn itzt solcher heuchler viel sind, die mit teglichen schweren, unnoetigen und vergeblichen kostungen die Fuersten arm machen und nichts darnach fragen ob ein Fuerst gedeye oder verderbe, wenn sie nur jnn seinem geld herrn sein und regiren wie sie wollen.

 

Also auch jnn allen stedten und dorffern findet man alles vol eitel ratten und motten beide grosser und kleiner, heimlich und offentlich, als schuster, schneider, fleischer, becker, birbrewer und schencken und andere handwerck, erbeiter und tagloner, Ja jnn einem iglichen haus wer einen faulen untrewen knecht odder magd hat, was hat er anders denn einen korn wurm, der jm mehr weg frisset denn wenn er den boden vol ratten und meuse hette?

 

Nu sihe was der Mammon fur ein feiner Gott ist, der kein bessere huter und hoffgesind umb sich hat denn eitel rost und motten, Das wenn man lang grosse schetz gesamlet hat, so mus doch so weg gefressen werden von solchem gesind, das sein niemand fro wird noch geneusset, der es geniessen solt. Und sind nicht viel grosser herrn und fursten schetze je mal wol angelegt, sondern gemeniglich durch kriege verheeret odder durch solche lose fresswuerme auffgeetzet oder sonst unnuetzlich umbbracht und verschleudert? Darumb sind die am besten dran die nicht viel schetze haben, denn sie haben nicht viel ratten zu erneren und durffen sich fur dieben nicht furchten.

 

Wie aber? sol man denn gar keine schetze haben und alle hie mit verdampt sein, die schetze auff erden samlen? Das mus ia auch nicht sein, Denn solten sie alle thun wie du und ich, so hette morgen niemand nichts jnn haus und hofe, Es muessen ia herrn und fuersten vorrat schaffen und haben fur land und leute, Denn dazu hat Got gold und silber geschaffen und jn bergwerck [5. Mose 17, 16] gegeben: So lesen wir jnn der schrifft, das Moses den Koenig leret das er nicht sol zuviel pferd, gold silber haben &c.. da mit lesst er ia zu das er [Pred. 2, 8] muege messig schetze samlen, Wie auch der Koenig Solomo selbs von sich rhuemet [1. Mose 47, 14 ff.] Und der Patriarch Joseph soviel samlete, das er das gantz land Egypten mit korn, geld, gut, vieh und leib dazu des koenigs eigen machte als gantz leibeigene [1. Mose 13, 2] leute. So hatte Abraam auch viel schafe, gold und silber, damit er handelte und kauffte, Was wollen wir denn hie zu sagen das er so klar verbeut, Wir sollen nicht schetze samlen? So er doch (wenn man mit jm rechen [Joh. 12, 6] wolt) auch selbs einen vorrat gehabt, weil jm Judas den beutel und geld nachtrug, und dennoch jmer etwas barschafft hatte, das jnen nie nichts [Luk. 22, 35] gemangelt, wenn er die Junger aus schickte, wie sie selbs sagten, Warumb [Luk. 10, 4] verbeut er denn hie solchs und sagt, Sie sollen kein geld noch tasschen noch schuch mit sich tragen &c..

 

Antwort: Es ist droben offt gnug gesagt, das Christus jnn dieser predigt leret einen einzelen odder Christen man und das weit von einander [s. 440] zuscheiden sey ein wellt man und ein Christen odder eine Christliche und welltliche person, Denn ein Christen heisst weder man noch weib, jung noch alt, Herr, knecht, Keiser, Furst, Bawer, Burger, noch nichts was jnn der welt gehet und genennet mag werden, hat keine person noch larven nicht Und sol nichts jnn der welt haben noch wissen, sondern jm gnuegen lassen an dem schatz im himel. Wer nu solchs nicht wol unterscheidet, der kan solcher sprueche keinen recht verstehen, wie es unsere Sophisten und Schwermer jnn einander werffen und brewen.

 

Ein Furst kan wol ein Christen sein, aber als ein Christ mus er nicht regieren: und nach dem er regiret, heisst er nicht ein Christ sondern ein Furst Die person ist wol ein Christ, aber das ampt odder Furstenthumb gehet sein Christentum nicht an, Denn nach dem er ein Christ ist, leret jn das Euangelium das er niemand sol leid thun, nicht straffen noch rechen, sondern iderman vergeben, und was jm leid odder unrecht geschicht sol er leiden. Das ist (sage ich) eines Christen lectio, Aber das wurde nicht ein gut regiment machen, wenn du dem Fursten woltest also predigen, Sondern so mus er sagen: Meinen Christen stand lasse ich gehen zwischen Gott und mir, das habe sein bescheid wie ich gegen jm leben sol, Aber uber odder neben dem habe ich jnn der welt einen andern stand odder ampt: das ich ein Furst bin. Die person gehet nicht gegen Gott sondern zwisschen mir und meinen land und leuten &c.. Da gehoert nicht her wie du gegen Gott leben und was du fur dich thun und leiden solt, das las fur deine Christen person gehen, als die nichts mit landen und leuten zuthun hat, Aber deine furstliche person sol der keines thun noch damit zuschaffen haben, Sondern dencken wie sie das regiment handhabe, recht und friden halte und schutze, die boesen straffe.

 

Sihe so sind beide stend odder empter recht geteilet und doch jnn einer person und so zu rechen widderwertig, das eine person sol zu gleich alles leiden und nicht leiden, Aber also das iglichem ampt das seine unterschiedliche zugeteilet werde, Nemlich, wie gesagt, Wenn michs antrifft als ein Christen, so sol ichs leiden, aber wenns antrifft meine weltliche person, so nicht zwisschen Gott und mir sondern an land und leut gebunden ist (welchen mir befolen ist zu helffen und schuetzen und das schwerd da zu jnn die hend geben) da gilts nicht leiden sondern das widderspiel. Also hat ein iglich mensch auff erden zwo person: Eine fur sich selbs, an niemand verbunden denn an Gott alleine, Darnach eine welltliche, damit er an ander leut gebunden ist, wie wir denn jnn diesem leben unternander sein muessen, Als ein eheman odder hauswirt an weib und kind, welcher ob er wol ein Christ ist, sol er doch von den seinen nicht leiden das sie buberey odder mutwillen im haus wolten uben sondern dem boesen weren und straffen, das sie thun muessen was recht ist &c.. Wenn du nu solch unterscheid recht weissest, so ist Christus lere [s. 441] leicht zuverstehen, Denn er redet hie und jnn alle seinen predigen nichts da von, wie eine welt person thun und leben sol, sondern wie du rechtschaffen leben solt gegen Gott als ein Christ, der sich nichts zu bekoemern hat umb die welt sondern allein dencken sol nach einem andern leben.

 

So sage nu auch zu diesem text: Meine person die ein Christen heisset, sol nicht fur gelt sorgen noch samlen, sondern allein an Gott mit dem hertzen hangen, Aber eusserlich mag und sol ich des zeitlichen guts brauchen fur meinen leib und fur ander leut, so fern meine welt person gehet, gelt und schetze samlen, doch auch nicht zu viel, das nicht ein geitz wanst draus werde, der nur fur sich selbs trachtet und nicht zur fullen ist, Denn eine welt person mus gelt, korn und vorrat haben fur sein land, leut odder andere die jm [1. Mose 47, 14] zugehoeren, Als wenn man kuende so regiren, wie der Patriarch Joseph jnn Egypten land, das alle boden und kasten vol vorrats weren, und das land so fassen, das es mit aller notdurfft versorgt were, davon man kunde den leuten helffen, fur strecken und aus teilen wenns not were, das were ein recht feiner schatz und des zeitlichen guts wol und Christlich gebraucht, Denn was ein Furst samlet, das samlet er nicht fur sich, sondern als eine gemeine person, ia ein gemeiner Vater des gantzen lands, Denn wir muessen ia nicht alle bettler sein, sondern ein iglicher soviel fur sich bringen, das er sich neeren koenne und nicht andere beschwere und dazu andern helffe Und also einer zum andern setze wo es not thut.

 

Also solt ein igliche stad samlen soviel sie kund zu gemeiner not, ia auch ein iglich kirchspiel ein gemeinen kasten fur die armen, das hiesse nicht unrecht, sondern Christlich schetze gesamlet, Denn es ist nicht ein solcher schatz, damit den geitz und die luest zubuessen, wie die wellt thut und wie bisher unser pfaffen gelt gesamlet haben und nicht mehr gesucht denn das sie jre lust dran sehen und mit den gulden spielen wie die megde mit den tocken, aber wenns zur not kompt, da man andern helffen solt, da jst niemand daheim, Das heissen des Teuffels schetze, dawidder Christus hie redet, das man nicht sol schetze samlen auff erden, das jst fur sich und zu seiner lust, also das das hertz nicht geitzig sey und an dem zeitlichen Mammon klebe, sondern einen andern schatz jm himel suche und samle, Aber eusserlich und weltlich magstu samlen soviel du kanst mit Gott und ehren, nicht fur deine lust und geitz, sondern zu ander leut not. Wer so samlet, der sol segen und ablas dazu haben als ein fromer Christ.

 

Aber die so geitzen und scharren, das sie nicht koennen auffhoren, und doch niemand lassen geniessen, das auch sie selbs nicht frolich durffen brauchen, Den sol es auch so gehen wie hie stehet, das eitel motten, rost und diebe weg fressen, das wie es gewonnen jst, widder hin gehe, Wiewol es auch sonst offt geschicht, das obs gleich wol gesamlet jst, dennoch so auffgefressen wird, Denn [s. 442] es mus doch dem zeitlichen gut auff erden nicht besser widderfaren. Gehets nu denen so, die doch recht schetze samlen, wieviel mehr denen, die nichts anders suchen denn das gelt, nicht den brauch, nutz und frucht des gelds. Denn es jst hie so gesegnet, das motten und rost mussen druber komen und weg fressen und gestolen werden, Das doch keinem gelinget, der so geitzet und kratzet, und wenn ein Baur schon viel gesamlet hat, mus ers doch nicht brauchen, stehet jm auch nicht an, sondern mus vergraben, das er weder jm noch andern zu nutz kome, on das die wuerm dran nagen und beissen odder den landsknechten und juncker Scharr hansen zu teil werde, das es ja nicht besser angelegt werde.

 

So wil nu Christus mit diesen worten uns aus dem sinn reden, das wir nicht so geitzen nach dem Mammon, und redet so verechtlich und schmehlich davon, das er jm nicht kund nehrlicher reden, Denn was jst das fur ein Gott, der nicht soviel vermag, das er sich des Rosts und der motten erwehren kund? sondern mus sich teglich weg fressen und verzeren lassen und da ligen jderman zum raub, das jn frisset was daruber kompt, und ein jglicher dieb weg treget &c.. Das jst ja verdrieslich ein solchen omechtigen Gott haben, dem rost, motten und dieben unterworffen, der doch die gantze welt regiret. Darumb solten wir ja uns schemen, das wir solche leute sind, die sich an solchen rostfressigen schatz hengen und alle jren trost darauff setzen. Weil jr denn solchs wisset (wil er sagen) so setzet ewr hertz nicht darauff das jr auff erden schetze samlet, sondern lasst euch gnuegen an dem was euch Gott hie gibt, und setzets jnn die fahr, das euch muege umb komen odder genomen werden. Denn es wird nichts anders draus, sonderlich wer da wil ein Christen sein und seinen herrn bekennen odder predigen, der mus alle stund gewarten das man jn ausbeisse und verstosse, als der die welt und alle teuffel hat auff sich geladen. Sol ers denn ausfuren, so mus er einen mut fassen, das er jre schetze und gueter verachten konne und einen andern bessern schatz wisse.

 

Darumb spricht er ‘samlet euch schetze jm himel’ &c.. das jst: Lasset der welt jre rostfressige, reubische und diebische schetze, als die nicht bessers werd jst, das sie jr lust und trost dar an habe, Aber jr, so nicht von der welt seid sondern gen himel gehoret und durch mein blut dazu erklaufft seid, das jr ein ander ewig gut solt haben, das euch bereit und bestelt jst, lasset ewr hertz hie nicht gefangen nemen, Sondern ob jr jnn solchem ampt und stand lebet, das jr must damit umbgehen, das jr nicht daran henget noch jm dienet, trachtet aber darnach wie jr jene schetze kriegt, die euch jm himel beygelegt sind, Denn das sind rechte schetze, da nicht motten noch rost konnen zu komen und wol sicher sind fur allem was fressen und stelen kan, Denn sie sind so gelegt, das sie jmer gantz und frissch bleiben, und so verwaret, das niemand darnach graben kan.

 

[s. 443] Wer nu wil ein Christen sein, der mag jm diese reitzung und Rhetorica lassen gefallen, Denn es solt ja einem geitzigen wanst gefallen und sein hertz lachen, wenn man jm ein solchen schatz zeigete, den kein rost fressen und kein dieb stelen kunde, Aber die welt sol solchs nicht achten, weil sie es nicht sihet noch tappet, sondern bleibt an dem gold und silber hangen, das sie sihet gleissen, ob sie wol weis und sihet das es nicht eine stund sicher jst fur rost und dieben. Aber wir predigen auch den selben nicht: Wer sich nicht wil an Christus wort halten und sich richten nach dem unsichtigen schatz, der fare jmer hin, wir wollen niemand mit den haren erzu zihen, Aber sihe zu, wenn dirs dazu kompt, das du solt und must davon faren, so ruffe denn deinen schatz an, den du gesamlet hast und dein trost darauff gesetzt, und sihe was du daran habst und dir damit geholffen sey.

 

[Ps. 75, 6 (Bulgata)] Aber es gehet wie geschrieben stehet Psalmo 75. ‘Dormierunt somnum suum omnes viri divitiarum et nihil invenerunt in manibus suis’, Die reichen wenste die dem Mammon gedienet hatten, da sie solten sterben, da funden sie gar nichts. Das jst ia ein schrecklich ding, das die so jr gantzes leben dem Mammon gedienet und umb seinet willen manchen unrecht und schaden gethan und Gottes wort veracht, und doch jnn der not nicht soviel kunden geniessen. Da werden jn erst die augen auffgethan, das sie jnn ein ander welt sehen und umb sich tappen nach dem was sie gesamlet haben zum vorrat, so finden sie nichts und lesset sie mit schanden leer hin faren, so wird jn denn so angst und bange, das sie daruber vergessen was sie gesamlet haben, [Luk. 12, 16 ff.] und jm himel auch nichts finden, Und geschicht jn eben wie Christus Luce 12. sagt von dem Reichen, der ein mal ein kostlichen guten herbst erlebet hatte, das er die scheuren wolt abbrechen und grosser machen und dachte nu gute tage zuhaben und sprach: Liebe seele, du hast nu grossen vorrat auff viel jar, iss und trinck und habe guten mut. Sihe das jst das bawrliedlin das alle geitzwenste singen, Aber was folgt drauff? Du nar, diese nacht wird man deine seele von dir nemen, und wes wird es sein das du bereitet hast? also hat er beide diesen schatz verloren und mus seines gesamleten guts auch beraubet werden, und so schendlich, das er auch nicht weis wer es kriegen sol.

 

Denn so gehets jnn der welt, weil man selten grosse schetze gotlich zusamen bringet, das sie es nicht mussen so wol anlegen, da sie gerne wolten odder jemand zu nutz komen, sondern so verstieben, das niemand weis wo es bleibt, wie jch bereit viel erlebt habe, sonderlich unter grossen reichen thum pfaffen, die gros gut gelassen, aber nach jrem tod plotzlich verschwunden odder ja den zu teil worden jst, die jnen keinen danck dafur gewust, sondern weidlich verprasset und schendlich umbbracht haben, Und sonderlich wo ein krieg angehet, da gehets nach freuden und wundsch, wie der Teuffel wil, das es

 

[s. 444] Darumb wenn gleich einer lang samlet und jmand fragt, wer es kriegen sol, so mus er sagen, er wisse es nicht, Und kompt doch dahin das es nicht so gerett, wie ers gedacht hat. Drumb jst er ja ein grosser narr, das er all sein trost und heil darauff setzet und sich sein lebtag mit grosser sorg und angst zu martert und doch selbs nicht weis wem ers fur gesamlet hat, Noch wils niemand achten, denn der menschen blindheit und bosheit jst zu gros, und die welt wil kurtzumb welt bleiben und die plag haben das sie dem rostfressigen schatz diene, und wenn sie lang gedienet und Gott erzuernet hat, so mus sie zu lohn haben das er am letzten nicht kan helffen Und lesst sie das nachsehen und dazu spott zum schaden haben. Das lesst sie jr nicht weren, so wenig dem feur zu weren ist das es nicht brenne odder wasser nicht lessche, Darumb lass sie nuer faren, und wisse das dis dir als einem Christen gepredigt ist, das du denckest wo du deinen schatz haben und finden sollest, da er dir gewis ist und ewig bleibet und nicht kan verruckt noch einem andern werden, Und unter des des weltlichen guts brauchest und gehen lassest wie es gehet, als ein fahrende habe. Und wo du so schetze samlest mit Got und ehren, so wird er auch zusehen, das es bleibe wo es bleiben sol, das es dennoch unverloren sey, sondern wol angelegt und viel guts damit geschaffet werde.

 

Das beschleusst nu Christus mit einem spruch und spricht ‘Wo dein schatz ist, da wird auch dein hertz sein’, Das ist gleich gered als wir deudschen von einem Geitz wanst sagen ‘Geld ist sein hertz’, das ist, wenn er nuer geld hat, das ist sein freud und trost und summa sein Got; Widderumb wenn er nichts hat, das ist sein tod, da ist kein hertz, freude noch trost. Darumb wil er so sagen: Sehet euch fur und prueffet ewr eigen hertz und wisset gewislich das ewr hertz wird gar an dem ort sein, da ewr schatz ist, Wie man sonst auch pflegt zu sagen: Was dem menschen liebet, das ist sein Gott, denn da tregt jn sein hertz zu, gehet tag und nacht damit umb, schleffet und wachet damit, es sey geld und gut, lust odder ehre &c.. Darumb sihe nur auff dein eigen hertz, so wirstu bald finden was darinn steckt und wo dein schatz ist, Denn das ist ia wol zu fuelen ob du so grosse lust und vleis dazu hast, das du Gottes wort hoerest und darnach lebst und jenes leben erlangest, als wie du viel geld und guts samlest und fur dich bringest.

 

Denn ist das hertz so gesinnet und sich auch so beweiset, wo es zubeweisen ist, das ich lieber nicht allein geld und gut sondern auch meinen hals verlieren wolt denn das Euangelium lassen odder verachten und dem nehesten unrecht odder gewalt thun umb meines nutz willen &c.. so kan ich schliessen das geld und gut nicht meins hertzen schatz ist, ob ich gleich auch [s. 445] samle und zu rat halte, sondern dasselbe frey jnn die fahr und schantz gesetzt nach einem andern schatz trachte im himel, nemlich jnn Gottes wort verborgen.

 

Widderumb aber, wenns also umb dich stehet, das du lesst predigen, leren und vermanen was man wil, und gehest hin und denckest wie du gnug habest und deinen pracht furest, nichts darnach fragest, ob du dem nehesten recht odder unrecht thuest, wenn du nur das deine habest und deine rechnung so machest, das du mit einem pfennig zween ia zehen samlest, Gott gebe wo er mit seinem wort und predigern und die wellt mit jrem recht bleibe, da kanstu ia auch greiffen das dein schatz nicht droben im himel ist, sondern bey dem rost und motten steckt, so gar das du lieber Gott und wellt erzuernest, ehe du woltest dir einen pfennig lassen abgehen und umb jren willen etwas lassen faren, wie itzt Baur, Burger, Adel allenthalben unverschampt redet und lebt, die umb eins hellers willen durffen Gottes und sein welt regiment jnn die schantz schlagen, auff das ia dieser spruch war bleibe und mit der that sie uberweise, weil sie nicht wollen hoeren noch jn sagen lassen. Denn es wird doch nicht anders draus, wenn wir uns gleich lang drumb bekoemern und gerne anders sehen, Drumb ist das beste, wenn mans jn gesagt hat, das man sie lasse faren und ia so seer verachte und lache als sie uns thun, Denn [Ps. 2, 4] Gott spricht im andern Psalm, er konne auch lachen und so lachen, das es jn wird ein saur weinen werden, das heisst: Er wird mit jn reden jnn seinem zorn und jnn seinem grim wird er sie schrecken.

 

[Matth. 6, 22-23] Das auge ist des leibs liecht, Wenn nu dein auge einfeltig ist, so wird dein gantzer leib liecht sein, Wenn aber dein auge ein schalck ist, so wird dein gantzer leib finster sein, Wenn aber das liecht das jnn dir ist, finsternis ist, wie gros wird die finsternis selbs sein?

Das ist eine warnung, das wir uns nicht lassen betriegen durch die schoene farbe und schein, damit sich der Geitz kan schmuecken und den schalck decken, Denn, wie ich hab gesagt, es ist kein laster unter allen leiblichen laster, das die leut mehr betreuget und grossern schaden thut beide dem Euangelio und seinen fruchten, Denn es ist ein solcher gesell, der da hindert wo er kan und mag, das das Euangelium nicht gepredigt werde und bey den leuten bleibe, und obs gleich gepredigt wird, so sind doch die prediger so jnn den geitz geraten, auch kein nutz, Also das beide der leute halben, die es hoeren sollen und die es predigen sollen, gedempfft wird, das die es wol haben, wollen die prediger nicht neren und lassen sie jret halben wol hungers sterben, und weil solchs die prediger sehen, geben sie sich auch darauff, das sie nicht durffen der leut gnade leben; Die sind denn viel schedlicher feinde denn die andern, Denn ob gleich ein bawr geitzig wird und nichts gibt das Euangelium zu erhalten, kan dennoch noch ein prediger erneret werden, obs [s. 446] auch gleich koemerlich zugehet. Aber wenn die prediger selbs drein geraten, so wird jn das Euangelium nicht schmecken, das sie darumb solten etwas leiden und wogen, sondern werden jre rechnung darauff machen das jrem bauch nicht abbrochen werde, und predigen was man gerne hoeret und geld tregt.

 

[Eph. 5, 5] Darumb gibt S. Paulus disem laster den namen sonderlich das es heisset Ein Goetzendienst odder abgoetterey, als das stracks widder den glawben gehet, welche ist die rechte Goetterey odder Gottes ehre, Denn es machet den Mammon und omechtigen pfennig zu seinem Gott und herrn, was der wil, das thut er, so lebt und predigt er und ist gar sein eigen und gefangen, das er nach Gottes wort nichts mehr fragt und nicht ein heller umb seinen willen jnn fahr setzet. Nu kan Christus nicht mehr dazu thun denn das er solch laster straffet und dafur warnet, wer sich wil warnen lassen, wie es denn wol not ist, Denn auch die fromen sich schwerlich dafur hueten koennen das sie nicht betrogen werden, Aber die andern gehen sicher dahin, [Luk. 12, 15] als gar darin ersoffen, ungeachtet was man predigt und sagt. Die Juden waren auch solche gesellen, jnn jrem geitz ersoffen, wie denn er sie imer must [Jes. 32, 5. 7; Mich. 2, 1.6, 12; Jer. 17, 5; Hab. 3, 9] schelten und alle Propheten, wenn sie vom glawben aus predigt haben, so ist nichts denn eitel straffen und schreien uber den geitz, widder jre prediger und falsche Propheten eben so wol als den gemeinen hauffen, Aber es halff auch nichts on bey wenigen die noch dabey behalten wuerden, umb welcher willen Christus und wir alle noch muessen predigen und die andere faren lassen, weil sie wollen des Teuffels sein.

 

Nu diesen spruch hat Christus auch mehr denn ein mal gebraucht als ein gemeinen spruch nicht allein auff den geitz sondern auch auff ander stuecke, sonderlich auff die lere, Denn jnn der lere gehets so zu, das die Rottengeister und luegen prediger geben fur, sie meinens von gantzem hertzen und rechten ernst und suchen Gottes ehre und der seelen heil, das niemand so seer rhuemet und schweret als sie. Da hellt er jn fur die warnung: Sihe dich fur, das dein auge einfeltig und nicht ein schalcks auge sey, das ist das deine meinung und rhuemen recht und nicht ein heimlicher schalck sey und dich selbs nicht betriegest mit falschen wahn und gedancken, Denn es sind gemeiniglich solche leut die der teuffel bezaubert, und nicht anders denn als ein mensch im trawm odder schlaff ligt und so gar gefangen ist, das er nicht kan sehen das jm treumet, sondern nicht anders dunckt noch weis denn es geschehe warhafftig also, und ists so gewis, das er nichts gewissers fuelet, noch ists lauter nichts denn ein trawm, der so bald verschwunden und nichts mehr ist, wenn er auffwachet, Und ob jm gleich zuweilen duencket das ein trawm sey odder von einem trawm trewmet, dennoch ist er gefangen, das er sich nicht eraus richten kan noch seiner sinne gewaltig ist.

 

[s. 447] Also sind solche leut auch gefangen, die so gewiss drauff stehen das jr ding die lauter warheit sey, das sie duerffen alles drauff verschweren, und sind doch nichts denn lauter trewme und wahnsinniger leute gedancken. Darumb ists ein fehrlich ding, wo man nicht rein und einfeltig Gottes wort hellt und lesst sich davon auff menschen gedancken furen, die da trefflichen schein haben und bald gefangen nemen, das wer drein gerett, kan sich darnach nicht widder heraus wircken, Denn er weis nicht anders denn es sey das rechte Gottes wort, und stehet so fest drauff, das er sich nichts lesst davon weisen, wie man sihet das etliche den hals drueber lassen.

 

Aber das gehoeret nicht zu diesem ort auszustreichen, Denn hie zeucht er den spruch auff das gemeine laster des geitz, welchs obs wol grob und eusserlich ist, doch ist kein laster nach der lere, das sich so schmuecken und so schoenen deckel machen kan, das es nicht mus geitz heissen, sondern gesehen und gelobt sein, als sey man dem laster von hertzen feind und niemand so mild, guetig und barmhertzig sey, Und sihet doch selbs nicht das jn sein hertz betreugt und gar im geitz ersoffen ist. Des muessen wir ein wenig weiter den text ansehen und grob anzeigen mit exempeln, wie wols nicht mueglich ist alles zu erdencken, wie mancherley sich der schalck verdrehen und behelffen kan, auff das man sich lerne dafur huten. Denn es ist auch bey den Christen ein gemeine anfechtung, das niemand gleubt das so wenig leut rein davon sind, Denn die Heiden und andere machens fein grob, das mans wol greiffen kan.

 

Das nu Christus spricht ‘das auge ist des leibs liecht’, ist von dem natuerlichen leib genomen, Wenn der kein auge hette, so hulffe keine sonne, wenn sie noch hundert mal so helle schiene, Drumb hat der leib kein ander liecht das jn furen und weisen woge, denn das auge. Weil er damit sehen kan, darff man nicht sorgen das er mutwillig neben der bruecken jnn die Elb fare odder durch hecken und buesche gehe odder jnns fewr odder unter die spies lauffe, denn das liecht verwaret jn wol fur fahr und schaden, Wer aber kein auge hat und sol gehen, der gehet uber holtz und stein, bis er fellet und den hals stuertzet odder im wasser erseufft, Denn es ist kein liecht sondern eitel finsternis da. Also (wil er sagen) gehet es auch im Christlichen wesen, sonderlich mit dem geitz, Da sihe zu das dein geistlicher leib habe ein auge, das ist ein rechtschaffene gute meinung und verstand, das du wissest wie du gleubest und lebest und nicht dich selbs verfuerest mit falschem wahn und dunckel.

 

Als zum exempel, wenn du so denckest: ich wil erbeiten und etwas thun, das ich etwas erlange und mich nehre mit weib und kind mit Gott und ehren, und gibt Got das ich meinen nehesten auch kan damit dienen und helffen, das wil ich gerne thun, Sihe das ist das liecht odder geistlich auge aus Gottes wort, das dir zeiget was deinem stand zugehoeret und dich weiset, [s. 448] wie du jn furen und darinn leben solt, Denn das ist recht und mus sein, weil der leib hie lebet, das ein iglicher etwas schaffe, das er sich neere und haushalte. Aber da sihe nu zu das solch auge nicht ein schalck werde und dich betriege, das du es thuest einfeltiger meinung und allein das fur habest, das du erbeitest und thust was dein stand foddert zur notdurfft fur dich und den nehesten und nicht unter solchem deckel etwas anders suchest, nemlich wie du deinen geitz damit fullest, Denn dar auff ist fleisch und blut meister, das solchs liechts misbrauchen und zum schein furwenden kan, Als wenns nu angehet das du etwa eine narung fur dich bracht hast, das dir solchs geliebt und nur denckest, wie du es bey ein ander behaltest und groesser machest, und wo du einen gulden hast, noch gerne zehen dazu hettest: Sihe da leuffet das schalck auge mit, das nicht allein sihet auff die narung und notdurfft sondern auff seinen geitz, Und kan sich doch fein schmuecken, das es nicht den geitz suche sondern thue was jm Gott befolen hat, und neme an was Gott gibt.

 

Wolan, da kan dir niemand jnns hertz sehen und dich richten, aber sihe du selbs zu, das dein auge nicht ein schalcks auge sey, Denn es ist bald geschehen und liebt mechtig seer, sonderlich wenn man fuelet was es zu tregt und gewinnet, so ist die liebe durstig und wird nimer satt und die natur on das sonst dazu geneigt, So kompt denn huren und buben zusamen und gehet wie es gehen sol, das es war ist, wie man sagt, occasio facit furem, Gelt macht schelcke. Darumb warnet Christus die seinen so vleissig, Denn die wellt ist ein lauter hurhaus und gar jnn diesem laster versenckt und wir auch selbs muessen darinn leben und solche exempel und reitzung uns anficht, das wir jnn grosser fahr stehen und wol furzusehen haben das wir uns den teuffel nicht lassen reitten.

 

Wenn nu dein auge einfeltig ist (spricht Christus) so ist dein gantzer leib liecht, das ist: alles was du thust und lebst jnn eusserlichem wandel nach deinem ampt und stande, das ist alles rechtschaffen, gehet nach Gottes wort aus rechter meinung, das es leuchtet wie die sonne fur Gott und menschen und bestehet fur aller wellt und ist alles was du thuest kostlich und kanst mit gutem gewissen des zeitlichen guts brauchen als redlich und Goettlich gewonnen &c.. Widderumb wenn dein auge ein schalck ist, das du nicht darinn handlest, wie dein ampt und Gottes befel gibt, sondern trittest aus der pan und denckest nur wie du deine lust und liebe zum geld buessesst, so ist dein gantzer leib finster und alles was du thust fur Gott verdampt und verloren, ob du gleich fur der wellt ein from man gescholten wirst, Denn der leib lesset sich furen mit seinem gantzen eusserlichen wesen und leben wie ein blinder und kan nicht anders gehen noch leben denn wie das auge fueret.

 

Also wil er uns gewarnet und eines iglichen gewissen befolen haben, das er zusehe wie seine meinung und hertz stehet, das er jm nicht selbs ein [s. 449] schoene und doch falsche gedancken mache, als habe er gute redliche ursach und gut fug und recht so zu scharren und geitzen, und Gott eine nasen drehe, als sol er den schalck nicht mercken, Als solt er sagen: Du magst dich schmuecken wie du willt, aber betreugstu Gott, so hastu einen weisen, klugen und dazu einen erfarnen man betrogen, Sihe aber das du dich nicht selbs betreugst und aus deinem liecht ein schalcks auge werde, das dein gantzes leben finster und bey Gotte verdampt macht, Denn er hat ein rein scharff gesichte, wird sich nicht so lassen teuschen mit deiner angestrichen farbe. Und beschleusst nu solche warnung mit einem drewwort, zuschrecken das man nicht so leichtlich brauche der selben schoenen getichten meinung und spricht: Wenn aber das liecht das jnn dir ist, finsternis ist, wie gros wird das finsternis selbs sein?

 

Das ist, ob du dir wol kanst solch feine gedancken schepffen, du wollest nicht samlen zum geitz wie die andern, sondern wollests so machen, das du es fur Gott und der wellt verteidigen konnest, das es nicht solle gegeitzet heissen, und lebest doch eben also und machest dir so ein eigen liecht im hertzen. Sihe aber eben zu das dis liecht nicht auch finsternis sey, nicht allein das es ein lauter geitz ist im hertzen, sondern auch das du es noch wilt zu decken als mit dem liecht, das es nicht sol Geitz heissen, und also ein zwifeltig finsternis wird, viel groesser denn vor jhe.

 

Gleich wie das ein grosse finsternis ist gewest unter dem Bapstum, so das liecht der Christlichen lere gar weg nimpt, das sie nichts anders geleret haben denn durch werck sunde wegnemen und selig werden &c.. Aber wenn mans noch erst verteidingt und rhuemet, es sey die rechtschaffen Goettliche lere und wer anders sagt, der sey ein ketzer und verbiete Gottes dienst und alle gute werck &c.. da wird es erst stock finster, das man solch finsternis und irthum schmuecket mit dem namen der warheit und also die finsternis groesser machet durch das zu gesetzte liecht, Eben als wenn man den Teuffel kennet das der Teuffel ist, und machet einen Gott aus jm, das heisset finsternis mit finsternis uberzogen und wil doch helle und liecht, ia die Sonne selbs sein.

 

So schleusst nu Christus: Wenn solche meinung und lere, die man fur liecht hellt, selbs finsternis ist, wie gros wird denn die ander finsternis sein so diese mitbringt? nemlich das man die selbige lere treibt und darnach lebt. Also hie: Wen der geitz bestanden hat, das er scharret und kratzet, der hat schon ein finsternis im hertzen, wo er aber zu feret und schmueckt sich, das es nicht gegeitzt heisse, und nimpt also das gewissen hinweg, das man jn nicht sol straffen, das heisst erst ein recht dicke duppel finsternis, Gerade als ein narr, der da wil klug und seiner torheit ungestrafft sein, den heisst man erst einen grossen, groben narren, Odder eine scheusliche metz, die da wil schoene sein und sich mit jrem scheuslichem muster erfur putzet, das ist erst noch [s. 450] schwertzer und schendlicher gemacht, Und sind zwar alle menschen also geschickt, das niemand wil seine sunde gestrafft haben, sondern machen alle einen deckel, das mans sol loben und fur kostlich ansehen und also aus einer schlechten sunde eine zwifeltige machen.

 

Wo nu solchs gerett jnn geistliche sachen, da thuts den grossen moerdlichen schaden, Denn der selb stand kan nicht leichtlich rechte mas treffen, sondern fellt man auffs Euangelium, so wird man wol all zumilde mit geben, widderumb wo man davon fellet, so ist auch kein auff hoeren mit geitzen, Wie es vor hin und bisher gangen ist, da man angefangen hat zu geben, ist es mit hauffen zu geschneyet zu kirchen, Gottes dienst und geistlichen guetern, wie vorzeiten die Keiser und Fursten guter meinung gantze land dazu geschenckt und gestifft haben, Jtzt aber widderumb schir niemand einen heller gibt und geitzet alles zu sich, als furcht man hungers zu sterben.

 

So haben auch bisher die monche, pfaffen und thumherrn gethan, die niemand hat konnen erfullen mit geben, hat einer gesamlet zwey, drey, vier lehen, so hette er gerne noch soviel gehabt Und doch alle den schoenen deckel gefurt, ob ich wol zur not gnug hett mit einer pfrund, pfarre odder bistum, doch gehoert auch dazu das ich meinen stand ehrlich furen konne als ein Furst, Edelman odder sonst ein Prelat. Da gehet denn fenster und thur auff, das er scharret und nimpt was er nur kriegen kan, alles dazu das er seinen stand ehrlich fuere. Und ist doch das liecht angezuendet, das es nicht mehr mus heissen seinen geitz gesucht sondern zu erhaltung seines stands gethan, So bald kan man ein gloeslin finden, damit man dem Teuffel ein liecht anstecke, Und ob man kein andern behelff hat, so mus eben das sein das man sage: Jch wil so mein gelt zusamen bringen, das ich darnach messen und Gottes dienst stiffte odder almosen zu erhalltung armer leut &c.. Das ist erst ein schon gros liecht angezuendet, da neme man sich denn zu tod und spreche jmer: Jch meine es gut, Und ist denn der alber man, unser Herr Gott, auffs aller feinste geteusscht, das er solch schwinde griffe nicht sehen noch mercken kan und komen jm jnn himel ehe ers gewar wird. Jch habe aber wol auch viel gesehen, die also gesamlet, das es bey eitel tausent gulden da lag, aber darnach mit dem gut hinweg sturben, das niemand wuste wo es blieben were, Denn es war ergeitzet gut, im geitz must es auch bleiben, von rost und motten gefressen werden und nimer zu rechtem brauchen komen.

 

Das sage ich fur ein exempel, daran man sehe wie meisterlich juncker Geitz sich schmuecken und from machen kan, wenns jm dazu kompt, und doch jnn der warheit ein zwifechtiger schalck und lugner ist, Denn was fragt Gott darnach das du wilt einen herrlichen, rittermessigen stand furen, das er jm darumb solt lassen gefallen also widder sein gepot geitzen und so leben, als woltestu gerne alles allein zu dir reissen, deinen pracht und stoltz aus zu [s. 451] furen Und darnach sagen, Du thuests umb Gottes willen und der kirchen zu ehren und wollests mit stifften und Gottes dienst bezalen? Gerade als wenn dir einer dein haus und kasten auffbreche und neme was er fuende und wolt darnach sagen, Er wolt eine parteken davon zum almosen geben, Ey ein koestlich opffer wuerde das werden. Es heisst also: wiltu Gotte geben, so gib [Jes. 61, 8] von dem was dein ist, Denn er spricht: ‘Jch bin dem opffer feind, das vom raub kompt’; Hastu, so gib was du wilt, hastu nicht, so bistu entschuldigt, Wenn du aber so geitzest und scharrest, das du geben konnest, und furwendest, du thuests darumb, so ists nicht dein ernst, sondern ein liecht das du dir selbs anzundest aus der finstern latern, Gott und den leuten eine nasen zu machen.

 

So solt ich nu fort durch alle stende gehen und anzeigen wie man sich putzet und schmuckt, das ia der geitz eine tugent heisse und der Mammon als ein Gott gepreisst und geehret werde, Wer wil aber alles erzelen was allenthalben der baur auff dem markt, burger jnn den stedten, Edelman im ampt und auff dem land treiben? Jst itzt gnug an einem exempel das ich geben habe, daran es fein hell und klar zu sehen ist, ia so dicke finsternis, das man sie greiffen kan und die andern auch fein darnach richten, Was ist itzt unter den grossen Hansen vom Adel, die jn furnemen schir alle hendel zu treiben, auch mit eisen und negeln, das sol alles kein geitz heissen, sondern weil es Gott geben hat, muege ein iglicher seine narung suchen womit er kan, auff das er seinen stand ehrlich koenne furen &c.. Das ist auch ein liechtlin, das sie starblind macht, das sie dafur gar nichts sehen, So doch auch jnn welltlichem recht so geordnet ist, das ein iglicher seine narung und handel fuere, das dennoch ein ander auch fuer jm bleiben und sich neeren koenne, nu aber kan fuer den Greiffen und lewen niemand bleiben, reissen alle hendel zu sich und wollen noch dazu frome und Erbare leut heissen.

 

Aber (wie gesagt) wer kunde es alles erdencken, was itzt jnn allen stenden und hendeln solcher tuecke regiret und gebraucht wird? Denn was ist die welt denn ein grosses, weites, wildes meer aller bosheit und schalckheit, mit gutem schein und farbe geschmuckt, die man nimer mehr ausgruenden kan? sonderlich itzt zur letzten zeit, welchs ist ein zeichen, das sie nicht lange stehen kan und gar auff der gruben gehet, Denn es gehet wie man sagt, jhe elter je kerger, je lenger je erger, Und wird alles so geitzig, das schir niemand fuer dem andern nicht essen und trincken kan haben, ob gleich alles gnug von Gott gegeben wird, Aber das ist der lohn des undancks und verachtung, so man dem Euangelio erzeigt, wie ich gesagt habe, wer vom Euangelio fellet, der mus so vom Teuffel besessen werden, das er nicht kan gnug geitzen, Gleich als widderumb, wer das Euangelion recht im hertzen hat, der wird [s. 452] milde, das er nicht alleine das scharren lesset, sondern alles gibt und wagt was er sol und kan.

 

Wolan wir mussen doch die wellt lassen wellt bleiben, und ob sie lang alles zu sich geitzet, mus sie es doch zu letzt hindersich und uns auch etwas lassen, odder ob wir gleich bey jr mussen armut und kommer leiden, so haben wir dennoch nicht ubel geteilt wie Jsaac und Jacob mit jren brudern: Sie haben der welt gut und alle freiheit vom zwang und plagen des Bapstums durch uns erworben, das sie thun was sie wollen, Das jst Jsmaels teil, ein [1. Mose 21, 14] flasschen mit wasser, die jm Abraham an hals hieng und lies jn streichen, Wir aber haben ein ander teil, das heisset geistlich gut und himlischer segen und sind also fein gescheiden. Jr gros gut das sie haben, lassen wir jn gerne und wollens nicht, ob sie es uns gleich nach wurffen, Widderumb muegen sie der geistlichen gueter nicht, so wir haben; So behalten wir grund und boden und das erb das uns ewig bleibt, und lassen sie hoch trotzen mit jrer parteken, die heut odder morgen vergehet und sie und derselben willen sich selbs unsers erbes berauben, das wir jnn doch gerne goenneten, Berauben sie uns dagegen jres teils, so haben wir altzeit soviel, das wir uns des schaden wol erholen koennen.

 

Des last uns aber gewarnet sein, das wir nicht mit der welt jnn das falsche liecht geraten, das ist das schalck auge, welchs das rechte liecht aus lesschet und zwyfache finsternis draus machet, und sihe das der geitz dich nicht auch betrette mit solcher suesser meinung und schoner farbe, das du dich odder deine kinder wollest jnn einen hohen, ehrlichen stand bringen und nur viel mit geben jren stand zu bessern und erhohen, wie denn der geitz jhe lenger jhe weniger satt wird, sondern jmer hoher und weiter trachtet, Und niemand sich lesst an seinem stand genugen, sondern wer ein buerger jst, wolt gerne einen rittermessigen stand furen, Ein edelman wolt gerne furst sein und so fort, Ein furst wolt gerne dem Keiser gleich faren; Wiltu aber recht faren als ein Christ, so hute dich fur solcher meinung als fur dem schendlichsten finsternis und richte deine narung also, wo dich Gott segnet, das dirs zuschlegt, das dein nachbar auch neben dir sich neeren und dein geniessen koenne, das du jm deine milde hand reichest, Denn wo du dich lesst das schalcks auge betriegen, so hastu schon Gottes wort verloren als durch das liecht ausgetrieben und kompt ein dicker finsternis zum andern, das dich gar blind und verstockt macht, das dir nicht mehr zuhelffen ist.

 

[Matth. 6, 24] Niemand kan zweien herrn dienen, Entweder er wird einen hassen und den andern lieben, odder wird einem anhangen und den andern verachten. Jr kund nicht Gotte dienen und dem Mammon.

[s. 453] Da schleust er aus der massen ein schrecklich urteil uber die geitzigen, zuvor uber seine Juden, welche waren die rechten geitzwenste und doch wolten heilig sein und grosse Gottes diener gleich wie unsere pfaffen und geistliche, Wil sagen: Jr meinet, jr seid wol dran und dienet Gott mit grossem ernst, und seid doch daneben geitzige schelmen, das jr alles umb des Mammon willen thut, ob jr gleich auch Gott dienet. Es heisst aber also: niemand kan zweyen herrn miteinander dienen, Wolt jr Gottes diener sein, so kund jr dem Mammon nicht dienen. Das heisst er aber zween herrn, die da widdernander sind, nicht die da mit einander regiren, Denn das jst nicht widddernander, wenn ich dem Fuersten odder dem Keiser und Gotte auch diene, Denn es gehet ordentlich von einem auff den andern, das wenn jch dem untersten gehorche, so diene jch dem oebersten auch, Gleich als ein hausvater seine haus fraw odder kinder zum gesinde schickt und durch sie befilht was sie thun sollen, da sind nicht viel sondern alles ein herr und von einem herrn, Das heissen aber zween herrn, die widder einander sind und widderwestige befehl thun, als Gott und der Teuffel. Gott spricht: Du solt nicht geitzig sein noch ein andern Gott haben, So sagt der Teuffel dagegen: Du magst wol geitzen und dem Mammon dienen.

 

Solchs leret auch die vernunfft selbs, das es sich nicht leidet zweyen ungleichen herrn zugleich dienen, Wie wol es die welt meisterlich kan, und heisst auff deudsch ‘Den baum auff beiden achseln tragen’ und ‘kald und warm aus einem mund blasen’, Als wenn ein Edelman einem fursten dienet und nimpt sold von jm und verrhet und verkeufft jn bey einem andern und nimpt dort auch geld und sihet wo das wetter hin wil, wo es hie regne, das dort die sonne scheine, und also beide verrhett und verkeufft, Aber dennoch ists nicht gedienet und mus auch die vernunfft sagen das solche mussen verrheter und schelcke sein, Denn wie wurde dirs gefallen das du solt einen knecht haben, der von dir sold und lohn neme und mit einem auge auff einen andern sehe und nichts darnach fragte wie dirs gienge, sondern wenn es heut odder morgen wolt ubel gehen, das er dorthin sprunge und liesse dich sitzen?

 

Darumb jsts recht gesagt: wer da ein fromer knecht und trewlich dienen wil, der mus sich nicht an zween herrn hengen sondern so sagen: Jch bin an des Herrn brod, dem wil ich dienen so lang jch bey jm bin, und sein bestes verschaffen und an keinen andern keren, Aber wenn er hie wil aus tragen und dort stelen, da gehort der Hengker zu, Denn die huner sol man todschlahen die heim essen gehen, aber anders wo eyer legen. Also theten die Jueden auch, meineten, Gott solt sie fur grosse heiligen halten und sich wol lassen gnugen, wenn sie jm tempel opfferten und schlachten jre kelber und kue, ob sie gleich die weil geitzten wo sie kundten, bis sie auch fur und jnn [s. 454] dem Tempel jr kremerey trieben und wechsel bencke auffrichten, das man nur flugs zutragen und niemand ungeopffert davon gehen solte.

 

Widder solche setzt nu Christus diesen spruch, das jm niemand furneme das er wolle Gottes und des Mammon diener sein: Es jst nicht mueglich seinen dienst so er gestifft hat, zu erhalten, wenn du dem Mammon nach wilt geitzen, Denn Gottes dienst jst das man allein an seinem wort hange und alles daran setze. Wer nu darnach wil leben und dabey bleiben, der mus kurtzumb dem Mammon auff sagen, Denn das jst gewislich: so bald ein prediger odder pfarher geitzig wird, so ist er kein nutz mehr, kan auch nichts guts predigen, Denn er mus sich schewen und thar niemand straffen, lesst jm schencken und das maul stopffen, das er die leut lasse thun was sie wollen, wil niemand erzurnen, sonderlich was gros und gewaltig ist, und lesst also seinen dienst und ampt anstehen, das da foddert die boesen zu straffen. Also auch wenn ein burgermeister odder Richter odder wer ein ampt hat, sol seines ampts warten und zusehen, das es recht gehe, so mus er nicht viel dencken, wie er reich werde und seinen genies davon habe; Jst er aber des Mammon knecht, so lesst er sich stechen mit geschencken, das er blind wird und sihet nicht mehr wie man lebt, Denn er dencket: Sol ich diesen odder jenen straffen, so wird man mir feind und mochte das meine drueber verlieren &c.. Und ob er wol ein kostlichen dienst hat und sitzt jnn dem ampt das jm Gott befolen und geben hat, kan ers doch nicht volfuren und treiben, das machet der Mammon, der jm hat sein hertz besessen.

 

So gehets nu jnn der welt allenthalben, das sie meinet, es sey ein geringes und keine grosse fahr umb den Mammon und machet jr ein schoene susse gedancken, sie konne dennoch wol Gott dienen, Und ist doch eine schendliche plage, dadurch der Teuffel den menschen blendet, das er seins ampts und diensts nicht mehr warnimpt und gar jm geitz erstarret, allein darumb das er sorg hat, man werde jn nicht ehren, geben odder schencken. Darumb stellet Christus (wie gesagt) ein streng urteil, das man sich nicht mit solchen gedancken betriege und so gering jnn wind schlahe, Sondern wisse wer umb des Mammon, gelt odder genies und ehre odder gonst willen sein ampt nicht treibet, wie er wol solt, das jn Gott nicht wil fur seinen diener erkennen sondern als seinen feind, wie wir horen werden, Wer aber jn Gottes dienst wil erfunden werden und sein ampt recht furen, das er dencke und ein mans hertz fasse, das er die welt mit jrem Mammon verachten konne, aber nicht aus seinem boesem gewachssen sondern von himel gegeben mit bitten, das Gott, der dir solch ampt geben und befolen hat, auch nachdrucke und gebe das du es ausfuren koennest und lassest dich duncken das du nichts edlers noch bessers auff erden habest und thuen konnest denn den dienst den du jm thuen [s. 455] solt, und nicht gros achtest ob du druber schaden leidest odder zu unrat komest, und dich des trostest, das du einem grossern herrn dienest, der dich des schaden wol ergetzen kan und besser jst denn das du soltest den ewigen schatz verlieren umb des geringen zeitlichen guts willen, das dir doch nicht helffen kan. Denn wenn du einen herrn welen soltest, woltestu nicht viel mal lieber dem lebendigen Gott denn dem omechtigen todten schelmen dienen?

 

Sihe so thuet ein iglicher Christen der Gottes wort hat, das ers so ehre und halte und sehe nicht an, obs die welt verdreusst odder keinen fromen davon hat, Sondern ist so gesinnet: da ligt beutel und tasschen, haus und hof &c.. hie aber mein Christus, sol ich nu eines verlassen und ubergeben, so las ich jhenes alles hinfaren, das jch meinen Christum behalte. Das meinet Christus mit den worten, das man nicht konne zweyen herrn dienen, Denn es kompt doch dazu das sich die beide widdernander stossen und einer dem andern weichen mus, darumb jsts nichts das du dich schmuckest mit solchen gedancken als woltestu sie beide zu herrn behalten, sondern must dich des frisch erwegen, das du einen lassest.

 

Darumb ligt es hie an dem wortlin ‘Dienen’; Gelt und gut, weib, kind, haus und hof haben ist nicht sunde, allein das du es nicht lassest deinen herrn sein, sondern lassests dir dienen und sey du sein herr, wie man sagt von einem redlichen, feinen, milden man, der jst seines gelds ein herr, nicht so unterworffen und gefangen als ein karger geitzwanst, der ehe Gottes wort und alles lesst faren, helt hand und mund jnne, ehe er sein gelt jnn die fahr setzet, Das jst ein weibisch, kindisch und knechtisch hertz, der umb des schebichten Mammons willen, des er nicht thar brauchen noch geniessen, den ewigen schatz verachtet und lesst, Gehet doch die weil sicher dahin, dencket, er konne zu Gottes wort nocht alzeit wol komen, reisset die weil zu sich was er kan, das er jm keinen heller lasse abgehen umb Gottes willen, bis so lange das er jhe tieffer jm geitz versinckt und jhe weiter von Gottes wort kompt und zu letzt jm gar feind wird.

 

Denn Christus hat harte wort gesetzt und das urteil durr gesprochen, als er sagt ‘Entweder er wird einen hassen und den andern lieben, odder wird einem anhangen und den andern verachten’. Das jst soviel gesagt: Die schendliche liebe zu dem Mammon machet Gottes feinde, Wie denn ettliche unser Pfaffen offentlich sprechen, Es were wol eine feine lere, aber sie thut schaden, darumb jst man jr feind und nicht unbillich (wie sie meinen) denn sie gibt ursach dazu, Aber der Mammon jst ein feiner Gott, der thut nicht schaden jnn der kuechen noch jm beutel, Darumb scheidet sich hie die liebe und freundschafft uber den worten ‘Er wird einen hassen und den andern lieben’, Denn es sind zween herrn, die widdernander sind und sich nicht jnn einem hertzen leiden, so wenig als zween wirt jnn einem haus, das wenns zum [s. 456] treffen kompt, da man einem dienen und anhangen sol, so mus man den andern erzurnen odder faren lassen. So kompts denn gewislich, weil man gelt und gut liebet, das man Gotte feind wird, Das ist die liebe frucht des Mammon diensts, als sonderlich itzt zu sehen ist, da der geitz so durch und durch regiret, das es eitel aussatz ist von geitz unter Adel, Baur, Buerger, Pfaffen und leyen. Jst das nicht eine grosse heiligkeit und schone tugent das man das beste stuck am menschen Gotte nimpt, und gibts dem Mammon? Denn das jst freilich der hoheste dienst wo zu das hertz liebe und lust hat, da gehen alle gelieder und der gantze leib hinach, wie Christus droben gesagt hat ‘Wo dein schatz jst, da wird auch dein hertz sein’, denn was einer lieb hat, dem leufft er gewislich nach, da redet er gerne von, da ist alle sein hertz und gedancken, Daher auch S. Augustin sagt: Deus meus amor meus, Was mir liebet, das ist mein Gott. Daraus sihestu was das fur leute sind, den Christus den titel gibt das sie Gottes feinde sind, die doch so grossen Gottes dienst furgeben als seine nehesten freunde, aber jm grund nichts sind denn rechte Teuffels heiligen, die Gott und sein wort und werck von hertzen hassen und verfolgen.

 

Denn das heisset warhafftig Gott gehasset, wenn man sein wort hasset. Das gehet so zu: wenn man den menschen straffet umb den unglauben und [2. Mose 20, 3] geitz und helt jm das erste gepot fur ‘Du solt nicht andere Gotter haben’, das ist du solt dein hertz, lust und liebe nirgend hin hengen denn an mich &c.. und er solch straffen nicht wil hoeren noch leiden, hebt an dawidder zu scharren und toben so lang bis er gar jm hertzen durch bitter wird mit gifftigen hass widder das wort und seine prediger. Darumb stehet auch jm text der [2. Mose 20, 5] zehen gepot ein solch dreuwort: Jch bin ein eiveriger Gott, der da heim suchet die sunde der veter an den kindern dere die mich hassen &c.. damit er eben die selben geitzwenste und des Mammons diener meinet, wie denn die schrifft den [Kol. 3, 5; Eph. 5, 5] geitz nennet Abgoetterey odder Goetzen dienst, Noch wollen sie (wie gesagt) die grosten heiligen und feinde der Abgoetterey und ketzer gerhumet sein und mit nichte den namen tragen das sie Gott hassen, Aber damit werden sie uberweiset, das sie nicht konnen Gottes wort horen noch sehen, wenn es jren geitz angreiffet, wollen schlechts ungestrafft sein, und je mehr man sie straffet und jn drawet, je mehr sie dazu lachen und spotten und thun was sie wollen Gott und jderman zu widder.

 

Nu sihe jst das nicht ein schendliche plage und greuliche sunde, die uns ja schrecken solt und machen das wir dem Mammon von hertzen feind wuerden und uns dafur segneten und floehen als fur dem Teuffel? Denn wer wolt nicht erschrecken, das er dahin fallen und solch urteil uber sich horen solt das er solt Gottes feind heissen, der jn nicht allein verachtet, sondern wolte das [s. 457] Gott und sein wort nichts were, das er nur seinen freyen lust und willen mocht haben Gott zu leid und verdries? Denn rechne du wie es einem solchen gehen wird und was er fur einen man auff sich ladet, das jm zu letzt wird viel zuschwer werden.

 

Und sind zwar schoen genug geplagt (wie der text sagt) damit das sie so elende leut sind, das jr hertz, lust, liebe und freude ist gar jnn das heimlich gemach gesetzt, die da solt jm himel sein und bey dem das Gottes ist. Wie kond sich ein mensch hoher schenden denn das er seinen trost von Gott wendet, der jm alles guts gibt und ia wol verdienet das man jm hold sey, und stecket sich dem Teuffel jnn hindern und seine lust hat jnn seinem stanck und helle Und sol so gar jnn die hellische bosheit geraten, das er nicht allein Gottes wort verachtet, sondern so mordlich feind wird, das er wolt es were kein Gott: Das ist der danck den er hat von solchen geitzwensten, das er jn teglich gibt leib und leben, sonn und mond und die selben schetze die sie haben. Aber was sie dran gewinnen, das werden sie finden und habens zum teil bereit, das sie imer dar des Teuffels stanck und unflat fressen muessen.

 

Das jst ein stuck jm text von dem Mammon gered: ‘Entweder er wird einen hassen und den andern lieben’, Das ander ‘odder wird einem anhangen (das ist Gott) und den andern verachten’. Da spricht er nicht schlechts ‘Er wird einen lieben’ sondern zeigt die that und werck der liebe mit dem wort anhangen, Denn wer Gott und sein wort sol lieben, den wirds nicht so gering ankomen, sondern offt widderwertig unter augen stossen und ein solche liebe werden, die jm der Satan offt wird sawr und bitter machen. Darumb gehort dazu das man konne fest halten und hangen an Gottes wort und sich nicht lasse davon reissen, ob gleich sich unser eigen fleisch und exempel der gantzen welt sampt dem Teuffel dazu da widder setzet und sich unterstehet uns zunemen, Und mus warlich ein man und ritterlicher mut sein, der sich allein widder so viel feind setzen und bestehen sol, Ja es mus ein grosse brunst und fewr der liebe sein, die so brenne, das der mensch alles kan lassen faren, haus und hoff, weib kind, ehr und gut, leib und leben, ia dazu verachten und mit fussen tretten, das er nur den schatz behalte, den er doch nicht sihet und jnn der welt verachtet ist, sondern allein jm blossen wort furgetragen und mit dem hertzen gegleubt wird.

 

Doch wil er damit nicht das man nicht gelt und gut haben und nemen soll odder wenn mans hat wegwerffen solle, wie etliche narren unter den philosophen und tolle heiligen unter den Christen geleret und gethan haben, Denn er lesst wol geschehen das du reich seyest, aber die liebe wil er nicht dran gehengt haben, wie David geleret und mit seinem exempel beweiset hat: Felt euch reichtumb zu (spricht er) so henget das hertz nicht dran. Das ist [s. 458] ein solcher mut, der mitten jm gelt und gut von Gott gegeben kan das hertz frey behalten (welchs die welt nich kan) und wo es wil sein hertz an sich locken (wie denn die schonen gulden und weissen silbern becher und kleinod freundlich an lachen) und von Gottes wort reissen, so kan ers mit fussen tretten und so seer verachten, als die welt dran henget und dagegen den himelischen schatz verachtet. Summa es mus ein man sein der des Mammons herr sey, das er jm zu fussen liegen musse, Er aber niemands unterworffen noch zum herrn habe denn Gottes wort. Aber das jst dem heufflin gepredigt, die da Christo glewben und sein wort fur war halten, mit den andern wird nichts draus.

 

[Matth. 6, 25] Darumb sage ich euch: Sorget nicht fur ewer leben was jr essen und trincken werdet, Auch nicht fur ewern leib was jr anzihen werdet. Jst nicht das leben mehr denn die speise und der leib mehr denn die kleidung?

Der Herr nimpt jm rawm und machet eine grosse starcke predigt widder dieses schedliche laster, weil es (wie gesagt) gemeiniglich neben dem Euangelio gewaltiglich ein reisset und nicht allein die welt sondern auch die Christen seer anfichtet, Sonderlich aber die, so da Gottes wort predigen sollen und umb des selben willen jnn allerley fahr sitzen verachtet und verdruckt von der welt, das sie nach dem fleisch wol ursache hetten zu sorgen, Denn wer ein Christen wil sein und seinen herrn bekennen, der machet jm den Teuffel [Joh. 16, 11] (der ein fuerst der welt jst) zu feind, darumb setzet er jm zu und greiffet in an, nicht durchs wort und glawben sondern da durch das unter seinem Reich und gewalt jst; Nu haben wir unser faulen sack, fleisch und blut noch jnn seinem Reich, das kan er wol plagen und jnn kercker werffen, essen und trincken und kleider nemen, also das wir mit allem so wir haben stets mussen jnn solcher fahr stehen, Dagegen dencket denn fleisch und blut, wie es auch soviel fur sich bringe, das es fest sitzen und der fahr uberhaben sein mochte. Also hebt sich die anfechtung, die da heisset sorge der narung, wie wol es die welt nicht fur eine anfechtung sondern mehr fur ein tugent helt und solche leut lobt, die da konnen nach grossem gut und ehren trachten &c..

 

Und hie horestu was da sey dem Mammon dienen, nemlich das es heisst sorgen fur das leben und unsern leib, was wir essen und trincken, umb und an haben sollen, das jst nur auff dis leben dencken, wie wir hie reich werden, gelt und gut samlen und mehren, als solten wir ewig hie bleiben. Denn das ist nicht sunde noch dem Mammon gedienet, das man jsset und trincket und sich kleidet, wie die notturfft dis lebens und leibs foddert, das er sein futter und decke habe, Auch nicht das man narung suchet und erwirbt, Sondern das man darumb sorget, das ist des hertzen trost und zuversicht darauff stellet, Denn sorge steckt nicht jm kleid odder jnn der speise sondern [s. 459] mitten im hertzen, das kans nicht lassen, es wil sich daran hengen, wie man spricht ‘Gut macht mut’ &c.. Also das Sorgen eben soviel heisset als mit dem hertzen daran hangen, Denn was das hertz nicht meinet und lieb hat, da sorge ich nichts fur, und widderumb wo fur jch sorge, da mus jch ein hertz zu haben.

 

Doch mustu auch nicht den text so enge spannen, das damit verbotten sey aller ding fur nichts zu sorgen, Denn ein jglich ampt odder stand bringt mit sich das man desselben sorge trage, sonderlich wer ander leuten furstehet, [Röm. 12, 8] wie S. Paulus Ro. 12. von geistlichen emptern jnn der Christenheit sagt: Wer da regiret, der sey sorgfeltig, Also mus ja ein hausvater sorgen fur seine kinder und gesind, das sie wol gezogen werden und thun was sie sollen, und wo ers nicht thut, thuet er unrecht, Des gleichen eines pfarrers odder prediger sorge ist das die predigt und Sacrament recht gehen und getrieben werden, das er die betrubten und krancken troste, die boesen straffe, fur allerley not bete &c.. Denn jm ist befolen die seelen zu warten und regiren. Also mus ein furst und ander oberkeit jnn weltlichem regiment sorgen das es recht zugehe, wie sein ampt foddert, Der massen auch widderumb sollen die unterthanen sorgen, das sie jren gehorsam trewlich leisten und aus richten, Die knechte und megde, das sie jren herrn wol dienen und jren schaden bewaren &c..

 

Von dieser sorge redet hie Christus nicht, denn es ist eine Ampt sorge, die weit zu scheiden jst vom geitz, Denn sie sorget nicht umb jren sondern umb des nehesten willen, suchet nicht das jre, ia lesst wol dasselb anstehen und faren und dienet einem andern, das es heisset ein sorge der liebe, die da Gottlich und Christlich ist, nicht des eigen nutzes odder Mammons, welche ist beide widder den glawben und liebe und eben die, die da hindert die sorge des ampts, Denn wem das gelt liebet und nach seinem nutz trachtet, der wird sich des nehesten odder seines ampts gegen dem nehesten gerichtet nicht gros an nemen, wie man bis her an unsern geistlichen gesehen hat, welche gar nichts dar fur gesorgt haben wie sie den seelen recht furstunden, sondern alle jr ding allein dahin gerichtet jst gewesen, das jn alle welt gnug zutruge, und was jn nicht geld tragen wolte, haben sie fein lassen anstehen, das auch jr keiner einem andern ein pater noster umb sonst gesprochen hette, Aber ein fromer prediger sorget nur dafur, das er sein ampt recht ausrichte, damit den seelen geholffen werde, achtet nicht ob er nicht viel davon kriegt, ja allerley dazu leiden mus und sich mit schlangen beissen, die welt und Teuffel zu feind haben, lesst Gott befolen sein wo er zu essen kriege &c.. trostet sich aber eines andern schatz (darumb er solchs alles thut) jnn jenem leben, welcher so gros jst, das alle ungluck so er hie leidet, viel zu gering dagegen sind &c..

 

[s. 460] Weil er nu solche sorge des geitzes und Mammons dienst verboten hat als abgottisch und die Gottes feinde machet, feret er fort und furet viel spruche, exempel und gleichnis dazu, das er uns deste mehr den Geitz verleide, und wil jn so schendlich malen, das wir jn mochten anspeyen, Und spricht erstlich ‘Jst nicht das leben mehr denn die speise?’ &c.. Das jst: Kund jr und must Gotte ewer leben, leib und seel vertrawen und stehet nicht jnn ewer macht eine stunde lang zu erhalten, was seid jr denn fur narren das jr jm nicht wollet ewers leibs notdurfft vertrawen, das er euch essen und trincken schaffen werde? Denn wie kan man grosser narrheit erdencken, das einer feindlich sorget wo er essen und trincken neme, und nicht sorget wo er leib und leben neme odder diese stunde erhalte? Gerade als wenn einer sorgete wie er sein haus kostlich schmueckte, und wuste doch niemand der drinnen wonen solte, odder wie er viel und kostlich essen jnn der kuchen zurichtet, und hette doch niemand der davon essen wolt, Eben so thun wir mit unserm geitzen, das wir fur das geringste sorgen und an das grosse nimer gedencken, das heisst recht unnutze und ubrige, ia toerichte sorge, Und wenn wir gleich viel wolten sorgen fur leib und leben, so ist doch nichts damit ausgericht, denn es stehet keinen augen blick jnn unser macht nicht, eben so wenig als wenn jmand sich wolt zu tod sorgen wie das korn auff dem feld solt wachsen, das er nicht gesehet hat, odder wo das silber im berg werck solt ligen, das er nicht hin gelegt hat.

 

Weil wir denn jnn unserm gantzen leben mussen die sorge lassen anstehen und dasselb on unser gedancken und zuthun alle stund von Gott erhalten wird, was wollen wir denn mit der torichten sorge fur die geringe parteken, als koenne oder wolle er uns nicht futter und decke geben? Solten wir uns doch schemen, das ein mensch solt von uns sagen das wir solche narrheit treiben, Noch ist unser wesen nicht anders, sonderlich der grossen reichen wenste, denn solcher narren die ewig sorgen, das sie nur die kuchen vol haben und auffs reichlichst lassen aufftragen, und doch keinen tissch noch gast haben odder die viel herrlicher bette lassen bereitten und niemand haben drein zulegen, Eben als ein schuster sein lebtag nichts anders thet denn das er seine werckstad vol schuch leisten machete und doch nimer dran dechte, wo er leder neme einen schuch zumachen, solt man den nicht als toll und toericht zum land ausleuchten?

 

Sihe so zeiget uns Christus was wir fur toerichte leute sind, das wir uns billich solten selbs anspeyen, und nichts deste weniger jnn solcher blindheit dahin gehen, ob wir gleich fur augen sehen, das wir fur unser leib und leben nicht koennen sorgen, Und wenn wir dafur sorgeten, so muesten wir eben damit Christen werden und dencken: Sihe jch hab mein gantzes leben nicht ein augenblick jnn meiner hand, Weil jch denn Gott mein leib und leben vertrawen [s. 461] mus, was wil jch den zweiveln und sorgen, wie der bauch ein tag odder zween erneeret werde? Gleich als wenn ich einen reichen Vater hette, der mir gerne tausent gulden schenckete, und wolt jm nicht vertrawen, das er mir einen grosschen zur notdurfft gebe &c..

 

[Matth. 6, 26–27] Sehet die vogel unter dem himel an: sie seen nicht, sie erndten nicht, sie samlen nicht jnn die schewren und ewer himlischer vater neeret sie doch. Seid jr denn nicht viel besser denn sie? Wer ist unter euch der seiner lenge eine ellen zusetzen moege, ob er gleich drumb sorget?

Da setzet er ein exempel und gleichnis zu der vermanung zu hon, spott und schanden dem leidigen geitz und bauch sorge, das er uns ia davon reisse und zeige was wir doch selbs sind, das wir uns jnn unser hertz schemen muessen, die weil wir ia viel hoher, edler und besser sind denn die vogel, als die wir herrn sind nicht allein der vogel sonder aller lebendigen creaturn und alle ding uns zu dienst gegeben und umb unsern willen geschaffen sind, Und doch nicht soviel glauben haben, das wir uns trawen mit solchem allen zuerneren, das Gott uns eingethan und geben hat, So er doch den kleinesten vogelin, ia den aller geringsten wuermlin als unsern geringsten knechten on alle jr sorgen und dencken teglich jr narung und speisse gibt, die doch gar nichts samlen noch vorrat schaffen, weder seen noch wenns geseet ist, ein erndten konnen.

 

Jst es nu nicht eine blut schande, das wir (den Gott uns alle creaturn geben und eingethan hat und alle iar so viel wachsen lesst, das wir ierlich gnug zu seen und vielfeltig mehr ein zu erndten haben) nicht konnen jm unsern bauch vertrawen on sorge und geitz? Denn solt iemand sorgen und samlen, so soltens die vogelin thun, weil sie solchs nicht koennen, und dencken wenn der somer kompt: sihe nu seet alle wellt jr korn, das sie auff den somer moegen widder ein samlen, Jtzt odder auff den herbst erndtet und samlet jderman und wir alle haben nicht ein koernlin zu seen noch ein zu fueren, wo wollen wir das jar uber, sonderlich im kalten winter, zu essen nemen, wenns alles eingefurt ist und nichts auff dem felde stehet? Was wuerden wir menschen thun, wenn wir auff einen somer nicht zu seen hetten? ia wenn wir auff vierzehen tag nicht vorrat wuesten, wie wurde da alle wellt verzweiveln, als muesten wir alle sampt hungers sterben? Nu fliegen die lieben voegelin jnn der lufft somer und winter, singen und sind froelich, komern und sorgen nichts uberal, so sie doch nicht wissen wo sie morgen sollen zu essen kriegen, Und wir leidigen geitzwenste konnen des sorgens nicht lassen, wenn wir gleich boden und scheuren vol haben und das korn so reichlich auff dem feld sehen wachsen.

 

[s. 462] Sihe also machet er die vogelin zu Meistern und lerern, das ein omechtiger sperling zu unsern grossen, ewigen schanden im Euangelio stehen mus als des aller weisesten menschen Doctor und prediger und teglich fur unsern augen und oren solchs furhalten, als wolt er zu uns sagen: Sihe du elender mensch, du hast haus und hoff, gelt und gut und ierlich den acker vol korns und allerley gewechs mehr denn du darffest, Noch kanstu nicht friede haben und hast jmer sorge du werdest hungers sterben, Und wo du nicht vorrat sihest und fur dir weist, kanstu Gott nicht vertrawen das er dir einen tag zu essen gebe, So doch unser so unzelich viel ist der keines sein lebtag ein mal sorget und doch Gott teglich uns erneret. Summa wir haben soviel meister und prediger als vogelin jnn der lufft, die mit jrem lebendigen exempel uns zu schanden machen, das wir uns solten schemen und nicht duerffen die augen auffheben, wenn wir einen vogel singen hoereten, als der Gottes lob und unser schande gen himel schreyet, noch sind wir so stein hart, das wir uns nicht ein mal dran keren, ob wir sie gleich teglich mit grossem hauffen solchs predigen und singen hoeren.

 

Ja sihe was sie mehr thun, die lieben Vogelin, wie gar on sorge sie leben und allein aus Gottes hand jr narung warten: Wenn man sie ein sperret das sie singen sollen, und schuettet jn vol auff zu essen fur, das sie solten dencken: Nu hab ich gnug, das ich nicht sorgen darff wo ich zu essen neme, Denn ich habe nu einen reichen herrn und meine schewern vol &c.. Das thuen sie nicht, sondern sind viel lieber frey jnn der lufft, werden auch fetter und singen feiner und lieblicher jrem herrn Laudes und metten des morgens frue ehe sie essen, und weis doch jr keiner ein koerlin im vorrat, machen ein schones langes Benedicite und lassen unsern Herrn Gott sorgen, auch wenn sie iungen haben die sie neeren sollen. Darumb Wenn du eine nachtgal hoerest, so hoerestu den feinsten prediger, als der dich dieses Euangelij vermanet, nicht mit schlechten blossen worten sondern mit der lebendigen that und exempel, weil sie die gantze nacht singet und gellet sich schir zu tod und ist viel froelicher im wald denn wenn sie im vogelbawr gefangen ist, da mans mit allem vleis warten mus und doch selten gedeiet odder lebendig bleibt, als solt es damit sagen: Jch wolt viel lieber jnn des Herrn kuchen sein, der himel und erden geschaffen hat und selbs koch und hauswirt ist und teglich unzelich viel vogelin speiset und erneret aus seiner hand und nicht ein sack vol sondern himel und erden vol kornlin hat.

 

So spricht nu Christus: Weil jr solchs teglich fur augen sehet, wie der himlische Vater die Vogelin auff dem feld neeret on alle jre sorge, kundet jr jm denn nicht soviel trawen das er euch auch erneeren werde, weil er ewer Vater ist und euch seine kinder heisset? Solt er nicht viel mehr fur euch sorgen, die er zu kindern gemacht und sein wort und alle creaturn gibt, denn [s. 463] fur die vogelin, die doch nicht seine kinder sind sondern ewer knechte? und er sich doch jr so hoch annimpt, das er sie teglich speisset, als hette er allein fur sie zu sorgen. Und hat ein gefallen dran das sie so gar on alle sorge daher fliegen und singen, als solten sie sagen: Jch singe und bin froelich und weis doch kein koernlin das ich essen sol, mein brod ist noch nicht gebacken, mein korn noch nicht geseet, Aber ich hab einen reichen herrn, der fur mich sorget, die weil ich singe odder schlaffe, der kan mir mehr geben denn alle menschen und ich mit unserm sorgen vermochten. Weil nu die vogel die kunst koennen, das sie jm so gar vertrawen und die sorge von sich auff Gott werffen, So solten ia wirs, die wir seine kinder sind, viel mehr thun. Darumb ist es ia ein trefflich exempel, das uns alle zu schanden machet, das wir, die vernuenfftige leute sind und dazu die schrifft zuvor haben, nicht soviel weisheit haben, das wirs den vogeln nach thun konten, und muessen teglich soviel schande hoeren fur Gott und den leuten, soviel wir vogelin singen hoeren. Aber der mensch ist toll und toericht worden, nach dem er von Gottes wort und gebot gefallen ist, das hinfurt keine creatur lebt die nicht klueger sey denn er, und ein kleines zeisichen, das weder reden noch lesen kan, sein Doctor und Meister ist jnn der schrifft, ob er wol die gantze Bibel und seine vernunfft zu hulffe hat.

 

Das ist das erste gleichnis, daran henget er einen spruch aus unser eigen erfarung und zeiget das doch unser sorgen umb sonst sey und nichts schaffet: ‘Wer ist unter euch (spricht er) der seiner lenge eine ellen zusetzen moege, ob er gleich drumb sorget?’ Wenn ein mensch nicht ehe solt gros werden denn durch sein sorgen, wie gros wuerden mir alle wachsen? odder was huelff es das ein kleines zwerglin sich zu tod sorgete, wie er wolt grosser werden? Was thuestu denn mit sorgen wo du essen und kleider nemest, gerade als stuende es jnn deiner gewalt deinen leib so gros und lang zu machen wie du woltest? Jst doch dein leib mit alle seinen geliedern gemessen und hat seine lenge und breite, das du jn nicht anders machen kanst und dir trotz geboten ist, das du ein harbreit lenger machest, Was bistu denn fur ein narr, das du sorgest fur das so nicht jnn deiner macht stehet und schon von Gott abgemessen ist, beide zeit und masse, wie lang dein leib und leben wehren sol, Und kanst jm nicht vertrawen das er dir auch speise und kleider schaffen werde, so lang du hie zu leben hast &c..

 

[Matth. 6, 28–30] Und warumb sorget ir fur die kleidung? Schawet die lilien auff dem felde wie sie wachsen, Sie erbeiten nicht, auch spinnen sie nicht, Jch sage euch, das auch Salomon jnn aller seiner herrligkeit nicht bekleidet ist gewesen als der selbigen eines. So denn Gott das gras auff dem felde also kleidet, das doch heute stehet und morgen jnn den ofen geworffen wird, Solt er das nicht viel mehr euch thun? O jr kleinglewbigen.

[s. 464] Da hastu noch ein exempel und gleichnis, darin die bluemlin auff dem feld, die von den kuen zutretten und fressen werden, muessen auch unser Doctores und meister werden, auff das ia unser schande deste groesser werde, Denn sihe wie sie daher wachsen, so schoen geschmueckt mit farben und doch jr keines sorget noch dencket, wie es wachsen odder was es fur ein ferblin kriegen sol, sondern lesst Gott dafur sorgen, Und on alle sein sorgen und zuthun kleidet es Gott mit so schoener lieblichen farben, das Christus sagt, das der Koenig Salomo mit aller seiner herrligkeit sey nicht so schoene gewest als der selben eines, ia keine Keiserin mit jrem gantzen frawen zimer, mit alle jrem gold, berlin und eddelsteinen, Denn er weis keinen Koenig zu nennen, der da reicher, herrlicher und schoener geschmuckt gewesen sey denn Salomo, noch ist der Koenig mit alle seiner schoenen pracht und schmuck nichts gegen einer rosen odder negelblumen odder violen auff dem feld: Also kan unser Herr Gott schmuecken wen er schmucken wil, das es geschmuckt heisst und kein mensch solch farbe kan machen noch malen und keinen andern noch schonern schmuck wundschen noch kriegen kundte, und wenn man sie gleich mit eitel gold und sammet behienge, noch wurde sie sagen: Jch wil lieber das mich der meister schmucke droben jm himel, der auch die vogelin schmucket, denn alle schneider odder seiden sticker auff erden.

 

Weil er nu soviel blumlin kleidet und schmucket mit so mancherley farben, das iglichs seinen eigen rock an hat und damit daher pranget uber alle welt schmuck, Warumb konnen wir denn jm nicht glewben das er uns auch kleiden werde? Denn was sind die blumen und gras auff dem felde gegen uns? Odder wo zu sind sie geschaffen denn das sie einen tag odder zween da stehen und lassen sich sehen, darnach verwelcken und zu hew werden odder wie Christus sagt, jnn den ofen geworffen werden, das man damit feur machet und den ofen heitzet, noch nimpt sich unser Herr Gott solchs vergenglichs und geringes dings so hoch an und wendet soviel kost darauff, das ers schoner schmuecket denn keine koenige und menschen auff erden, so sie doch solchs schmucks nicht bedurffen und gar an jnen verloren jst, als der bald dahin gehet mit der blume, Wir aber, seine hoheste creatur, umb welcher willen er alle ding geschaffen hat und uns alles gibt und jm soviel an uns gelegen jst, das es nicht mit diesem leben ein end jnn uns sol nemen, sondern nach diesem leben das ewig leben wil geben, Die sollen jm nicht soviel vertrawen das er uns auch kleiden werde, wie er die blumen auff dem feld und vogel jnn der lufft mit mancherley schoenen farben und feddern kleidet: Das jst ja nehrlich gered und unsern unglawben schendlich abgemalet, das ers nicht hoenischer machen kund, Aber es jst der leidige Teuffel und der treffliche fall den wir gethan haben, das wir mussen sehen die gantz welt vol [s. 465] solcher exempel der vogel und bluemlin widder uns, die mit jrem exempel und anblick unsern unglauben straffen und werden unsere hohesten Doctores, singen und predigen uns und lachen uns so lieblich an, das wir nur gleuben sollen: noch gehen wir dahin, lassen uns predigen und singen, scharren und geitzen jmer fur uns hin, Aber uns zu ewigen schanden und schaden, das ein jglich bluemlin fur Gott und allen creaturn bis an iungsten tag widder uns zeuget und unsern unglauben verdamnet. Darumb beschleusst er nu diese predigt fur seine Christen:

 

[Matth. 6, 31–32] Darumb solt ir nicht sorgen und sagen: was werden wir essen? was werden wir trincken? womit werden wir uns kleiden? Nach solchem allem trachten die Heiden, Denn ewer himlischer Vater weis das jr des alles bedurffet.

Weil ir solch exempel teglich sehet fur augen an allem was da lebt und aus der erden wechst, wie es Gott alles neeret und speiset und auffs aller schoenste kleidet und schmuckt, so lasst euch doch bewegen, das jr die sorge und unglawben weg leget Und dencket, das jr Christen und nicht heiden seid, Denn solch sorgen und geitzen gehoret den heiden zu, die von Gott nicht wissen [Kol. 3, 5] noch nach jm fragen, und ist ein rechter Gottzendienst, wie Paulus sagt und droben auch gesagt ist, da ers heisset dem Mammon gedienet, Darumb jst ein jglicher Geitzwanst kein Christen, ob er gleich getaufft jst, sondern hat gewislich Christum verloren und jst zum heiden worden, Denn die zwey leiden sich nicht miteinander, geitzen odder sorgen und gleuben, eines mus das ander ausbeissen. Nu jst den Christen, die das wort horen und wissen, kein grosser schand fur Got und allen creaturn denn das sie den heiden gleich sollen sein, als die nicht gleuben das sie Gott erneere und alle ding gebe, und also zuruck fallen von Gott, den glauben verleugnen und sich weder an sein wort noch an solch sichtig exempel keren. Das jst ja ein hart urteil, das einen jglichen billich erschrecken solt, Denn es jst kurtz beschlossen: das ein Christ dencke und des geitz sorge lasse odder wisse, das er kein Christen sondern zehen mal erger jst denn ein Heide.

 

Zu dem (spricht er): Weil jr Christen seid, so durfft jr nicht daran zweiveln, das ewer vater wol weis das jr solchs alles beduerfft, nemlich das jr einen bauch habet, der da essen und trincken, und einen leib, der kleider haben mus. Wenn ers nicht wuste, so hettet jr ursache zu sorgen und dencken, wie jr euch selbs erneeret, Nu ers aber weis, so wird er euch ja nicht lassen, Denn er ist ia so frum, das ers gerne thuet und sonderlich euch Christen, weil er (wie gesagt jst) auch fur die vogel jnn der lufft sorget. Darumb lasset jr die sorge anstehen, Denn jr richtet doch nichts damit aus. Es ligt nicht an ewrem sorgen sondern an seinem wissen und sorgen: Solte [s. 466] nicht ehe etwas auff dem felde wachsen denn wir dafur sorgen, so weren wir alle jnn der wigen gestorben und muste noch keine nacht nichts wachsen, wenn wir ligen und schlaffen, Ja solten wir uns alle zu tod sorgen, so wechset kein halm auff dem felde von unserm sorgen, mussen selbs sehen und greiffen das Gott alles on unser sorgen gibt, noch sind wir so heillose leut, das wir des sorgens und geitzens nicht lassen wollen noch Gott die sorge rein lassen, dem sie allein geburt als einem Vater fur seine kinder.

 

[Matth. 6, 33] Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner gerechtigkeit, so wird euch solchs alles zu fallen.

Der Herr hat wol gesehen, als jch gesagt habe, das kein laster unter den eusserlichen groben stucken so greulich widder das Euangelium strebt und Gottes reich hindert als der geitz, Denn so bald ein prediger darnach trachtet wie er reich werde, so treibt er sein ampt nicht mehr recht, denn sein hertz [1. Tim. 6, 9] jst gefangen jnn der sorge der narung als jnn einem strick, wie es Paulus nennet, das er nicht kan leren noch straffen wie und wo er sol, besorget, er moechte gonst und freundschaff verlieren bey denen der er kan geniessen, Lesst sich also verfuren das er schweigt, und verfuret ander leut mit jm, nicht durch ketzerey sondern durch seinen eigenen Bauch, der sein AbGot jst. Denn wer ein rechter prediger wil sein und sein ampt trewlich furen, der mus die freiheit bey sich behalten, das er ungeschewet die warheit sage, niemand angesehen, und straffe wo zu straffen jst, gros und klein, reich, arm, gewaltige, freund und feind: das thut der Geitz nicht, denn er furchtet, solt er grosse hansen odder gute freund erzuernen, so wuerde jm am brod abgehen, drumb zeucht er die pfeiffen ein und schweiget.

 

Des gleichen auch der gemeine hauffe, was nicht prediger sind sondern Gottes wort horen sollen und Gottes reich helffen fordern ein jglicher jnn seinem stand und leben, wollen umb des Euangelij willen keine fahr noch mangel warten noch leiden, sondern fur allen dingen sehen das sie gnug haben und jren bauch versorget, Gott gebe das Euangelium kome ernach odder bleibe dahinden, gehen also hin, scharren und kratzen wie sie konnen, geben den predigern nichts, nemen jn wol dazu was sie haben. So gehets denn nach des Teuffels willen, das niemand mehr predigen noch horen wil und also beide die lere und jre fruechte jnn der leute hertzen untergehen und Gottes reich gar dahin fellet: Das thut allein der schendlich, Teuffelissche Mammon.

 

Sihe darumb warnet der Herr Christus die seinen so trewlich dafur durch so lange predigt, Und das man sich deste bas dafur huten konne, zeiget er mit diesen worten gar ein gute krefftige artzney dawidder wie man jm thun sol, das man der sorge nicht durffe und doch gnug, ja viel mehr und trefflichern schatz habe denn uns der Mammon kan geben und wir mit unserm sorgen konnen kriegen, die heist nu: Gottes Reich suechen.

 

[s. 467] Es ligt aber daran das man wol jnns hertz bilde, was Gottes Reich sey und gebe. Denn wenn man uns das kunde ein reden, das wir recht bedechten und jm hertzen ermessen und wegen kondten, wie ein gros kostlicher schatz es sey gegen dem Mammon odder welt reich, das jst alles was auff erden jst, so wuerden wir den Mammon anspeyen. Denn was hettestu mehr, wenn du gleich des Koeniges zu franckreich gut und macht hettest und des Turkischen keisers da zu, denn ein betler fur der thur an seiner parteken? Denn es jst doch nur darumb zuthun, das man teglich den bauch fulle, weiter kan mans nicht bringen mit aller welt gutern und herligkeit und hat der armeste betler eben soviel davon als der mechtigste Keiser, ja es sol jm wol seine partecken viel besser schmecken und gedeien denn jenem sein herrlich koeniglich mal. Da bleibt es bey und krigt niemand mehr davon und weeret doch ein kleine, kurtze zeit, das wir dis alles mussen faren lassen und unsern leib nicht eine stunde damit fristen konnen, wenn das stuendlin kompt, Darumb jst es ja ein arm, elend, ia ein faul, stinckend Reich.

 

Was ist aber dagegen Gottes odder des Herrn Christi Reich? Das rechne du selbs und sage was die creatur sey gegen jrem Schepffer und die welt gegen Gott. Denn wenn himel und erden gar mein allein weren, was hette jch gegen Gott? nicht soviel als ein tropfflin wassers oder ein steublin gegen das gantze meer. Dazu jst es ein solcher schatz, der nicht auffhoret noch abnemen und geringer kan werden, das er beide der grosse und wehre halben durch kein menschlich hertz noch sinne zu ermessen und begreiffen ist, Und ich sol Got und sein Reich so schendlich hin werffen und faren lassen, das ich dis unfletig, todlich bauchreich neme fur jhenes Gottliche, unvergengliche, das mir gibt ewig leben, gerechtigkeit, fride, freud und seligkeit, und alles was jch hie zeitlich suche und begere, sol ich jnn diesem ewig haben und alles unmeslich herrlicher und uberschwenglicher denn das jch hie auff erden mit grosser muehe, sorge und erbeit erlangen kan, und ehe jchs erlange und dahin bringe da ichs haben wil, mus davon faren und alles ligen lassen. Jst das nicht ein grosse, schendliche torheit und blindheit, das wir solchs nicht sehen, ja ein verstockte bosheit der welt vom Teuffel besessen, das sie jr nicht wil sagen lassen noch achten, wenn mans jr predigt?

 

Darumb woelt uns Christus gerne mit diesen worten erwecken und sagen: wolt jr recht sorgen und trachten wie jr jmer gnug habt, so trachtet nach einem solchem schatz, der da heisset Gottes reich, Sorget doch nicht fur den zeitlichen vergenglichen schatz, den die motten und rost weg fressen, wie er droben gesagt hat; Habt jr doch viel ein andern schatz jm himel, den ich euch zeige, da sorget und trachtet nach und dencket was jr daran habt, so werdet jr des andern wol vergessen, Denn es jst ein solcher schatz der euch ewig erhelt und nicht kan vergehen noch genomen werden, das weil der schatz [s. 468] bleibt und jr daran hanget, so must jr auch bleiben, wenn jr schon keinen heller von der welt hettet.

 

Es jst aber offt gesagt was Gottes Reich sey, nemlich auffs kuertzte, das es nicht stehe jnn eusserlichen dingen, essen und trincken &c.. noch andern wercken die man thun kan, sondern darin das man gleube an Jhesum Christum, welcher jst das heubt und einiger koenig jnn diesem Reich, jnn und durch welchem wirs alles haben, das wer darinn bleibt kein sund, tod und unglueck kan schaden, sondern ewig leben, freud und seligkeit hat, Und hie anfehet jnn solchem glawben, aber am iuengsten tag offenbar und ewig volendet sol werden.

 

Was heisst nu nach solchem Reich trachten, odder wie kompt man dazu, welchs jst die strasse und der weg den man gehen mus? Da weiset einer hie, der ander dort hinaus, als der Bapst leret also: lauff gen Rom und hole ablas, beichte und buesse, halt odder hore messe, zeuch eine Cappen an und ube dich jnn grossem Gottes dienst und hartem strengen leben. Da sind wir geloffen alle wege und wie man uns nur hat furgesagt, als toll und toerichte leute, und alle wollen Gottes reich suchen, Aber eben des teuffels Reich funden, Denn da sind viel wege, aber alle zumal on den einigen, welchs ist gleuben an Christum und das Euangelium, daran der glaube sich helt, wol uben und treiben mit predigen, hoeren, lesen, singen, bedencken und wie man kan, das er jmer im hertzen zuneme und stercker werde und herausbreche durch seine fruechte, das mans jmer weiter bringe und viel leut erzu fure, Wie wir (Gott lob) itzund thun, Und dennoch noch viel sind, beide prediger und andere Christen, die mit allem vleis treiben und drueber halten, das sie alles was sie haben hinan setzen und bereit weren zuverlieren, ehe sie das wort wolten lassen faren.

 

Solchs thun noch wissen kein Monch, Nonnen und pfaffen, ob sie wol rhumen, sie sind Gottes diener und Christi breute, Denn sie feilen alle des einigen rechten weges und lassen das Euangelium stehen, kennen widder Gott noch Christum und sein reich, Denn wer es kennen und treffen wil, der mus nicht nach seinem kopff suchen, sondern sein wort hoeren als den grund und eckstein und sehen wo er dich hin weiset und wie ers deutet. Nu ist das [Mark. 16, 16] sein wort von seinem Reich: Wer da gleubt und getaufft wird, der wird selig. Das wort ist nicht aus unserm kopff gespunnen noch aus eines menschen hertz gewachsen sondern von himel gefallen und durch Gottes mund gezeigt, das wir ia gewis weren und nicht feileten der rechten strasse. Wo nu solchs recht im schwang gehet, beide bey den predigern und zuhoerern, das man das wort und Sacrament vleissig treibt, dem selben nach lebt und anhelt das es bekand werde unter den leuten, das iunge volck dazu zeucht und leret, das heisst Gottes Reich gesucht und gefordert und mit ernst gemeinet.

 

[s. 469] Was heisst denn das er dazu setzet ‘Und seine gerechtigkeit’? Dis Reich hat auch eine gerechtigkeit, es ist aber ein andere gerechtigkeit denn jnn der welt, wie es auch ein ander Reich ist. Das heisst nu die gerechtigkeit so aus dem glauben kompt, der da schefftig und thetig ist durch gute werck, Also das ich das Euangelion mit ernst meine und vleissig hoere odder treibe und darnach mit der that darnach lebe und nicht ein loser wesscher odder heuchler bin, der es lesst zu einem ohr ein zum andern aus gehen, sondern [1. Kor. 4, 20] das mit der that beweiset und krefftig da sey, wie S. Paulus sagt j. Cor. iiij. ‘Das Reich Gottes stehet nicht jnn worten, sondern jnn der krafft.’ Das heissen wir den glauben mit seinen fruechten, das ist gute werck thun und seines stands odder ampt mit vleis und trewen warten und allerley daruber leiden, Denn er heisst hie Gerechtigkeit jnn gemein das gantze leben eines Christen gegen Gott und den menschen als den bawm mit den fruechten, Aber nicht so, das es darumb gar volkomen sey, sondern stets fortfare, wie er hie [Phil. 3, 12] heisset seine Juenger jmer darnach trachten, als die es noch nicht gar ergriffen odder schon rein aus gelernet und gelebt haben; Denn im Reich Christi ists mit uns halb sunde und halb heiligkeit, Denn was des glaubens und Christi jnn uns ist, das ist gantz rein und volkomen als nicht unser sondern Christi, welcher durch den glauben unser ist und jnn uns lebt und wirckt, Aber was noch unser eigen ist, das ist eitel sund, doch unter und jnn dem Christo durch vergebung der sund zugedeckt und vertilget, dazu teglich durch die selbe gnade des geists getoedtet, bis wir gar diesem leben absterben.

 

Sihe das gehoeret zur gerechtigkeit dieses Reichs, das es rechtschaffen zugehe und keine heuchley da sey, Denn es ist widder die gesetzt, die wol vom Euangelio koennen reden und rhuemen, aber nichts davon leben, Denn es ist auch ein schwerer handel Gottes wort predigen und jderman guts thun und dazu allerley unglueck leiden, aber darumb heisst es Gottes gerechtigkeit, Denn die welt vermag sie nicht, das sie solt recht thun und boeses dafur leiden, gehort auch nicht jnn jr regiment, Denn da ist nicht recht, das wer recht thuet geftrafft werde odder gewalt leide, sondern guts dafur zu lohn und danck [Luk. 6, 23] empfahe. Aber unser lohn ist nicht auff erden, sondern im himel beigelegt, da werden wir jn finden. Wer nu solchs weis und darnach thun wil, der wird gnug zuschaffen haben, das er nicht darff andere wege suchen, wird auch wol des geitzens und sorgens des Mammons vergessen, Denn die welt wirds jm so sawr machen, das er des lebens und zeitlichs guts nicht gros achten wird, sondern so mued werden, das er alle stunde des todes warten und hoffen muesse.

 

Das ist die vermanung, dadurch er uns von dem zeitlichen gut auff den ewigen schatz weiset, des wir das guts nicht achten sollen gegen jenem, das wir im himel haben &c.. Dazu thuet er nu auch eine verheissung und [s. 470] trost, das wir nicht dencken, er woelle uns drumb auff erden gar nichts geben und hungers lassen sterben, weil wir von der wellt allerley leiden muessen, die uns nichts gibt noch gonnet, und alle stund warten, das man uns alles neme was wir haben, Sondern wissen das wir dennoch auch hie zur notdurfft dieses lebens haben sollen was wir durffen. Darumb spricht er ‘Suchet nur zum ersten Gottes Reich, so sol euch dieses alles zufallen’, Das ist: jr solt essen und trincken, kleider &c.. dazu haben als zur zugabe on all ewer sorgen, ia eben damit das jr nicht dafur sorget und alles umb Gottes Reichs willen jnn die fahr setzet, Und sol euch komen, das jr nicht wisset woher es koempt, wie uns auch teglich unser erfarung leret. Denn Gott hat noch soviel jnn der wellt, das er die seinen auch erneeren kan, weil er alle voegelin und wuermlin erneeret und die lilien auff dem felde kleidet, wie wir gehort haben, ia weil er den boesen buben soviel gibt und wachsen lesst, Das uns die wellt dennoch auch mus mit jr essen und trincken lassen, obs jr gleich leid ist.

 

Was wollen wir nu mehr begeren, wenn wirs solchs wissen, so wir Gottes wort haben und handlen und ein iglicher thut was er thun sol, das wir zu essen und trincken, umb und an haben und eben soviel kriegen selber als ein Koenig odder Keiser, nemlich das wir den bauch erneeren, on das er zu seinem stand mus mehr und herrlicher haben, aber doch nichts mehr geneusst, und mich mein brod eben so wol speiset und mein kleid so wol decket und wermet als jn seine Koenigliche mal und guldene und silberne stuck. Denn wie were es mueglich das der solt hungers sterben, der Gott mit trewen dienet und sein Reich fordert, weil er der gantzen wellt so uberfluessig gibt? Es mueste kein brod mehr auff erden sein odder der himel nicht mehr regenen konnen, wenn ein Christen solt hungers sterben, ia Gott mueste zuvor selbs hungers gestorben sein. Weil er nu so uberfluessig geschaffen und geben hat, dazu so gewis verheisset das er gnug wil geben und so geben, ehe wir uns versehen odder wissen, was wiltu dich denn zuplagen mit dem feindlichen sorgen und geitzen? Jst doch die schrifft (sonderlich der Psalter) allenthalben [Ps. 33, 19. 37, 19] vol solcher sprueche, das er die frumen speisen wolle jnn der theuren [Ps. 37, 25] zeit und noch nihe habe lassen einen fromen nach brod gehen &c.. Er wird ia an dir auch nicht zum luegner werden, wenn du nur kuendtest gleuben. Obs nu die wellt, als itzt Eddelleut, baur und burger nicht thun, so wird er dennoch leut finden odder andere mittel, durch welche er geben kan und mehr denn sie dir itzt nemen koennen.

 

[Matth. 6, 34] Darumb sorget nicht fur den andern morgen, Denn der morgend tag wird fuer das seine sorgen, Es ist gnug das ein iglicher tag sein eigen unglueck habe.

Bleibt bey dieser sorge (wil er sagen) wie jr Gottes Reich bey euch erhaltet, und entschlahet euch der andern sorge so gar, das jr auch nicht fur [s. 471] den morgenden tag sorget, Denn wenn morgen kompt, wird er seine selbs sorge mitbringen, wie man sagt ‘kompt tag, so kompt auch rat’, Denn unser sorgen schaffet doch nichts, ob jch auch gleich nicht mehr denn auff einen tag sorge, Und gibts die erfarung, das uns offt zween odder drey tag ehe hinweg gehen denn der heutige, und wem Gott wol wil und glueck gibt, der kan offt on muehe und sorgen jnn einer stund mehr ausrichten denn sonst ein ander jnn vier gantzen tagen mit grosser muehe und sorg, Und wenn er lang gemacht und aus gesorgt hat, machet jms selb lang, hette es ein ander jnn einer stund ausgericht, Also das doch niemand nichts schaffen kan, denn wenn das stuendlin kompt das Gott gibt, on unser sorge bescheret und ist umbsonst das du wilt zuvor komen und durch dein sorgen grossen rat (wie du meinest) stifften.

 

Denn die kunst kan unser Herr Gott, das er uns heimlich zeit und stunde kan verkuertzen und verlengern, das einem eine stunde wol zu vierzehen tagen wird und widderumb, Also das einer mit langer erbeit und muehe nichts mehr gewinnet denn ein ander mit kurtzer und leichter erbeit, wie man teglich kan fur augen sehen, das viel sind die bey schwerer, stetter erbeit kaum das liebe brod erwerben, und andere on sonderliche erbeit jr ding fein gefasset und geordnet haben, das es wol von stat gehet und jn zufellt. Das schaffet alles Gott also, das unser sorgen nicht mus den segen haben, Denn wir wollen nicht harren das solche gueter von Gott uns zufallen, sondern selbs finden ehe es Gott gibt.

 

Sihe wie es gehet auff den Bergkwercken, da man ia vleissig grebt und suchet, noch kompts offt also, das wo man am meisten ertz hoffet und sich beweiset, als wolts eitel gold werden, da findet sich nichts odder schneit sich bald abe und verschwindet unter den henden. Widderumb an andern oerten, das man fur verloren helt und ligen lesst, gibt sichs offt unversehens auffs reichlichst, Und einer der alle sein gut hinein gebawet, nichts kriegt, ein ander von einem bettler ein herr wird, Und darnach die es mit viel tausent guelden eraus gehaben, ehe denn jnn zehen iaren widder zu bettler werden und nicht viel geschicht, das solch gros gut auff den dritten erben reiche. Summa es sol heissen nicht gesucht sondern bescheret, nicht gefunden sondern zugefallen, wenn glueck und segen dabey sein sol. Aber wil woltens gerne so machen, das es keme wie wirs gedencken, da wird nicht aus, denn er dencket dargegen: du solts nicht so kriegen odder ia nicht lang behalten und geniessen, Denn ich habe jr selbs viel erlebt, welche jnn die tasschen griffen jnn eitel gulden und keins grosschen nicht achten, aber hernach fro weren worden, das sie so viel heller hetten gefunden.

 

Weil du nu sihest das es feilet und dein sorgen nicht dazu hilfft, warumb lestu es nicht anstehen und denckest wie du Gottes reich habest?

 

[s. 472] Denn er wil dir geben, aber nicht umb deiner sorge willen, ob du wol erbeiten solt, Denn solche sorge bringt und schaffet nichts, aber die sorge thuts, die deines ampts ist und zu Gottes reich gehoeret, das du thust was dir befolen ist, Gottes wort predigst und forderst, dem nehisten dienest nach deinem beruff und nimpst was dir Gott gibt. Denn das sind die besten gueter, die nicht gedacht, sondern bescheret und zugefallen sind, Und was wir durch unser sorge erworben odder zu erhalten furnemen, sol uns wol am ersten umbschlahen und verderben, wie offt den reichen wensten geschicht, denen fur grosser sorge jr korn und ander vorrat verdirbet, Und ist ein grosse gnade das Gott uns nicht lesst sorgen wie das korn auff dem feld wechset, sondern gibts uns weil wir ligen und schlassen, sonst wurden wirs uns auch selbs verderben mit unserm sorgen und nichts kriegen.

 

Darumb spricht er nu: Was wiltu uber den heutigen tag sorgen und zweier tage unglueck auff dich nemen? lasse es bey dem bleiben das dir der heutige tag aufflegt, morgen wird dir der tag ein anders bringen, Denn unglueck odder plage heisst er das uns auffgelegt ist im schweis unsers angesichts uns zu neeren und was ander zufellig teglich jamer, unfal und fahr jst, als wo dir etwas gestolen wird odder sonst schaden nimpst, item jnn kranckeit fellest odder dein gesind &c.. Wie es denn jnn diesem leben zugehet, das wir teglich mussen solch unglueck sehen und warten. Solch leid, iamer und ungluck leide und nims an mit freuden und las es doch dabey bleiben, Denn du hast damit gnug zutragen und lasse die sorge nach, damit du des ungluecks nur mehr und schwerer machest denn es an jm selbs jst. Und sihe solch exempel an, das Gott niemand jhe reich gemacht hat durch sein sorgen (weil jr viel, wie gesagt, auffs hohest sorgen und doch nicts haben) Aber das thut er wol, wenn er sihet das einer mit vleis und trewen seines ampts wartet und sorget, wie er das ausrichte Gotte zu gefallen und jn lesset sorgen wie es wol gerate, [Spr. 10, 4] dem bescheret er reichlich, Denn es stehet geschrieben Proverb .10. ‘Eine vleissige hand machet reich’, Denn er wil der auch nicht die beide sorge und erbeit lassen, als die muessigen, faulfressigen wenste, als solten sie sitzen und warten wenn er jn eine gebratene gans liesse jnns maul fliegen, Sondern gebeut das man sich redlich sol angreiffen mit erbeiten, so wil er mit seinem segen dabey sein und gnug geben. Das sey gnug von dieser predigt.

 

[s. 473]

Das siebend Capitel.

 

[Matth. 7, 1–2] Richtet nicht, auff das ir nicht gerichtet werdet, Denn mit welcherley gerichte jr richtet, werdet jr gerichtet werden Und mit welcherley mas jr messet, wird euch gemessen werden.

 

Jm vorigen Capitel haben wir gehoret wie der HERR Christus nach der lere von rechten guten wercken eine lange predigt gethan hat zur warnung widder den Geitz, als der Gottes Reich trefflich hindert, beide an der lere und leben, und mordlichen schaden thut jnn der Christenheit. Hie fehet er nu an weiter zu warnen fur einem andern stuck, welchs ist auch ein gros schedlich laster und heisset Eigene weisheit, die da jderman richtet und taddelt. Denn wo diese zwey laster regieren, da kan das Euangelium nicht bleiben, Denn der geitz machet das entweder die prediger schweigen odder die zuhorer des Euangelij nicht achten, das also durch verachtung ausgetrieben wird. Wenn aber eigene klugheit drein gerett, da wil ein jglicher der best prediger und selbs meister sein, niemand horen noch von andern lernen; da werden denn secten und Rotten aus, die das wort felschen und verderben, das es nicht kan rein bleiben und also abermal das Euangelium mit seinen fruchten untergehet. Solchs heisset er nu hie Richten odder urteilen, da ein jglicher sein thun jm allein lesst gefallen und des andern alles stincken mus, Ein schone holdselige tugent und eben der feine Man, den man heisset Meister Kluegel, dem wedder Gott noch die welt hold ist und doch allenthalben sein vol ist.

 

Das man sich aber nicht stosse an dieser predigt und unrecht verstehe, als sey hiemit gar verbotten zu richten und urteilen, ist aus dem so offt droben gesagt klar, das Christus hie allein seinen Jungern predigt und gar nicht redet von dem urteil odder straffe die jnn der welt gehen mus, wie vater und mutter jm haus unter kinder und gesind mus richten, straffen und auch drein schlahen, wenn sie nicht wollen recht thun, Also ein Fuerst odder Richter, wil er sein ampt recht furen, so kan er nichts anders thun denn das er richte und straffe. Das gehoret jnns weltliche regiment, welchs uns nicht angehet, darumb lassen wirs daselbs bleiben, wie es gehen sol und mus, Hie aber reden wir von einem andern Reich, das doch jenes nicht schwechet noch auffhebt, nemlich geistlich leben und wesen unter den Christen: Da ist verbotten das nicht einer den andern richte und verdamne, Denn da hebt sichs, [s. 474] das der Teuffel sich imer darunter menget und sein werck treibt, das ein jglicher sich lesst gut duencken und meinet, sein ding allein sol gelten und das best sein, und alles was nicht sich nach jm richtet, taddelt und vernichtet.

 

Das ist nu jnn weltlichen sachen eine feine torheit und noch wol zu leiden, obs gleich nicht recht ist, Denn es ist so grob, das jderman greiffet, als das eine metze sich lesst schoner duncken denn alle andere und was sie an andern sihet, gefelt jr nicht, Odder das ein iunger narr wil so schon und geschickt sein, das er seines gleichen nicht weis, Darnach unter den weisen und gelerten, da es starck jm schwang gehet, das keiner lesst etwas sein was ein ander kan odder thut, und jglicher wils allein sein ders alles besser kan und niemand kan ungetaddelt lassen: Das sihet und verstehet jderman wol, noch ist allenthalben der selbe Meister Klugel, der sich so klug weis, das er kan das pferd jm schwantz zeumen, so es doch alle welt mus forne jm maul zeumen.

 

Aber wenn es hie her gerett jnn geistliche sachen und der Teuffel seinen samen seet jnn Christus Reich, das es einreisset beide jnn der lere und leben, da hebt sich jamer und not. Jnn der lere gehets also zu, das ob gleich Gott einem gegeben und befolen das Euangelium zu predigen, so finden sich doch andere, auch unter den schuelern, die es zehen mal besser konnen wollen denn er, und mus das Euangelium die plage und ungluck haben, das sichs von jderman mus urteilen lassen und iglicher zum Doctor daran wird und selbs [4. Mose 16, 3 ff.] meister wil sein jnn der lere, Gleich wie es Mose auch gieng Numeri .16. da Korah mit seinem hauffen widder jn und Aharon aufftraten und sprachen: Warumb erhebt jr euch uber Gottes volck? sind sie nicht allzumal heilig? Solt Gott allein durch Mosen und Aharon reden? Eben wie sie itzt sagen: Solten wir nicht so wol den Geist haben und die Schrifft verstehen als andere? Da jst denn flugs ein ander lere angericht und secten gemacht und hebt sich das Richten und urteilen und sonderlich das schendliche affterreden, das ein teil das ander auffs gifftigste taddelt und verspricht, wie wir auch jtzt gnug erfaren. Daraus folgt denn der mordliche schaden, das die Christenheit zutrennet wird und die reine lere allenthalben untergehet.

 

Solchs hat sich Christus wol besorget, ja nicht allein besorget, sondern auch verkundigt das es so gehen wuerde, Denn die welt lesst sich nicht anders machen, solten wir uns zu tod predigen. Darumb wo das Euangelium auffgehet, da muessen rotten und secten folgen, die es widder verderben und dempffen. Ursach ist: denn der Teuffel mus seinen samen unter den guten samen seen, und wo Gott eine kirchen bawet, bawet er seine Capell oder taberne daneben, Denn der Satan wil jmer mit unter den kindern [s. 475] [Hiob 1, 6. 2, 1] Gottes sein, wie die schrifft sagt. Darumb wil Christus seine Aposteln und rechtschaffene prediger hie mit warnen, das sie sich vleissig fur dem laster huten und zusehen, das sie es nicht lassen einreissen, das nicht trennung und uneinigkeit werde, furnemlich jnn der lere, Als wolt er sagen: Wolt jr meine juenger sein, so lasset ewer verstand und dunckel jnn der lere gleich und einerley sein, das nicht jmand wolle Meister sein und etwas newes odder bessers wissen und die andern richten und verdammen, Und sehet nicht an wer die person seye, sondern was jch euch befele zu predigen, da bleibt bey und lasset es eintrechtig zugehen, das nicht einer den andern verachte und ein anders auffwerffe.

 

Doch verstehe es also, das dennoch dem so jm offentlichen ampt ist zu predigen, nicht genomen sey zu richten uber die lere, dazu auch uber das leben, Denn es geburet jm ampts halben offentlich zu straffen was nicht der rechte lere gemes ist, eben darumb das er nicht secten lasse eingehen und auff komen, des gleichen wo er sihet das man nicht recht lebet, das er auch straffe und were, Denn er ist darumb da das er darauff sehe, und mus dafur antworten, Ja auch ein jglicher Christ ist schuldig, wo er sihet das sein nehester ubel thut, das er jn vermane und were: das kan ia nicht on urteilen und richten zu gehen, Aber das ist alles noch als aus einem ampt und befehl gethan, davon Christus nichts redet, wie gnug gesagt ist, Aber das ist verboten, das ein jglicher aus seinem eigen kopff herferet und machet ein eigene lere und geist und lesst sich meister kluegel duencken und jderman wil meistern und taddeln des jm nichts ist befolen: Die selben sinds die der Herr hie straffet, Denn er wil nichts on befehl aus eigenem duenckel gethan odder fur genomen haben, sonderlich uber ander leut zurichten.

 

Das heis jch nu Richten jnn der lere, der hochsten schendlichsten und schedlichsten laster eines auff erden, daraus alle Rottengeister entstanden und bisher Moench, pfaffen und alles was jm Bapstum gewest jst, gesteckt haben, da jderman sein ding fur das beste auffgeworffen und andere geurteilet hat, davon itzt nicht not zusagen. Das andere urteil odder richten geschicht jm leben, da einer des andern leben und werck taddelt und verdammet und lesst jm nichts gefallen was andere thun, das jst erst ein weitleufftig gemein laster. Nu ist uns verbotten, das gleich wie wir der lere halben sollen eintrechtig sein jnn einerley sinn und verstand odder glawben, Also sollen wir auch einerley gesinnet und einerley hertz haben jnn eusserlichem leben, ob wol dasselbige nicht kan einerley sein wie der glawbe, Denn weil da sind mancherley stende, so mussen auch die werck ungleich und mancherley sein, Dazu jnn solchem leben, das an jm selbs mancherley ist, findet man auch mancherley gebrechen, als etliche wuenderliche, gehezornige, ungedultige kopffe, Wie es denn [s. 476] jnn der Christenheit mus zugehen, weil unser Alter Adam noch nicht tod ist und das fleisch stetts kempffet widder den geist.

 

Da gehoret nu zu eine tugent die da heisst Tolerantia und remissio peccatorum, das einer den andern trage, zu gut halte und vergebe, Wie [Röm. 15, 1] S. Paulus mit schonen worten leret Ro .15. ‘Wir die wir starck sind, sollen der schwachen gebrechligkeit tragen und nicht gefallen an uns selber haben’, Eben das hie Christus sagt ‘Jr solt nicht richten’ &c.. das die so hohe und bessere gaben jnn der Christenheit haben (wie denn etliche haben muessen, sonderlich die prediger) dennoch keinen andern mut und sin schepffen noch sich lassen besser duncken denn die es nicht haben, das jm geistlichem wesen keiner uber den andern fare. Eusserlich sol ein unterscheid sein, ein furst hoher und besser denn ein bawr, ein prediger gelereter denn ein schlechter handwercksman, da kan ein herr nicht knecht, eine fraw nicht magd sein &c.. aber gleich wol sollen die hertzen jnn solcher unterscheid gleich gesinnet sein und sich der selben ungleicheit nichts annemen. Das geschicht denn wenn ich dem nehesten zu gut halte, ob er wol geringers stands jst und weniger gaben hat denn ich, und lasse mir sein werck, das er als ein hausknecht seiner pferd wartet, eben so wol gefallen als meine werck, das ich predige odder land und leut regire, ob gleich das meine besser ist und mehr schaffet denn jenes, Denn ich mus nicht ansehen die eusserliche larven, sondern das er jnn dem selbigen glawben und Christo lebt und hat eben soviel von der gnade, tauff und Sacrament, ob jch gleich ander hoher werck und ampt habe, Denn es jst einerley Gott, der solchs alles schaffet und gibt, und lest jm das geringste eben so wol gefallen als das aller grossest.

 

Da widder regiret nu jnn der welt die lobliche schoene tugent davon S. Paulus redet, das jm jglicher selbs gefelt, als wenn ein mensch jnns Teuffels namen her feret und seine laster nicht kan ansehen, sondern allein der andern, welchs uns von natur allen anhenget und nicht koennen los werden, ob wir gleich getaufft sind, das wir uns gerne schoen machen und schmuecken und sehen was gut an uns jst und damit kutzeln, als sey es unser eigen, Und auff das wir allein schoen seyen, sehen wir nicht an an dem nehesten was gut ist, sondern dasselb aus den augen gethan, wo wir jrgend ein bletterlin gewar werden, da fullen wir die augen mit und machens so gros, das wir nichts guts dafur sehen, ob er gleich augen als ein falck und ein angesicht hette als ein Engel, Gerade als ob jch einen sehe jnn einem gulden stuck und were on gefehr eine nat odder weisser faden dadurch gezogen und die augen darnach auff sperrete, als were es damit gar zuverachten, und jch doch mich dagegen liesse kostlich duencken jnn meinem groben kittel mit einem gulden lappen besetzet. Also sehen wir an uns unser eigen laster nicht, der [s. 477] wir vol sind, konnen doch an ander leuten nichts guts ersehen. Wo nu solch naturlich untugent unter die Christen kompt, so hebt sich das urteilen, das ich ein andern bald veracht und verdamme, wenn er ein wenig strauchelt odder gebrechlich ist, und er mir denn widder also thuet, misset wie mit dem selben mas (wie Christus hie sagt) suchet und ruget auch nur das ergste das er an mir finden kan, dadurch wird denn die liebe gar unterdruckt und bleibt ein lauter beissen und fressen unternander, bis sie sich gar verzeren und gar unchristen werden.

 

Also gehets zu, wenn man auff eines andern leben sihet und nicht wil auff sich selbs sehen: da findet man bald etwas das uns misfellet, des gleichen ein ander auch an uns, wie auch die Heiden von jrem wesen klagen, das niemand sihet was er hinden auff dem ruecken tregt, sondern wer jm nach gehet, der sihets wol, Das ist: niemand sihet wo es jm selbs mangelt, sondern an einem andern sihet ers bald. Wenn man nu solchem gesicht folget, so kompt nichts anders draus denn affterreden und richten unternander. Das richtet der Teuffel an jnn der Christenheit, bis ers dahin bringet, das nichts unter jn bleibt denn lauter urteilen jm leben gleich wie auch jnn der lere, Das ja Christus Reich (welchs ist ein einmuetig, eintrechtig und fridlich reich beide jnn der lere und leben) zu trennet werde und an desselben stat eitel rotterey, homut und verachtung regire.

 

Darumb ist dis gar eine notige warnung, das wir lernen und uns gewenen, wenn wir unser ampt ausgerichtet haben, es sey predigen und [Matth. 18, 15 ff.] offentlich straffen odder bruderlich vermanen (davon Christus Matth .18. leret) das wir des nehesten gebrechen tragen, decken und schmucken konnen, Und ob ich etwas an jm sehe, das mir nicht allzuwol gefellet, das jch zuruck schlahe und mich selbs ansehe, so werde ich auch viel finden das ander leuten nicht gefellet und gerne wolte mir zu gut gehalten und getragen haben. So wird sich der kutzel bald legen, der jm selbs gefellet und lechelt uber eins andern gebrechen, und Meister kluegel sich fein trollen und das urteil fallen lassen, Ja du wirst fro werden das du gleich mit dem andern auffhebest, und zum ersten sprechen: Herr vergib mir meine schuld, darnach zum nehesten: hastu wider mich gesuendiget odder jch wider dich, so las uns unternander auch vergeben, Sihestu aber das ers gar zu grob machet und nicht ablesset, du straffest jn denn, so gehe hin und sage es jm selbs, wie jtzt und offt gesagt ist aus Matth .18. das er sich bessere und abstehe. Das hiesse nicht geurteilet und verdampt sondern bruederlich vermanet zur besserung und gienge also das vermanen fein fridlich zu nach Gottes gebott, Sonst machestu mit deinem kutzeln, lecheln und spotten, das der neheste nur auff dich erbittert und verstockt wird und du selbs dazu viel erger denn er und zwifechtig grosser sunder, [s. 478] damit das du jm die liebe entzeuchst und lust hast an seiner sunde und dazu jnn Gottes gericht fellest und jn verdammest, den Got nicht verdampt hat, und also deste schwerer urteil uber dich ladest, wie Christus hie warnet, und verdienest das dich Gott widder viel hoeher verdamme.

 

Sihe solch schendlich ubel kompt alles daher, wie S. Paulus sagt, das wir uns selbs gefallen, spigeln und kuetzeln mit unsern gaben, als seyen sie unser eigen, aber an eim andern nichts sehen denn wo er gebrechlich ist, und also gar blind werden, das wir weder uns noch den nehesten mit rechten augen ansehen, Da wir solten jnn unserm boesen greiffen und erstlich sehen was uns feilet; das thun wir nicht, sondern haben ein geplerr fur den augen, das wir uns lassen schon duncken, ob wir eine gabe an uns sehen die der neheste nicht hat, eben damit verderben und am nehesten nicht auch sehen was er guts an jm hat. Denn wir allzeit wuerden soviel finden, als wir jtzt seines gebrechens sehen; das solten wir uns auch lassen gefallen und zu gut halten, ob etwas gebrechlich mit unter lieffe, wie wir uns selbs gefallen und fein zu gut halten koennen.

 

Summa es jst das ergeste laster und ein lauter Teuffels hoffart, das wir uns selbs lassen gut duencken und kuetzeln, wenn wir eine gabe sehen odder fulen an uns und Gott nicht dafur dancken, sondern stoltz werden und jderman verachten und so gar die augen damit fullen, das wir nichts dafur sehen was wir sonst thuen, meinen, es sey alles schoen an uns, Stelen und rauben also Gott seine ehre, machen uns selbs zum Abgott und sehen nicht unsern jamer, den wir eben damit anrichten, so wir doch sonst gnug auff [Offenb. 3, 17] uns hetten, wenn wirs recht an sehen kondten, Wie Apocalyp. 3. zu einem Bisschove sagt, der sich lies gelerter und besser duencken denn andere: ‘Du sprichst “jch bin reich und gar satt und darff nichts” Und weissest nicht das du bist elend und jemerlich, arm, blind und blos’. Denn obs gleich war jst, das deine gabe grosser ist denn eines andern, wie es denn sein mus, weil dein ampt unterscheiden, hoher und grosser ist, Aber mit dem schendlichen zusatz, das du dich drein spigelst und dir selbs so wol gefellest, verderbstu es gar und machest das der selb hohe schmuck unfletiger wird denn aller ander gebrechen, Denn jhe hoher die gaben sind, je schendlicher werden sie verderbt, wenn du dir einen abgot draus machest, gleich als du gifft unter einen koestlichen malvasir mengetest, So hastus denn fein und wol troffen, das du einen andern urteilest umb eines kleinen gebrechen willen und fellest selbs mit dem Eigen gut duncken jnn die schwere sund das du Gott undanckbar wirst, ja dich selbs an seine stat setzest jnn deinem hertzen und jnn sein gericht greiffest, da eine sunde schwerer ist denn sonst aller menschen, wirdst dazu stoltz gegen dem [s. 479] nehesten und aller dinge star blind, das du weder Gott noch deinen nehesten noch dich selbs mehr kennest noch an sehen kanst.

 

Was machestu nu mit solchem urteilen denn das du Gottes gericht widder dich ladest? das er billich mus zu dir sagen: Jch habe dir nicht darumb diese gaben geben, das du den nehesten verachten und dir selbs damit dienen solt sondern deinem nehesten, der arm und gebrechlich ist, und mir. So ferestu zu und danckest mir nicht ein mal da fur, als were es jnn deinem hertzen gewachsen und brauchest meines eigen geschencks widder mich und den nehesten und machest dich selbs zu einem Tyrannen, stockmeister und richter widder den nehesten, den du soltest durch die liebe tragen, bessern und auffhelffen, wenn er gefallen were? Was wiltu als denn antworten, wenn er dich so ansprechen wird (wie er dich hie mit zuvor warnet) denn das solch urteil billich vber dich gehet, das du nicht ein splitter, wie du vileicht jnn deines nehesten auge sihest (wie Christus hie sagt) sondern einen grossen balcken machest aus einem kleinen splitter.

 

Jch wil schweigen des, das du mit dem schendlichen urteilen nicht allein verdamlich bist des wercks halben, sondern gemeiniglich geschicht das der da urteilet, selbs jnn grossern sunden und untugent steckt denn andere, Das wenn er zuruck gienge und lese seinen eigen Kalender und register, wie er gelebt habe von iugent auff, da wuerde er ein legend horen, das im grawen mochte und gern von andern leuten schweigen wurde. Nu aber lesst sich ein iglicher duencken, er sey from, und wil des vorigen alles vergessen und einen armen menschen taddeln und verdammen, der ein mal gesundigt hat. Damit kompt er jn zweyerley jamer, das er sein vorig leben verachtet und vergisset was er gewesen jst, dencket nicht wie wehe es jm gethan hette, wenn man jn verspottet und verdampt hette. Das jst eine sunde, das er undanckbar jst und der vergebung der sunden, gnade und aller wolthat Gottes vergessen hat, Die ander, das er verluret die froemkeit und alle vorige sunde widder jm selbs erfur ruecket eben damit das er sich spiegelt jnn seiner froemkeit, und wird sieben mal erger mit jm denn zuvor jhe.

 

Denn meinestu nicht, das dir Gott koenne ein register fur die nasen legen und anzihen nicht allein dein gebrechen und sunde der iugent sondern auch dein gantzes leben, das du fur kostlich gehalten hast als jtzt der Moenche Closter leben? Wie wiltu da bestehen und antworten, das du teglich jm seinen son gelestert und gecreuzigt hast mit deiner messen und ander Abgoetterey? Also gehets, wenn wir unser vergessen was wir gewesen sind, so konnen wir wol ander leut richten, Aber es heisst: Hans nim dich selbs bey der nasen und greiff jnn deinen eigen bosen, wenn du wilt ein schalck suchen und urteilen, so findestu den grosten schalck auff erden, das du ander leut [s. 480] wol vergessen wirst und gerne gleich mit jn auffheben, Denn du wirst nimer mehr an einem andern soviel sund finden als an dir, Denn wenn du viel an einem andern sihest, so sihestu ein jar odder zwey, an dir aber dein gantzes leben, sonderlich die groben knoten, die ander leut nicht wissen, das du dich mussest fur dir selbs schemen.

 

Sihe das were eine weise wider das schendliche laster, das du dir nicht selbs gefallest, sondern Gott bittest das er dir und andern vergebe, Zum andern, das ob du gleich etwas boeses sihest am nehesten, das du nicht darumb jn verachten und verdammen solt, sondern dagegen seine guter an sehen und mit deinen guetern und gaben jm helffen, decken, schmuecken und raten und wissest, ob du gleich der heiligest und froemeste werest, das du eben damit der aller ergste wirst, wenn du einen andern richtest, Denn deine gabe sind dir nicht geben, das du dich kutzelst, sondern dem nehesten damit helffest, wo ers darff, das du mit deiner stercke seine schwacheit tragest, seine sunde und schande mit deiner fromkeit und erhe deckest und schmueckest, wie Gott durch Christum gegen dir gethan hat und noch teglich thuet. Thustu das nicht und wilt dich selbs damit kutzeln und andere verachten, so wisse das wo ein ander fur dir [Matth. 7, 3] eine splitter tregt, das du gegen jm fur Gott einen grossen balcken tregst.

 

Also sihestu warumb Christus so hart widder dis laster redet und das strenge urteil fellet: wer da richtet, der sol widder gerichtet werden, wie auch billich ist, Denn weil du Gott jnn sein urteil fellest und verdampst denen den Gott nicht verdampt hat, so gibstu jm ursach, das er widderumb dich mit allem deinem leben zur helle verdamme, wenn du schon noch so from werest gewesen, Und den nehesten, den du gerichtet und verdampt hast, zu ehren mache, dazu auch zum richter uber dich setze und mache das er zehen mal mehr jnn dir findet zu verdammen, denn du an jm funden hast. So hastu denn wol gemacht, das du beide Gott und den nehesten erzurnet und widder dich hast und also zugleich beide Gottes gnade und Christlich leben verleurest und erger wirst denn ein heide, der nichts von Gott weis.

 

[Matth. 7, 3–5] Was sihestu aber den splitter jn deines bruders auge und wirst nicht gewar des balckens jnn deinem auge? Odder wie tharstu sagen zu deinem bruder: Halt, ich wil dir den splitter aus dem auge zihen, und sihe ein balcke ist jnn deinem auge? Du heuchler, zeuch am ersten den balcken aus deinem auge, darnach besihe wie du den splitter aus deines bruders auge zihest.

Auff das er uns deste vleissiger warne fur dem laster zu huten, setzet er ein grob gleichnis und malets fur augen, spricht ein solch urteil, das ein jglicher der seinen nehesten richtet, ein grossen balcken jm auge habe, da der gerichtet wird nur einen kleinen splitter hat, das er zehen mal mehr des [s. 481] gerichts und verdammens werd ist eben damit das er andere verdampt. Das ist ja ein schrecklich greulich urteil. Wo sind nu die rotten geister und Meister Klueglinge, die viel wissen zu meistern und zu taddeln am Euangelio und nichts konnen denn uns und andere urteilen, da doch nichts zu straffen ist, odder villeicht einen splitter an uns ersehen, den sie hoch auffmutzen, als jtzt die papisten lestern, wenn sie es auff beste machen und grosse ursach bringen uns zu urteilen und verdammen, so ist das das grosste, das etliche der unsern geistliche guter jnne haben odder werffen uns fur das wir nicht fasten und was des mehr ist, das etwa einen schein hat, als denn ettliche gebrechen mit unter lauffen. Aber jres balckens konnen sie nicht gewar werden, das sie das Euangelium verfolgen, unschuldige daruber morden, da zu selbs die grossen Ertz reuber und diebe sind der kloster und kyrchen guter, Denn was rauben jtzt Bapst, Bisschove und fursten nicht? machen mit allen geistlichen gutern was sie gelustet, On das sonst keiner kein rechter Bisschoff ist noch das seine mit Gott und ehren hat und drinn sitzt als ein dieb und reuber, Und mus doch alles kostlich ding sein und nicht gestolen noch geraubt heissen; Aber das wir nicht fasten noch so streng halten jre gerechtigkeit, die sie doch selbs nicht halten, das mus allein boese sein und alle jr sunde und schande from und zu ehren machen. Also gehets durch die ganze welt, das allenthalben ein balcke den splitter richtet und ein grosser schalck einen kleinen verdampt.

 

Nu jsts war das wir nicht on gebrechen sind, ja kein Christen wirds dahin bringen, das er nicht ein splitter behalte, Denn S. Paulus hats selbs [Röm. 7, 14 ff.] nicht konnen dazu bringen, wie er klagt Rom .7. Und die gantze Christenheit mus teglich bitten ‘Vergib uns unser schuld’ und bekennet den artikel des glawbens, der da heist Vergebung der sunde; Aber diese Balcken treger und splitter richter wollen diesen Artikel nicht leiden und alles so gar rein haben, das kein mangel und gebrechen da sey, und so bald sie etwas solchs sehen, so faren sie daher mit richten und verdammen, als weren sie so heilig, das sie keiner vergebung der sunde noch betens nicht durfften, wollen das Vater unser reformiren und den heubt Artikel des glaubens auslesschen, So sie doch gar voller blindheit und Teuffel sind und haben das hertzleid mit ander leut splitter. Und unter uns selbs, wenn wir auch toricht werden, die voll laster und boesheit sind, konnens nicht lassen, sie mussen der andern gering laster ansehen und verdammen, das ja der balcke uber den splitter meister und richter sey.

 

Wer aber ein Christ ist, mus wissen (und wirds zwar wol selbs fulen) das es nicht kan so rein zugehen on den splitter und der artickel Vergebung der sunde teglich jnn uns regieren mus, darumb kan er auch ander leut [s. 482] gebrechen wol zu gut halten und mit jnns Vater unser schlahen, da er spricht ‘Vergib uns wie wir vergeben’ &c.. Soenderlich wo er sihet, das man das Wort lieb und werd hat, nicht verachtet noch verfolgt. Denn wo dasselbige ist, da ist Christus reich und eitel vergebung, darduch der splitter verzeret wird. Darumb sollen wir keinen verachten noch verdammen, wo wir solchs spueren, odder werden auch aus unsern splitter ein balcken machen, das wir auch nicht vergebung kriegen, weil wir andern nicht vergeben wollen.

 

So sprichstu: Sol jch denn nicht straffen, wenn ich sehe das unrecht zugehet, odder recht heissen und billichen? odder sol jch mir lassen gefallen, das man die Closter guter zureisst odder so roh hingehet, nichts betet, fastet &c..? Nein, das heisse jch dich auch nicht, Denn er bekennet hie, das ein splitter jst und sol weggenomen werden, er leret dich aber recht damit umbgehen: Sagen sol ichs, es ist warlich nicht fein, der splitter jm auge, Aber das jch fur allen dingen zu sehe, das ich nicht selbs einen balcken jm auge habe und den selben vor heraus neme. Mache zuvor den grossen schalck jnn deinem bosem from, darnach thu da zu das der kleine auch from werde, Denn das gilt nichts, das die grossen diebe die kleinen hengen (wie man sagt) und grosse schelcke die kleinen verdammen. Wenn der Bapst mit den seinen da anhube und erstlich fur jrer thur kereten, das sie selbs nicht Ertzdiebe und boswicht weren, so muesten wir auch hernach odder musten druber leiden. Nu aber wollen sie jren balcken nicht lassen und ungestrafft haben und uns drumb verdammen, das wir noch einen splitter haben und nicht so rein halten als wir sollen, Und gehet also, das der grosse Ketzer, der Bapst, verdampt die andern kleinen ketzer, Und die kleinen diebe mussen die grossen diebe, die offentlich und on unterlas stelen und rauben, from machen und fur sie hangen und bezalen.

 

Solch verkert wesen sol nicht sein jnn meinem Reich (spricht Christus) sondern also, das du von ersten den grossen schalck from machest, den du jnn deiner haut wirst finden, wenn du dich recht ansihest, darnach wenn du das ausgerichtet hast, so kompstu mit guter masse dazu, das du auch einen kleinen schalck from machest. Aber da soltu wunder sehen was du wirst mit dem grossen schalck teglich zu thun kriegen, das jch dir wol thar buerge sein und meinen kopff zu pfand setzen, das du nimer dazu wirst komen, das du des andern splitter aus zihest, Und mussest sagen: Sol jch erst mit ander leuten umbgehen und sie from machen? kan jch doch mich selbs nimer mehr from machen noch des balckens los werden. Und wird also deines bruders splitter wol fur dir sicher bleiben. Sihe das wil Christus sagen und jnn summa soviel leren, das einer dem andern gerne vergebe und mit gedult trage und unternander demut erzeigen, wie es denn gehen mueste, wenn wir der lere [s. 483] folgeten: So gieng es aller ding recht und wol jnn der Christenheit jnn rechter eintracht und were Gott bey uns; Aber da lessets der Teuffel nicht zu komen durch seine gelieder und rotterey.

 

Und solt uns ja schrecken fur dem laster, das er uns so greulich urteil fur stellet, wie jch gesagt habe, das alltzeit der da richtet fur Gott, einen balcken jm auge hat und der ander so gerichtet wird, nur ein splitter. Nu ist der balcke gar ein ummeslich schwerer sunde denn der splitter, das ist ein solche sund, die uns gar verdampt und keine gnade dabey ist. Denn wie gros sonst unser sund und gebrechen sind, die kan er alle vergeben, wie er damit zeigt das er des nehesten sund einen splitter heisset. Aber das ist der schendlich zu satz und unflat, der es gar verderbt, das du einen andern umb seinen gebrechen richtest und verdammest und nicht vergibst wie du woltest das dir Gott vergeben solt, gehest hin und wilt solchen balcken nicht sehen, meinest, du seiest on sunde; Wenn du aber dich selbs er kennetest (wie gesagt ist) so wurdestu auch den nehesten nicht richten, und wurd also auch dein balcke klein und ein splitter heissen und zur vergebung der sunde komen, und wuerdest auch du gerne vergeben Und eines andern splitter tragen und zu gut halten, angesehen das dir Gott deinen balcken vergibt und zu gut helt.

 

Es heisst aber wol ein balcke jm auge, der den menschen gar stock und star blind machet und welchen die welt nicht sehen noch richten kan, ja er ist geschmueckt mit solchem schein, das sie meinet, es sey kostlich ding und grosse heiligkeit, Und gleich wie Christus droben hat gesagt vom Schalcks auge, das die Geitz helse jn selbs ein liecht anzuenden und ein feinen gedancken machen, das es nicht mus gegeitzet heissen sondern grosser Gottes dienst, Also ist es hie auch, das die den balcken tragen, wollen traun keinen balcken haben noch gestrafft sein das sie blind und elende leut sind, sondern gelobt als die aus rechter Christlicher meinung ander lere odder leben richten, Wie die Rottengeister trefflich koennen rhuemen und schweren, das sie aus keiner hoffart noch neid anders leren sondern allein suchen Gottes ehre und des nehesten heil, machens so schon und liecht und ist die demut und Gottes ehre so gros, das sie nichts dafur sehen. So gehets darnach auch jm leben, wenn man beginnet einander zu urteilen und taddeln, Da gehet auch solch deckel und rhum: Jch thue es nicht aus feindschafft zu der person sondern aus liebe der gerechtigkeit, Der person bin ich hold, aber der sachen feind: Das kutzelt denn so sanfft unter dem schoenen schein, das man nimer keins balckens gewar wird.

 

Aber es gilt nicht, das du selbs woltest Richten und urteilen wie du wilt on Gottes wort und befelh und darnach heissen Gottes ehre und gerechtigkeit, Sondern es ist ein teuffelisscher zusatz, der sich mit solchem deckel schmuecket und schoene machet, Denn hie horestu das Gott nicht haben wil, das [s. 484] wir uns unterstehen selbs Richter zu sein, es sey jnn der lere odder leben; Wo aber not ist richten odder straffen, das es die thun die befelh und ampt dazu haben: prediger, pfarrer jnn geistlichem und oeberckeit jnn weltlichen regiment odder ein bruder gegen den andern allein aus bruderlicher liebe, die des nehesten gebrechen tregt und bessert.

 

[Matth. 7, 6] Jr solt das heiligthum nicht den hunden geben Und ewre perlen solt jr nicht fur die sew werffen, Auff das sie die selbigen nicht zu tretten mit jren fussen und sich wenden und euch zureissen.

Er hat nu fast ausgepredigt (der Herr Christus) von den fruchten und wercken so da folgen der lere, Und wil nu anfahen eine warnung odder vermanung, sich zu huten fur ander lere, wie er auch die Aposteln vermanet, da er sie aus schicket zupredigen, und spricht: Sihe, jch sende euch wie schafe [Matth. 10, 16] mitten unter die wolffe, darumb seid klug wie die schlangen und on falsch wie die tauben. Denn ein Christ, der Gottes wort furen und predigen sol und mit dem leben bekennen, lebt warlich jnn einem fehrlichen stande der leute halben und gewinnet wol ursache zu ungedult, weil die welt so aus der massen boese ist und er darin lebt als unter schlangen und allerley unziver. Darumb spricht er: Hutet euch das jr ewer heiligthum nicht fur sew und hunde werfet, denn sie moechtens mit fussen tretten odder sich widder euch keren und euch zu reissen, Wil damit anzeigen und sie witzigen, das wo sie hin komen und offentlich jnn hauffen predigen, werden sie auch hunde und sew finden, die da nichts thun denn das Euangelium zu tretten und darnach die prediger auch verfolgen.

 

Wer sind sie denn die also unser heiligthum zu tretten und sich widder uns wenden? Das geschicht nu abermal jnn denn beiden stuecken lere und leben, Denn zum ersten thuns die falschen lerer, die unser Euangelion von uns nemen und lernen und kriegen also unser kleinot und koestlichen schatz darin wir getaufft sind, leben und uns rhuemen &c.. und gehen darnach hin an jren ort und fahen an widder uns zu predigen und keren jren russel und zeene widder uns, Als jtzt unser Rotten geschwerm, die zuvor fein stille schwigen, da der Bapst wuetet und regiret, das man jr keinen hoeret mucken, nu wir aber die bahn gebrochen und sie mit unser schwerer fahr aus des Bapsts tyranney los gemacht und unser lere gehoert haben und nach predigen koennen, faren sie zu und keren sich widder uns, sind unser ergsten feinde auff erden und hat niemand so ubel gepredigt als wir, on welche sie doch nichts davon wusten. Zum andern mit dem leben gehets auch also, allermeist bey uns, da man das Euangelion verachtet und uberdrussig wird und nu bereit dazu komen ist, das man kawm einen pfarrer mehr erneeren wil, sonderlich Juncker Scharhans auff dem lande, der alle gueter zu sich reisset und die prediger so helt, das jnen die lust zu predigen vergehen mus, und lesst sie [s. 485] seine knechte sein, das sie muessen predigen und thun was er wil. Dem folget denn nach Juncker Viltz jnn stedten und Er omnes, die sich stellen als wolten sie kein Euangelium noch Gottes wort haben, Und haben doch von uns freiheit von des Bapsts tyranney, dazu alle guter auch eusserlich, nu aber wolten sie gerne uns mit dem Euangelio zum lande aus treiben odder ja aushungern.

 

Wolan wir konnens nicht anders machen, mussen leiden das solche schlangen, hund und sew umb uns sind, die beide mit der lere und leben das Euangelion verderben, Und wo rechte prediger sind, den mus es alltzeit so gehen, Denn das jst des Euangelij glueck jnn der welt, und wenn es widder dahin kompt (wie jch offt geweissagt habe und besorge, es werde allzu bald geschehen) das solche leut als Bapst und Bisschove regieren, so wird es schon gar hinweg und vertretten und seine prediger dahin sein, Denn das Euangelium mus jdermans fustuch sein, das alle welt druber lauffe und mit fussen trette sampt seinen predigern und schulern. Was sollen wir nu da zu thun? Jr solts nicht (spricht Christus) fur die sewe und hunde werffen; Ja lieber Herr sie habens bereit, Denn weil es ein offentliche predigt ist und jnn die welt ausgeschuttet, so konnen wir nicht weeren, das sie nicht drein fallen und zu sich reissen, Aber sie habens darumb noch nicht und wollens jn (Gott lob) wol weren, das sie das heiligthum nicht kriegen. Die schalen und hulsen haben sie wol, das ist die fleischliche freiheit, aber das sey jn geweret, das kein hund noch saw, er sey ein Scharhans, Viltz odder bawer, einen buchstaben vom Euangelio kriege, ob er gleich alle bucher lieset und alle predigt horet und lesset sich duencken, er koenne es uberaus wol.

 

Darumb ist das die kunst dazu, wie Christus hie leret, wenn wir eine solche saw odder hund sehen, das wir uns von jm sondern, wie wir mit den Rotten geistern thun, und keine gemeinschafft mit jn haben und jn keine Sacrament reichen, keinen trost des Euangelij mit teilen, sondern anzeigen, das sie nichts von Christo unserm schatz geniessen sollen. Wenn wir das thun, so haben wir jn die perlen und das heiligthum fein genomen, Denn es sol mir kein Scharhans odder Bawr, Schwermer odder rotten geist das Euangelium und Christum haben, er sol mich zuvor drumb fragen und mit mir halten, das jch ja dazu sage odder ein iglicher rechter prediger, Denn wer das Euangelium recht hat, der mus es gewislich mit uns halten und eines sein, so ferne das wir zuvor des gewis seyen, das wir das recht Euangelium und die perlen haben. Darumb mus er uns warlich nicht mit fussen tretten wie Juncker Scharhans, noch verdammen wie die Rotten noch verachten wie die bawrn jnn stedten und doerffern, sondern das liebe Wort jnn ehren halten und alle die es predigen und gerne horen. Wo nicht, so halten wir [s. 486] sie fur sew und hunde und sagen jn, das sie nichts von uns kriegen sollen, lassen sie die weil lesen und hoeren und Evangelisch rhuemen wie sie wollen, wie jch mit ettlichen Scharhansen und Stedten thun mus. Denn das ist gewis: wer das prediger ampt verachtet, der wird nicht viel vom Euangelio halten. Weil sie denn die pfarrer und prediger mit fussen tretten und so schmehlich halten, das die bawrn jre sewe nicht so halten, so zihen wir unsere perlen widder zu uns und wollen sehen was sie on unsern danck werden vom Euangelio haben: Kanstu Gottes wort und seine prediger mit fussen tretten, so kan er dich widderumb auch mit fussen tretten.

 

So wil nu Christus sagen: Wo jr sehet das man ewr predigt wil verachten und mit fussen tretten, so habt keine gemeinschafft mit jn und thuet [Matth. 18, 17] euch von jn, wie er Math. 18. auch sagt ‘Wer dich und die Gemeine nicht hoeret, den halte als einen heiden und Zoelner’, also das man jn sage das sie nicht Christen sondern verdampte heiden sind und jnen nichts wollen gepredigt [Apg. 8, 20 ff.] haben und kein teil unser gueter lassen, wie Petrus Act. 8. zu Simon Mago saget. Also thue jch und alle die mit ernst predigen, das wir uns nicht teilhafftig machen jrer sunde, Denn Gott wil nicht das wir so heucheln sollen mit unsern Rotten, als were jr lere recht, sondern mussen sie fur feind halten als von jn gesondert mit dem Euangelio, Tauff, Sacrament und allem was sie leren und leben: Also auch mussen wir den unsern sagen, wenn sie wollen am Euangelio teil haben, das sie uns nichts uberal verachten sondern jre frucht beweisen, das sie es mit ernst meinen und zum wenigsten das Wort und Sacrament jnn ehren halten und sich mit demut da zu stellen.

 

Ja (sagen sie) mit der weise wolte man widder eine herrschafft machen und sich selbs widder jnn stul und zwang setzen, wie bisher der Bapst gesessen ist, das were nicht zu leiden und weren eben so mehr unter dem Bapst blieben. Antwort: Ja warlich jch habe es selbs seer sorge das es so wird gehen, Aber das wird nicht der weg dazu sein, den sie fur nemen der pfaffen tyranney zu weren, sondern eben der rechte anfang dazu, das man sie wil verachten und mit fussen tretten. Denn wenn diese weg sind, die sie wol mit fussen getretten und veriagt haben, so werden sie dennoch nicht konnen on pfaffen odder prediger sein, Denn Christus wil sein regiment behalten jnn der welt, das dennoch sein Euangelium, tauffe, Sacrament bleiben mus, obs gleich kein fuerst nicht wolt schutzen, so wil ers thun, weil jn der Vater zu seiner rechten gesetzt hat, und wil das er sol herr sein: Ob sie nu gleich jtzt alle pfaffen veriagen, so werden sie Christum nicht vom stul werffen. Daruemb wird es jn also gehen, weil sie jtzt der rechtschaffen, frumen prediger nicht wollen noch leiden konnen, wird jn Gott andere schaffen, die sie zwingen und mit tyranney regieren erger denn vor. Darumb sind sie auff der rechten bahn, unser [s. 487] Scharrhansen und andere die so die kopff zusamen stecken und meinen, sie wollen uns dempffen und unter sich zwingen, wissen nicht das ein ander droben sitzt, der das regiment hat und sagt: wolt jr nicht rechte prediger haben, so habt den Teuffel mit seinen predigern, die euch luegen predigen, die jr musset annemen und muesset sie dazu lassen herr sein und alle plag von jn leiden, Wie es bereit uber unser deudsch land gehet, da man das Euangelium nicht hat wollen annemen und noch verfolgt, das sie alle winckel voll rotten, Schwermer und Widderteuffer haben und konnens nicht weeren.

 

Das were aber der rechte weg solchs zuverkomen, wenn man das Euangelium mit ernst meinete und Gott trewlich bete das er rechte, trewe Erbeiter jnn seine erndte schickte. Da durfft man der sorge nicht, denn solche prediger wuerden uns nicht drucken noch zwingen odder einigen schaden thun an leib odder seele sondern jderman fordern und helffen und alles guts thun, Wie man an uns erfaren hat, das wir uns wol moegen rhumen fur Got und der welt, das wir ja keine herschaft noch unser nutz gesucht sondern aller welt gedienet mit unserm leib und leben, niemand beschweret noch schaden gethan sondern jderman gerne geholffen, auch zeitlich, und dazu druber leiden alle fahr, gewalt und verfolgung. Weil man denn unser nicht mehr mag, so sol Got geben das nach uns andere komen, die anders mit jn umbgehen, drucken, plagen und schinden, auff das sie sehen was sie an uns gehabt haben, Und sollens von solchen leiden, die sie jtzt nicht ansehen und nicht gerne zu stallbuben hetten. Denn sie sind auch nicht bessers werd denn das sie solche tyrannen haben, die sie mussen fuerchten, wie sie den Bapst gehabt haben, der war ein recht regiment fur sie, Unsere tollen fuersten habens auch bereit gelernet und habens jm sinn, das sie wollen zwangs los sein und nicht mehr den Bapst furchten, Heben an die pfaffen zu schutzen, aber nicht umb jren willen, sondern das sie sie unter sich zwingen, das sie mussen jrer gnade leben, Und schutzen sie so, das sie lieber solten zu uns fallen, die sie fur feinde achten, denn sich so von jn unter dem namen des schutzes zureuffen lassen; Aber so sol und mus es gehen und geschicht jn beiden recht.

 

Aber bey den Christen sol es nicht so sein, Sondern was rechtschaffen frome hertzen sind, sollen jre pfarrer und prediger jnn allen ehren halten mit aller demut und liebe umb des herrn Christi und seines worts willen und sie gros achten als ein kostlich geschenck und kleinod von Gott gegeben uber alle zeitliche schetze und guter. Des gleichen werden auch die rechten fromen prediger mit allen trewen nichts anders suchen denn aller leute nutz und heil on alle beschwerde beide des gewissens und auch eusserlich an zeitlichen gutern und leiblichem wesen. Wer sie aber verachtet, der wisse das er kein Christen is′ und den schatz widder verloren hat. Wir predigen und vermanen jderman, wer es annemen und mit uns halten wil; Wer aber nicht wil und doch [s. 488] mit dem schein und namen des Euangelij odder Christlicher bruderschafft uns verachtet und mit fussen wil tretten, widder solche brauchen wir auch der kunst, das wir sie den schein lassen haben, aber im grund alles widder zu uns nemen, das sie nichts uberal behalten. Denn wir haben den befehl das wir uns von jn sondern, ob wirs wol nicht gerne thun und lieber wolten das sie bey uns blieben, aber weil sie nicht wollen, mussen wir sie auch lassen faren und nicht umb jren willen unsern schatz lassen verderben odder von jn lassen zu tretten werden.

 

[Matth. 7, 7–11] Bittet, so wird euch gegeben, Suchet, so werdet jr finden, Klopffet an, so wird euch auffgethan; Denn wer da bittet der empfehet, und wer da suchet der findet, Und wer da anklopfft dem wird auffgethan. Welcher ist unter euch menschen, so jn sein son bittet umbs brod, das er jm einen stein biete? odder so er jn bittet umb einen fisch, der jm eine schlange biete? So denn jr, die jr doch arg seid, konnet dennoch ewern kindern gute gaben geben, wie viel mehr wird ewer vater jm himel gutes geben denen die jn bitten.

Nach dem der Herr Christus die Juenger geleret und das predig ampt angerichtet hat, das sie wissen was sie predigen und wie sie leben solten, thuet er hie noch eine vermanung zu dem gepot. wil sie damit leren, das das gepet nehest des predigampts das furnemeste werck sey eines Christen, als das altzeit auff die predigt gehoret, und anzeigen das nichts notigers jst jnn der Christenheit, weil wir soviel anfechtung und hindernis haben, denn das man on unterlas anhalte mit betten, das Gott sein gnade und geist gebe, das die lere moege zu krefften und jnn schwang komen bey uns selbs und andern. [Sach. 12, 10] Darumb hat Gott jm Propheten Zacharia (wie droben ist angezogen) verheissen, das er wolle uber die Christen ausgiessen einen geist der gnaden und des gebets, fasset also jnn diese zwey stuck das gantze Christliche wesen.

 

So wil er nu sagen: Jch habe euch die lere geben, das jr wisset wie jr recht leben sollet und wofur jr euch huten sollet, nu gehoret dazu das jr auch bittet und getrost anhaltet mit suchen und klopffen, nicht faul noch lass dazu werdet, Denn es wird bittens, suchens und klopffens not sein, Denn ob schon beide die lere und leben recht angangen ist, so wird es doch mangeln an allerley gebrechen und anstoesse, die uns teglich hindern und weren das wir nicht fort konnen, und stettig dawidder kempffen muessen mit allen krefften, aber kein ander stercker weere haben denn das gebete: Das wenn wir solchs nicht treiben, ists nicht mueglich zu bestehen und Christen bleiben, wie wir itzt wol koennen fur augen sehen was teglich fuer hindernis widder das Euangelium gehen, aber auch sehen das wir uns des gebets wenig annemen und stellen, als gieng uns diese warnung und vermanung nichts an und durfften [s. 489] nu nichts beten, weil das unnutze geplepper und gemurre der Rosenkrentz und ander Abgoettischen gebetlin aufgehoeret hat, welchs ist nicht ein gut zeichen und zubesorgen, das viel ungluecks uber uns gehen werde, das wir sonst weeren kondten.

 

Darumb sol ein iglicher Christ diese vermanung annemen erstlich als ein gepot, eben so wol als das vorige stueck ‘Jr solt nicht richten’ &c.. ein gepot ist, Und wisse das er schuldig ist sich zu uben jnn dem Christlichen werck und nicht thue wie jener bawr der da sagt, Er gebe dem pfarherr korn, darumb das er solt fur jn beten, wie ettliche dencken: Was ligt an meinem beten? bete ich nicht, so beten andere, Das man nicht meine, es gehe uns nicht an odder stehe jnn unser freien wilkoere, davon ich sonst offt weiter vermanet habe. Zum andern hastu hie die troestliche verheissung und reiche zusagung, die er thuet von dem gebete, Das man sehe, es lige jm etwas dran und lerne unser gebet koestlich und theur fur Gott halten, weil er uns so ernstlich dazu vermanet, so freundlich locket und zusagt, das wir nicht umbsonst sollen bitten. Und wenn wir gleich kein ursach odder reitzung hetten denn dis freundliche reiche wort, so solte es gnug sein uns zu treiben, ich wil schweigen das er so tewr und hoch vermanet und gebeut und das wirs so hertzlich wol durffen.

 

Zu dem als were es daran nicht gnug, so wir uns doch on das unser hohen not halben billich selbs solten treiben, setzen er ein aus dermassen schon gleichnis deste mehr zu reitzen von einem iglichen Vater gegen seinem sone, das ob der selbe gleich ein schendlicher unflat ist, doch so jn sein Son bittet umb einen fissch, so gibt er jm keine schlangen &c.. Daraus schleusst er diese troestliche wort: Weil jr solchs konnet thun, die jr von art nicht gut seid und keine gute ader jnn euch ist gegen Gott, wie solt denn Gott, ewer himlischer Vater, der von art eitel guete ist, nicht euch auch gutes geben, so jr jn drumb bittet? Da ist je alles auffs hoechste, damit man jemand reitzen soll odder kan zu dem gebete, wenn wir nur solche wort wolten ansehen und zu hertzen furen.

 

Nu was die not sey, umb welcher willen er die vermanung thuet und die uns treiben sol zubitten, ist gesagt, das wenn man Gottes wort recht hat und beide die lere und leben wol angefangen, so kans nicht feilen, es findet sich teglich nicht einerley sondern tausenterley anfechtung und widderstand. Denn zum ersten ist unser eigen fleisch, der alte faule sack, der do bald verdrossen, unachtsam und unluestig wird zu Gottes wort und gutem leben, Also das es jmer uns mangelt an weisheit und Gottes wort, glaube, liebe, gedult &c.. Das ist der erste feind, der uns teglich am hals hengt so schweer, das er uns jmer dorthin reisset. Dazu wird auch schlahen der ander feind die wellt, die uns das liebe Wort und Glauben nicht goennet noch dabey [s. 490] leiden wil, wie schwach es auch bey uns ist, feret zu und verdampt uns druber, wil uns nemen was wir haben, das wir keinen friede bey jr haben koennen.

 

Das sind bereit zwo grosse anfechtung so uns inwendig hindern und aus wendig davon iagen wollen, darumb haben wir nicht mehr zuthun denn das wir jmer zu Gott schreien, das er sein wort jnn uns stercke und fordere und den verfolgern und Rotten were, das es nicht gedempfft werde. Der dritte feind ist nu der aller sterckeste, der leidige Teuffel, welcher hat die zweierley grosse vorteil, das wir von natur nicht gut sind und dazu schwach im glauben und geist, legt sich also jnn mein eigen schlos und streittet widder mich, hat dazu die wellt auch zu hulffe, das er alle Rotterey widder mich treibt, dadurch er seine gifftige feurige pfeil auff mich scheusst, das er mich muede mache, das das wort widder jnn mir verlessche und gedempfft werde und er widder regire, wie er vor regiret hat, und lasse sich nicht aus treiben. Sihe das sind ia drey ungluck, die uns seer gnug druecken und auff dem hals ligen und nicht ablassen, weil wir leben und odem haben, darumb haben wir ia stette ursache zu beten und ruffen; Darumb setzet er auch eben solche wort ‘Bittet’, ‘Suchet’ und ‘klopffet an’, an zu zeigen das wir noch nicht alles haben, sondern so umb uns stehet, das es allenthalben feilet und mangelt. Denn wenn wirs gar hetten, so durfften wir nicht bitten noch suchen, wenn wir schon gar im himel weren, so durfften wir nicht anklopffen.

 

Nu das sind die hohesten anfechtungen jnn Gottes dienst und Gottes wort, darnach haben wir die gemeine zeitliche not dieses lebens auff erden, als das wir sollen bitten, das er uns gebe gnedigen fride, gut regiment und behute fur allerley plage, kranckeit, pestilentz, teurzeit, blut vergissen, ungewitter &c.. Denn du bist dem tode auch noch nicht entlauffen noch dein teglich brod gar auff gessen hast, das du nicht durfest bitten das er dirs teglich gebe, Jtem so hastu auch zubitten fur die welltliche Oberkeit und widder allerley laster, das die leute nicht so unternander rauben und stelen, weil du teglich must sehen das allenthalben so schendlich zugehet; Uber das alles hastu daheim jnn deinem haus dein weib, kind und gesind zu regiren, da findestu alle hende voll zu thun, Denn wer da sol jnn seinem gantzen leben beide Christliche und Keiserliche gerechtigkeit halten und furen, der hat mher auff sich geladen denn eines mannes werck und vermoegen.

 

Was sollen wir nu thun? Da stecken wir jnn so mancherley grossen noeten und hindernis, der wir nicht koennen umbgehen, wenn wir uns solten zu reissen: Wie kan ich dawidder das ich nicht sterbe, so faul und lass bin zu Gottes wort und allem guten, oder das die wellt so tobet und rumort und der Teuffel wuetet und so viel plage und unglueck gehet? Solchs weis [s. 491] nu der liebe Herr Christus wol, darumb wil er uns eine koestliche gute ertzney zeigen als ein fromer trewer artzt und leren wie wir jm thun sollen, Als solt er sagen: Die wellt ist so toll und unter stehet sich solchs mit weisheit und vernunfft von sich zu bringen, suchet soviel mittel und wege, huelff und rat, wie sie aus solchen noeten kome, Aber das ist der einige kurtzeste, gewisseste weg, das du gehest jnn ein kemerlin odder jnn einen winckel und da dein hertz auffthuest und ausschuttest fur Gott mit klagen und seufftzen und troestlicher zuversicht, das er als dein trewer himlischer Vater jnn solchen [Jes. 37, 14 ff] noeten helffen und raten wolle &c.. Gleich wie man lieset Esaie .37. von dem Koenig Ezechia, als der feind mit einem grossen volck fur der stad lag und er so bedrengt und ubermannet war, das kein hulffe noch rat menschlich zu hoffen war, dazu jn der feind auffs schmelichst trotzete und spottet zu seinem unglueck und schrieb jm einen briff voll lesterung, das er hette moegen verzweiveln, Da that der from Koenig nichts anders denn gieng hinauff jnn den tempel, legt Gott den brieff fur den altar und fiel nidder und betet von hertzen, da ward er so bald erhoeret und geholffen.

 

Aber da ist not und angst und die schweerste kunst, ehe mans dazu bringet, und der elendeste iamer, das wir uns imer furhin zumartern und zufressen mit unserm eigen sorgen und gedancken, das wirs selbs wollen vom hals legen und los werden, Denn es ist ein boeser, schalckhafftiger Teuffel, der mich so wol reitet als andere und offt mir solche tuck beweiset hat, wenn die anfechtung odder komernis angehet, es sey jnn geistlichen odder weltlichen sachen, das er den kopff flugs hinein stecke und da hin bringe, das man sich selbs damit fresse, damit er uns von dem gebet reisset und den kopff so jrre machet, das man nicht daran gedencket, und ehe man an hebt zu beten, hat man sich schon halb zu tod gemartert. Denn er weis wol was das gebete schaffet und vermag, darumb weeret und stoeret er wie er jmer kan, das man ia nicht dazu kome. Darumb solten wir lernen diese wort wol jnns hertz treiben und daran gewenen, so bald uns eine angst und not unter augen stoesset, nur flugs auff die knie zufallen und Gott die not fur legen nach dieser vermanung und zusage, so were uns geholffen, das wir nicht durfften uns zumartern mit unsern eigen gedancken huelffe zusuchen, Denn es ist eine seer koestlich ertzney, die da gewislich hilffet und nimer feilet, wenn man jr nur brauchet.

 

Wie man aber recht beten sol, ist droben und sonst gnug gesagt, denn hie reden wir nur von der krafft des gebets und was uns dazu treiben sol. Das furnemeste aber ist das du nur von ersten Gottes wort ansehest, das dich unterrichte im hertzen was du gleuben solt, das du des gewis seyest, das dein glaube, Euangelium und Christus recht ist und dein stand Gotte gefellet: So [s. 492] wirstu bald den Teuffel widder dich sehen und fuelen, wie es allenthalben feilet jnnwendig im glauben und auswendig jnn deinem stand, das es alles hindersich wil gehen und umb und umb schwermet mit anfechtungen. Wenn du solchs fuelest, das du klug seyest und dein hertz erschwingest, das du flugs anfahest zu bitten und sagest: Lieber Herr, Jch habe ia dein wort und bin jnn dem stand der dir gefellet, das weis ich, nu sihestu wie es allenthalben mangelt, das ich kein huelffe weis on bey dir, Darumb hilff du, weil du gesagt und befolen hast, das wir sollen bitten, suchen und klopffen, so sollen wir gewislich empfahen, finden und haben was wir begeren. Wirstu dichs so annemen und gewehnen getrost zu beten und nicht empfahen, so kom denn und straffe mich luegen: Gibt er dir nicht so bald des augenblicks, so wird er dir doch soviel geben, das jnn des dein hertz trost und sterck empfinden wird bis zu der zeit, das er viel reichlicher gibt denn du hettest gehoffet. Denn das ist auch eine tugent des gebets, wenn mans ubet und treibt und also an das wort dencket das er verheissen hat, das das hertz jmer je stercker wird und fester anhelt und endlich viel mehr denn sonst erlanget.

 

Solchs kuend ich fein an meinem und ander frumer leut exempel beweisen, Denn ich habs auch versuchet und vil leut mit mir, sonderlich die zeit da uns der Teuffel fressen wolt auff dem Reichstag zu Augsburg und stund alles ubel satt und so rege, das alle welt meinet, es wurde uber und uber gehen, wie etliche trotziglich gedrewet hatten, und waren schon die messer gezuckt und die buchsen geladen: Aber Gott hat durch unser gebete so geholffen und auff gethan, das jene Schreier mit jrem scharren und drewen redlich sind zu schanden worden und uns ein guten fride und gnedig iar geben, als lang nie gewesen ist und wir nicht hetten koennen hoffen. Gehet itzt ein ander fahr und not an, so wollen wir abermal bitten und er sol widder helffen und erloesen, ob er uns gleich jnn des mit zu ein wenig leiden und druecken lesset, auff das er uns deste mehr stercke und wir getrieben werden deste stercker zu beten. Denn was were es fur ein gebete, wenn nicht die not da were und uns drueckete, das wirs fueleten? Es dienet wol dazu das mans wol fuele, das deste stercker gebet draus werde: Darumb lerne nur ein iglicher sein gebet mit nichte verachten, ungezweivelt das er gewislich erhoeret werde und zu seiner zeit empfahen werde was er begeret.

 

Warumb aber Christus so viel wort brauche, das er dreierley stueck setzet: ‘Bittet, so wird euch gegeben, suchet, so werdet jr finden, klopfft an, so wird euch auffgethan’, so es doch were an einem gnug gewest, ist leicht zu sehen (wie auch gesagt ist) das er uns damit wil deste stercker vermanen zu betten, Denn er weis das wir bloed sind und schewen uns unser not Gotte fur zu tragen als unwirdig und ungeschickt &c.. fuelen den mangel wol, koennens [s. 493] aber nicht eraus bringen, dencken, Gott sey so gros und wir so gering, das wir nicht durffen beten, welchs ist auch ein gros hindernis vom teuffel, das dem gebet grossen schaden thuet. Darumb reitzet er uns von solcher bloedigkeit und gedancken, das wir ia keinen zweivel haben, sondern nur getrost und kecklich hinan gehen, Denn ob ich gleich unwirdig bin, bin ich doch seine creatur, Und weil er mich wirdig gemacht hat, das ich seine creatur bin, so bin ich auch wirdig zunemen was er mir zugesagt hat und so hoch anbeut. Summa Bin ich unwirdig, so ist doch er und seine verheissung nicht unwirdig. Darauff wage es nur frissch und getrost und legs jm mit allen freuden und zuversicht fur jnn seine schos, Aber fur allen dingen sihe zu, das du recht gleubest an Christum und jnn einem rechten stand seiest, der Gott gefalle, nicht wie die welt, die jres stands nicht achtet und nur tag und nacht trachtet jre untugent und buberey aus zurichten.

 

Man moechte aber die drey stueck dahin deuten, das er einerley mit andern worten widder hoelet an zu zeigen das anhalten des gebets, davon [Röm. 12, 12] auch S. Paulus Rom. 12. vermanet ‘Halten an am gebete’, Als solt er sagen: Es ist nicht gnug anheben und ein mal seufftzen und das gebet her sagen und darnach davon gehen, Sondern gleich wie die not ist, so sol das gebet auch thun, Denn sie greiffet dich nicht ein mal an und lesst darnach von dir, sondern hanget jmer an und fellet dir widder an den hals und wil nicht ablassen. Also thu du auch, das du jmer bittest und dazu suchest und [Luk. 18, 1–8] anklopffest und lassest nicht ab, gleich wie das exempel Luce .18. leret von der Widwen, die nicht wolt jrem Richter vom hals lassen mit geilen und anhalten und machtes so unverschampt, das er uberteubt ward und must jr on seinen danck helffen. Wie viel mehr (schleusset Christus daselbs) wird uns Gott geben, wenn er sihet das man nicht ablesst mit bitten sondern jmer und jmer klopfft, das er mus erhoren, sonderlich weil ers geheissen hat, und zeigt das er gefallen habe an solchem anhalten. Darumb wie die not jmer anklopffet, so klopff du auch jmer an und las auch nicht abe, weil du sein wort hast, So wird er auch mussen sagen: Wolan so fare hin und habe was du begerest. [Jak. 5, 16] Davon sagt auch S. Jacob jnn seiner Epistel, das das gebet des gerechten viel [Jak. 5, 17. 18] vermag, wenn es ernstlich anhelt, und zeucht da zu das exempel Elie des Propheten aus der Schrifft &c.. So thuts auch Gott darumb das er dich treibet nicht allein schlecht zu bitten sondern an zu klopffen, das er dich wil versuchen, ob du koennest fest halten, und dich lere das darumb dein gebet nicht ungeneme noch unerhoret ist, ob er gleich verzeucht und dich offt lesst suchen und klopffen &c..

 

[Matth. 7, 12] Alles nu das ir wollet das euch die leute thun sollen, das thuet ir jn auch: Das ist das gesetz und die Propheten.

[s. 494] Mit diesen worten beschleusst er nu seine lere jnn diesen dreien Capiteln gethan und fasset sie alle jnn ein klein buendlein, darinne mans gar finden moege und ein jglicher jnn bosem stecken und wol behalten koenne, Als solt er sagen: Wolt jr wissen, was ich gepredigt habe und was Moses und alle Propheten euch leren, so wil ichs euch wol kurtz sagen und so fassen, das jr nicht durffet klagen, es sey zu lang odder zu schweer zubehalten. Denn es ist eine solche predigt, die man kan lang und weit ausstreichen und auch kurtz machen und alle lere und predigt hieraus fliessen und sich ausbreiten und widderumb hie zusamen komen. Wie kund es nu kuertzer und klerer gefasset werden denn jnn diesen worten? on das die welt und unser alter Adam nicht lesst dazu komen, das wir jm nach dencken und gegen einander halten unser leben zu der lere, lassens zu einem ohr eingehen, zum andern widder aus. Solten wirs aber allzeit gegen unser leben und werck halten, so wuerden wir nicht so roh hin gehen und jnn wind schlahen sondern jmer gnug zu thun kriegen Und wol selbs unser meister werden und leren was wir thun solten, das wir nicht durfften nach heiligem leben und wercken lauffen, auch nicht viel Juristen und rechtbucher dazu durfften, Denn es ist ja kurtz gefasset und bald gelernet, wenn nur der vleis und ernst da were darnach zu thun und leben.

 

Als das mans bey groben exempeln sehe: es ist ja keiner der jm gerne lasse stelen, und wenn er sein eigen hertz drumb fraget, so mus er sagen das ers warlich nicht gerne hat; warumb schleust er denn nicht das er einem andern auch also thue? Als wenn du auff dem marckt sihest, das jderman das seine so theur machet wie er selbs wil, das er gerne umb dreissig pfennig gebe was nicht zehen werd ist, und du fragest jn: Lieber, woltestu auch gerne das man dirs thete? So kan er so grob und unverstendig nicht sein, er mus sagen: Jch wolts keuffen, wie es der marck gebe und was billich und recht were, das man mich nicht uberneme. Sihe da ist dein hertz, das dir fein saget was du gerne hettest, und dein gewissen, das da schleusst, das du andern auch also thuen solt und dich fein leren kan, wie du dich halten solt gegen dem nehesten mit keuffen und verkeuffen und allerley hendeln, welchs gehoret alles zum Sibenden gebot: Du solt nicht stelen.

 

Des gleichen jnn andern gebotten: Wenn du ein weib, tochter odder megde hast, die liessestu nicht gerne zu schanden werden odder boses von jn reden, sondern woltest das sic jderman zu ehren hielte und forderte und das beste nach sagete, Warumb bistu denn so verkeret, das du nach eines andern weib trachtest und selbs zuschanden machest? odder lessests anstehen, wo du jr zu ehren helffen soltest, und hast deine lust mit affterreden und verleumbden; Jtem du woltest nicht gerne das dir jmand schaden noch leid thete odder dir [s. 495] ubel redete und was des mehr ist, Warumb heltestu denn hie nicht selbs die regel und mas, die du von andern fodderst und haben wilt, Und kanst einen andern bald richten, taddeln und verdammen, wenn er dirs nicht thuet, und wilt doch selbs dein eigen Recht nicht halten? Also gehe durch alle gepot der andern tafel, so findestu das dis sey die rechte summa aller predigt die man thun kan, wie er hie selbs sagt. Daruemb heisst es wol eine kurtze predigt, aber widderumb wenn man sie durch alle stueck solt aus breiten, so ist es so eine weite predigt die kein ende hat. Denn es ist nicht zuzelen alles was man auff erden thuet bis an juengsten tag, Und ist ja ein feiner meister der ein solch lange weitleufftige predigt kan so kurtz fassen und jnn eine summa schliessen, das sie ein jglicher kan mit sich heim tragen und sich teglich der selben erinnern als jnn seinem eigen hertzen, ja jnn allem seinem leben und wercken geschrieben (wie wir weiter horen werden) und sehen kan, wo es jm feilet jnn seinem gantzem leben.

 

Und ich halt auch dafur, es solt dennoch krafft haben und frucht schaffen, wenn man nur sich gewenet daran zu gedencken und nicht so gar faul und unachtsam sein wolt, Denn ich halt niemand so grob noch so boese, wenn er daran gedechte, er wurde sich dennoch daran schewen und stossen, Und ist sicherlich fein gemacht das Christus also stellet, das er kein ander exempel setzet denn uns selbs und also nahe legt, das ers nicht neher legen kund, das ist jnn unser hertz, leib und leben und alle unser geliedmasse. Das niemand weit darnach lauffen darff noch viel muehe und kost drauff wenden und lassen, Sondern das buch jnn deinen eigen boesem gelegt, und da zu so klar, das du keiner glosen darffst Mosen und das gesetz zu verstehen, Also das du selbs deine Bibel, meister, Doctor und prediger bist. Da weiset er dich hin, das du es nur ansehest, so wirstu finden wie das Buch gehet durch alle deine werck, wort, gedancken, hertz, leib und seele: Richte dich nur darnach, so wirstu weise und gelert gnug sein uber aller Juristen kunst und buecher.

 

Als zum groben exempel: Bistu ein handwercks man, so findestu die Bibel gelegt jnn deine werckstat, jnn dein hand, jnn dein hertz, die dich leret und furpredigt wie du dem nehesten thun solt: Sihe nur an deinen hand zeug, deine nadel, finger hut, dein bierfas, deinen kram, deine woge, ellen und mas, so liesestu diesen spruch darauff geschrieben, das du nirgend hin sehen kanst, da dirs nicht unter augen stosse, und kein ding so gering ist, damit du teglich umgehest, das dir solchs nicht on unterlas sage, wenn du es horen wilt, Und mangelt ia am predigen nicht, denn du hast so manchen prediger, so manchen handel, warhre, handzeug und ander bereitschafft jnn deinem haus und hofe, das schreyet alzumal uber deinen hals: Lieber, handele [s. 496] mit mir also gegen deinem nehesten, wie du woltest das dein nehester gegen dir handlen solt mit seinem gut.

 

Sihe also were diese lere geschrieben an allen orten wo wir hin seyen, und jnn alle unser leben gesteckt, wenn wir nur oren hetten die da hoeren, und augen die da sehen wolten, und ist ja so reichlich uns furgetragen, das niemand sich kan entschuldigen, er habe es nicht gewust odder sey jm nicht gnug gesagt odder gepredigt, Aber wir sind wie die ottern, die die oren zu stopffen und taub werden, wenn man sie beschweren wil, wollens nicht sehen noch horen was jnn unser eigen hertz und gedancken geschrieben ist, und gehen so ruchlos dahin: Ha was gehet mich ein ander an? ich mag mit dem meinem handeln wie ich wil, und das meine so theur verkeuffen als ich kan, wer wil mirs weeren? &c.. wie Juncker Viltz und Knebel auff dem marck thuet, Und wenn man sie durch Gottes wort straffet und drawet, so geben sie ein lachen und spotten dran und stercken sich nur jnn jrer bosheit. Aber wir predigen auch solchen nicht, Christus auch nicht, wil auch nichts mit jn zuschaffen haben und sie so seer verachten als sie thun, und sie zum Teuffel lassen faren, damit sie beiderseits gescheiden sein.

 

Aber die da gerne wolten frum sein und dennoch Gott furchten und dencken, wie sie leben und faren wollen, die sollens wissen das sie nicht sollen noch mussen mit jrem gut handeln und umbgehen wie sie wollen, als weren sie aller dinge selbs herrn, sondern schuldig sind zu handlen, wie es recht und geordnet ist, darumb landrecht und stadrecht da ist. Denn so wolt ein jglicher von seinem nehesten jm than haben, darumb sol er jm auch so thun, guten wahr beide nemen und geben. Das ist sein ernstlich gebot und wil keine freiheit odder wilkore draus gemacht haben, als mochte mans on sunde thun odder lassen, Und wird auch druber halten, wie seer es die welt fur schimpff helt und veracht, Thustus nicht, so wird er mit dir handlen nach deinem eigen recht und urteil, Und sol dir auch zu haus und hofe komen, das du keinen segen habst zu dem das du widder diese lere gewonnen hast, sondern alle plage und hertzleid mit deinen kindern, Denn er wil sein gebot dennoch gehalten haben odder solt kein gut noch gluck haben.

 

Zum andern ist es nicht allein so nahe gelegt (wie itzt gesagt) das wirs sehen mussen jnn allem das fur augen ist, sondern auch dazu so furgebildet, das einer fur jm selbs mus schamrot werden, Denn es ist ia keiner der gerne wolt eine boese that thun, das ander leut zusehen solten, und thar niemand so frey sundigen fur den leuten, als wenns heimlich geschicht, das niemand sihet. So wil nu uns hie Christus selbs zu zeugen setzen und machen das wir uns selbs schewen sollen, das wenn wir unrecht handeln, bald das gewissen mit diesem gebot widder uns stehet als ein ewiger zeuge und sagt: Sihe was thustu, das soltu so theur geben nach gemeinen gleichen [s. 497] kauff, so setzestu soviel druber; Jtem die wahre woltestu nicht gerne von einem andern nemen, wie du sie verderbest odder felschest &c.. Wie wurde dichs verdriessen, wenn dir einer fur einen gulden gebe das kaum zehen grosschen werd were, das wenn du einen guten bluts tropffen jm leib hettest, soltestu dich fur dir selbs schemen, Denn wens ein ander thete, so hiessestu jn ein dieb und schalck, warumb schemestu denn dich nicht fur dir selbs, da nicht ein ander sondern du selbs dich must also schelten, verdampt von deinem eigen gewissen? Aber da ist gut fur eine harte unverschempte stirn, die sich weder fur den leuten noch fur sich selbs schemet, viel weniger fur Got; Aber wenns ein ander dir thuet, da kanstu bald schreien: Jst das nicht sunde und schand und schelcklich gestolen aus dem beutel? da kanstu bald einen dieb und schalck ersehen an einem andern, aber der jnn deinem bosem steckt und wol greiffen und fuelen kanst, den wiltu nicht sehen.

 

O wieviel sind itzt solcher gesellen auff allen hendeln und handwercken, die da sicher hin gehen, die leut betriegen und teusschen wo sie konnen, und doch nicht diebe und schelcke wollen sein, wenn sie es nur heimlich und behendiglich machen. Aber wenn iderman solt widder geben, was er gestolen und geraubt hette jnn seinem handel odder handwerck, so wurden wenig leut etwas behalten. Noch gehen sie hin als frome leut, weil man sie nicht offentlich schelten und straffen thar, meinen dazu, sie habens nicht suende, Und wenn sie sich umbsehen, so sind alle winckel jnn haus und hoff vol diebstals und Gott gebe das sie nicht einen gulden oder zween im haus haben ungestolen: Noch sol das alles nicht diebstal heissen. Ja wenn es diebstal allein were und nicht auch morderey dazu, da man mit boeser schedlicher wahr, speis odder tranck viel leut schwach und kranck machet &c. und nicht allein umbs gelt bringet sondern auch umb gesundheit, das mancher isset und trincket, das er darnach aus siechen und offt daran sterben mus. Lieber, ist das nicht eben soviel als brechestu jm jnn sein haus und kasten odder schluegest jn toedlich wund? on das es den namen nicht hat.

 

Wenn du nu nicht so gar verrucht und unverschampt werest, soltestu dich ia schemen, wenn dir solchs dein gewissen sagt und diesen spruch furhielte, das du muestest jnn dich schlahen, Ja es wurde dir so bange machen, das du nirgend wurdest dafur bleiben koennen, Denn es ist eine last die jmer drueckt und treibt, ia stets verdampt als ein ewiger zeuge widder uns selbs, das nicht mueglich ist zu ertragen. Das wuerde dich denn bald leren, das du mustest ablassen von solchem rauben und stelen und was des gleichen ist, das du nicht gerne von einem andern woltest dir gethan haben &c.. Also gewene dich doch diesen spruch ein wenig anzusehen und mit dir selbs zu uben, so hastu eine tegliche predigt im hertzen an allen wesen und wercken, was du mit dem [s. 498] nehesten zu handlen und zuthun hast, dadurch du fein kanst lernen alle gepot und das gantze gesetz verstehen und dich regiren und furen durch dein und aller menschen leben, das du fein darnach urteilen moegest, was jnn der welt recht und unrecht ist.

 

Sprichstu aber: Wie sagt er, das das Gesetz und die Propheten hierinn stehen? hat doch die schrifft des gesetzs und der Propheten viel mehr jnn sich? Denn sie hat ia die lere vom glauben und verheissungen, davon hie nichts gesagt wird. Antwort: Christus nennet hie das gesetz und Propheten stracks gegen das Euangelium odder verheissung, Denn er predigt hie nichts von dem hohen artickel, nemlich vom glauben an Christum sondern allein von guten wercken; Denn das sind zwo unterschiedene predigt: Beide mus man sie predigen, aber ein igliche zu seiner zeit und stunde. Das sihestu auch klar im text jnn den worten da er sagt ‘War jr woellet das euch die leute thuen sollen, das Thuet jn auch’, damit zeiget er ia das seine predigt itzt nicht weiter gehet denn auff die werck, so die leute gegen uns und wir gegen jnen thuen, und nichts sagt von der gnade Christi, die wir von Got empfahen. Darumb wil er nu sagen: Wenn man sol predigen von gutem leben und wercken, so wir gegen dem nehesten thun sollen, so findestu im gantzen Gesetz und allen Propheten nichts anders denn das dich dieser spruch leret. Darumb setzet er auch deutlich die wort ‘Den leuten’ und ‘Das thuet Jr jn auch’ &c.. zu deuten, das er allein von den geboten der andern taffel rede.

 

Und das das beste jnn dem spruch ist, spricht er nicht: Ander leute sollens euch thun, sondern: jr solts andern leuten thun; Denn das hat ein iglicher gerne, das ein ander jm thut, Und sind viel schelck und buben die da wol leiden koennen, das iderman from sey und jn guts thue, Aber sie wollens niemand thun, wie itzt unser bawern lassen sich duencken, es sey unrecht und gros beschwerung, das sie sollen gleichen kauff geben, und koennen doch feindlich schreien und klagen, das man jn stilt odder sie schatzet. Aber das sind eitel boese wuerm. Ettliche aber sind noch ein wenig besser, die da sagen: Jch wolt zu warten, auch gerne thun was ich solt, wenns ander leut zuvor gegen mir theten. Aber dieser spruch heisset also: Thu du was du wilt von einem andern haben, du solt anfahen und der erste sein, wiltu das dirs ander leut thun, odder wollen sie nicht, so thue du es gleich wol. Denn wo du nicht ehe woltest from sein und guts thun, du sehests denn von einem andern, so wuerde nimer mehr nichts draus. Wollen andere nicht, so bistu es nichts deste weniger schueldig nach dem gesetz und ordnung des rechts, weil du es gerne so woltest dir gethan haben. Wer from wil sein, der mus sich nicht an ander leut exempel keren, Und gilt nicht das du sagest: der hat mich geteusscht, so mus ich jn widder beschmeissen, Sondern weil du es nicht gerne hast, so thue es jenem auch nicht und hebe an an dem, das du [s. 499] gegen dir gethan woltest haben. So magstu denn andere leut durch dein exempel bewegen das sie dir widder guts thun, auch die so dir zuvor boeses gethan haben; Wo du es aber selbs nicht thuest, so hastu zu lohn, das auch niemand gegen dir thue, und geschicht dir auch recht fur Gott und den leuten.

 

[Matth. 7, 13–14] Gehet ein durch die enge pforten, Denn die pforte ist weit und der weg ist breit der zur verdamnis abfueret, Und jr sind viel die darauff wandeln, Und die pforte ist enge und der weg ist schmal der zum leben fueret, und wenig ist jr die jn finden.

Er hat nu ausgepredigt unser lieber Herr und beschleusst endlich die selbige predigt mit ettlichen warnungen uns zu ruesten widder allerley hindernis und ergernis beide der lere und lebens, so uns unter augen stossen jnn der welt, Denn war ists, die lere ist schoen und koestlich gewesen, beide lang aus gebreitet und auch kurtz gnug gefasset jnn ein einig wort, das es bald zu sagen und zuverstehen ist; Aber da ist muehe und erbeit, das es hernach gehe im leben, Und ist warlich ein schweer und hartes leben ein Christen odder from sein, das uns nicht wird suesse ankomen, wie jene gute Dirne sagt: Es gehoeret viel zu der ehre. Ja freilich viel, und noch viel mehr zu einem Christen leben. Das bedenckt der liebe Herr hie auch, das jn so unter augen stossen und einfallen wird: Jch wolt wol gerne so leben, es gehoert aber zumal viel dazu. Ja das sage ich auch (spricht er) darumb warne ich dich, sihe dich fur und kere dich nicht dran, ob es ein wenig sawr wird und shweer zugehet, Denn es wil und kan nicht anders sein jnn der wellt. Solchs mus ein Christen wissen und dazu geruestet sein, das er sich nicht lasse ergern noch hindern, ob die gantze wellt anders lebt, und richte sich bey leib nicht nach [2. Mose 23, 2] dem grossen hauffen, wie auch Moses zuvor verpoten hat, Exodi .23. ‘Du solt nicht nachfolgen der menge zum boesen’ &c.. Als solt er sagen: Das ergernis wirstu alzeit sehen muessen jnn der welt bleiben und gehen, wie auch hie Christus spricht: Der weg zur verdamnis ist breit und jr sind viel, viel die darauff wandeln, und die pforten ist seer weit, das man mit hauffen dadurch gehet &c..

 

Das ist das grosse ergernis, welchs gar viel leut stutzig und uns abfellig machet, ia auch die Propheten und heilige leut hat fur den kopff gestossen, [Ps. 73, 3–5] wie David im Psalter offt klaget, sonderlich Psal. 73. mit vielen worten: ‘Es verdros mich, da ich sahe das den Gottlosen so wol gieng, Denn sie sind jnn keiner fahr des tods und stehen geschmueckt wie ein pallast, Sie sind nicht jnn unglueck wie ander leute und werden nicht wie ander menschen geplagt’. Summa sie sind glueckselig auff erden (sagt er) und werden reich, haben haus und hoff vol. leben im sausse und thun was sie nur wollen und gedencken. [Ps. 73, 14] Was thue ich aber dagegen? ‘Jch mus from sein und leiden und bin geplagt teglich und meine straffe ist alle morgen da’ das ist: wenn ich ein wenig [s. 500] ubertrette, so ist er flugs hinder mir mit der ruten. Das habe ich davon: Dort gehets alles jnn ehren und freuden, darumb fellet jn alle wellt zu, lobt und preissets iderman, wie wir gesehen haben unter dem Bapstum, wenn nur jemand ein pfaffen kleid anlegte, den must alle welt feiren und jnn ehren halten, da halff und gab iderman zu und war ein selige mutter, die den son getragen hatte, Und itzt auch also, wer nur uns feind ist, der ist bey jn jnn grossen ehren und werd gehalten, er lebe wie er woelle. Das hat den lieben Vetern wehe gethan, das sie musten solch glueck und bosheit der wellt sehen, das iderman viel davon hellt und hinach leufft und sie solten from sein und nichts denn unglueck dazu haben und von iderman verachtung und verfolgung leiden.

 

Solchs wil Christus auch zeigen und die seinen warnen, das ein iglicher so lebe jnn der wellt, als sey er allein, und lasse jm sein wort und predigt das aller groeste sein auff erden, das er so dencke: ob ich gleich sehe das mein nachbar und die gantze stad, ia alle wellt anders lebt und alles was gros, edel, reich, Fursten und herrn sind, mit jr helt, Noch habe ich einen gesellen, der ist groesser denn sie alle, nemlich Christum und sein wort. Darumb wenn ich schon allein gehe, so bin ich doch nicht allein, denn weil ich Gottes wort habe, so habe ich Christum bey mir sampt allen lieben Engeln und allen heiligen von anfang der wellt. Das freilich viel ein grosser menge und herrlicher process umb mich her ist, denn itzt jnn der gantzen welt sein moechte, allein das ichs nicht fur augen sehe und das ergernis sehen und tragen mus, das soviel leut von mir fallen odder widder mich leben und wandeln. Daran mustu dich halten, wiltu anders bestehen, sonst wird dich solch ergernis hin reissen, wo du den augen nach sihest, wie ander leut leben und gleuben, Denn daher schliessen die Tuercken als aus jrem sterckesten grund: Meinstu das Got so greulich sey und so ein grosse wellt verdamme? Also auch die Papisten: Ja meinestu, das das solt allein recht sein, was jr aus ewerm winckel her fur bringet und die gantze wellt verdampt sein? Solten soviel Bepste, Bisschove, heiliger Veter, Koenige und Fuersten alzumal geirret haben? &c.. Darauff stehen sie so hart, das sie kein mensch kan davon reissen, und schliessen auffs aller sicherste, das unser lere nicht recht sey, und ist doch nichts anders denn der grund: Unser ist viel, jener sind wenig, wir sind from, gelert, weise, Gottes volck, sitzen an der Apostel stat &c.. Darumb koennen wir nicht jrren, Christus hat ia seine kirche noch Gott sein volck nicht verlassen. Es ist nicht mueglich das Gott soviel trefflicher leut verdamme umb der wenige willen, Denn er hat ia den himel nicht vergebens geschaffen.

 

Aber widder solchs alles leret Christus also: Nur die augen ausgestochen odder ia abgekeret, das man bey leib nicht sehe nach dem grossem hauffen [s. 501] sondern allein auff Gottes wort, Und solchs wisse das so sein sol und mus, das die strasse zur verdamnis sey breit und eine weite pforten und viel die darauff gehen, Und widderumb Die pforte zum leben enge und der weg schmal und seer wenig die darauff gehen. Darumb gilt nichts, das der Tuerck und Bapst von jrem glauben rhuemen: Unser sind viel und haben lange zeit so gehalten, darumb mus es recht sein. Denn Christus setzt duerr das widderspiel und heissets die strasse zur verdamnis, die da breit und wolgebenet ist, und warnet das man sich solchs nicht ergern lasse, das unser so wenig und der ander hauff so gros ist. Es ist aber trefflich schweer das bislin zu verdawen, wenn mans recht fuelet, das ich selbs offt mich drueber gewuerget und gedacht habe: Wir sind so ein gering arm heufflin, veracht und verdampt von allem was auff erden hoch und gros ist, sollen wir denn widder alle wellt rhumen und trotzen das unser ding allein recht sey? und das urteil uber sie alle fellen, das Bapst, Bisschove und was an jnen hangt zum Teuffel gehoere? Noch mus es uberwunden sein und beschlossen: Jch weis das meine sache recht ist, solt die gantze wellt anders sagen.

 

Wie muste die liebe Jungfraw Maria thun, da der Engel kam und [Luk. 1, 26 ff.] brachte jr die botschafft, das sie solt die mutter sein des allerhohesten? Wer stund da bey jr, der solchs gleubete oder mit jr hielte? Solt sie angesehen haben, das soviel reicher, Edler, grosser herrn und Fuersten toechter da waren und Gott solt keine andere gewust haben zufinden zu solchem hohen werck, dazu keine Jungfraw je komen war denn sie, ein arme unbekante, verachte [1. Mose 12, 1] magd? Jtem wie thete der Patriarch Abraham, da er aus Chaldea zihen must und allein so faren, als were er allein ein Christen und alle wellt verdampt? Aber er muste sich daran nicht keren noch nach andern umbsehen sondern so sagen: Wie Gott mit der gantzen wellt umbgehet, das las ich jm befolen sein, ich aber wil mich an sein wort halten und dem selben folgen, ungeacht ob ich sehe alle wellt anders faren, Wie auch Maria hat muessen dencken: Was Gott mit andern machet, da lasse ich jn fuer sorgen, ich aber wil bey dem wort bleiben das ich hoere und mir sagt, was er mit mir thuen wil. Also muessen wir auch schliessen: Jch sehe, das der Bapst, Bisschoven, Fuersten, Rotten, Buerger und bawr machen wie sie wollen, verachten und verspotten uns auffs aller sicherste, das ich auch moecht sagen: meinstu denn das du allein recht habest widder sie alle? Aber far hin Bapst, Fuersten, gelerten und alle wellt, ich weis das die lere recht und Gottes wort ist, da wil ich bey bleiben, Gott gebe es gehe, fare, odder bleibe was da wil.

 

So wil nu Christus sagen: Jch habe euch ein solche lere geben, das jr werdet sehen, wie gar trefflich wenig leute mit euch halten und wie viel dawidder leren und leben werden, das es euch gar seer fur den kopff wird [s. 502] stossen. Aber hallt fest und lasst euch nicht ergern und wisset das es so sol und mus gehen, und gedenckt dran das ichs zuvor gesagt habe, das die pforte enge und der weg schmal ist zum leben, jener aber weit und breit &c.. darumb keret euch nicht dran, sondern hoeret was ich euch sage, und folget mir. Denn ich mit allen heiligen sind den schmalen weg gangen, so muesset jr jn auch gehen, wollet jr zu mir komen; Lasset jene jre weite strasse gehen, denn jr sollet noch sehen, wie enge das loch wird sein, da sie hinein komen muessen, dagegen jr die itzt durch die enge pforte und schmalen steig gehen muesset, jnn einen schoenen rawm werdet koemen, so gros und weit als himel und erden ist.

 

Nu was machet denn den weg so enge und schmal? Niemand thuets denn der leidige Teuffel, die wellt und eben unser eigen fleisch, welchs ist faul, sperret und wehret sich und wil nicht hinan, das es Gott vertrawe und an seinem wort halte, kan nicht leiden der wellt verachtung, armut, ferligkeit &c.. Summa es wolt gerne auch die weite strassen gehen, darumb machet es uns diesen steig saur und schweer, Darnach kompt die wellt, die uns darueber verfolget, henget, mordet, verbrent und ertrenckt, das wir nicht mit jr den weiten weg gehen, und wo sie nicht mehr kan, lestert und schendet sie uns auffs aller gifftigste, iagt uns davon mit schwerd, feur, wasser, Das es ia ein schwerer kampff ist da zu stehen und fechten widder unser eigen fleisch, das der mensch Gott vertrawe, den neheste liebe, zuechtig lebe und jnn seinem beruff bleibe, und wenn wir das alles thuen mit schwerer erbeit, sol die wellt dazu uns verfolgen und lestern als die ergsten boeswicht auff erden eben umb desselben schweren lebens willen. Zu dem kompt auch der leidige Teuffel und zu plagt das hertz mit boesen gedancken, misglauben, furcht, angst, verzweivelung, machet alles zu sunden und schanden was wir guts gethan, Und sollen dennoch unter solchen feinden da bleiden stehen und jn allen zum zil stehen. Da moecht sich noch einer ergern, zu ruck fallen und sagen: Jch sehe wol das jene ruge und gute tag haben, gehen hin jnn gutem friede und haben den namen, rhum und ehre, das sie rechten Gottes diener sind, was sol ich mich denn allein so iemerlich lassen zu martern, vexiren und schenden? Wo sie alle bleiben, da bleibe ich auch &c..

 

Solchs haben die alten fein fuergebildet mit dem geticht von dem Ritter Tondalo (on das sie es nicht recht angerichtet und gedeutet haben auff das segfeur odder pein der seelen nach diesem leben) wie er uber eine schmale bruecken gehen muste, die kawm einer handbreit war, mit einer last auff dem rucken und unter jm ein schwefelicher pful vol drachen und dazu jm einer entgegen kam, dem er weichen muste. Das reimet sich fein zu diesem spruch, Denn ein Christ fueret so ein schweer leben, als gieng er auff einem schmalen steig, ia auff eitel schermesser, so ist der Teuffel unter uns jnn der wellt, der [s. 503] schnappet on unterlas nach uns mit seinem rachen, das er uns bringe jnn ungedult, verzweivelung und murren widder Gott. Dazu gehet uns die wellt entgegen und wil uns nicht weichen noch uber lassen, so ligt uns unser eigen fleisch auff dem halse, Das wir doch allenthalben bedrenget sind und der weg an jm selbs so schmal ist, das on das muehe gnug were, wenn sonst gleich keine fahr und hindernis were, Noch mussen wir da hindurch odder der wellt und dem Teuffel zu teil werden.

 

Darumb dencke und richte dich darnach, wiltu ein Christen sein, so sey es, Denn es wird doch nicht anders draus, du wirst den weg nicht breiter machen und must zusehen, das hie wenig und dort der grosse hauffe gehen. Aber das lasse deinen trost sein, erstlich das Gott bey dir stehet, darnach wenn du hindurch gangen bist, das du jnn einen schoenen weiten raum kompst. Denn wo du nuer am wort heltest und darnach richtest, nicht nach den augen, so ist er gewis bey dir und so starck, das dein geist das fleisch, wellt und teuffel uberwindet, das er nichts schaffen kan durch dein fleisch noch durch die wellt noch durch sich selbs. Denn das wort daran du hangest durch den glauben, ist jm zustarck, obs gleich gering scheinet und wirs nicht sehen, er weis es aber wol was es vermag, als der es offt versucht und gefuelt hat, was es fuer eine gewallt und heers kraft ist, wo man daran gleubt. Daher [Ps. 118, 6] trotzet der Prophet so hoch Psal. 118. ‘Der Herr ist mit mir, darumb fuerchte [Ps. 118, 12. 13] ich mich nicht, was solt mir der mensch thun?’ ‘Sie umbgeben mich wol wie die bienen und brennen wie feur jnn dornen, aber im namen des Herrn wil ich sie zuhawen. Man stoesset mich wol, das ich fallen sol, aber der Herr hilfft mir’ &c.. Sihe der hat auch nichts denn das wort und glauben das der Herr bey jm ist, den er doch nicht sihet, fuelet aber wol die wellt und fleisch, die jm den weg enge und das leben sawer machen; Doch stehet er fest, lesst jm gnuegen an dem, das der Herr bey jm ist und mit jm hellt, und ist sicher das er fuer jn bleiben und siegen wird, ob gleich alle wellt widder jn ist.

 

Des trosts mussen wir auch gewonen, das wir uns aus der engen pforten und schmalen weg einen weiten rawm machen lernen und aus dem kleinen hauffen ein grosse menge, So das wir nicht den augen nach gaffen sondern durch den glauben und wort nach dem unsichtbarn richten, nemlich das Christus selbs und alles himlisch heer bey mir sind und eben den weg gangen sind und mit einer schoenen, lange proces mir fuer gangen gen himel und noch die gantze Christenheit bis an Juengsten tag die selbe strassen wandelt. Denn wo er gehet und bleibt, da muessen sie alle gehen und bleiben. Also wird uns der weg leicht und sanfft, das wir getrost hindurch gehen, wie [Matth. 11, 28] Christus auch dazu locket und spricht ‘Komet alle zu mir, die jr beladen und [Matth. 11, 30] mueheselig sind, ich wil euch erquicken’, ‘Denn mein ioch ist sanfft und meine [s. 504] last ist leicht’, Als wolt er sagen: Lasst euch nicht verdriessen was ich euch aufflege jnn der wellt, Denn es ist ia ein ioch und last dem fleissch und heist ein schmaler steg und enge pforten, Aber haltet euch nur zu mir, so wil ichs euch fein lind und sanfft machen und soviel stercke geben, das jr den weg sanfft geben solt und nicht allein das, sondern auch erfaren solt, das er euch lieblich und suesse werden wird.

 

Denn das ist gewislich war, wenn mans recht gegen ander rechent, so haben die gleubigen das vorteil, das sie nicht gerne solten wechseln mit den Gotlosen, ob gleich diese im sause leben und sie viel leiden muessen, doch zuplagen und martern sie sich selbs zehen mal mehr denn uns mit jrem gifftigen unrugigem hass und mit soviel vergeblichen anschlegen, wie sie uns schaden thun, und allerley boesen stuecken und tuecken, damit sie sich versuenden, das sie doch kein gut gewissen noch rechte froeliche stunde haben und jr eigen Teuffel sind hie auff erden Und doch nicht mehr damit ausrichten wider uns, on das sie uns ein wenig beschmitzen und drengen, so weit jn Gott erleubt.

 

Welche aber an Christum gleuben, duerffen solcher sorg und plag nicht Und koennen doch ein froelich hertz und gewissen haben, ob wir ein wenig gedrengt werden und der Teuffel uns klemmet, aber dennoch mus widder ablassen und wir jnn des durch das wort erquicket werden, das uns die last und drengnis suesse wird und alleine halbe marter haben auswendig am eusserlichen menschen, Sie aber zweyfeltig das Teuffels marterer sind, beide hie und dor jr helle haben mit ewiger plage und unruge des gewissens von mord und blut, das sie keine froeliche gute gedancken zu Gott schepffen koennen, ob sie gleich auswendig ein kleine freude und lust haben. So geschicht jn [Jer. 17, 18] recht, wie die Schrifft sagt: Duplici contricione conteres eos domine, ‘Herr gib jn zwyfeltige plage und hertzleid’. Sihe, so wil uns der Herr mit allen trewen beide gewarnet und da gegen getroestet haben, das wir uns nicht dran keren, ob uns unser leben sawr wird und soviel ergernis jnn der wellt sehen und fuelen muessen, weil es uns, wenn wirs recht ansehen, nur halbteil sawr wird und durch Christum, an welchen wir gleuben, alles im hertzen suesse wird und zum leben und ewigen freuden bringet. Was schadets denn ob der alte Adam ein wenig daruber gedrenget wird?

 

[Matth. 7, 15] Sehet euch fur fur den falschen Propheten, die jnn schaffs kleidern zu euch komen, jnnwendig aber sind sie reissende wolffe.

Bisher hat der Herr beide die lere und das leben recht angerichtet und gewarnet fur dem, so dem selbigen widder ist und schaden thuet odder hindert; Zu dem thut er hie noch eine warnung, das man zu sehe, ob schon die lere und leben recht angestellet ist und gehet, das nicht heimlich unter uns lerer auffstehen, die unter dem selben namen und schein der rechten prediger und [s. 505] Euangelij ein anders einfuren und beide die lere und leben verkeren und verderben, Denn es wird nicht anders draus, die rechte reine lere des Euangelij mus allenthalben angefochten werden vom Teuffel auff allerley weise beide auswendig und jnnwendig. Wie Christus von anfang dieser predigt gesagt hat, das wer ein Christen wil sein, mus sich des erwegen, das er her halte und zu feind habe erstlich die ausser der Christenheit sind, so sich widder jn setzen und jn hassen und leid thun, schlahen und wuergen, odder zum wenigsten lestern, fluchen und verdammen, Und ist beschlossen, wer nicht hasser, lesterer und verfolger hat, der ist noch nicht ein Christen odder hat ja noch nicht sein Christenthum beweiset mit eusserlicher that und bekentnis, Denn so bald er wil bekennen, so wird jm die welt feind, und wo sie kan, wird sie jn auch gewislich druber toedten.

 

Das sind nu offentliche feinde und ausser der Christenheit, die jderman sehen kan und wol fulet, Aber uber diese (wil Christus hie sagen) werdet jr noch einerley feinde haben, nicht die draussen sind und die lere verleugken, sondern die unter euch auffwachsen, ewern namen furen und rhumen: Die werden erst den grossen schaden thun; Denn jene, ob sie hoch pochen, koennen noch nicht mehr denn leib und gut nemen, aber mein hertz und glauben konnen sie mit gewalt nicht nemen, Aber diese stehen nicht nach leib und gut sondern lassen mir was ich habe, greiffen aber listiglich nach der lere, das sie mir den schatz selbs aus dem hertzen nemen, nemlich das liebe Wort, daruber wir von jenen feinden verfolgung leiden. Das ist erst ein iemerlicher handel, das die unser brueder heissen und rhumen auch die Christliche lere, widder uns sich erheben und eben unter dem selben namen die rechte lere wegnemen und andere ein furen, wie S. Paulus auch seine Epheser warnet [Apg. 20, 30] und weissagt Act .20. ‘Es werden unter euch selbs auffstehen die da verkeret ding leren und predigen werden’ &c.. Das jst (sage ich) zu mal ein kleglich ding, das es die thun sollen, so unter uns und aus uns sind, die wir fur rechtschaffene halten und uns nicht fur jn huten konnen, bis sie schoen haben angefangen schaden zuthun.

 

Das ist die verfolgung jnn der Christenheit, die uns zuvor verkundigt ist jnn der gantzen schrifft und zwar von anfang der welt gewehert hat, Denn so ist es Mose gangen jnn seinem volck, ja Jacob Jsaac und Abraham jnn [1. Mose 4] seinem haus und Adam, der nur zween soene hatte, noch mueste einer eine rotterey anrichten &c.. Und ich meine wir habens nu auch selbs wol erfaren: Wie viel sind jr gewesen, die es erstlich mit uns gehalten und das Euangelium angefangen haben widder denn Bapst, das sichs liesse ansehen, das wir wuerden die gantze welt an uns bringen; Aber jnn dem, da es am besten jm schwang solt gehen, faren unser leut selbs zu und richten ein jamer an erger und schedlicher denn uns alle fursten, Koenige und Keiser hetten thun mogen.

 

[s. 506] Wolan was sollen wir dazu thun? Sie thun uns den grossen schaden und stercken dazu unser feinde widder uns, die da schreyen, Da sehe man was unser lere sey, weil wir selbs nicht unternander eins sind, und konne der Heilige geist nicht dabey sein, weil wir ein ander selbs verfolgen, schelten und lestern &c.. Das mussen wir leiden, das die feinde durch solch ergernis gesterckt und wir geschwecht und gelestert werden und so beide, unser feinde und bruder, widder uns haben, das freilich kein grosser anfechtung jnn der Christenheit ist jnn dem eusserlichen wesen, so unser lere betrifft.

 

Weil wir nu solchs allzeit gewarten mussen und nicht umbgehen koennen, so gibt uns Christus mit dieser predigt dagegen beide einen trost und warnunge. Der trost ist das wir nicht sollen erschrecken noch uns zu tod komern uber solchen greulichen ergernis, wie sichs ansihet und fulet, das wir die Gottes wort rhumen, selbs unternander nicht eins sind, sondern aus seinem wort unterrichtet dagegen also sagen: Das wuste jch vorhin wol, da jch ein Christen sein wolte, das so gehen wuerde, wie mir mein herr Christus zuvor gesagt hat, das ich musse die zweyerley feind haben beide von aussen und auch jnwendig von meinen eigen liebsten freunden und brudern. Darumb sol mich das nicht abschrecken noch abfellig machen von der lere, als solt sie darumb unrecht sein, das sich die widder mich setzen, die meine brueder gewesen sind. Hatte doch Christus selbs Judam seinen verrether bey sich und must darumb nicht falsch noch unrecht sein was er gelert und gethan hatte, das sein liebster Junger von jm fiele und das ergernis anrichte. Darumb muessen wir unsere Judas auch nicht achten.

 

Die warnung aber ist, das wir uns gewislich solchs versehen und mit vleis zusehen und huten sollen, das uns solche rotten nicht betriegen, sondern uns dawidder rusten und sie eben lernen kennen. Denn damit das er sagt ‘Sehet euch fur’ wil er leren, das wir hie nicht sollen gedultig sein sondern die augen auffthun, wacker, fursichtig und klug sein. Denn gegen jeune eusserliche feinde durffen wir nicht mehr denn gedult, das wir leiden was sie uns anlegen, und fest stehen, Aber hie gilt es nicht leiden noch weichen sondern hutens, auffsehens, das ich auch meinem bruder bey mir und dir kein wort vertrawe sondern mit scharffen, wackern augen allein auff das Wort sehe und trawe nur keinem menschen der jtzt mit mir ist, als der heut mit mir, aber morgen wol widder mich predigen kan. Und darff sich hie niemand sicher lassen duncken, als der dieser vermanunge nicht bedurffe, Denn es ist so ein ferlich listige anfechtung, das auch die aller geistlichsten gnug damit zuschaffen haben, das sie nicht betrogen werden. Der ander hauffe aber, die sicher und on sorge sind, konnen sich gar nicht erweren das sie nicht verfuret werden. Darumb setzet er nicht umb sonst das wort ‘Sehet euch fur’, Denn der schein [s. 507] und namen jst zu schone, das niemand erkennen kan (wie wir horen werden) wer nicht den rechten verstand hat von Gottes wort und dazu mit allem vleis darauff sihet und lesset das sein hoheste sorge sein, wie er es rein und lauter behalte.

 

Denn sihe wie er sie malet, die falschen lerer, nach jrem schein und ansehen: Zum ersten gibt er jn den namen, das sie Propheten heissen und sind, das ist Lerer und prediger, und sich auch des rhumen, das man sie nicht anders nennet noch helt, haben eben das predig ampt, die selbige schrifft und den selben Gott des sie sich rhumen, als die andern und sind doch falsche Propheten. Denn er redet hie von denen, die das ampt haben zupredigen, Denn die andern, so on ampt und befel her faren, sind nicht so gut, das sie falsche Propheten heissen, sondern landstreicher und buben, die man solt Meister Hansen befelen und nicht zuleiden sind (ob sie auch gleich recht lereten), wo sie andern jnns ampt und befehl greiffen wollen widder der Oberkeit ordnung odder heimlich und diebisch jnn wjnckeln schleichen, da niemand sol ungefordert ein eigen predigen anrichten noch sich eindringen, ob er gleich horet und weis das man offentlich falsch predigt, als dem nicht befolen ist dafur zu antworten; Denn Gott hat das ampt geordnet wie andere, das man nicht dawidder handle. Wer es aber unrecht furet, der wird fur sich selbs mussen antworten und seinen richter gewislich finden.

 

Zum andern sagt er das sie komen jnn schafskleidern, das man sie nicht kan taddeln noch eusserlich unterscheiden von andern rechten predigern. Die zwey stueck sinds die den schaden thun: das sie das rechte ampt haben und dazu mit so schoenem schmuck und schein komen, das man nicht kan anders sagen, denn es seyen rechte frome prediger, die jdermans heil suchen, wie sie kostlich rhuemen und dazu schweren koennen, furen eitel Gottes namen und wort: Das gehet so starck ein und reisset die leute mit gewalt hin wie eine flut, das man nicht weren kan, Denn wer ist unter dem pobel, der da kan odder thar sich widder solche setzen und sie straffen? Ja wer weis sich fur jn zu hueten, weil sie mit Gottes namen und wort (wie sie rhumen) komen?

 

Christus aber warnet uns hiemit fur beiden, das wir uns nicht sollen dran keren das sie das ampt haben, wie wol dasselbige von noeten ist und zu einem prediger gehoret, Jst aber damit niemand gesichert, das man jm darumb musse gleuben, als koenne er nicht jnn dem ampt ein schalck sein, wie es denn jnn der wellt nicht seltzam ist, das jnn allen emptern und stenden viel schelck und buben sind, die es misbrauchen. Es mugen wol Propheten heissen, das lasse ich zu (spricht Christus), aber dafur hute dich und sihe darauff, das es nicht falsche propheten sein. Desselben gleichen sihe nicht, ob sie jnn schafskleidern komen mit dem koestlichen namen und schein, Denn hie horestu, das [s. 508] wol kan ein reissender wolff darunter verborgen gehen. Darumb hute dich abermal, das dich die schafs kleider nicht betriegen, Denn sie mussen alle solchen schonen deckel und schein furen, wenn sie die leut betriegen sollen. Und das ist eben die unterscheid unter diesen heimlichen und andern offentlichen feinden: Denn jene reissen offentlich zu uns ein, das sie jderman wol kennet, Aber diese gehen unter uns jnn dem selben ampt das wir haben, furen auch die selbige schrifft und wort zum schein, Sie komen aber (spricht Christus) von jn selbs, Das ist ob sie wol das ampt haben, doch bringen sie solch wort und lere, die jn Gott nicht befolen noch sie dazu gesand hat, sondern jr eigen trewme und Teuffels lere, mit Gottes namen geschmuckt. Darumb sey gewarnet eben fur den schafskleidern, das du keinem trawest, wie grossen schein er furet, sondern allein auff das Wort sehest, ob er dasselbige recht fure odder sein eigen thand darunter verkeuffe.

 

Sihe wenn wir nu solche warnung annemen und uns nach Christus worten richteten, so kundten wir uns leichtlich huten fur allen falschen propheten und predigern, Aber das sie so allenthalben einreissen, kompt daher das wir die das rechte Euangelium horen, nemens uns nicht mit ernst an, sorgen nicht dafur das wir es gewis haben und fassen, gehen so schlefferig und unvleissig hin, als kund es uns nicht feilen; dasselbe machet denn das wir betrogen werden durch solchen trefflichen schein und ansehen, ehe wir uns umbsehen. Denn so bald ein ander newer lerer kompt und aufftrit, so ist das wort ‘Attendite’ ‘Sehet euch fur’ vergessen, da mit wir solten geruestet sein und einen jglichen also hoeren, als hoereten wir jn nicht, sondern allein auff die lere sehen und acht geben. Das sind leichtfertige, unbestendige geister, die nur den predigern jnns maul sehen und flugs zuplatzen aus einem furwitz, der sie luestern machet, das sie dencken: O ich hab jenen vor gehoeret, jch mus diesen auch hoeren, es ist ein feiner, gelerter, heiliger man &c.. Da hat der Teuffel schon raum gewonnen und berucket sie, ehe sie es gewar werden, treibt und furet sie nach allem seinem willen von einer rotterey jnn die ander, wie [Eph. 4, 14] Paulus von solchen sagt Ephes .4. das sie sind wie ein rohr, das da hin und her webt, lassen sich treiben wo ein jglicher wind her wehet mit newer lere: wenn heut odder morgen ein ander auffstehet, so platzen sie auch darauff und horen jmer zu. Das machet, sie haben keinen gewissen verstand jm hertzen von Gottes wort, achten dazu des Euangelium gering, meinen, wenn sie es ein mal odder zwey gehoret haben, so koennens sie es und habens nu gar, werdens bald uberdrus, sperren oren und maul auff, wo ein ander kompt, der was newes bringet, Und gehet jn eben wie Adam und Heva, von der Schlangen verfueret, die jn auch die augen auffsperret nach dem verbotenen [Mose 3] bawm und solche schone gedancken einbildet widder Gottes wort: Warumb solten wir eben von diesem bawm nicht essen? wurden also lustern und [s. 509] fuerwitzig, das sie aller bewme im gantzen Paradis uberdruessig wurden und allein nach diesem gaffeten &c..

 

Wenns uns aber ernst were umb das Euangelium und mit sorgen lebeten den schatz lauter und rein zu behalten, so wurden wir nicht so leichtlich betrogen werden, Denn ich hoffe ia, das mich kein rottengeist so leichtlich sol umbstossen, weil ich weis das unser Euangelium recht ist, und nicht gerne wolt dasselbige verlieren. Kompt aber einer mit schoenen Schafskleidern, so sehe ich nicht nach seiner larven, als wolle ich etwas anders odder newes horen, sondern ob er mit meinem Euangelio stimme. Wo nicht, so bin ich Gott lob so gefasset und versichert, das jch weis das er ein falscher Prophet und reissender wolff ist unter seinem Schafskleidern.

 

Also haben die Teuffels geister zweyerley vorteil, das wir so unachtsam, sicher und leichtfertige leut sind und sie sich koennen schmuecken jnn die schoenen schafs wolle, Denn Schaffs kleider heisset er nicht boese stuck und grobe sunde als der heiden und unschriften sondern die treffliche namen und rhum der rechten Christen, die da haben die heilige tauffe, Sacrament, Christum und alles was Christi ist: Solchs mussen sie alles mitbringen, Denn es mus keiner also daher komen: ‘Das sage jch’, sondern also: Lieben freunde, Das sagt Christus, da habt jr Gottes wort und die schrifft, das must jr glewben, wolt jr selig werden, wer anders leret, der verfuret euch &c.. furen den hochgelobten namen Christi und Gottes und die schreckliche prechtige wort ‘Gottes ehre’, ‘warheit’, ‘ewige seligkeit’ und was mehr solche wort da zu gehoren. Wenn nu der mensch solch treffliche wort horet und so hoch vermanet wird bey seiner seelen seligkeit und verdamnis, so erschrickt er und gibt sich so bald gefangen, wo er nicht dawidder gerustet und wol gefasset ist, Denn es schneitt wie ein scharff scheermesser und gehet durch leib und seele.

 

Das ist ein stueck der Schafskleider. Zu dem schmucken sie sich mit sonderlichen wercken und weise, gehen jnn grawen rocken, sehen sawr und machens hart und strenge mit fasten, casteyen, hartem lager &c.. und leben gar nicht wie ander gemeine leute. Das thut abermal einen grossen stos und bezaubert die leut trefflich, das es mit hauffen hinach fellet, Und kan ein solcher boeswicht eine gantze stad, die lange zeit Gottes wort gehabt hat, mit einer predig verfuren und machen das man jnn einer stund vergisset was man jnn zehen jaren gehoert hat, Das auch jch, wenn jch wolte, gar leichtlich trawete mein volck jnn zwo odder drey predigten widder umb zu predigen jnns Bapstum und newe walfart und messen anrichten mit solchem schein und sonderlicher heiligkeit. Denn der pobel ist, wie gesagt, leichtlich damit zu bereden und on das furwitzig und luestern newes zuhoren.

 

Sihe so mussen sie sich schmuecken beide mit der lere und leben, das sie eben die selben wort furen die wir horen, und dazu ein schoen gleissend leben, [s. 510] Wie jtzt unsere Widderteuffer rotten, verfuren warlich viel leut damit das sie schreyen, das Euangelium sey bey uns nicht recht, weil man sehe das es keine frucht bringet und die leute boese, hoffartig und geitzig &c.. bleiben; Es musse etwas mehr sein denn das blosse Wort und buchstabe, Der geist mus es thun und sich redlich angreiffen mit dem leben. Wenns Gottes wort were, so wurde es freilich auch frucht schaffen. So faren sie denn zu und sagen, sie haben den rechten verstand und die rechten fruchte und leben. Wenn solchs ein einfeltiger unerfarner mensch horet, so spricht er: O das ist warlich war, lesst sich also dahin reissen mit dem trefflichen wort ‘geist’ und ‘fruchte des geistes’, Darnach faren sie weiter und sagen, Wer ein Christ wil sein, sol nicht welltlich oeberkeit noch das schwerd furen noch was eigens haben, wie wir haben, sondern das ist ein rechter Christ, der es mit wercken beweiset, verlesst alles, nimpt sich weltlicher gewalt und regiments nicht an, gehet jnn einem schlechten grawen rock, leidet hunger und kumer &c.. Das heissen sie fruchte des geists: Sihe da sind eitel schafskleider, damit furen sie die armen leute mit hauffen dahin.

 

Wer kan nu hie den Wolff darunter erkennen und sich dafur huten? Antwort: Jch weis keinen andern rat, denn wie jch gesagt habe, das ein iglicher vorhin zusehe, das er seiner sache und der lere gewis sey und habe sie so gefasset jm hertzen, das er bey der lere kuende bleiben, wenn er gleich alles anders sehe leren und leben, was auff erden ist. Denn wer da wil sicher faren, der mus schlecht keine eusserliche larven jnn der Christenheit ansehen noch darnach richten sondern allein nach dem wort, das uns zeigt das rechte wesen das fur Gott gilt. Als zum exempel: Das heubt stueck und summa der Christlichen lere ist das, das Gott seinen son Christum gesand hat und gegeben und uns allein durch jn alle sunde vergibt, gerecht und selig machet: Das soltu halten und kein anders. Darnach wenn du die augen auffthuest, so sihestu gar mancherley ungleich leben und wesen, das dieser ist ein man, weib, herr, knecht, furst, unterthan, reich, arm und was fur stende und ampt jnn der welt sind, und alles so unternander her, das ich nichts sehen kan das einen sonderlichen schein habe, Aber weil jch so gefasset bin und weis solch heubtstuck, darinn jchs alles habe, so schleusst mein hertz also: Gott gebe ich sehe einen eheman odder Jungfraw, herr odder knecht, gelert odder Leye, graw odder rot gekleidet, fasten odder essen, sawr sehen odder lachen, was gehet mich das an? Summa was solcher unterscheid ist und jch mit augen sehe, das ist mir eines wie das ander, Denn jch habe solchen verstand, das ein magd jnn einem roten rock odder ein furst jnn seinem gulden stuck eben so wol ein Christen sein kan als ein betler jm grawen rock odder ein Moench jnn woellen odder herin hembd, Und bin durch solchen verstand wol sicher fur allerley eusserlichen larven.

 

[s. 511] Wer aber solch heubtstuck nicht hat noch alles darnach zurichten weis, der kan sich nicht huten, das er nicht durch solche larven betrogen werde, wenn er sihet diesen mit weib und kind umb gehen odder herrlich und kostlich geschmuckt &c.. und einen andern sawr sehen, viel fasten, barfus und jm grawem rock und schleusst so bald: O das jst ein heiliger man, die andern sind nichts. Und gehnet also dahin den larven nach ungehalten, Jst nicht so klug, das er konte sagen: Kan auch unter dem grawen rock ein schalck verborgen ligen? Wie ein Christ schliessen und sagen kan: Lieber Moench, tregstu einen grawen rock nicht aus not sondern aus sonderlichem sinn, das du wilt fur andern etwas sonderlichs geacht werden, so mustu ein verzweivelter, zwifechtiger boeswicht sein, der den leuten das maul aufsperret mit falschem schein, Sonst wurdestu ja mussen sagen: Wenn ein bawer, so auff seinem acker pfluget odder tuncket, eben so wol ein Christen ist und gen himel kompt als ich, was thue jch denn mit meinen sonderlichen wesen?

 

Aber wie jch gesagt habe, der grosse gemeine hauffe henget an solchen larven, das jn die augen fullet und was sonderlichs an zu sehen ist, das nichts hilfft, wenn man gleich lang dawidder predigt; So sind wir on das von natur geneigt zu solcher lere und wercken, Denn es gefellet der vernunfft wol, welche allzeit gerne mit eigen wercken mit Gott handlen wolte: so schlehet denn zu, das der Teuffel durch diese lerer zu bleset und schuret, bis er uns gar hinein getrieben hat. Wir aber, so gerne sicher wollen faren, sollen fur allen dingen zusehen, wie jch allzeit vermanet habe, das wir unsern heubt artickel von Christo recht haben, so konnen wir von allen eusserlichen larven und wesen recht urteilen Und wird uns der geist fein leren und furen, so wird auch ein jglicher jnn seinem stand rechte gute werck gnug zu thun finden, wo er wil from sein, das er nichts sonderlichs darff suchen.

 

Denn bistu ein furst, Richter, eheman, knecht, magd &c.. und solt deinen glawben uben und beweisen, dein ampt und stand trewlich furen und recht thun, so soltu wol soviel zuschaffen und zu thun gewinnen, das kein Cartheuser ein schwerer orden furet denn du, Denn was ist das fur grosse muehe und schwere erbeit, das jener ein grawen rock odder kappen tregt odder auff holtzschuhen gehet odder dem leib ein wenig wehe thuet, wenn ers strenge machet, und doch daneben on sorge und angst lebet, zu fressen und sauffen gnug hat? Dieser aber mus jm schweis des angesichts und mit saurer erbeit sein teglich brod essen und nicht allein den leib sondern viel mer sein hertz mus zu martern lassen von der bosen welt und seinen nachbarn und alle unglueck, unfrid und hertzleid warten und leiden, Also das ein rechter buergerstand Christlich gefuret mehr denn ein zehenfeltiger Cartheuser orden jst, on [s. 512] das es nicht scheinet wie der moench, der eine Cappen tregt, von leuten gesondert &c.. Und doch wenn man die augen auffthete und recht gegen ander hielte, must auch die vernunfft solchs schliessen.

 

Also auch ein furst, ob er wol guelden keten und mardern schauben an kregt, ist er aber from, so ist er unter der mardern schawben ein solch gemarterter und elender mensch, das seines gleichen jnn keinem kloster ist. Also gehe durch alle empter und stend, findestu einen fromen man odder weib, so darffstu keinen moench odder noennen suchen, Denn er ist furhin moenchs gnug und furet ein schwerern orden denn alle Kappen und platten treger, Ja es ist eitel narren werck fur Gott mit allen moenchen und waldbruedern gegen einem fromen kind, knecht odder magd, so gehorsam und treulich thuet was jm befolen ist. Thu nur was ein from man odder weib thun sol, so hastu ein regel die schwerer ist denn Francisci und aller moenche regel, Kappen und platten, welche viel ehe einen schalck denn einen fromen Christen decket.

 

Aber das wil die tolle vernunfft nicht ansehen sondern schlehets jnn wind und dencket: O das ist gemein ding, das hette jglicher jnn seinem hause wol, gaffet nach einem andern, was seltzam und sonderlich ist, da sperret sie die augen auff, lesset sich furen mit solchem geplerre, welchs doch ein lauter falscher schein ist, damit sie her komen und jr nichtig leben so auff mutzen, das alles ander was Gottes ordnung und stende sind, verachtet werden und nichts gelten sollen. Aber es mangelt allein daran, das wir uns nicht lassen ernst sein Gottes wort zu fassen, sonst wuerden wir bald sagen: Es kome Cartheuser, Widderteuffer, der Teuffel selbs odder seine mutter her, so werden sie nicht besser stende noch leben machen denn Gott gemacht hat; Drumb mus mans ein trefflichen, hohen, Gottlichen stand lassen sein umb einen fromen eheman, knecht, magd, odder trewen erbeiter, Und kuenden also nach dem wort von allen wercken und stenden recht urteilen und jderman recht leren und leben und wurde alles auffs aller feinst gehen: Das weren die rechten stende, die Gott geschaffen und geordnet und gefallen dran hat, Und wolt Gott das mans da zu kunde bringen, das eine stad viel solcher fromer burger, weiber, kinder, herrn, knecht und megde hette, so hetten wir das himelreich auff erden und durfften keines Closters nicht und duerfften doch weder fasten noch jnn der kirchen uber tag betten und singen sondern nicht mehr thun denn was jr ampt und werck foddert.

 

Also sihestu was die schafskleider sind, damit sie den leuten das maul auff sperren. Aber was sind sie jnwendig und jm grund? Nichts anders (sagt Christus) denn reissende wolffe: Das ists das sie suchen, die verzweivelten buben, das sie mit schoenem schein der lere und leben die seelen verderben und zu reissen, nicht auswendig wie die Tyrannen und verfolger, so leib und [s. 513] gut zu reissen, auch nicht wie die prediger, so offentlich widder uns predigen und unser lere verdammen &c.. sondern jnwendig, das sie uns heimlich den schatz unsers hertzen wegreissen, welchs nu ist Gottes stul odder koenigreich und wonung worden: Das ist alle jr bueberey, die sie so schmuecken mit der lere und leben, gehet dahin, das sie den glawben und den heubt artikel von Christo zureissen, Als jtzt die widderteuffer auswendig auch unsern namen furen und wol bekennen, das wir das Euangelium haben mit dem wort und predigt, Es folget aber (sagen sie) keine frucht. Eben mit dem wort ‘keine frucht’ furen sie die leut vom glawben auff die wercke und nemen das heubstuck hin weg, welchs ist der glaub an Christum, und furen uns dahin, das man allein die fruchte sol ansehen: Wenn die da sind, so sey es das Euangelion recht und widderumb, Und ist alle jr lere nichts anders, denn das man sich musse angreiffen und beweisen mit den fruechten, nichts eigens haben, alle ding verlassen &c.. fallen also widderumb gar auff die werck und setzen jr vertrawen darauff als dadurch selig zu werden.

 

Und das das ergste ist: leren sie nicht die rechten fruechte, die das Euangelium leret und foddert nach dem glawben, sondern was sie ertrewmen und erdencken; sagen nichts davon, wie ein jglicher seinen stand recht und treulich furen und darinne bleiben sol, Sondern eben das widderspiel: furen die leut von solchen stenden, leren sie verlassen als weltlich und davon lauffen und was sonderlichs anfahen, sawr sehen und hart leben, nicht essen, trincken, kleiden wie ander leut, sich willig und ungefordert lassen martern und todten, sonst (sagen sie) hat das Euangelion keine fruecht jnn dir und bist noch kein Christ, ob du gleich lang glewbest &c..

 

Und solche jre trewme schmucken sie mit der Schrifft und spruechen aus dem Euangelio, so doch Christus solchs nye geleret odder geheissen hat, weder mit worten noch exempel, das man von den leuten lauffen, alles verlassen, nichts eigens haben sol, on wenn es zu der not kompt, das man entweder dis odder sein wort lassen mus. Darumb soltu es nicht ehe verlassen, er heisse dichs denn und werdest dazu gezwungen. Wenns dazu kompt, so sprich denn: Ehe jch das Euangelium und Christum wolt lassen, so fare lieber hin weib, kind, leib und gut, sonn und mond und alle creaturn, Aber ausser der not hastu Gottes gebot, das du solt deinen nehesten lieben, jm dienen und helffen mit leib und gut, des gleichen dein weib, kind, gesind lieben und regiren &c.. nicht von jn lauffen und sie sitzen lassen, wie sie thun widder Gottes wort und ordnung on alle not und wollen dennoch von grossen fruechten des Euangelij rhumen als sonderliche heiligen.

 

Also lerne nu solche geister kennen, wie sie unter den schafskleidern jnnwendig zureissen und den glauben wegnemen, furen dich von Christo auff dich selbs und heissen das fruchte des Euangelij, die sie selbs ertrewmen, [s. 514] damit sie die rechten fruechte vertilgen: Das sind sie die reissenden wolffe mit schafskleidern, die allezeit die Christenheit verderben. Bisher haben sie Moenche geheissen, nu sinds Widderteuffer als newe moenche, vor zeiten warens Pelagianer, Jsmaeliter, Esawiten, Caniter, Denn dieser glaube hat gewehret von anfang der welt, und ob gleich jtzt diese Widderteuffer wegkomen, so werden doch andere komen. Summa die moencherey mus bleiben so land die welt stehet, ob wol mit andern newen namen und wercken, Denn alle die damit umbgehen, das sie was sonderlichs anfahen uber den glawben und gemeine stende, das sind und bleiben Moenche, ob sie wol nicht einerley weise, kleidung odder geberd furen. Zwar fur diesen kan man sich nu wol huten, die mit Cappen und platten da her gehen, denn sie sind nu wol gnug abgemalet, das sie jderman kennet, Aber hute dich fur den newen moenchen, die nicht Cappen tragen, aber doch ander sonderlich wesen auffwerffen, grosse andacht und heiligkeit furgeben mit saur sehen, grawen rocken und hartem leben, sagen, man muesse nicht sammet noch seiden, rote odder bundte kleider tragen, gleich wie jene moenche auch geleret haben, Also das doch jmer einerley moencherey ist on mit andern larven. Darumb habens die Maler eben recht troffen, wenn sie den Teuffel malen jnn einer muenchs Cappen und seine Teuffels klawen unten erfur, Denn er von anfang der welt nichts anders thut denn die welt mit moencherey verfuret.

 

[Matth. 7, 16–20] An iren fruchten solt ir sie erkennen: Kan man auch drawben lesen von den dornen? odder feigen von den disteln? Also ein jglicher guter baum bringet gute fruchte, aber ein fauler bawm bringet arge fruechte, Ein guter bawm kan nicht arge fruechte bringen und ein fawler bawm kan nicht gute fruechte bringen. Ein jglicher bawm der nicht gute fruchte bringet, wird abgehawen und jnns fewr geworffen: Darumb an jren fruchten solt jr sie erkennen.

Weil der herr Christus die seinen gewarnet hat, das sie fest an seiner lere halten sollen und zusehen, das sie nicht durch andere verfuret werden, welche unter schafskleidern reissende wolffe sind, leret er nu auch zu mehrer warnung, wie man sie kennen sol an jren fruechten, Und setzet ein gleichnis mit schlechten einfeltigen worten, das auch ein kind verstehen kan. Denn es ist niemand so alber der nicht wisse, das ein dorn busch keine feigen noch drawben trage &c.. Aber wie einfeltig die wort sind, so sihet doch niemand das sie soviel gelten, wer nicht mit vleis Gottes wort ansihet. Es ligt aber alles darinn, das man verstehe was er gute odder boese bawm und fruechte heisset. Denn es ist bald gesagt ‘das ist eine feige’ odder ‘ein distel’, ‘ein guter apfel’ odder ‘sawre schlehen’ und mit den augen und vernunfft leicht zu sehen und [s. 515] verstehen, Aber da es Christus hin zeucht, ist es unmuglich on allein durch geistlichen verstand nach Gottes wort zu ortern, Denn wir haben droben gehoret, wie die selbigen falschen lerer bringen solchen schein und glate wort, das die vernunfft nicht vermag zurichten noch sich kan dafur huten. Ja es ist eben solche lere und leben, die aus der vernunfft gewachsen und jr gemes ist und uns naturlich wolgefellet, weil sie von unsern eigen thun und wercken leret, so wir verstehen und vermuegen.

 

Das heisst aber kuertzlich ein guter bawm der gute fruchte bringet: der da lebt und sein wesen und wandel furet nach Gottes wort, rein und lauter, Denn er wird hernach beschliessen auch von vielen, die Gottes wort gehort und auch sagen ‘Herr Herr’, dazu viel zeichen gethan haben und doch falsch und heuchler sind. Darumb mus man hie die vernunfft schlechts zu thun und allein Gottes wort folgen und darnach schliessen, wenn man vom leben und wercken wil urteilen, das man wisse was Gottes wort einen guten bawm odder gute fruchte nennet. Denn das ist der vernunfft zu hoch (wie jch gesagt habe) wenn sie einen sihet, der da nichts denn einen grawen rock tregt, [Luk. 18, 12] alle wochen fastet wie der Phariseer jm Euangelio, ja der auch wunder und zeichen thuet, das der nicht solt ein guter bawm sein mit guten fruechten. Denn sie kan nicht hoher kennen noch bessers erdencken und verstehen, ist schlecht damit gefangen, das sie schleusst, wer ein ander leben furet denn ander leut, der musse ein sonderlicher heiliger mensch sein, Sihet nicht, die blinde nerrin, das solche werck noch alle weit weit von Gottes wort sind, Und wenn du sie fragest: Wo her weistu das die selben werck so kostlich sind als du sie machest, so kan sie nicht anders sagen Denn ‘es deucht mich also’: da jnns rauchloch mit deinem dunckel, das ich mein heil und seligkeit solt darauff setzen. Es heisst so: du must wissen und nicht wehnen noch duencken und einen gewissen grund und zeugnis haben aus Gottes wort, das es jm gefalle, Das du konnest sagen: das werck ist wol gethan odder der stand ist Gott gefellig, das weis ich nicht nach meinem eigen liecht odder starn, das es mich gut odder boese duenckt, sondern das es jnn Gottes wort und gepot gehet. Es duenckt mich wol nicht fein, das ein ehe man odder fraw, furst, richter sol so heilig sein als einer der jnn winckel odder jnn die wusten kreucht, Aber es gilt nicht nach meinem duenckel richten, und ob gleich jmand Teuffel austriebe und alle wunder thete so die Aposteln gethan haben, so wil jch lieber sein ein schuster knecht odder ein schussel wesscherin nach Gottes wort und solchen stand setzen uber deinen duenckel, wenn du gleich koendtest todten auffwecken. Darumb bleibe da bey, das gute fruechte bringen heisset solch leben und gute wercke, die jnn Gottes wort und gepot gehen.

 

[s. 516] Also sind diese wort ‘Aus jren fruechten solt jr sie kennen’, zum warzeichen gesetzt und zum zil gesteckt, darnach man sie richten und kennen kan. Werden wir aber betrogen, so ists niemands denn unser schuld, denn er hat uns nicht jm zweivel gelassen sondern duerr und klar abgemalet. Konnet jr sie nicht urteilen (spricht er) fur den schonen schafskleidern, so mercket nur auff ire fruechte un wercke, ob die rechtschaffen und gut sind. Ja (sprichstu) wie kenne jch die selbigen? moegen doch die selbigen auch wol triegen. Antwort: Du weisst ja was Gottes gepot sind, da sihe ob sie nach den selbigen gehen, Denn jch wil dir gewis burge dafur sein, das kein Rotten geist komen wird, er sols so versiegeln und ein stanck hinder sich lassen, das man sehe das der teuffel da gewesen sey. Und ist auch noch nye keine falsche lere odder ketzerey auffkomen, sie hat das warzeichen mit sich gehabt, so er hie zeigt, das sie ander werck auffgeworffen haben denn Gott gebotten und geordnet hat. Das nu die welt verfuret wird, kompt nirgend her denn das sie der tollen vernunfft folget und lesset Gottes wort unter der banck ligen, achtet nicht was er gebeut, sperret die weil die augen auff nach den larven, wo sie nur etwas seltzams sihet.

 

Wer nu hie wil recht urteilen, der thue wie jn Christus leret, und neme fur sich jre werck und fruechte und halte sie gegen Gottes wort odder gebot, so wird er bald sehen, wie sichs zu samen reimet: Sihe an den aller heiligisten Cartheusser moench mit seinem strengen orden und S. Paulum dagegen mit den zehen gebotten, so wirstu sehen das S. Paulus so einher predigt: Wenn jr Christum habt durch denn glawben, so sey ein jglicher gehorsam und unterthan der oeberkeit und ubet die liebe unternander jnn allen stenden. Sihe da hastu einen rechten spiegel eines Christlichen lebens nach Gottes gepot und ordnueng, Dagegen kompt jhener Rotten geist und sagt: O das ist gemein ding, sind doch viel boeser leut jnn den stenden und ist alles weltlich ding &c.. Ey wir mussen etwas bessers suchen. So gehet er denn hin und macht was sonderlichs und seltzams, koempt getrolt mit einer Cappen odder grawen rock, das sol kostlich leben und ein volkomener stand sein. Bistu aber gefasset mit Gottes wort, so kanstu bald urteilen und sagen: Wo hat dir Gott befolen solch sonderlich stende und werck auff zu werffen widder die gemeinen stende die er geordnet hat? Jch weis gar wol, das viel boeser bueben und fromer leut sind jnn allen stenden, aber was gehet mich das an, wie man derselben missbraucht? Jch bleibe gleich wol bey dem wort das mich leret das solche stende gut sind, ob gleich boese leut drinn sind, da sehe und richte jch nach, Und weil der stand gut ist, so mussen die wercke und fruechte nach Gottes wort geschehen, wie der selbe stand foddert, auch recht und gut sein. Weil er aber dein stand kein Gottes wort hat, so konnen auch [s. 517] die werck jnn dem stand geschehen nicht gut sein Und ist beide bawm und frucht faul und kein nutz.

 

Also hastu ein gewis urteil, das dir nicht feilen kan, wie dich Christus leret an jren fruechten sie zu kennen. Denn jch habe auch nach gelesen von allen ketzern und rotten und funden, das sie alle zu mal allezeit etwas anders gemacht und erfur bracht haben denn Gott gebotten und befolen hat, einer jnn disem, der ander inn jenem artikel, dieser hat verbotten nicht allerley zu essen, der ander die ehe, der dritte die oeberkeit verdampt, und jglicher eigens furgenomen, das sie gewislich alle aus dieser bahn schreiten mussen. Darumb ligtes gar (wie jch gesagt habe) an dem, das man die definicio eigentlich wisse und halte, was Christus heisset gute werck odder fruechte, nemlich das ein gut werck sey das, das durch Gottes wort befolen odder gepoten ist und jnn dem selben gepot gehet, Als ein ehefraw die from ist und jren ehestand recht helt, kan so sagen und rhumen das jr stand von Gott geboten ist und das rechte reine, lauter wort Gottes hat und Gott von hertzen gefellet. Drumb sind jre werck eitel gute fruchte, Also das man richte und urteile nicht nach unsern duenckel gut, sondern was Gott spricht und gut heisset, da bey bleibe: so kanstu nicht feilen wie sie feilen muessen, Denn da stehet das urteil, das sie keine rechte fruechte konnen leren. So helt Gott auch druber, das sie nichts anders mussen predigen denn von lauter erdichten gauckel wercken, Und weil sie die rechten fruechte und werck verachten, als die keinen sonderlichen schein haben, so verachtet er auch jre faule wercke, die sie mit grossem schein auff werffen und sich vermessen besser zu machen denn er gemacht hat.

 

Es ist ein sprichwort von den pfaffen erdacht, und jch meine das der Teuffel selbs jr damit gespottet hat: Da Unser Herr Gott einen pfaffen machet, da sahe der Teuffel zu und wolts jm nach thun und machet die platten zu breit: da ward ein Moench draus, daher sind sie des Teuffels creaturn. Das ist wol lecherlich und spotlich geredt, aber doch die lauter warheit. Denn wo der Teuffel sihet, das Gott gebeut gehorsam und liebe unternander und machet ein fein geistlich volcklin, so kan ers nicht lassen, er mus seine Capell odder kretzmer bey der kyrchen bawen und auch hinnach leren seine moencherey, armut, grawe rocke &c.. Also das allezeit die Moenche des Teuffels pfaffen sind, denn sie eitel Teuffels lere treiben (wie sie auch [1. Tim. 4, 1] Paulus nennet) aus eignem duenckel furgenomen, und Gottes werck uber klugeln und besser machen wollen.

 

Darumb wil nu Christus sagen: Wollet jr sie kennen und urteilen, so haltet euch zum reinen Gottes wort, das jr gewis seyet was die rechten [s. 518] fruchte sind, und sehet wie sie mit den selben uber ein stimmen, so werdet jr gewislich finden, das sie ander ding leren und treiben denn das Gott gepoten hat. Daher konnet jr gewislich auch den bawm prufen, das er nicht gut sey. Und gibt des ein grob, kindisch gleichnis: Kan man auch drawben lesen von den dornen? odder feigen von den disteln? Ja seer wol (meinen sie) solt man das nicht thun koennen? Ja man liesset wol eitel zucker davon, Denn solche werck sind gar viel kostlicher jres achtens denn die Gott gebotten hat. Aber sihe du die zweyerley bewme an, den weinstock odder feigen bawm und dagegen den dorn strauch odder distel: Distel und dorn mogen auch bluhen, aber was bringen sie fur fruecht? Der feigen bawm aber ist so ein einfeltiger bawm, rhumet und brustet sich nicht von seinen fruechten noch blettern, schlehet nicht ehe aus mit blettern denn die fruchte vorhanden sind, sondern ehe mans sihet, bringet er fruchte; So auch der weinstock, der ist so gar on schein und herligkeit als kein ander bawm, ein lauter durr, schwach holtz, noch tregt er die aller sussesten drawben uber alle andern gewechs, da sich ander bewme sperren und bruesten mit blettern und blute, das man solt meinen, sie wurden eitel zugcker tragen und doch nichts uberal geben denn solche sawre fruechte, die kein nutz sind.

 

Also auch hie haben diese den schein und machen ein geplerr mit jrem rhumen von sonderlichen wercken, als wolten sie es allein thun, und wenn es verbluehet, so werden eitel hagenbutten draus, die gar voll steine sind, niemand neeren noch speisen, odder distel kopffe, die nur stechen und kratzen, wenn man sie angreiffet. Denn wenn man Gottes gepot dagegen helt, ob Gott solche werck befolen und geboten hat und dem nehesten zu dienst und nutz geschehen, so findet sichs, das es nirgend zu taug und nur die rechten gute fruechte hindert. Widderumb was die andern stende sind, das hat keinen schein, glentzet und gleisset nicht und bringet doch die aller feinesten besten fruchte und schaffet den grossten nutz auff erden, aber fur Gott und fur denen die mit geistlichen augen erleuchtet sind, das sie es recht ansehen und urteilen konnen.

 

Darumb so spricht er nu ‘Kan man auch von dornen feigen lesen?’ als wolt er sagen: Es mag wol daher bluhen als kostlich ding, aber harre ein weile und sihe, wenns zeit ist das man sol lesen und die fruchte abnemen, was du denn findest. Denn es wird nichts mehr draus denn das man die leute damit betreugt, so auff grosse kostliche fruchte gewartet und doch nichts finden, des sie odder andere sich trosten und geniessen mochten, da zu den schaden thuet, das auch die aller hohest vernunfft durch solch gespenst vom Teuffel angerichtet, betrogen und verfuret wird, so nicht Gottes wort und [s. 519] rechten verstand hat sondern seinem eigen dunckel und andacht folget und meinet, wenn es jr gefellet, so musse es Gotte auch gefallen, So es doch solt umbkeret sein, das ich mir gefallen lasse was ich hoere, das jm gefellet, obs gleich verdrieslich ding ist jnn allen Gottes stenden und dazu viel boeser leut drinnen sind, die solche fruechte verderben gleich wie die boesen wuerme.

 

[Luk. 6, 43. 44] Und solch gleichnis beschleusst er nu mit einem gemeinen spruch, den er [Matth. 12, 33] sonst gerne pflegt zubrauchen: Ein jglicher guter bawm bringet gute fruechte und ein fauler baum bringet arge fruechte &c.. Was ist aber doch not solchs zuleren mit soviel worten, wer weis das zuvor nicht? solts doch ein blinder wol greiffen am strauch, und er helt uns fur solche narren, die solchs nicht wissen? Wolan wer es weis, der wisse es, wir aber wollens lernen und Christus schuler bleiben. Denn es ist, wie gesagt, nicht so leichte kunst zu urteilen jnn diesem thun, da Christus von redet. Es dienet aber dieser spruch zu troesten und stercken die da jnn solchen stenden sind widder der vernunfft fulen und ansehen, das es ein verdrislich wesen sey und viel boeses drinne geschihet, welchs viel leut stuetzig macht, das man sie fur fehrlich helt, als koenne man nicht wol Gotte darinn dienen &c.. Damit sich auch S. Augustinus selbs seer gebrochen und zumartert hat, auch da er schoen ein grosser Doctor war, das ers gerne alles recht gesehen hette und das boese von den stenden scheiden mochte und jm die Pelagianer ketzer viel damit zuschaffen macheten, wie fast alle ketzer solchs haben wollen gar rein machen und mit urlaub gar beschmissen.

 

Aber was darffs man weit suchen? Es ist hie fein und mit kurtzen worten gesetzt: Der stand den Gott geschaffen und geordnet hat, und der mensch so jn solchem stand nach Gottes wort gehet und lebt, der kan nichts bringen denn gute fruechte. Damit kanstu nu dein hertz trosten widder solche gedancken: Ach hat mich dieser odder jener jnn diesen stand bracht, ist doch nichts denn eitel unlust und iamer drinnen; welchs mich selbs offt angefochten hat uber meinem ampt und noch thuet, das wo Gottes wort nicht were, wolt ich lengest verschworen haben eine predigt zuthun und der welt auch urlaub haben geben, wie vorzeiten die Moenche than haben. Aber das thuet der leidige Teuffel, das er einem jglichen seinen stand so schweer machet und die tolle vernunfft so blendet, das sie nicht kan erkennen das ampt und werck, so uns Gott aufflegt und jm hertzlich wol gefellet als eine gute frucht eines guten bawms, Und also selbs jren stand und fruchte verderbt. Denn es were wol ein guter bawm und ein guter stand, aber sie sihets nicht und ligt jn selbs jm weg, das er nicht gute fruechte kan bringen.

 

Darumb lerne deinen stand also nach diesem spruch ansehen, das du koennest daraus schliessen: Nu weis jch, Gott sey lob, das ich jnn einem [s. 520] guten, seligen stande bin, der Gott gefellet, obs wol dem fleisch verdrislich jst, viel muehe und unlust hat, das wil jch alles gerne tragen, Denn hie habe jch den trost das Christus sagt ‘Ein guter bawm bringet gute frucht’, von allen stenden jnn Gottes wort gefasset, ob sie von der welt und den sonderlichen heiligen veracht und gering angesehen sind. Widderumb hore ich das urteil, das ein jglicher fauler bawm arge fruchte bringet, das wenn ich den heiligsten Cartheuser sehe, so sehe jch einen schendlichen faulen bawm, ob er wol kostlich scheinet und nicht soviel unlust und widderstands hat, Denn der Teuffel machets jm nicht so sawr und schweer, wie er den rechten Gottlichen stenden thuet. Darumb gefallen jnen solche stende und werck so wol. Aber so wenig als jch sehen kan jnn meinem stand, das meine frucht gut ist, so wenig kan auch jener sehen, das sein stand und frucht faul und kein nutz ist, Und mus sich also dieser spruch bey jnen umb keren lassen und also heissen: Ein fauler bawm bringet gute fruchte und ein guter bawm bringt boese fruechte, Also das kurtzumb hie die vernunfft nicht urteilen kan noch sehen die gute jres standes und seiner werck noch freude und lust davon haben sondern lobt und preisset das widderspil. Denn wenn mans kunde sehen, so giengen wir jnn eitel freuden und wurden alles mit frolichem hertzen leiden und tragen was uns Gott auff leget, gewis, das weil solcher bawm gut ist, so mussen auch die fruechte gut sein. Also das ein fromer fuhrknecht, wenn er ein fuder mists auff den acker furet, so furet er ein fuder kostlicher feigen und drawben, Aber fur Gott, nicht fur unsern augen, die wir nicht glewben, daher ein iglicher seines stands mude wird und gaffet nach einem andern.

 

Das meinet nu Christus damit das er so durre und stracks schleusst ‘Ein guter bawm bringet gute fruchte’ und widderumb, Und das ers noch stercker mache, setzet er dazu als zum uberflus und spricht ‘Ein guter bawm kan nicht boese fruechte bringen und ein fauler bawm kan nicht gute fruechte bringen’. Wie? kan nicht ein knecht odder magd ein schalck sein, ein man odder fraw die ehe brechen, ein fuerst ein tyrann, ein prediger ein verfurer sein, wie du droben selbs gesagt hast? Wo solt man sonst buben und schelcke finden denn jnn allerley stenden und hendeln?

 

Antwort: Ja das ist leider war, aber so ist der keiner kein guter bawm mehr, denn er trit aus seinem stand und lebt widder Gottes gepot, Wenn er aber jnn seinem stand odder ampt bleibt und thuet was das selbe foddert, so kan er nicht ein boeser bawm sein, Darumb spricht er: Sihe nur zu und bleib ein guter bawm, so wil jch dir zusagen was du thuest, das es nicht kan bose sein. Denn die werck die Gott befolen hat, mussen den preis haben, das sie nicht koennen boese heissen. Was kondten wir nu seligers wuendschen denn das wir solchen rhum und zeugnis von Christo selbs haben widder alle rottengeister und sonderlinge, das wir wissen das wir jnn solchem stand sind, [s. 521] darinn wir nicht konnen boeses thun, so wir nach Gottes wort leben und thun was uns befolen ist, Ja ob gleich etwas boeses mit unterleufft, so wir nicht aus fursatz und mutwillen sondern unwissend odder aus schwacheit zu viel thun, das mus auch gut und geschenkt sein. Summa Du kansts nicht verderben, weil du jnn dem Gottlichen ampt und wort gehest, bleib nur darinn, so sol es nicht konnen boese sein, odder obs gleich sonst sunde were, so sol es nicht boese heissen, sondern zugedeckt und vergeben sein, so redlich soltu durch Gottes wort gesegent sein Gleich als ein feigen bawm odder ander bawm, ob er zu weilen eine wormstichige frucht tregt, noch ist es ein gute frucht jrer art nach on stachel odder dorn, ja ehe er solt on frucht sein, mus er ehe wormstichige fruechte haben on jre schuld. Also sind auch alle werck eines Christen von art gut, weil der bawm gut ist und so lebt, das er gerne wolte eitel gute fruchte bringen, ob gleich zu weilen aus schwacheit des fleisch odder ander hindernis etwas boeses mit unterleufft.

 

Da gegen jene dornstreuche und disteln, solten sie sich zu reissen, so konnen sie keine gute frucht bringen, das ein guter apfel odder feige heisse, Und kein Cartheuser und barfusser Monch, wenn er sich zu tod marterte und bettet, noch kan er nicht ein Vater unser sprechen, das fur Gott gut heisse, noch einig gut werck thun, Sondern je mer er thut und sich engstet gute werck zu thun, je erger ers macht. Denn es ist beschlossen: Eine distel tregt keine feigen nicht und ein dorn hecke keine trawben Und kurtz Ein boeser bawm kan keine gute frucht bringen. Das heisst ja hart und strenge gedrewet und abgeschreckt von allen eigen erweleten orden und stenden, das sie nicht koennen ein einig gut werck thun, Und widderumb trefflich getrostet, das wir die nach Gottes wort leben, nicht koennen boses thun.

 

Darauff beschleusst er nu ‘Ein jglicher bawm der nicht gute fruechte tregt, wird abgehawen und jnns fewr geworffen’: Da hastu das urteil gestellet, so endlich gehen sol uber alle die jre eigen werck on Gottes wort leren und halten, Welche meinen wol, sie wollens ausfuren und dahin brengen, das jr ding sol ewig bestehen, Und dencken, Gott musse jr schonen als der kostlichen bewme und pflantzen und sie zeunen und hegen und auffs beste warten, Sehen aber nicht was fur ein urteil uber sie gangen ist, das er schoen die [Matth. 3, 10; Luk. 3, 9] axt gefasset und an den bawm gesetzet hat, wie Christus anders wo sagt, und [Matth. 15, 13] nirgend zu dienen denn zum hellischen fewr, Denn es stehet geschrieben: Alle pflantzen die mein himlischer vater nicht gepflantzt hat, sollen ausgereutet werden &c..

 

Das hat er nu durch gleichnis und als jn parabolis odder dunckel worten geredt; Nu feret er weitter und wil sich verkleren, was er damit [s. 522] gemeinet habe, und setzet die rechte glose dazu mit hellen durren worten und spricht:

 

[Matth. 7, 21] Es werden nicht alle die zu mir sagen ‘Herr Herr’, jnn das himelreich komen, sondern die den willen thun meines Vaters jm himel.

Das ist: eben die so mir dienen und jr ding rhumen fur den hohesten Gottes dienst und sich mit trefflichen ernst darumb annemen jnns himelreich zukomen und meinen, sie habens fur allen andern, fur den wil jch den himel zuschliessen. Das ist ein schrecklich urteil, das niemand tieffer jnn der helle ist denn die grossen Gottes diener, das ist die aller heiligisten moenche, wie der Teuffel auch ein sprichwort gemacht und seiner heiligen selbs spottet als ein schalck, der seine buberey selbs nicht bergen kan, das man sagt, Die helle sey gepflastert mit eitel platten, Das ist eben das er hie sagt, das die grossten heiligen wollen sein, sollen nicht jnns himelreich komen. Warumb das? Denn sie sagen wol ‘Herr Herr’ (spricht er) aber sie thun nicht den willen meines vaters jm himel. Wie das? Solten sie nicht Gottes willen thun? so sie doch tag und nacht Gott dienen, ja dazu auch wunder thun, wie folget, Wo wolt der ander gemeine hauff bleiben, wenn die nicht solten selig werden? Antwort: Das horestu wol, das er nein dazu sagt und machet eine unterscheid, das zweierley ist ‘Herr Herr’ sagen und seines vaters willen thun, und spricht: Jch mag jr nicht, die feindlich schreyen Herr Herr und komen mit jrer grossen andacht, als musse jch sie gen himel heben, sondern die wil ich, die meines Vaters willen thun: Sie hoffen und vermessen sich wol, das sie nicht allein jnn himel komen, sondern ander leut auch mit jrem verdienst hinein bringen und oben sitzen werden und sonderliche kronen empfahen &c.. Wie sie denn trotzlich rhumen: Solt ein Cartheuser nicht mehr verdienen und ein hoeher stuffe jm himel haben den ein schlechter leye odder eine ehefraw? Was machete er denn jm Closter mit seinem strengen leben &c.. Aber es heisst nicht, Cartheuser odder Gottes diener komen gen himel sondern die Gottes willen thun.

 

Denn das heisset nicht Gottes willen thun, Cappen odder grawe rocke an zihen und von leuten jnns Closter lauffen &c.. Denn davon ist nirgend kein wort geschrieben, sondern das so Christus gepredigt und geleret hat, nemlich das man an Christum glewbe und sich lasse finden jnn solchem stand, der Gottes wort hat, und thue darinn was er gepotten hat. Nim die zehen [Röm. 13] gepot fur dich und sihe wie Sanct. Paulus aus den selbigen alle stend leret, wie die untern den obern sollen trew und gehorsam leisten, die andern unternander lieben und dienen &c.. und ein jglicher seines ampts sol treulich [s. 523] warten: Da findestu nichts von pfafferey und moencherey, grawen rocken noch anderm sonderlichen wesen. Wer nu darnach lebt, der thuet Gottes willen, den er selbs bezeuget hat, Die selbigen hoeren gen himel, nicht die Gottes wort nach gelassen und doch mit grossem ernst und andacht haben Gott wollen dienen, das sie zwey mal sagen ‘Herr Herr’, wo wir andern kawm ein mal sagen, Denn die selbigen sind allzeit viel emsiger und hitziger jnn jrem Gottes dienst denn die rechten Christen, Aber weil sie jren eigen willen gethan haben, so mugen sie auch einen andern Herrn suchen, der sie hore und den himel auff schliesse. Darumb wil er uns abermal hiemit gewarnet haben, das wir uns fursehen und nicht durch solche lassen verfuren, die so grossen trefflichen Gottes dienst fur geben (ob sie gleich auch wunder thetten) soendern dabey bleiben was er gut spricht, das alles jnn seinem gepot gehe und gethan werde, obs wol nicht scheinet noch der vernunfft gefelt, weil wir das warzeichen haben, das kein Rotten geist dabey bleiben noch eine gute frucht leren odder thun kan sondern eitel eigen gedancken aus seinem kopff gespunnen.

 

Das sind nu die ersten die Christus verwirfft, die da koemen und machen [Matth. 24, 5] die welt vol Gottes diensts, wie er von jn verkundigt hat Matth. 24. Es werden viel falsche Christen und falsche Propheten komen und sagen: Sihe hie, sie da ist Christus, und werden viel verfuren, Darnach komen andere, die nicht allein sagen ‘Herr Herr’, sondern auch grosse wunder und zeichen thun; davon spricht er nu weiter.

 

[Matth. 7, 22–23] Es werden viel zu mir sagen an jenem tage: Herr Herr, haben wir nicht jnn deinen namen geweissagt? Haben wir nicht jnn deinen namen Teuffel ausgetrieben? haben wir nicht jnn deinem namen viel thaten gethan? Denn werde jch jn bekennen: Jch habe euch noch nie erkand, Weichet alle von mir, jr ubeltheter.

Das sind erst hohe treffliche leut und werden doch schendlich betrogen und gar unversehens jnn die helle faren, Denn die andern davon er jtzt gesagt hat, faren hinein als gute gesellen, wo sie nicht am letzten end bekert werden, wie jch hoffe, das dennoch jr viel selig worden sind am todbet aus solchem jrthum bekeret, Aber diese wollen des himels gewis sein, heben an mit Gott zurechten und sprechen: sollen wir nicht selig werden? haben wir doch jnn Deinem namen gepredigt und soviel wunders gethan. Wie sol nu das zugehen, das sie sollen zeichen und wuender thun, und da zu jnn Christus namen, und gleichwol gerechnet werden unter falsche Christen und verdampte boese leut? Meinet jch doch, wie es auch war ist, das Gott kein zeichen noch zeugnis gibt [5. Mose 18, 20–22] die luegen zubestetigen, wie auch Mose Deuter .18. fagt: Wenn ein Prophet vermessen ist jnn meinem namen zu reden das jch jm nicht geboten habe, Und du jnn deinem hertzen sagen wurdest: Wie kans ich mercken, welchs wort [s. 524] der Herr nicht gered hat? Wenn der Prophet redet jm namen des Herrn und wird nichts draus und kompt nicht, das ist das wort, das der Herr nicht gered hat: Und stehet doch hie das widderspiel, das sie zeichen jnn seinem namen thun und dennoch falsche boese leute sind.

 

Zum ersten mag dis eine antwort sein, das sie zu vor rechte Christen gewest sind und warhafftige predigt und zeichen gethan haben, Aber darnach davon gefallen sind, Denn das ist der leidige Teuffel, da fur S. Paulus auch [1. Kor. 1, 29. 31; 2. Kor. 11, 30. 12, 7] seine Corinther warnet, wenn sich ein Christen beginnet zu fulen, das er etwas fur andern ist und sonderlichen verstand, weisheit und ander gaben hat, Das er jm selbs gefellet und stoltz wird und wird ein solcher mensch draus der sich selbs aus schelet aus dem korn und bleibet ein lauter lere hulfen, meinet gleich wol, er sey from und wol dran, Wie solcher leut viel gewesen und jtzt auch sind, Denn es ist ein trefflich ferlich ding, wenn Gott einen menschen mit hohen trefflichen gaben ziret, das er nicht stoltz werde und demuetig bleibe. Daher lieset man von einem alten Vater jnn der wuesten, der ein sonderliche gnade hatte Teuffel zu austreiben und viel leuten halff, das alle welt jm nach lieff und schir fur einen Gott hielt. Da begund jn auch die eitel ehre anzufechten, und als er das fulet, bat er Gott das er jn behuttet und nicht liesse jnn hoffart fallen, da lies jn Gott vier wochen vom Teuffel besessen werden und plagen, das er alle sein geschrey verlor und jderman sagt: Sihe der hat andern leuten geholffen, nu ligt er da und kan jm selbs nicht helffen. Also ward er der anfechtung los und bleib jnn der demut. Das sag ich zum exempel an zu zeigen, wie ein ferlich ding es ist umb grosse hohe gaben und der homut allzeit sich daran hengen wil, wie man auch sihet jnn groben eusserlichen dingen, ja jnn dem bettel stab zeitlichs guts und herrschafft. Summa Gottes gaben sind so trefflich edel, wir aber so beschmeisst, das wirs nicht konnen lassen, wir mussen stoltz werden und darauff trotzen, wenn wir sie fulen, Und widderumb verzweiveln, wenn wir sie nicht haben.

 

Das (sage jch) were wol eine antwort, wollens aber hie nicht treiben, wie wol es recht ist, Denn das ist der furnemeste verstand, das er hie redet [Matth. 24, 5] von falschem weissagen und wunderthatten, wie er auch Matth. am 24. sagt: Es werden falsche Christen und falsche Propheten auff stehen und grosse zeichen und wunder thun, das verfuret werden inn den jrthum (wo es muglich [2. Thess. 2, 1 ff.] were) auch die ausserweleten, Und S. Paulus .2 Tessa. 2. von dem Widder Christ, Welcher komet mit allerley lugenhafftigen krefften und zeichen und wundern und mit allerley verfurung zur ungerechtigkeit &c.. Dafur das sie die liebe zur warheit nicht haben angenomen, das sie selig wurden: Also das gewislich jnn der Christenheit mussen falsche zeichen geschehen und die [s. 525] falschen Christen die selben mussen fur rechte warhafftige zeichen halten. Das ist nu sonderlich im Bapstum mit gewalt gangen, wie wol auch jnn der Tuerckey solche pfaffen und sonderliche heiligen viel sind. Davon lese man nu jre bucher und Legenden, sonderlich was die Moenche geschrieben haben, welch ein geschwuerm es ist voll voll eitel wunderzeichen, das doch alles lauter lugen und bueberey ist gewesen. Wie hat man bey unsern zeiten die leute geeffet, mit soviel walfarten Zum Grym tal, zur Eichen, zu Tryer &c.. Und jch selbs habe ettliche moenche gesehen, schendliche boese buben und wilde menschen, die doch den Teuffel austrieben und mit jm spileten, gerade als mit einem kind.

 

Wer kund aber die bueberey erzelen, was man fur Teuffels gespenst getrieben hat unter dem heiligen namen Christi, Marie, des heiligen Creutz, S. Cyriax &c.. das alles die Moench mit gewalt getrieben haben und alle welt darauff gefallen ist und niemand hat durffen dagegen mucken. Da war kein Bapst noch bisschof, der dawidder gepredigt hette, sondern haben alle dazu geholffen, Und ob gleich jmand sich dawider setzet, so ward er uber teubt und mit gewalt eingetrieben, Wie kurtz vor diesen zeiten Bischof Ernst von Sachsen, brach ein mal eine solche Teuffels feldkyrchen ein, aber es bekam jm ubel, das er druber jn kranckeit fiel und fro ward, das er sie widder bawet. Mit solchem gespenst ist nu auffkomen und bestetigt das fegfeur, seel messen, aller heiligen dienst, walfart, Closter, Kyrchen und Cappellen. Ja es haben auch viel geweissagt von zukunfftigen zeiten, als der Liechtenberg und andere, Aber alles geschehen durch den Teuffel, das er seinen grewel und lugen bestetigte und die leut bezauberte und jm jrthumb gefangen hielte, das jm niemand entlauffen mochten.

 

Denn das ist dem Teuffel ein geringes, das er sich lesset austreiben, wenn er wil auch durch einen boesen buben, und doch wol unausgetrieben bleibt sondern eben damit die leut dest stercker besitzet und bestricket mit der schendlichen triegerey. So kan er auch wol zukunfftig ding erraten als ein kluger erfarner geist, wie wol er gemeiniglich mit seinem weissagen der leut spottet und so geugkelt, das mans mancherley deuten mag, und wie es gerett, so hat ers troffen, wie er auch vorzeiten durch seine heidnische pfaffen than hat. So sind denn die leut toll und plumpen ein hin: O hie wonet Gott, da sihet und greiffet man die wunder und zeichen. Konnen nicht rechen, das der Tueuffel eben darumb thuet die leute zu betriegen und verfuren, dencken auch nicht die narren, das Christus solchs alles klerlich zuvor gesagt und uns treulich dafur gewarnet hat durch sich selbs und seine Apostel. Aber es hat so mussen gehen und ist uns recht geschehen, weil wir Gottes wort verachtet und nicht angesehen, das wir Christum verlieren und des Teuffels zeichen [s. 526] annemen musten, Und ist dem Teuffel eben ein recht spiel gewesen, da durch er mit voller gewalt jnn der Christenheit regirete, wie er gesucht hat.

 

Weil wir nu solchs gesehen und leider allzu viel erfaren haben, wie grossen schaden der Teuffel gethan hat durch solche lugen geister und falsche zeichen, sollen wir ja gewitzigt sein und nicht (wie sie vor uns gethan haben) Christus wort lassen ligen und umb sonst gered sein, das uns auch nicht so gehe, wie es jnen gangen ist. Denn es ist eine predigt, ja eine Prophetzey zur warnung geschrieben, aber leider zu langsam denen die vor uns gewesen sind, aber uns noch frue gnug, wenn wirs annemen wollen, das wir uns nicht daran keren, was man rhumet von zeichen und wundern, die Maria und ander heiligen gethan haben, und die selbigen trefflich auff mutzet damit uns von dem wort zu furen, Sondern so klug sein, weil wir diese Warnung haben, das solche falsche zeichen geschehen mussen, das wir keinen blossen zeichen glewben.

 

Denn er hat ja treulich und ernstlich gewarnet, als er von solchen [Matth. 24, 25] wunder zeichen redet Matth. xxiiij. ‘Sihe jch habs euch zuvor gesagt’, Als solt er sagen: Sehet eben zu und halt euch an meine warnung, wo nicht, so werder jr gewislich verfuret, Denn jr habt mein wort, das jr wisset was der wille meines vaters ist: Die zwey haltet gegen ein ander, Hie habt jr meine lere, die euch weiset wie jr leben und thun sollet, dort sehet jr die zeichen so widder diese lere gehen, Das jr also konnet schliessen: Weil ich dort so treffliche zeichen sehe und dagegen hie lere und warnung dazu habe, So wil ich vor zu sehen, wo die zeichen hin aus wollen, und fassen an dem ort da sie zu fassen sind, ob sie auch da zu dienen, das sie meinen glawben stercken auff das wort, nemlich das Christus fur mich gestorben, das jch durch jn fur Gott from und selig werde, darnach das jch meinen stand furen und desselben trewlich warten solle, So finde jch das widderspiel, das sie jren tand damit stercken und bestetigen wollen, und so leren: Lauff zu diesem odder jenem heiligen an, kreuch jnn eine Cappen oder wusten &c.. Da gescheen teglich soviel wunder und zeichen, Da ist so ein heiliger orden &c.. Das heisst gefurt von Christo, aus meiner kyrchen, predigstul, Tauffe und Sacrament dabey jch bleiben sol, dazu von meinem stand und gepotenen wercken, Darumb wil jchs nicht horen noch wissen, wenn auch ein Engel von himel keme und fur meinen augen todten auffweckete, Denn Christus hat mich so geleret und gewarnet: Halt dich zu meinem wort, predigstul und Sacrament, wo das ist, da wirstu mich finden, da bleib bey, darffst nicht weiter lauffen noch suchen, jch werde dir nicht neher komen denn wo mein Euangelion, tauffe, predigampt ist, dadurch jch jnn dein hertz kome und mit dir rede, Jtem das er sagt: Sey du Vater odder mutter, furst, herr, unterthan und gehorsam &c.. [s. 527] und bleib jnn deinem stand, Da horestu jn reden und selbs gegenwertig: Was lauffestu denn noch als ein unsinniger mensch zum stock und stein, da kein Gottes wort gepredigt wirt und doch durch des Teuffels zeichen die augen auff sperren, als were Christus da, da sein wort nicht ist.

 

Sihe so solt man die Papisten zurueck schlahen, die mit jrer gewonheit, vetern, Concilien und soviel zeichen und mirackeln her scharren, dadurch sie jr ding wollen bestetigt haben. Und nur kurtz geantwortet: Wolan las uns beyderley gegen ander halten: Da hab jch Christus wort, des ich gewis bin und schon auffs aller gewaltigst bestetigt ist durch alle welt, So zeigest du mir dagegen ewr lere und zeichen, die mich auff rosenkrentz, walfart, heiligen dienst, messen, muencherey und andere sonderliche erwelete werck furen, Da ist nichts von Christo noch vom glawben, Tauffe, Sacrament noch gehorsam und guten wercken, so ich jn meinem stand gegen dem nehesten uben sol, wie mich Christus leret, sondern eben das widderspiel. Darumb konnens nicht rechte zeichen sein, sondern ist beide lere und zeichen des Teuffels betrug. Also kondten wir fein alle falsche zeichen kennen und urteilen Und sagen: zeichen hin zeichen her, So kere ich mich nicht dran, ob du gleich fur meinen augen todten auff wecketest, Denn das kan alles triegen, Aber Gottes wort treuget mir nicht. Denn der Teuffel wol kan die leute effen und bezaubern, das er einen menschen ein zeitlang fur tod helt und darnach lesset widder zu sich selbs komen, als were er von todten erwecket, odder kan einem ein auge odder ander gelied verderben und darnach widder gesund machen, das man meinet, es sey durch wunder zeichen geschehen. So verhenget auch Gott, das auch wol rechte wunder geschehen zur straffe dere so die warheit nicht achten, [2. Thess. 2, 9–12] wie S. Paulus sagt, und den andern zur warnung. Denn man ubermachets auch so gar, mit seines worts verachtung und undanck, das kein zorn gnug ist solchs zustraffen, Wie es uns auch widder gehen wird, wenn die welt lang stehen sol, die sich so hoch versundigt, das es viel erger mus werden mit allerley jrthum und zeichen.

 

Denn weil die welt schlecht wil das Wort verachten und nicht hoeren und nach anderen gaffet, so wil er jr auch gnug schicken, das sie verfuret werde jnn abgrund alles jrthums, Wie bisher gangen ist, da man jnn allen kyrchen, Clostern, schulen nichts anders gepredigt und gelert, alle bucher vol gekleckt hat solcher lugenhafftigen zeichen, Und kein ander ursach gehabt denn das solche zeichen geschehen sind, als were es nicht gnug verkundigt, das so solte geschehen und die leut dadurch verfuret werden, das auch die auserweleten kawm vom jrtumb erloset solten werden. Und geschihet jn ja recht, die sich so liderlich verfuren lassen und nicht wollen solche warnung annemen, Denn er hat das Wort geben, wie man glewben und leben sol, und dazu mit zeichen [s. 528] gnug bestetigt, da wil ers bey bleiben lassen und druber halten und kein anders machen. So wollen sie ander new lere und bessere stende auffwerffen widder Gottes wort und die rechten zeichen.

 

Darumb spricht nu Christus: Jch werde mich nicht dran keren, ob sie gleich werden rhumen ‘Herr haben wir doch jnn deinem namen viel wunder und thaten gethan’, Sondern ein urteil uber sie sprechen, das heisset: ‘Jch habe euch noch nie erkand, Hebt euch von mir jr ubeltheter’ &c.. Wie so lieber Herr sind doch die zeichen und wunder da, das mans nicht leugken kan? Ja (wird er sagen) warumb habt jr denn mein wort faren lassen durch meine zeichen bestetigt und anders auff bracht, davon jch nichts weis und die welt nach ewerm kopff regirt und dem nachgefolget? Weil jr denn mein wort verachtet noch meines Vaters willen gethan habt, so wil jch ewr auch nicht wissen und kein gnade haben. Des versehen sie sich jtzt nicht auff erden, meinen sie werden die nehesten bey Gott sein, aber sie werdens alzu plotzlich erfaren.

 

Das ist nu der rechte verstand dieses text, das er redet von solchen zeichen, so die falschen lerer thun jre lere zu bestetigen, die er nicht wil kennen weder mit jren zeichen noch weissagung &c.. Uber das aber ist nu ein scherffere disputatio, weis nicht ob sie hieher gehoret, das Gott zu weilen warhafftige zeichen geschehen lesst durch bose leut, die Gott durch sie thuet: [Ev.Joh.11 [so], 50] Wie Caiphas der hohe priester weissagte Joh. xij. und Bileam Numeri .24. [4. Mose 24, 2 ff.] welcher hat die aller schonste predigt gethan von Christo, wie Moses selbs sagt, das der heilig geist Gottes jnn jn gefaren sey und widder seinen willen weissagen muste, wie auch Caiphas, Und ist nicht zu leugnen das auch Judas als Christi Apostel viel zeichen gethan habe so wol als die andern Apostel und juenger: Was wollen wir hie zu sagen?

 

Darauff hat S. Johannes selbs geantwortet, als er sagt von Caipha [Ev. Joh. 11, 51] ‘Weil er Hoher priester war desselbigen jars, weissaget er’, Denn das kan wol geschehen das ein solche person die jnn offentlichem ampt odder eine regirende person ist, weissaget odder wunder thuet und viel guts und grossen nutz schaffet, viel leut zu Gott bringet und doch die person fur sich selbs nicht from ist und zum Teuffel feret, Als ein prediger ist jnn einem offentlichen stand und eine ampts person, und wenn mans recht ansehen wil, so thuet ein solche person die alle grossten werck, zeichen und wunder, so auff erden geschehen, Denn durch sein ampt, wort und Sacrament das er dir reichet, bringet er dich zum glawben, erret dich aus des Teuffels gewalt und vom ewigen tode und furet dich gen himel jnns ewige leben, welchs ist weit uber alle eusserliche zeichen und wunderthaten, Und kan doch wol selbs ein glawbloser boser mensch sein.

 

[s. 529] Darumb mus man hierinn jmerdar auff Gottes wort sehen und nach dem selbigen richten, nicht nach der person. Nu hastu droben gehort von solchen zeichen, die da geschechen ander ding zubestetigen denn Gottes wort, davon nichts jnn der Schrifft ist. Hie aber sind solche zeichen, die sich dahin zihen, das Gott gered und bestetigt hat: Als des hohen priesters Caiphe prophezey gieng dahin, das Christus mit seinem tod solt die welt erlosen &c.. das war ein rechte kostliche weissagung, ob ers wol gifftig und boese meinet, Also auch der prophet Bileam, ob er wol ein schalck war, doch weissagt er recht als ein prophet von Gottes volck und Christo und redet Gott durch jn. Wo nu ein prediger sein ampt recht furet und jnn krafft des selben zeichen thut, da sol man jn horen. Wenn er aber wolt aus der bahn tretten und einen andern weg gehen, ander ding zustifften ausser seinem ampt, so were es nicht mehr ein rechter, sondern ein falscher prophet, Also auch wenn der Apostel Judas gepredigt und wunder than hat, der doch des Teuffels war, wie Christus sagt, ist es doch aus krafft des Apostel ampts geschehen, Christum zubestetigen, das dadurch die leut an jn glewbeten: Dem nach richte von allen so ein ampt haben jnn der Christenheit. Denn sie sind nicht alle Christen noch frome leut, die jm ampt sind und predigen. Da fragt auch Gott nicht nach, Sondern die person sey wie sie wolle, so ist doch das ampt recht und gut und nicht des menschen sondern Gottes selbs: Als Caiphas weissagt nicht als Caiphas, ein morder und boser bube, sondern als ein hoher priester, Also der pfarrer odder prediger teuffet und bringt zum ewigen leben nicht als Er Johan Pomer sondern als ein pfarrer, Denn das ampt zu ehren und bestetigen lesst Gott solchs geschehen. Weil nu Judas jm rechtem offentlichem ampt ist, das Christus geordnet hat, darumb ist das ampt jnn jm geehret, nicht die person.

 

Denn also gehets auch jnn weltlichen sachen, wie Salomon spricht [Spr. 16, 10] proverb .15. ‘Divinatio in labijs regis’, ‘Des Koenigs mund weissaget’, Das ist: alles was die Oberkeit ordnet, das ist recht und Gott bestetigts. Darumb wenn sie ubeltheter urteilet und straffet nach jrem ampt, das ist Gottes urteil, das er droben jm himel spricht und wil gehalten haben, obs wol sonst ausser dem ampt verboten ist. Also machet die schrifft alle so jm Gottlichen ampt sind, zu Propheten oder weissagern, ob sie wol offt fur jre person [Spr. 8, 15] schelck und tyrannen sind, Wie Salomon abermal sagt Prover .9. ‘Durch mich regiren die Koenige’, Das ist: jr gesetz und urteil ist mein gesetz und urteil und alles was sie des thun von ampts wegen, wenn sie recht regiren, Und sind doch nicht deste weniger das mehr teil jnn der welt grosse schelck darunter, die des Rechten und jrer gewalt getrost mis brauchen, Noch wenn sie jnn jrem ampt bleiben und thun wie das Recht foddert, so ist es alles Gottes geschefft. Jst es doch auch also, wenn man erunter kompt, da ein [s. 530] furst odder herr einem diener befelh gibt odder seine gesandten aus schicket, das man die selbigen horet und ehret, ob sie gleich boese buben sind, nicht umb jren willen sondern umb jres herrn willen, welchs ampt und befelh sie mitbringen &c..

 

Weil nu Gott solchs thuet jnn weltlichem wesen, viel mehr wil er druber halten jm geistlichen wesen, das sein ampt und dienst schefftig und krefftig sey. Darumb sind es (wie gesagt) eitel wunder zeichen, wenn ein pfarrer predigt odder teuffet, so ferne er das Euangelion und die tauffe recht lesset bleiben, er sey sonst from odder boese, Und ob er wol als ein unchristen den schatz selbs nicht hat, doch empfehet ders der das wort annimpt und gleubet. So nu solche zeichen und wunder geschehen durch das predigampt, das dadurch die seelen von sund, tod und Teuffel erloset werden, wie viel mehr kan es geschehen mit andern geringen eusserlichen wunder zeichen jm leiblichen wesen, die der seelen nicht helffen?

 

Darumb mus man hie auch wol unterscheiden die zwey stuck Ampt und person, das man nicht umb der person willen das ampt verwerffe, wie gemeiniglich geschicht (wo einer from ist, da sind jr zwentzig boese) Sondern darnach sehe, ob das ampt und zeichen dahin gehen und dienen die lere zu preisen und zubestetigen, das man an Christum glewbe und sich reime mit dem das er gered, gebotten und gestifft hat. Wenn du solchs sihest, so sprich: Diese predigt ist recht, ob gleich die person nichts taug, das zeichen wil jch annemen, aber nach der person wil jch nicht fragen &c.. Wo das nicht ist, soltus nicht annemen noch glewben, die zeichen sein so gros und die person so heilig und so kostlich als sie wolle. Aber hie sind auch viel Bischove, prediger und jn andern emptern, die da meinen das Gott jre person ansehen musse, und damit verfuret werden, wie jch droben gesagt habe. Darumb wirds sie es auch nicht helffen, ob sie gleich am juengsten tag wollen rhumen und sagen ‘Herr haben wir doch jnn deinem namen viel zeichen gethan’, Denn Gott hat jn solchs nicht geben umb jrer person sondern umb jres ampts willen und nicht fur jre person sondern von ampts wegen gethan dasselbige zubestetigen.

 

Das ist nu gesagt von offentlichen ampts personen, durch welche zeichen und wunder geschehen, deren etliche from, etliche boese sind, welchs dem ampt nichts nimpt noch gibt. Was sagstu aber von den die da wunder thun und [Luk. 9, 49. 50] weissagen und doch nicht jm ampt sind? wie man liesset Luce .9. von etlichen die da zeichen thaten und doch nicht Christi Juenger waren, das die Aposteln solchs Christo an zeigten und sprachen ‘Meister wir sahen einen, der treibt die Teuffel aus jnn deinem namen, und wir wereten jm, Denn er folget dir nicht nach, Er aber antwortet ‘Weret jm nicht, Denn wer nicht widder uns ist, der ist fur uns’ &c.. Das war ja eine einzele person, dem nicht das ampt von [s. 531] Christo befolen war, und sagt doch, man solt jm nicht weren und setzet ursach [Mark. 9, 38. 39] dazu Marci .9. ‘Es ist niemand der eine that thue jnn meinem namen und muege bald ubel von mir predigen’.

 

Antwort: Das ist war, wie ich gesagt habe, das Gott kein zeichen von boesen menschen geschehen lest, sie seyen denn jm offentlichen ampt, weil Gott nicht zeichen gibt jrer person sondern des ampts halben; Wo aber rechte zeichen geschehen von einer einzelen person, so mus gewislich die selbige person from sein, Als etliche sind die sonderliche offenbarung haben durch trewme und gesichte &c.. Aber die selbigen zeichen mussen auch dahin gericht sein, das sie Christum und das Euangelium preisen und fordern. Also hastu zweyerley zeichen die da gut und rechtschaffen sind, Erstlich so geschehen von fromen personen die da Christen sind, darnach auch wol von boesen, doch die da jm ampt sind und recht leren. Aber das man sich ja allzeit richte nach diesem gewissen pruefestein, welcher gehen sol durch allerley personen, Gott gebe sie seien from odder unfrom, jm ampt odder ausser dem ampt, ob sich die zeichen dahin lenden, das Christus damit gepreiset und dein glaube dadurch gefordert werde. Spuerestu aber das sie dich anders wohin weisen als walfarten lauffen, heiligen anruffen, seelen jm fegfewr loesen und summa auff deine werck verlassen und eigene gerechtigkeit gruenden, So sprich: wenn du mir alle wunder thetest, das ichs sehen und greiffen mueste, so glewbe ich dir doch nicht, denn Christus hat mich gnug dafur gewarnet.

 

[5. Mose 13, 1–3] Diese regel hat auch Gott selbs jnn Mose gestellet Deuter .13. ‘Wenn ein Prophet odder trewmer unter euch wird auffstehen und gibt dir ein zeichen odder wunder und das zeichen odder wunder kompt, davon er dir gesagt hat, Und spricht: Kompt lasset uns andern Gottern nach wandeln (die jr nicht kennet) und jn dienen, so soltu nicht gehorchen den worten solchs Propheten odder trewmers’ &c.. Da hat er auch die causam finalem gesetzt, dabey man sie erkennen und recht faren sol: Wenn sie dahin wollen, das du ander Gottes dienst auffrichten solt, das ist nicht bey der einigen, reinen lere bleiben sondern was anders daneben anfahen, da sol man nicht glewben, wenn es gleich [5. Mose 13, 3] schneyet mit wunderzeichen. Und deutet es selbs weiter und spricht: ‘Denn der Herr ewer Gott versucht euch also, das er erfare, ob jr jn von gantzem hertzen und von gantzer seelen lieb habt’ &c.. Als solt er sagen: Er wil euch beweren, wie fest jr haltet an der lere, die da bereit gestifftet ist und jm schwang gehet.

 

Summa Es heist: widder die bestettigte lere sol man keine wunder noch zeichen annemen, wie gros und viel sie jmer geschehen mogen, Denn wir haben [Matth. 17, 5] Gottes gepot, der da von himel gepoten hat: Hunc audite, Den Christum solt jr allein horen. Dazu haben wir auch diese warnung, das falsche Propheten komen werden und grosse zeichen thun, aber alle des holtzwegs abfuren [s. 532] von Christo auff ander ding. Darumb ist kein ander rat dafur denn das man die lere wol gefasset und allzeit fur augen habe, so kan man fein alles darnach urteilen, obs das Euangelion odder dein glaube dich leret, so du alle tag betest, welcher heisst: Jch glewbe allein an Christum fur mich gestorben &c.. odder was anders ist. Nu wir sind gnung gewarnet, wer sich wil dran keren, Aber es hilfft doch wenig bey dem grossen hauffen, wie es auch vorhin nichts geholffen hat und jch halt gewislich dafur, wenn heut einer hie aufftrette und thete nur ein zeichen, so wurde es alles mit hauffen zu fallen, Denn also pflegt der tolle pobel, wenn man jm was newes erfur bringet und die augen auffsperret, das er alles lesst stehen, wort und lere, und gaffet nach jenem, ob man sich zu tod dawidder schrye, Wie sichs bisher mit groben greifflichen lugen und unverschampter triegerey hat lassen effen und bey der nasen furen, wo nur ein bube ist auffgetretten und gelogen hat von newem heiligthum, newen walfarten &c.. und hinach gelauffen wie die unsinnigen. Das machet der schendliche furwitz und uberdrus unsers fleisch und bluts und der leidige Teuffel dazu, das allzeit die zeichen und wunder, sonderlich die falschen, mehr nach sich zihen denn auch die rechtschaffene. Denn das Christus sampt seinen Aposteln und andere haben wunder gethan, das sihet und achtet man nicht, Aber das jrgend einer einen Teuffel austreibet, das gehet uber alle. Wolan wer sich nicht wil warnen lassen und willig verfuret werden, darff uns die schuld nicht geben.

 

[Matth. 7, 24–27] Darumb wer diese meine rede horet und thuet sie, den vergleiche jch einem klugen man, der sein haus auff einen felsen bawet: Da nu ein platzregen fiel und ein gewesser kam und webeten die winde und stiessen an das haus, fiel es doch nicht, denn es war auff einen felsen gegruendet. Und wer diese meine rede hoeret und thut sie nicht, der ist einem toerichten man gleich, der sein haus auff den sand bawet. Da nu ein platzregen fiel und kam ein gewesser und webeten die winde und stiessen an das haus, da fiel es und thet einen grossen fall.

Das ist der beschlus und das ende davon, daran es gar ligt: Wer diese predigt nicht allein mit den oren hoeret sondern thuet, der ist ein weiser kluger man, Denn die lere ist wol gut und koestlich, aber es ist nicht umb hoerens willen gepredigt, sondern das mans thue und jns leben bringe, Und sonderlich weil wir jmerdar jnn der fahr stehen von falschen propheten und wunder thetern, Das man dencke und solche lere und warnung anneme, weil wirs hoeren und haben beide lerer und schueler, Denn wenn mans dahin wil sparen, bis das stundlin hergehet und der tod und Teuffel zu uns daher ein stuermet mit seinen platzregen und sturmwinden, so ist es zu lang geharret. Darumb heisset es nicht allein hoeren und koennen sondern thuen und kempffen. Sie [s. 533] hoerens auch, die da sagen “Herr Herr”, wie bisher Bapst, Bischove, Koenige und alle wellt gehoeret haben und die mess pfaffen und Monche teglich gelesen, gesungen und gedoenet haben, Aber gethan hat es keiner, gepredigt auch nicht, sondern sind bey jrem falschen Gottes dienst und falschen zeichen blieben und ander leut darinn gesterckt. Darumb ob sie gleich viel gehoeret und auch wunderzeichen gethan haben, so haben sie doch nicht Gottes willen gethan, Denn sie bleiben nicht bey der lere von Christo und rechten guten wercken, sondern fallen auff jre eigene werck on glawben und liebe gethan, Das man bey allen monchen und pfaffen nicht ein rechtschaffen werck findet, Denn sie der keines thun dem nehesten zu dienen odder helffen sondern nur das jre damit suchen Und also gar on glawben, liebe und gedult sind. Darumb wird bey jnen gar nichts gethan, wie Christus sagt, ob sie gleich auch die rechte lere hoeren, Denn sie hafftet nicht bey jn, denn jre hertzen sind nichts denn eitel sand.

 

Aber nichts deste weniger haben sie (wie gesagt) viel zuthun und zu leren, auch mehr denn die rechten prediger und Christen, damit sie auch den leuten eine nasen machen. Denn ein waldbruder odder Cartheuser scheinet gar viel mehr mit seinem strengen geistlichen leben und thun denn S. Paulus odder ein rechter prediger und Christen, Denn die eusserliche larven der sonderlichen werck und Gottes diensts fuellet die augen, das da gegen ein gemein Christen leben nichts scheinet. Darumb manglets jnen am thun, leren und glewben nicht, Aber da scheidet sichs (spricht Christus) das sie meine lere wol hoeren, aber thun wollen sie nichts on was sie selbs erdacht haben. Auff der bahn kan ich sie nicht behalten, das sie theten was ich sie lere. Wenn wir Christen so vleissig weren jnn unsern wercken als sie jnn jren, so weren wir lauter heiligen, Aber es wird nicht draus auff beiden seiten: Wir sind faul und unvleissig, so thun sie allzu viel, aber der rechten werck thun sie gar keins, So haben wir (Gott lob) dennoch das vorteil, das wir ja ein wenig anfahen zu gleuben und lieben und auff der rechten bahn sind, wie schwechlich es auch gehet.

 

Solchs beschleusst er nu mit einem schonen gleichnis, wie es denen beiden endlich gehen werde: Wer meine lere horet und thuet, der ist ein feiner kluger bawmeister, der nicht auff den sand bawet sondern suchet zuvor einen starcken fels zu einem grund, wenn er den hat, so bawet er drauff, das es bestehen und die wehre haben moege, Wenn denn kompt wetter und platzregen aussen und oben zu und gewesser unten und wind mitten ein, wollen den grund weich machen und umbreissen, so stehet es dagegen unbeweglich, als wolte es jn allen trotz bieten, Wer aber den baw auff einen sand setzet, das stehet so lang, bis der regen und wasser weg wesschet und der wind umb reisset, das es uber eim hauffen ligt odder wol von sich selbs einfellt. Mit solcher [s. 534] gleichnis wil er uns treulich gewarnet haben, das wir ja zusehen und seine lere fest halten und den Christum nicht aus dem hertzen lassen als unsern einigen gewissen grund und Eckstein unsers heils und seligkeit, wie jn [Eph. 2, 20; 1. Petri 2, 7; Jes. 28, 16] S. Paulus und S. Petrus aus Esaia .28. nennet. Wenn wir darauff gegrundet und erbawet stehen, so wollen wir wol unumbgestossen bleiben und die wellt und Teuffel mit allen falschen leren und rottengeistern lassen her regen, schlossen und schlacken und allerley fahr und not herbrausen und sturmen.

 

Den trotz und sicherheit koennen jene elende toerichte leute nicht haben, denn sie stehen nicht auff dem felsen, das ist auff der lere von Christo, sondern auff den triebsand jres eigen dunckels und trewme. Darumb wenn die not daher gehet, das sie mit dem Teuffel und tod kempffen sollen, da fuelen sie denn, wie sie jr vertrawen auff einen losen sand gesetzt haben und jre stende und werck nicht bestehen koennen, Wie ich selbs viel erfaren und gesehen solcher armen leute, furnemlich jnn Cloestern, die solchs wol gefulet haben, das sie zu letzt wansinnig sind worden fur schrecken und bloedigkeit des gewissens und etliche jnn ewigem verzweiveln blieben. Das machet das sie auff jr eigen wesen, andacht und gute meinung gebawet hatten und von Christo nichts wusten: Das war ein recht zimer und geruest fur den Teuffel, das er mit freuden kund einreissen und alles jnn einen hauffen werffen.

 

Solchs hat auch S. Bernhard selbs muessen fulen und bekennen, der doch uberaus ein streng leben gefuret hatte mit beten, fasten, casteyen &c.. das jm nichts manglet und allen andern zum exempel fur gesetzet, das ich keinen unter den moenchen weis, der besser geschrieben und gelebt habe, noch da es mit jm jnn tods not kam, muste er selbs solch urteil uber sein gantz heilig leben sprechen: O ich habe verdamlich gelebt und mein leben schendlich zubracht. Jhe wie so, lieber S. Bernhard? bistu doch dein lebtag ein fromer moench gewest? ist denn keuscheit, gehorsam, dein predigen, fasten, beten, nicht koestlich ding? Nein (sagt er) es ist alles verloren und gehoeret zum Teuffel: Da kompt der regen und wind und reist grund, bodem und baw alles uber einen hauffen, Das er hette muessen ewiglich verdampt sein durch sein eigen urteil, wenn er sich nicht hette herumb gelencket und an seinem schaden gewitziget aus der moencherey getretten und einen andern grund ergriffen hette und sich an den Christum gehenget und jnn dem glawben den die kinder beten, erhalten were, da er sagt: Ob ich wol des ewigen lebens nicht werd bin noch durch eigen verdienst vermag zu erlangen, Aber mein Herr Christus hat zweyerley recht dazu, ein mal als ein Herr und erbe des selbigen von ewigkeit, Zum andern durch sein leiden und sterben erworben, das erste behelt er fur sich, das ander schenckt er mir &c.. Also haben alle monche und pfaffen und was [s. 535] da hat wollen heilig sein, die selig sind worden, aus jrer cappen und allen wercken kriechen und an den Christum mussen hengen, wiewol es jn gar sawr ist worden, Denn es ist gar schweer, das ein mensch so sein gantzes leben jnn solcher eigen heiligkeit zubracht und sich drauff verlassen, sol sich jnn einer stund eraus schwingen und sich allein auff Christum werffen. Darumb warnet er und vermanet, das wir solche seine lere angreiffen und thun, weil wir zeit haben, ehe die not und letzten zuege uns uber eilen.

 

So hat nu unser lieber Herr diese schoene predigt volendet. Nu beschleust der Euangelist, wie alle wellt hat mussen zeugnis geben, das es viel anders geleret war denn sie vor gehort hatten und gewonet waren:

 

[Matth. 7, 28–29] Und da Jhesus diese lere volendet hatte, entsatzte sich das volck uber seiner lere, Denn er predigt gewaltiglich und nicht wie die Schrifftgelerten.

Damit zeigt er was die Schrifftgelerten fur prediger und lerer gewest, nemlich das es eitel kalt, lose, faul geschwetz gewesen ist, mit keinem ernst noch gewalt Gottes gepot getrieben und ausgestrichen haben, Gleich wie unser Lumpen wesscher bisher auff der Cantzel nicht anders denn von fegfewr, Ablas, Cappen, Rosenkrentzen, kertzen auff stecken gegeifert haben, Aber er hat anders drein griffen, das sie vor nicht gehoret hatten, die rechte lere und leben gezeigt und die laster gestraffet. Also das sie alle fuleten, das der man die lere mit gewalt hatte und alles lebte und lauttet, als hett es hend und fus, und musten sagen, das es mit gewallt gepredigt hiesse, da der andern los, ledig, ja ein lauter tod gewesch war, Darumb thun jtzt unser Papisten klueglich, das sie sich selbs jrer faulen lumpen schemen und schweigen und heben an auch ein wenig uns nach und aus unsern buechern zu predigen vom glawben und guten wercken, wie wol sie es doch verkeren und verderben, als den es kein ernst ist recht zupredigen noch die gnade haben, das sie es konden verstehen.

 

Am end ist noch uberblieben zuhandlen eine frage, weil wir jnn dieser predig gehort haben, das Christus so hart dringet auff die werck, da er sagt, Die armen sollen das himelreich haben, die barmhertzigen sollen barmhertzigkeit erlangen, jtem Es sol jnn jm himel belonet werden, die umb seinen willen verfolgung leiden und was der mehr hernach ist jm end des .5. capitels: ‘So jr liebet die euch lieben, was werdet jr fur ein lohn haben?’ und jm 6. Capit. von almosen, fasten und beten: ‘Dein Vater der jnn das verborgen sihet, wird [s. 536] dirs vergelten offentlich’ &c.. Aus welchen spruechen schliessen die unverstendigen falschen prediger, das man durch unser werck und thun jnns himelreich kome und selig werde, Und bawen darnach darauff jre stiffte, Cloester, walfarten, messen &c..

 

Wie wol aber diese frage ein wenig scharff jst und mehr gehoeret jnn die Schul unter die gelerten denn auff den predigstul fur den einfeltigen gemeinen man, doch weil es so offt im Text fur fellet, muessen wirs nicht gar ubergehen und ja etwas davon sagen, Denn es ist ja not, das ein jglicher ein wenig ein unterscheid wisse unter der gnade und verdienst. Denn die zwey leiden sich nicht mit einander: Wo man gnade predigt, kan man warlich nicht verdienst predigen und was gnade ist, das kan nicht verdienst [Röm. 11, 6] sein, ‘sonst were gnade nicht gnade’ spricht S. Paulus Rom. 11. Das hat ja keinen zweivel, darumb wer die zwey unter nander menget, der machet die leut jrre und verfuret beide sich und die jm zuhoeren.

 

Wolan wir wollen jtzt die scharffe antwort lassen anstehen und auffs groebste so wir muegen davon reden: Und erstlich sol man ja das fest halten, das ein grosse unterscheid ist unter dem glawben odder Christlichem mesen und unter seinen fruechten, wie ich offt gesagt habe, Denn nach dem Christlichem namen und wesen ist keiner anders denn der ander, haben alle zumal gleichen schatz und einerley guter, Denn S. Petrus hat kein ander besser tauffe denn S. Paulus und ein kind das gestern geborn ist, kein geringer Tauffe denn S. Johannes der Teuffer odder S. Peter und alle Apostel: So haben sie auch keinen andern bessern Christum denn der geringste Christen.

 

Wenn man nu hieher sihet, so gilt kein verdienst noch unterscheid, Denn der geringste Christen empfehet eben so wol den selben leib und blut Christi jm Sacrament, Und wenn er das Euangelion horet, so horet er eben das selbige Gottes wort das Petrus und Paulus gehort und gepredigt hat, Jtem so kan auch kein heilige kein ander noch besser Pater noster beten noch andern Glawben und zehen gepot sprechen und bekennen denn jch und ein jglich kind teglich betten. Das ist ia so klar, das es jderman verstehen und wol greiffen kan, Also das jnn dem stueck daher wir Christen heissen, gar kein ungleicheit noch furzug der personen ist, sondern einer wie der ander, man, weib, jung, alt, gelert, ungeleret, edel, unedel, fuerst und bawr, herr und knecht, grosser odder kleiner heilige. Wie nur einerley Christus und glawbe ist, Gleich wie die Sonn am himel einerley ist gegen jderman, leuchtet einem bawrn so wol als einem Koenig, einem blinden so wol als einem scharffsehenden, der saw auff der gassen so wol als der aller schonesten frawen auff erden und scheinet so bald auff einen dorn als auff eine rosen, auff einen kot als auff ein purpur, Und ist eben die selbe Sonn, die dem armesten bettler und die dem grossesten Koenig odder Keiser scheinet.

 

[s. 537] Aber darnach wenn man beginnet zu komen jnn das eusserlich wesen und unser thun, Das jch so ein Christen und getaufft bin, uber das auch ein prediger bin, so jch wol on das ein Christen sein kunde: Da wird es nu ungleich und gehet an die mancherley unterscheid unter den Christen, nicht als Christen noch nach dem Christlichen wesen sondern nach den fruchtuen desselben, Dem nach bin jch ein prediger, das ist ein solcher Christ, der das Wort den leuten furtragen, die betrubten trosten, die jrrigen und unwissenden unterrichten sol &c.. So ist dieser ein hausvater odder handwercks man, der sein haus regiren und seins handwercks warten, weib und kind neeren sol, Da ist bereit ein ander man denn jch und du, Noch mus jch sagen: Dieser ist so wol ein Christ und hat eben soviel von der Tauff, Gottes gnade und ewigem leben als jch und alle andere Und ist nichts geringer jnn Christo denn jch, Und ist hie keine unterscheid unter frawen noch man &c.. Noch thuet die frawe ander werck, die der man nicht thuet, und widderumb Ein knecht andere denn der herr, ein prediger andere denn ein burger, Also ein kind gegen dem Vater, ein schuler odder junger gegen dem meister, deren jglicher sein eigen werck odder fruchte hat, Und also allenthalben unterscheid wird jnn dem eusserlichen wesen, die doch alle zu gleich Christen und nach dem jnnerlichen wesen eines sind, Denn es ist nicht mehr denn ein Christen stand, wie nur einerley naturlich wesen ist aller menschen.

 

[1. Kor. 15, 41] Das sihet man auch am himel (sagt S. Paulus 1. Cor. 15.) das so mancherley sternen und ein ander ungleich sind, einer gros, der ander klein, einer klar, der ander dunckel leuchtet, Und doch nur eine Sonn und ein himel ist, Jnn dem sind sie gleich, das sie alle an einem himel stehen und einerley Sonne haben, Und doch ungleich nach der grosse und klarheit, Also ist auch [1. Kor. 15, 39] auff erden (sagt S. Paulus weiter) nicht alles fleisch einerley fleisch, sondern ein ander fleisch ist der menschen, ein anders des viechs, ein anders der vogel, Jnn dem das sie fleisch sind, sind sie alle gleich und hat eines so wol seine gelieder, heubt hertz, magen &c.. als die andern, noch ists gar ein unterschiedene natur unter menschen, thiern, vogeln und fischen.

 

Wenn du nu von einem Christen wilt reden odder jn abmalen, so mustu jn also malen, das er keine unterscheid hat unter andern und einer aller dinge ist wie der ander, Denn darnach must du jn nicht malen, das er ein man odder weib, prediger odder leye, furst odder bettler, handwercks man odder Chartheuser moench ist, Denn er gehet jnn der unterscheid keiner, sondern bleibt jnn der vergleichung und einigem wesen, das er gleich so gut und heilig ist als Petrus und Paulus und keiner mehr und besser ist denn er. Denn [s. 538] wo S. Petrus besser were denn jch nach dem Christlichen wesen, so muste er einen bessern Christum, Euangelium und tauffe haben, Weil aber das gut so wir haben, aller dinge einerley ist, so mussen wir jnn dem alle gleich und keiner uber den andern zu heben sein, Das mag wol sein, das einer mehr [Apg. 9, 36] und grosser ding thuet denn ein ander, als das S. Petrus todten aufferweck hat, Aber damit das er wunder thuet, so jch nicht thue, wird er wol ein grosser, heller stern denn jch am himel, aber nicht ein ander stern, hat auch kein andern himel. S. Paulus hat mehr gethan und geerbeitet denn alle Apostel, aber darumb nicht ein besser Apostel ampt gehat noch einen andern und bessern Christum gepredigt.

 

So sagen wir nu von dem Verdienst: Wenn man davon redet das das Christlich wesen betrifft, nach dem wir alle gleich sind, wie man fur Gott from wird, vergebung der sund und ewiges leben erlangt, da mus man alle unser Verdienst rein abschneitten und nichts davon horen noch wissen. Denn du hast ja das Euangelium noch Christum und tauffe nicht verdienet, sondern ist ein lauter geschenck umb sonst gegeben, das uns die sunde umb sonst vergeben, Gottes kinder werden und jnn himel gesetz on alle unser zuthun. Und hie fechten wir widder der Sophisten grewel, die unser werck so hoch heben, das man dadurch ein gnedigen Gott erlange und den himel verdiene, ja sie thuren unverschempt sagen, das ein mensch auch jnn tod sunden vermuge soviel zu thun von sich selbs und ein andacht zu schepffen odder gut werck zu wegen bringen, damit er Gottes zorn lege und versune, Das heisst das dach auff den boden gesturtzt und das fundament gar umb gekeret, die seligkeit gebawet auff lauter wasser, Christum gar aus seinem stul gestossen und unser werck an die stat gesetzt, Denn daraus mus folgen, das wir der Tauffe noch Christi noch Euangelium noch glawbens nichts uberal durffen, weil jch auch jnn todsunden soviel guts und krafft bey mir finde, das ich mich durch meine werck eraus wircken, vergebung der selben und ewigs leben verdienen kan. Aus dem sihestu das es Gott geschendet und gelestert ist, alles was sie vom Verdienst geiffern jnn dem stueck daruber wir jtzt disputiren, wie und wodurch man zu Gottes gnade und ewigem leben kome. Noch haben sie nicht gnug solch schendliche Gottes lesterung zu leren sondern dieselbe noch dazu verfechten und uns daruber zu ketzern verdampt haben.

 

Solchs kan nu jderman wol rechen und verstehen, das der beider eines mus falsch sein, entweder das wir nicht durch unser thun gnade verdienen, odder Christus mit seiner Tauffe mus vergebens und nichts sein Und Christus mus gethan haben als ein narr, das er sich lest martern und sein blut so theur vergeusst und soviel darauff wendet uns zu erwerben und geben, das [s. 539] doch so gar nicht not ist und wir zuvor bey und selbs haben. Darumb ob sie uns daruber ketzer schelten, das wirs von solchem verdienst der werck nicht mit jn halten, so wollen wir zuwarten, gerne jre ketzer heissen und Gotte unsern Richter heim geben, Aber nur deste fester widder sie stehen und jn widderumb sagen, das sie nicht ketzer sondern die ergsten Gottes lesterer sind so die sonne beschienen hat, die Christum auffs schendlichst verleugnen und [2. Petri 2, 1] verfluchen, wie Petrus von jnen geweissagt hat und wie die Epistel zun [Ebr. 10, 29] Ebreern sagt, Christum frisch jnns maul schlagen und mit fussen tretten, mit seiner Tauffe, Sacrament und gantzem Euangelio, und was uns Gott durch jn gegeben hat.

 

Und jch wolt doch gerne horen was sie da zu kondten sagen, die elende leute, wenn sie setzen das wir durch unser werck soviel konnen anfahen, das wir gnade erlangen, und wenn dasselbige gethan und soviel verdienet ist, das wir uber die erste gnade (wie sie es nennen) das himelreich und ewige seligkeit dazu verdienen: Was man doch verdiene mit den andern folgenden wercken? Denn jch wil setzen das ein Papist seine messe odder ander werck habe jnn der gnade gethan und damit das himelreich verdienet als so ein kostlich werck, das des ewigen lebens werd ist, welchs sie heissen meritum de condigno. Was wil er denn verdienen mit den wercken und messen, die er morgen und hernach thuet jnn derselbigen gnade? Da fahen sie an (weil sie nichts zusagen wissen) und machen essentiale und accidentale premium und sprechen: Solche folgende wercke die helffen, das man noch etwas dazu als ein geschencklin zur zu gabe verdiene, das uns Gott gibt uber das ewige leben. Jst das war, so hore jch wol das die ersten werck die besten sind, die andern aber nicht so gut, sonst musten sie eben das verdienen, so doch gemeiniglich die folgenden werck pflegen besser zu sein, weil sie nu wol getrieben und geubt sind. Weil denn die letzten werck nicht das himelreich verdienen, so mussens die ersten auch nicht verdienen, Odder sollen sie gleich sein und ein jglich werck solchs kan verdienen, so muste Gott so manchen himel bawen, so manch gut werck gethan wird, Und wo wolt zuletz unser Herr Gott soviel himel nemen ein jglich gut werck zubezalen? Das sind doch scharffe leut, die es alles so eben und genaw konnen abmessen. Aber was sol man sagen? Es ist eitel liegen und triegen was sie furgeben, Denn es ist der keines war: zum ersten das man mit einigem werck gnade erlange, viel weniger so ein mensch jnn todtsunden ligt, Darnach ob gleich der mensch jnn gnaden were durch die werck (wie sie liegen), das solch werck jnn der gnade geschehen solt so kostlich sein, das es des himelreichs werd sey, Denn da stehet Christus und sagt das widderspiel [Luk. 17, 10] mit durren, hellen worten Luce 17. ‘Wenn jr alles gethan habt was euch befolen ist, so sprecht: Wir sind unnutze knechte’ &c..

 

[s. 540] Darumb sollen wir unser lere festiglich halten, das wir kein werck uberal lassen zu dem stuck komen, Gottes huld und gnade zuerlangen, von funden los zu werden und jnns himelreich zukomen, da sol kurtzumb mein verdienst nichts sein, und wo mans dazu wil brauchen, so jchs nur mit fussen tretten und zum leidigen Teuffel jnn die helle verdammen, als das meinen glawben hindern wil und Christum verleugnet, Denn da sol es allein so heissen, das Gott solchs alles umbsonst geschenckt hat aus lauter gnaden, da mit das er Christum seinen son sendet und lesset jn fur mich sterben und mir solchs verkundigen und schencken, heisst mich nur dran glewben und darauff teuffen lassen: Da kompt ja meiner werck keines zu, sondern ist ein lauter geschenck von himel gegeben und durch Christum zu mir bracht. Darumb sey nur hierin alle verdinst rein weg geworffen und beschlossen, das man gnade, vergebung der sunde durch keinen andern weg, weise noch mas erlangen kan denn das man Gottes wort horet von Christo und durch den glawben empfehet. Und das uns Gott ehre, was wollen wir von unsern verdienst rhumen? so doch sie selbs und alle heiligen mussen teglich jm Vater unser betten, so lang wir leben ‘Vergib uns unser schuld’ &c.. und die verzweivelten heiligen thueren unverschempt sagen, das sich ein mensch, ob er wol jnn todsunden ist, konne bereiten zu der gnade und darnach auch das ewige leben verdienen.

 

Was sagstu aber dazu, das soviel sprueche sind von dem lohn und verdienst? Dazu sagen wir jtzt also fur die einfeltigen, Das es eitel trostung sind fur die Christen. Denn wenn du nu ein Christen bist worden und hast einen gnedigen Gott und vergebung der sunde beide der vergangenen und die noch teglich jnn dir stecken, so wirds sich gewislich so schicken, das du viel thun und leiden must umb des glawbens und deiner tauffe willen, Denn der leidige Teuffel sampt der welt und dem fleisch wird sich an dich hengen und dich allenthalben zu plagen, wie er durch diese drey Capitel gnug gezeigt hat, das dir mocht die welt zu enge werden, Wenn er uns nu liesse darinn stecken on wort und trost, so solten wir druber verzweiveln und sagen: Wer wil ein Christen sein, predigen und gute werck thun? sihet man doch wie es jn gehet und die welt sie mit fussen tritt, lestert und schendet, alle schalckeit und tucke beweiset und nimpt jn endlich ehr, leib und gut, Und er heisset mich nicht anders denn arm, betrubt, hungerig, sanfftmuetig, fridlich, leidend und verfolgt sein; Sol es denn ewig so werhen und nicht ein mal anders werden?

 

Da mus er nu eraus faren, stercken und trosten und sagen: Jr seid nu jnn der gnade und Gottes kinder, Ob jr nu druber jnn der welt leiden musset, des erschrecket nicht, sondern halt fest und lasset euch nicht mude noch [s. 541] weich machen, was euch unter augen stosset, Sondern thu ein jglicher was er thun sol, obs jm druber ubel gehet, das sol jm nicht schaden und wisse das das himelreich sein ist und solle jm reichlich bezalt werden. Jhe wie bezalt? haben wirs doch zuvor durch Christum, on und vor alle unsern thun? Also [(1. Kor. 15, 41)] wie S. Paulus sagt, das Gott wil einen grossen hellen stern aus dir machen und eine sonderliche gabe geben auch jnn diesem leben. Denn ein Christen kan auch hie auff erden soviel bey Gott durch sein gebet und gute werck erlangen, das er einem gantzen land schone, kriege, theuerzeit, pestilentz wegneme &c.. nicht das das werck seiner wirde halben so kostlich sey, sondern darumb das ers verheissen hat uns zu sterck und trost, das wir nicht dencken, das unser erbeit, plage und elend verloren und vergessen sey.

 

Da ist nu kein verdienst, dadurch wir solten gnade odder unsere Tauffe, Christum und den himel verdienen (da von sie reden, wenn sie von verdienst sagen) sondern gehet alles auff die fruchte des Christenthumbs. Denn Christus redet auch (wie wir gesehen haben) jnn dieser predigt nichts davon, wie wir Christen werden, sondern allein von den wercken und fruchten, die niemand thun kan denn der zuvor ein Christen und jnn der gnade ist, wie die wort zeigen, das sie mussen armut, elend, verfolgung daruber leiden, das sie Christen sein und das himelreich haben &c.. Wenn man nu von solchen fruchten redet, so da folgen nach der gnade und vergebung der sunde, so lassen wir wol geschehen das mans einen verdienst und lohn heisse, Aber da fechten wir, das solch unser wercke nicht das heubt gut seyen, welchs zuvor mus da sein und on welchs sie nicht geschehen noch Gott gefallen. Wenn wir nur das stuck rein erhalten, das es nicht verdienst sondern eitel gnade sey, so wollen wir nicht fechten, ob man den folgenden fruchten den namen gebe, Allein das man solche spruche nicht felschlich verkere und widder die schrifft auff unser verdienst der gnade zihe sondern recht deute dahin sie gehoren, zu trosten die Christen, sonderlich jnn leiden und widderstand, da sichs fulet und scheinet, als solt unser leben, leiden und thun vergebens sein und nichts schaffen, Wie die schrifft allenthalben trostet, wo sie vermanet an zu halten an guten [Jer. 31, 16] wercken, als Jeremie .31. ‘Est merces operi tuo’, ‘Deine erbeit ist nicht umb [1. Kor. 15, 58] sonst’, Jtem S. Paulus .1. Cor .15. ‘Labor vester non est inanis in Domino’, ‘Ewer erbeit ist nicht vergeblich jnn dem Herrn’, Denn wo wir den trost nicht hetten, so kundten wir nicht ertragen solch iamer, verfolgung und elend, das wir soviel guts thun solten und unser leren und predigen mit eitel undanck und schmach bezalen lassen, Und musten auffs letzt von solchen wercken und leiden so uns unter augen stosset, ablassen.

 

Aber Gott wil uns dagegen erwecken und feste machen durch solche schone verheissung, das wir nicht undanck, hass, neid und verachtung der welt [s. 542] ansehen, Sondern jn ansehen, der da spricht: Jch bin dein Gott, Wil dir die welt nicht dancken und nimpt dir ehr, gut, leib und leben druber, so halte dich an mich und troste dich des, das jch noch einen himel habe und soviel drinnen, das jch dirs wol vergelten kan und zehen mal mehr denn man dir itzt nemen kan. Das wir konnen den trotz widder die welt haben: Wolan wil sie unser nicht gnad haben, so lass sie es und fare hin mit jrer gnade und allem was sie hat. Hab ich doch umb jren willen nichts angefangen, wil auch forthin umb jren willen nichts thun noch lassen. Aber umb des willen wil ich alles thuen und leiden, der mirs so reichlich verheisset und spricht: Ob du wol zuvor on das durch Christum allen schatz jm himel und mehr denn gnug hast, Doch wil jch dir noch mehr geben zur zugabe: das du das himelreich offenbarlich habst und Christum, den du jtzt jm glawben hast, sichtiglich anschawest jnn ewiger herrligkeit und freude, soviel mehr du jtzt leidest und erbeitest.

 

Da her gehorn die feinen spruche und vermanungen als Ebre .10. [Ebr. 10, 35] ‘Magnam habetis remunerationem’ &c.. ‘Lasset euch ewer vertrawen nicht entfallen, [Matth. 19, 29] welchs eine grosse belonung hat’, Und Christus Matt .19. ‘Es ist niemand der da verlesst haus odder bruder odder schwester odder Vater odder mutter odder weib odder kind, der nicht hundert feltig widder empfahe jtzt jnn dieser zeit und jnn der zukunfftigen welt das ewige leben’ &c.. Also spricht er auch hie: ‘Merces vestra magna est in celo’, ‘Es wird euch jm himel wol belonet werden’, Damit er zeigt das sie das himelreich schon bereit haben und doch dasselbe deste herrlicher haben sollen, wenn es nu offenbaret wird.

 

Sihe wenn man die spruche dahin richtet, so sind sie recht gefuret, das sie nicht auffs vertrawen unser werck widder den glawben sondern auff den trost der Christen und glewbigen gehen, Und wo die Sophisten jr ding vom verdienst dahin gezogen hetten, so were es fein gewesen, Aber sie haben jre eigen werckheiligkeit und moencherey drauff gebawet, das sie Gott dadurch solt ansehen fur sonderliche heiligen und den himel dafur verkeuffen als ein Treudeler und solt sie oben an setzen, als denen die andern gemeinen Christen weit nicht zugleichen weren, Und haben zwar nicht unweislich daran gethan, denn das hat nicht armut, elend, trawren, verfolgung, sondern gelt, gut und ehre getragen, Und ist kein orden da zu gestifft, das man Christus wort, Sacrament, glawben, liebe und gedult darinn ubete, sondern nur mit jren Cappen und stregen sonderlichen leben wollen fur Gott angesehen und hochgehaben sein, als die keines Christus noch glawbens durffeten.

 

[s. 543] Auff diese weise lassen wir nu zu das die Christen verdienst und lohn bey Gott haben, nicht dazu das sie Gottes kinder und erben des ewigen lebens werden sondern den glewbigen die bereit solchs haben, zu trost, das sie wissen das er nicht wolle unvergolten lassen was sie hie umb Christi willen leiden, Sondern wenn sie viel leiden und erbeiten, so wolle er sie am jungsten tag sonderlich schmuecken, mehr und herrlicher denn andere als sonderliche grosse stern fur andern: Also wird S. Paulus fur andern helle und klar daher leuchten auffs aller schonste. Das heisset nicht vergebung der sunde noch den himel verdienet sondern vergeltung des leidens mit deste grosser herrligkeit. Aber da wollen wirs nicht leiden, da sie es hinsetzen, Denn das ist Christum, Gott und den heiligen geist geschendet und gelestert und alles was uns Gott durch jn geben hat, und wollen lieber ketzer und buben gescholten Und mit feur verbrand werden denn solchen schatz verlassen odder verleugnen, Sondern wollen uns auch dieses trosts halten, ob wir wol druber leiden mussen alle plage, schmach und verfolgung, Denn es wird doch nicht anders draus. Der Teuffel wird uns solchs nicht einreumen noch mit uns eins werden sondern wil des Bapsts lere erhalten und uns dazu bringen, das wir glewben wie er glewbt, Und weil er sihet das wir nicht wollen, legt er sich widder uns mit aller macht. Denn er weis wol, wenn der Artikel stehet, das die vergebung der sund und Christus ein lauter geschenck ist, das ein jglicher darnach wol an fingern rechen und schliessen kan, das das Bapstum mit seinen messen, moencherey, fegfeur, heiligen dienst &c.. nichts sein mus und alles dahin fellt von sich selbs.

 

So lerne nu auff solche spruche antworten wo vom verdienst und lohn stehet. Jch hore wol das Christus spricht ‘Selig sind die armen, denn sie sollen das himelreich haben’ und ‘selig seid jr, wenn jr umb meinet willen verfolgung leidet, Denn ewer lohn ist gros jm himel’ &c.. Aber damit leret er mich nicht den grund meiner seligkeit bawen sondern gibt mir eine verheissung, was jch fur trost davon haben sol jnn meinem leiden und Christlichen leben. Da mustu mir nicht ein gemenge machen und die zwey unter einander brewen noch mein verdienst machen aus dem, das mir Gott gibt jnn Christo durch die Tauffe und Euangelion, Denn es stehet nicht hie, das jch solchs verdienen konne und keines Christus noch Tauffe da zu durffe, sondern das die Christus schuler sind, welchen er hie gepredigt hat und umb seinen willen allerley leiden mussen, wissen wes sie sich zu trosten haben, weil man sie auff erden nicht leiden wil, das sie dafur jm himel deste reichlicher sollen alles haben, Und wer am meisten erbeitet und leidet, sol auch deste herrlicher vergeltung haben.

 

Denn ob wol (wie jch gesagt habe) jnn Christo alles gleich ist und die gnade gar mit einander gibt und einem jglichen die gantze seligkeit bringet [s. 544]als das hohest gemeinest gut, das der freilich alles hat, wer den Christum hat: Doch wird ein unterscheid sein der klarheit und herrligkeit, damit wir geschmuckt und leuchten werden, Gleich wie jtzt jnn diesem leben ein unterscheid ist der gaben, das einer mehr erbeitet und leidet denn der ander, Aber jnn ienem leben wird es alles offenbar werden, das alle welt sehen wird was ein jglicher gethan hat, und deste grosser herrligkeit haben, des sich das gantze himlische heer frewen wird. Das sey davon jtzt gnug.