Capitel: 1 2 3 4 5


Die gantze Heilige Schrifft: Deudsch (Luther 1545)

Ein Capitel zurückEin Capitel weiter

Die Klaglieder Jeremia

Capitel 4

WJE ist das gold so gar vertunckelt / vnd das feingold so heslich worden? Vnd ligen die steine des Heiligthums fornen auff allen gassen zerstrewt.
2 Die edlen kinder Zion / dem golde gleich geacht / Wie sind sie nu den erden Töpffen vergleicht / die ein Töpffer macht.
3 Die Drachen reichen die brüste jren Jungen / vnd seugen sie / Aber die Tochter meins volcks mus vnbarmhertzig (1) sein / wie ein Straus in der Wüsten.
4 Dem Seugling klebt seine Zunge an seinem gaumen fur Durst / Die jungen Kinder heischen Brot / vnd ist niemand / ders jnen breche.
5 Die vorhin das Niedlichst assen / verschmachten jtzt auff den gassen / Die vorhin in Seiden erzogen sind / die müssen jtzt im Kot ligen.
6 Die missethat der Tochter meines Volcks ist grösser / denn die sünde Sodom / Die plötzlich vmbgekeret ward / vnd kam kein hand dazu.
7 Jre Nazarei waren reiner denn der Schnee / vnd klerer denn Milch / Jr gestalt war rödlicher denn Corallen / jr ansehen war / wie Saphir.
8 Nu aber ist jr gestalt so tunckel fur schwertze / Das man sie auff den gassen nicht kennet / Jr Haut henget an den Beinen / vnd sind so dürr als ein Scheit.
9 Den erwürgeten durchs Schwert geschach bas / weder den / so da Hungers storben / Die verschmachten vnd erstochen worden vom mangel der früchten des Ackers.
10 Es haben die barmhertzigste Weiber jre Kinder selbs müssen kochen / das sie zu essen hetten / Jn dem jamer der Tochter meines Volcks.
11 Der HERR hat seinen grim volnbracht / Er hat seinen grimmigen zorn ausgeschut / Er hat zu Zion ein Fewr angesteckt / das auch jre Grundfeste verzehret hat.
12 Es hettens die Könige auff Erden nicht gegleubt / noch alle Leute in der Welt / Das der Widerwertige vnd Feind solte zum Thor Jerusalem einzihen.
13 Es ist aber geschehen vmb der sünde willen jrer Propheten / vnd vmb der missethat willen jrer Priester / die drinnen der Gerechten blut vergossen.
14 Sie giengen hin vnd her auff den gassen / wie die Blinden / Vnd waren mit blut besuddelt (2) / vnd kundten auch jener Kleider nicht anrüren.
15 Sondern rieffen sie an / Weicht jr Vnreinen / weicht / weicht / rüret nichts an / Denn sie scheweten sich fur jnen / vnd flohen sie / Das man auch vnter den Heiden sagte / Sie werden nicht lange da bleiben.
16 Darumb hat sie des HERRN zorn zerstrewet / vnd wil sie nicht mehr ansehen / Weil sie die Priester nicht ehreten / vnd mit den Eltesten keine barmhertzigkeit vbeten.
17 Noch gafften vnser Augen auff die nichtige (3) Hülffe / bis sie gleich müde worden / Da wir warteten auff ein volck / das vns doch nicht helffen kunde.
18 Man jagte vns / das wir auff vnsern gassen nicht gehen thursten / Da kam auch vnser ende / Vnser tage sind aus / vnser ende ist komen.
19 Vnser Verfolger waren schneller / denn die Adeler vnter dem Himel / Auff den Bergen haben sie vns verfolget / vnd in der Wüste auff vns gelauret.
20 Der Gesalbte (4) des HERRN / der vnser Trost war / ist gefangen worden / da sie vns verstöreten / Des wir vns trösteten / wir wolten vnter seinem Schatten leben vnter den Heiden.
21 JA frewe dich / vnd sey frölich du tochter Edom / die du wonest im lande Vz / Denn der Kelch wird auch vber dich komen / Du must auch truncken vnd geblösset werden.
22 ABer deine missethat hat ein ende / du tochter Zion / Er wird dich nicht mehr lassen wegfüren / Aber deine missethat / du tochter Edom / wird er heimsuchen / vnd deine sunde auffdecken.


(1) Sie kan jre kinder nicht seugen noch pflegen / welches doch thun die aller grausamsten Thier / Denn die Thewrung ist zu gros.
(2) Das ist / sie hatten viel vnschüldig blut vergossen.